„Ein Glaube, eine Taufe, ein Herr“ – Päpstliche Kryptik: Ruft Papst Franziskus zur Interkommunion auf?


Die Freude von Kardinal Kasper über die Antwort von Papst Franziskus zur Interkommunion mit den Lutheranern.
Die Freude von Kardinal Kasper über die Antwort von Papst Franziskus zur Interkommunion mit den Lutheranern.
Papst Franziskus und die Interkommunion
Papst Fran­zis­kus und die Interkommunion

(Rom) Papst Fran­zis­kus besuch­te am 15. Novem­ber die evan­ge­lisch-luthe­ri­sche Gemein­de von Rom. Das hat­ten vor ihm bereits Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. getan, wenn auch mit etwas unter­schied­li­chen Akzen­ten. Papst Fran­zis­kus ant­wor­te­te auf eini­ge Fra­gen. Die zwei­te Fra­ge stell­te Anke de Ber­nar­di­nis. For­der­te Papst Fran­zis­kus in Beant­wor­tung ihrer Fra­ge, nach der inter­re­li­giö­sen Gene­ral­au­di­enz vom 28. Okto­ber, in der evan­ge­lisch-luthe­ri­schen Kir­che Roms ver­schlei­ert zur Inter­kom­mu­ni­on auf? Wel­ches Eucha­ri­stie­ver­ständ­nis hat Papst Fran­zis­kus? Das Wort „Eucha­ri­stie“ wur­de vom Papst nie gebraucht, statt­des­sen ver­wen­de­te er durch­ge­hend den von pro­te­stan­ti­schen Gemein­schaf­ten bevor­zug­ten Aus­druck „Her­ren­mahl“.

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Ich hei­ße Anke de Ber­nar­di­nis und, wie vie­le Men­schen mei­ner Gemein­schaft, bin ich mit einem Ita­lie­ner ver­hei­ra­tet, der ein römisch-katho­li­scher Christ ist. Wir leben seit vie­len Jah­ren glück­lich zusam­men und tei­len Freu­den und Schmer­zen. Es schmerzt uns sehr, im Glau­ben getrennt zu sein und nicht zusam­men zum Her­ren­mahl gehen zu kön­nen. War kön­nen wir tun, um end­lich die Gemein­schaft [ital. comu­nio­ne] in die­sem Punkt zu erreichen?

Papst Fran­zis­kus: Dan­ke, gnä­di­ge Frau. [Stil­le]

Auf die Fra­ge, gemein­sam das Her­ren­mahl zu tei­len, ist es für mich nicht leicht, Ihnen zu ant­wor­ten, vor allem nicht in Anwe­sen­heit eines Theo­lo­gen wie Kar­di­nal Kas­per! Ich habe Angst! [lacht; all­ge­mei­nes Geläch­ter; Applaus]

Ich den­ke, daß der Herr uns gesagt hat, als er uns die­ses Man­dat gege­ben hat: „Tut dies zu mei­nem Gedächt­nis“. Und wenn wir das Mahl des Herrn tei­len, dar­an den­ken und es nach­ah­men, tun wir das­sel­be, das der Herr Jesus getan hat. Und das Her­ren­mahl wird es geben, das Schluß­ban­kett im Neu­en Jeru­sa­lem wird es geben, aber das wird das Letz­te sein. Auf dem Weg hin­ge­gen, fra­ge ich mich – und ich weiß nicht, wie ich ant­wor­ten soll, aber ich mache mir Ihre Fra­ge zu eigen – fra­ge ich mich: Ist das gemein­sa­me Her­ren­mahl das Ziel eines Weges oder ist es die Weg­zeh­rung um zusam­men zu gehen? Ich über­las­se die Fra­ge den Theo­lo­gen, jenen, die davon etwas verstehen.

Es stimmt, daß in gewis­ser Wei­se tei­len heißt, daß es kei­ne Unter­schie­de zwi­schen uns gibt; daß wir die­sel­be Dok­trin haben – ich unter­strei­che das Wort, ein schwer zu ver­ste­hen­des Wort – aber ich fra­ge mich: Aber haben wir denn nicht die­sel­be Tau­fe? Und wenn wir die­sel­be Tau­fe haben, dann müs­sen wir zusam­men gehen.

Sie sind ein Zeug­nis eines tie­fen Weges, weil es ein ehe­li­cher Weg ist, ein Weg der Fami­lie, der mensch­li­chen Lie­be und des gemein­sam geteil­ten Glau­bens. Wir haben die­sel­be Tau­fe. Wenn Sie sich als Sün­de­rin füh­len – auch ich füh­le mich sehr als Sün­der – wenn Ihr Mann sich als Sün­der fühlt, dann gehen Sie zum Herrn und bit­ten ihn um Ver­ge­bung; Ihr Mann tut das­sel­be und geht zum Prie­ster und bit­tet um die Abso­lu­ti­on. Das sind Abhil­fen, um die Tau­fe leben­dig zu halten.

Papst macht sich Notizen während der Frage von Anke de Bernardinis, auf die er spontan und frei antwortet
Papst macht sich Noti­zen wäh­rend der Fra­ge von Anke de Bernardinis

Wenn Ihr zusam­men betet, wächst die­se Tau­fe, wird stark; wenn Ihr Eure Kin­der lehrt, wer Jesus ist, war­um Jesus gekom­men ist, was uns Jesus getan hat, tut Ihr das glei­che ob in der luthe­ri­schen Spra­che oder in der katho­li­schen Spra­che, aber es ist das­sel­be. Die Fra­ge: Und das Mahl? Es gibt Fra­gen auf die man aber, wenn einer ehr­lich mit sich selbst ist und mit den weni­gen theo­lo­gi­schen „Lumi­na“, die ich habe, den­noch ant­wor­ten muß, seht selbst. „Das ist mein Leib, das ist mein Blut“, hat der Herr gesagt, „tut das zu mei­nem Gedächt­nis“, und das ist eine Weg­zeh­rung, die uns hilft, zu gehen. Ich hat­te eine gro­ße Freund­schaft mit einem 48 Jah­re alten, ver­hei­ra­te­ten angli­ka­ni­schen Bischof mit zwei Kin­dern und er hat­te die­se Unru­he: die katho­li­sche Frau, die katho­li­schen Kin­der, er Bischof. Er beglei­te­te sei­ne Frau und sei­ne Kin­der am Sonn­tag zur Mes­se, dann ging er und lei­te­te den Kult mit sei­ner Gemein­schaft. Es war ein Schritt der Teil­nah­me am Her­ren­mahl. Dann ist er wei­ter­ge­gan­gen, der Herr hat ihn geru­fen, ein gerech­ter Mann. Auf Ihre Fra­ge ant­wor­te ich Ihnen nur mit einer Fra­ge: Wie kann ich mit mei­nem Mann tun, damit das Her­ren­mahl mich auf mei­nem Weg beglei­tet? Das ist ein Pro­blem, auf das jeder ant­wor­ten muß. Aber ein Pasto­ren­freund sag­te mir: „Wir glau­ben, daß der Herr dort gegen­wär­tig ist. Er ist gegen­wär­tig. Ihr glaubt, daß der Herr gegen­wär­tig ist. Und wo ist der Unter­schied?“ – „Ah, es sind die Erklä­run­gen, die Interpretationen…“.

Das Leben ist grö­ßer als die Erklä­run­gen und die Inter­pre­ta­tio­nen. Nehmt immer Bezug auf die Tau­fe: „Ein Glau­ben, eine Tau­fe, ein Herr“, so sagt es uns Pau­lus, und dar­aus zieht die Kon­se­quen­zen. Ich wer­de es nie wagen, die Erlaub­nis zu geben, dies zu tun, weil es nicht mei­ne Zustän­dig­keit ist. Eine Tau­fe, ein Herr, ein Glau­ben. Sprecht mit dem Herrn und geht wei­ter. Ich wage nicht, mehr zu sagen. [Applaus]

Das Video zur Antwort

Soweit Papst Fran­zis­kus bei der Beant­wor­tung der Fra­ge einer Luthe­ra­ne­rin. For­der­te Papst Fran­zis­kus mit sei­ner Ant­wort zur Inter­kom­mu­ni­on auf? Lau­tet die Ant­wort des katho­li­schen Kir­chen­ober­haupts ernst­haft: „Ich sage nicht, daß ihr es tun soll, aber tut es!“? Wel­che theo­lo­gi­sche Argu­men­ta­ti­on liegt die­ser Hand­lungs­an­wei­sung zugrun­de auf eine Fra­ge, die seit einem hal­ben Jahr­tau­send die pro­te­stan­ti­schen Deno­mi­na­tio­nen von der katho­li­schen Kir­che trennt.

Das Video mit dem Ori­gi­nal­ton beginnt an der Stel­le, wo die ent­spre­chen­de Fra­ge gestellt wird.

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Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: CTV (Screen­shots)

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