von Roberto de Mattei
(Paris) Alle Beobachter haben das Versagen der französischen Sicherheitskräfte im Zusammenhang mit dem tragischen 13. November festgestellt. Der Hauptgrund für dieses Scheitern hat weniger mit Ineffizienz zu tun, dafür aber mit der kulturellen Unfähigkeit der politischen und administrativen Klasse Frankreichs, die tieferen Gründe des Terrorismus zu erfassen und damit geeignete Maßnahmen zu dessen Bekämpfung zu ergreifen.
Der Terrorismus, der sich heute in der Welt breitmacht, ist ein Kind der Revolution von 1789 und einer langen Serie von Berufsrevolutionären, Anarchisten, Sozialisten und Kommunisten, die im 19. und 20. Jahrhundert Gewalt als Breitenphänomen praktizierten und etablierten und die ersten Genozide in der Geschichte der Menschheit durchführten. Die sogenannten Fundamentalisten haben die Erfahrungen des europäischen Terrors auf den Baum des Islams aufgepfropft, einer in sich totalitären Ideologie und politischen Religion, die sich immer durch die Gewalt ausbreitete und seine Herrschaft ausübte.
Die eklatanten Fehler von Sarkozy, Hollande und Obama
Das Projekt, den Islam in die sogenannten republikanischen Werte aufzunehmen und zu integrieren, kann nur einem Geist entspringen, der sich weigert, die Rolle der religiösen Dimension in der Geschichte zu verstehen und alles auf ökonomische und politische Konflikte reduziert. Diese Mentalität ist der Ursprung der eklatanten Fehler, die Frankreich unter Sarkozy und Hollande und die USA unter Barack Hussein Obama mit ihrer Mittelmeerpolitik aufgetürmt haben.
Zwischen Ende 2010 und Anfang 2011 wurde lautstark der „arabische Frühling“ angekündigt in der Überzeugung, daß der Sturz der „Tyrannen“ in Ägypten, Libyen und Syrien automatisch eine neue Ära der Demokratie, der Freiheit und des sozialen Fortschritts in Afrika und dem Nahen Osten bringen werde. Obama, Sarkozy und dann Hollande waren überzeugt, daß man auf schmerzlose Weise von Diktaturen zur Demokratie übergehen könne und daß diese „demokratische Revolution“ die Schlüssel zu den wirtschaftlichen Ressourcen der genannten Gebiete den USA und Frankreich in die Hand spielen werde. Im Februar 2011 begann Frankreich mit Luftangriffen gegen Libyen, um die „demokratische Revolution“ zu fördern. Daß diese am Boden von regierungsfeindlichen Dschihadisten betrieben werden sollte, wurde allerdings nicht gesagt.
Washington und Paris bauten Dschihadisten in Libyen, Ägypten und Syrien auf
Das Ergebnis was der Aufstieg des radikalen Islams, der Tod von mehr als 150.000 Menschen und der Ausbruch blutiger Stammeskriege in der islamischen Welt. Im folgenden Jahr unterstützte Hollande Mohammed Mursi, den demokratisch gewählten neuen Präsidenten Ägyptens, einen Vertreter der Muslimbruderschaft. Hollande war auch unter jenen, die sich eifrig daran machten, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu stürzen. 2013 setzte sich Frankreich ein, daß die EU jedes Embargo aufhob, das es untersagte, den in Syrien kämpfenden Dschihadisten Waffen zu liefern, Ausbilder zu schicken und finanzielle Unterstützung zu leisten. Wiederum wurde verschwiegen, daß man als „demokratische“ Bodentruppen auf Dschihadisten-Milizen setzte und diese aufbaute, ausrüstete und unterstützte.
Nun hört man, daß das Massaker von Paris in Syrien geplant wurde und dieselben Kreise, die zumindest bis ins vergangene Jahr das Vertrauen und die großzügige Unterstützung der französischen Regierung genossen. Dabei ist auch zu betonen, daß die Terroristen Einwanderer der zweiten oder dritten Generation sind und die belgische und französische Staatsbürgerschaft besitzen. Sie formten sich in den städtischen Ghettos, in denen die gescheiterte multikulturelle Utopie zelebriert wird.
Terroristen von Frankreich sind das Produkt der gescheiterten multikulturellen Utopie
An diese Utopie glaubt nur mehr Barack Obama, der am Tag nach den Attentaten erklärte, daß „das Motto liberté, égalité, fraternité nicht nur französische Werte sind, sondern Werte, die wir alle teilen“. Wie es scheint auch die Autoritäten des Vatikans, laut denen „die Moslems in das Heilige Jahr eingebunden werden können“, weil nun „in der durch Gewalt betroffenen Welt der richtige Moment ist, eine Offensive der Barmherzigkeit zu starten“.
Die Barmherzigkeit ist eine große christliche Tugend. Jedoch losgelöst von jenen der Gerechtigkeit und der Unerschrockenheit, wird daraus die kirchliche Version der laizistischen Kultur der Kapitulation. Diese Kultur drückt sich heute durch die Akzeptanz für jede kulturelle und moralische Abirrung aus und geht soweit, sogar Verständnis für den Satanismus aufzubringen, einer Anti-Religion, derem Kult viele Jugendlich unbewußt bei Rockkonzerten ihren Tribut zollen. Es ist eine symbolische Nemesis, daß gerade das Lied Kiss the Devil auf der Bühne des Bataclan gespielt wurde, als die Terroristen ihr Blutbad begannen. Der Kultur des Todes islamischer oder relativistischer Prägung kann nur entgegengetreten und sie nur besiegt werden durch das wahre Licht des Evangeliums.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana