Drei SMS – Scheidung auf islamisch


Scheidung auf islamisch
Schei­dung auf islamisch

(Rom) In der ita­lie­ni­schen Stadt Mon­za ent­deck­te die Poli­zei vor weni­gen Tagen einen Ägyp­ter mit zwei Ehe­frau­en, jede mit drei Kin­dern. Eine wohn­te in einer Woh­nung, die ande­re in einer ande­ren Woh­nung der­sel­ben Wohn­an­la­ge. Ita­lie­ni­sche Mas­sen­me­di­en berich­te­ten vor allem über den hygie­nisch pre­kä­ren und unge­sun­den Zustand der Wohnungen.

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Abge­se­hen davon, daß der Mann nicht imstan­de scheint, aus­rei­chend für sei­ne „erwei­ter­te“ Fami­lie zu sor­gen, hat­te eine der bei­den Ehe­frau­en ihn im ver­gan­ge­nen Jahr sogar wegen Miß­hand­lung ange­zeigt. Die Behör­den haben sich offen­bar nicht dar­um geküm­mert, sonst wäre der Biga­mist frü­her aufgeflogen.

Liest man den Kom­men­tar­be­reich der Medi­en, die dar­über berich­te­ten, gewinnt man den Ein­druck, daß ein isla­mi­scher Biga­mist inzwi­schen in Euro­pa weder auf­regt noch Inter­es­se weckt.

Die islamische Ehe ist kein Sakrament

Die Poly­ga­mie, eigent­lich rich­ti­ger Poly­gy­nie, ist eine der bekann­te­sten Aus­drucks­for­men des Islam. Die Sache, daß ein Mos­lem vier Frau­en haben kann, das wuß­ten euro­päi­sche Kin­der schon zu allen Zei­ten. Weni­ger bekannt ist, daß die isla­mi­sche Ehe kein Sakra­ment ist. Sie ist nur ein Ver­trag, der vom Koran gere­gelt ist. Um den Ver­trag zu schlie­ßen, braucht es die Zustim­mung bei­der Sei­ten, wobei die Frau aller­dings kei­ne Sei­te ist. Ihre Sei­te ver­tritt ihr Vor­mund, in der Regel der Vater, ein männ­li­ches Fami­li­en­mit­glied oder ein Richter.

Damit die isla­mi­sche Ehe gül­tig ist, ver­langt der Ver­trag einen „Braut­preis“, eine Geld­sum­me oder ande­rer Besitz, den der Bräu­ti­gam an die Braut zah­len muß, oder an den Vater der Braut, wenn – wie häu­fig der Fall – noch vor­is­la­mi­sche Stam­mes­sit­ten gelten.

Scheidung und Verstoßung

Der Ver­trag kann unter bestimm­ten Bedin­gun­gen auch wie­der auf­ge­löst wer­den, zum Bei­spiel, wenn sich her­aus­stellt, daß die Frau unfrucht­bar ist. Die Auf­lö­sung der Ehe kann durch Schei­dung oder durch Ver­sto­ßung erfolgen.

Die Schei­dung kann unter bestimm­ten, schwer­wie­gen­den Bedin­gun­gen, laut ver­schie­de­nen Koran­schu­len, sowohl vom Mann als auch von der Frau ver­langt werden.

Die Ver­sto­ßung, „Talaq“ genannt, ist hin­ge­gen ein ein­sei­ti­ger Akt, der aus­schließ­lich dem Mann vor­be­hal­ten ist. Nur die Frau kann ver­sto­ßen wer­den. Wie erfolgt die Auf­lö­sung des Ehe­ver­tra­ges durch Ver­sto­ßung? Allein schon durch die drei­fa­che Aus­ru­fung des Wor­tes „Talaq“, „ich ver­sto­ße dich“. Die­ser Vor­gang muß nicht ein­mal in Gegen­wart der Frau gesche­hen. Solan­ge der Mann das Wort nur ein­mal oder zwei­mal aus­ge­spro­chen hat, kann die Ver­sto­ßung zurück­ge­nom­men wer­den. Sobald er sie das drit­te Mal gespro­chen hat, ist die Auf­lö­sung der Ehe und die schand­haf­te Ver­sto­ßung der Frau defi­ni­tiv und unwiderruflich.

Der Mann kann die Frau jederzeit verstoßen. Er muß nur dreimal „Talaq“ sagen

Jeder „Talaq“ soll­te regi­striert und gleich­zei­tig geprüft wer­den, unter wel­chen Bedin­gun­gen er gespro­chen wur­de. Der „Talaq“ eines betrun­ke­nen oder gei­stig ver­wirr­ten Man­nes hat kei­ne Gül­tig­keit. Die Ver­sto­ßung tritt spä­te­stens dann in Kraft, wenn die Frau dar­über infor­miert wur­de. Damit neh­men es aber nicht alle so genau. Zwi­schen einem Talaq und einem ande­ren soll­te zudem etwas Zeit ver­ge­hen, um eine Ver­söh­nung mög­lich zu machen. Soweit die Theorie.

Vie­le isla­mi­sche Rich­ter bestä­ti­gen die Gül­tig­keit der Ver­sto­ßung auch dann, wenn weder eine Zeit abge­war­tet wur­de noch ande­re For­ma­li­tä­ten ein­ge­hal­ten wur­den. Mit ande­ren Wor­ten: In der Pra­xis genügt es, drei­mal „Talaq“ aus­zu­spre­chen, und die Ehe ist null und nich­tig. Das kann sogar mit­tels Tele­fon gesche­hen oder neu­er­dings auch mit­tels Mail, Sky­pe oder SMS. Den ein­zi­gen Zwei­fel, den eini­ge Rich­ter, eine Min­der­heit, auf­ge­wor­fen hat, ist, ob es drei getrenn­te SMS braucht oder ob ein ein­zi­ges SMS genügt, indem drei­mal das Wort „Talaq“ geschrie­ben steht.

Die Angst der Frauen, verstoßen zu werden

An isla­mi­schen Rechts­schu­len wird der Fall einer paki­sta­ni­schen Frau erzählt, die vor Gericht die Annul­lie­rung ihrer Ehe ein­for­der­te. Eines Nachts sei sie auf­ge­wacht und habe ihren Mann drei­mal „Talaq“ sagen gehört. Der Mann stritt das ent­schie­den ab. Die Frau behaup­te­te, der Mann kön­ne sich natür­lich nicht dar­an erin­nern, weil er im Schlaf gespro­chen hat­te. Im Islam wer­den auch unab­sicht­li­che, unge­woll­te Din­ge abge­han­delt. Wenn jemand ohne eige­ne Schuld etwas Unrei­nes berührt, trifft ihn genau­so Schuld als hät­te er es absicht­lich getan. Dar­auf bau­te die paki­sta­ni­sche Frau, die offen­sicht­lich ihrer Ehe über­drüs­sig war.

Inter­es­sant ist, daß an isla­mi­schen Rechts­schu­len die­se Epi­so­de erzählt wird, die eine Frau als Akteu­rin zeigt. Die Wirk­lich­keit sieht näm­lich ganz anders aus. Die mei­sten isla­mi­schen Frau­en haben gro­ße Angst davor, irgend­wann und aus hei­te­rem Him­mel von ihrem Mann ver­sto­ßen zu wer­den und dage­gen nichts tun zu kön­nen. Für vie­le Frau­en bedeu­tet dies eine öko­no­misch und sozi­al unge­si­cher­te Zukunft.

Eine Umfrage unter Mosleminnen

Die Bha­ra­ti­ya Mus­lim Mahi­la Ando­lan, eine Orga­ni­sa­ti­on isla­mi­scher Frau­en mit Sitz in Mum­bai in Indi­en führ­te jüngst eine Umfra­ge durch. Befragt wur­den dazu 5.000 mos­le­mi­sche Inde­rin­nen in den zehn indi­schen Bun­des­staa­ten mit dem höch­sten Mos­le­m­an­teil. Dem­nach spra­chen sich 92 Pro­zent der Befrag­ten für eine Abschaf­fung der Talaq aus. 88,5 Pro­zent der Frau­en for­der­ten zudem Sank­tio­nen für isla­mi­sche Rechts­ge­lehr­te und Ima­me, die gegen Bezah­lung für Ehe­män­ner, die sich mit den neu­en Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln nicht aus­ken­nen, den drei­fa­chen Talaq ver­schicken. 93 Pro­zent spra­chen sich zudem für eine ver­bind­li­che, aber unab­hän­gi­ge Schieds­stel­le aus, die über Anträ­ge auf  Ehe­an­nul­lie­rung ent­schei­den sollte.

Apro­pos: Wenn ein Mann den drit­ten Talaq aus­ge­spro­chen oder ver­schickt hat, kann er, selbst wenn er es sich anders über­legt haben und die Ver­sto­ßung bereu­en soll­te, sei­ne Ex-Frau nicht noch ein­mal hei­ra­ten. Aller­dings gibt es auch hier eine Aus­nah­me. Soll­te sie inzwi­schen einen ande­ren Mann gehei­ra­tet haben, die­ser gestor­ben sein, Sie geschie­den wor­den sein, oder sie auch vom neu­en Mann ver­sto­ßen wor­den sein, dann könn­te sie auch ihr vor­he­ri­ger Mann wie­der heiraten.

Die Fol­ge die­ser Kon­struk­ti­on ist, daß in sol­chen Fäl­len nicht sel­ten ein Freund des Man­nes, der sei­ne Frau ver­sto­ßen hat, die­se (zum Schein) hei­ra­tet, um sie sofort zu ver­sto­ßen und damit den Weg zur Wie­der­ver­hei­ra­tung der Ex-Ehe­leu­te frei­macht. Aller­dings muß drei Mona­te gewar­tet wer­den. Das ist die Straf­frist für eine geschie­de­ne oder ver­sto­ße­ne Frau, bevor sie wie­der hei­ra­ten darf.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: NBQ

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