Heulen und Wehklagen im Vatikan


Manfred Ferrari
Den Vati­kan im Blick

Gast­bei­trag von Man­fred Ferrari*

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In die­sen Tagen ist im Vati­kan eine Zeit­bom­be explo­diert, deren Exi­stenz Insi­dern längst bekannt war. Der Papst aus Argen­ti­ni­en hat­te ver­sucht, das bestehen­de Gefü­ge in eine „Kir­che der Armen“ zu füh­ren. Er tat dies in wohl­mei­nen­der Absicht. Dabei ver­kennt er, dass der Vati­kan ein Kon­strukt ist, das sich in Jahr­hun­der­ten geformt hat. Fran­zis­kus konn­te oder woll­te nicht ein­se­hen, dass die Kurie ein macht­vol­ler Appa­rat ist, des­sen mitt­le­re Füh­rungs­ebe­ne bedeu­ten­der ist als die hono­ri­ge Füh­rungs­spit­ze aus Kar­di­nä­len und Bischö­fen. Der Papst aus dem fer­nen Argen­ti­ni­en, dem ein auto­ri­tä­rer Füh­rungs­stiel atte­stiert wird, glaub­te, ver­schlei­ert durch ein popu­li­sti­sches Geha­be, sein neu­es Den­ken durch­set­zen zu kön­nen, gegen den Wil­len der Macher des Vatikans.

Nun ist eine „Palast­re­vo­lu­ti­on“ ent­flammt. Die anony­men Prä­la­ten der zwei­ten Ebe­ne mel­de­ten sich bei Jour­na­li­sten zu Wort. Vie­le Ken­ner der Situa­ti­on hat­ten die­sen Aus­bruch schon seit Lan­gem erwar­tet. Je mehr die Akzep­tanz beim katho­li­schen Fuss­volk stieg, desto mehr mach­te sich der inter­ne Ärger über den unkon­ven­tio­nel­len Füh­rungs­stil breit. Dut­zen­de von Fehl­ent­schei­den kamen nie an die Öffent­lich­keit, da sie für die Medi­en kaum inter­es­sant waren. Sie betra­fen theo­lo­gi­sche Rand­fra­gen, die aber bis­her in den Kom­pe­tenz­be­reich der mitt­le­ren Füh­rungs­ebe­ne fie­len. Kuri­en­erz­bi­schö­fe und –Kar­di­nä­le sind leicht aus­wech­sel­bar. Das „Midd­le­ma­nage­ment“ des Vati­kans ändert sich kaum so rasch. Vie­le der päpst­li­chen Ent­schei­de waren und sind aber von erschrecken­der Nai­vi­tät geprägt. Rasch war allen bewusst,  dass Fran­zis­kus Ände­run­gen plan­te, die die Struk­tur der Kir­che in ihrer Grund­fe­ste ver­än­dern sollten.

Ein klei­nes Bei­spiel. Seit Jahr­zehn­ten war es üblich, dass die Bischofs­sit­ze gro­sser Diö­ze­sen durch Bischö­fe klei­ne­rer Amts­sit­ze besetzt wer­den. So konn­te die Erfah­rung der Aspi­ran­ten geprüft und auch Kar­rie­re­pool geschaf­fen wer­den. Fran­zis­kus setz­te sich dar­über hin­weg und besetz­te die bedeu­ten­den Erz­bis­tü­mer von Bolo­gna und Paler­mo mit ein­fa­chen Prie­stern. Man stel­le sich vor, wie die abge­blitz­ten, bischöf­li­chen Bewer­ber erschra­ken und dem Pon­ti­fex grollten.

Am Beginn sei­nes Pon­ti­fi­kats mach­te der Papst den Geschäfts­füh­rer sei­ner Prie­ster­pen­si­on spon­tan zum Chef­seel­sor­ger des IOR, ein wich­ti­ger Posten im Vati­kan. Bald stell­te sich her­aus, dass Mons. Ric­ci vor Jah­ren aus dem diplo­ma­ti­schen Dienst ent­las­sen wur­de, wegen wie­der­hol­ten, homo­se­xu­el­ler Bezie­hun­gen. Im Per­so­nal­do­s­sier von Ric­ci fehl­ten just die­se bela­sten­den Blät­ter. Fran­zis­kus wei­ger­te sich, den Ent­scheid rück­gän­gig zu machen. Wie soll die Kurie einen sol­chen Pon­ti­fex ernst neh­men? Fast jeder im Vati­kan wuss­te doch von den Ver­feh­lun­gen des Priesters.

Und die Ver­schwen­dung im Vati­kan hat unter Papst Fran­zis­kus eher zu- denn abge­nom­men. Wäh­rend der Pon­ti­fex sym­bol­träch­tig im Klein­wa­gen vor dem Wei­ssen Haus vor­fährt, flie­gen sei­ne Kar­di­nä­le im Pri­vat­jet der Schwei­zer MAX AIR nach Ast­a­na in Kasach­stan, um der Ein­wei­hung der neu­en, grie­chisch-katho­li­schen Kir­che bei­zu­woh­nen, eine Bequem­lich­keit die rund 20.000 Schwei­zer­fran­ken geko­stet haben soll.

Für vie­le Mit­glie­der der Kurie ist die­ser Papst schlicht nicht mehr trag­bar, da nie­mand wirk­lich weiss, wo er mora­lisch steht. Fran­zis­kus ist berühmt gewor­den für sei­ne wider­sprüch­li­chen State­ments. Sag­te er nicht selbst auf dem Flug von Mani­la nach Rom: „Wer bin ich, dass ich urtei­len kann?“ Und so fra­gen sich immer mehr Prä­la­ten, wer anders denn urtei­len kann, wenn nicht der Papst?

Der Papst „suhlt“ sich wei­ter­hin in der Begei­ste­rung der Mas­sen. Das Dum­me ist, dass die Aus­trit­te aus der katho­li­schen Kir­che Deutsch­land stark ange­stie­gen sind. Wo ist der sehn­lichst erhoff­te „Fran­zis­kus­ef­fekt“? Die (lin­ken) Medi­en Ita­li­ens jubeln ihm zu und der athe­isti­sche Scal­fa­ri, Her­aus­ge­ber der LA REPUBBLICA, brü­stet sich, ein Freund von Fran­zis­kus zu sein. Es ver­blei­ben aber noch eini­ge Hun­dert Heuch­ler im Vati­kan, die vor dem Papst Bück­lin­ge voll­füh­ren und ihm die Illu­si­on ver­schaf­fen, ein „Papst
für alle“ zu sein. Der Papst aus Argen­ti­ni­en läuft aber Gefahr, noch vor sei­nem Able­ben, in sei­ner Hei­mat eine neue Blei­be zu fin­den. Im Vati­kan selbst wird kaum Platz sein für einen zwei­ten Papstpensionär .

*Man­fred Fer­ra­ri, Vati­ka­nist, kath​me​dia​.org, fotof​er​ra​ri​.com

Bild: fotof​er​ra​ri​.com

 

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