Tagespost: „Parallelsynode“ des Papstes in Santa Marta – Kritiker strukturell im Nachteil


Der Geist der Synode
Der Geist der Syn­ode. Offi­zi­el­les Logo zum 50-Jahr­fei­er der Bischofs­syn­oden am 17. Okto­ber 2015

(Rom) Der Vati­ka­nist der deut­schen Tages­post, Gui­do Horst, bie­tet in sei­nem Arti­kel „Kei­ne voll­kom­me­ne Klar­heit“ [1]Online­aus­ga­be 12.10.2015, gedruck­te Aus­ga­be 13.10.2015 einen klei­nen Ein­blick, wie Papst Fran­zis­kus die Syn­ode erlebt. Horst schreibt sogar über eine „Par­al­lel­syn­ode“, die in San­ta Mar­ta statt­fin­de, und daß der Haupt­ak­teur die­ser Syn­ode hin­ter der Syn­ode der Papst selbst sei.

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Gleich­zei­tig erwei­sen sich meh­re­re Kar­di­nä­le und Bischö­fe als uner­war­tet tap­fe­re und hart­näcki­ge Ver­tei­di­ger der katho­li­schen Glau­bens- und Moral­leh­re. Sie wach­sen dabei in eine neue, für sie ganz unge­wohn­te Rol­le hinein.

Die Analyse von Guido Horst in der Tagespost

Wört­lich schreibt Horst: „Wer was sagt, wie sehr die Fron­ten gegen­ein­an­der­pral­len – und dass es die­se gibt, hat bis­her nie­mand in Fra­ge gestellt –, was in der Syn­ode­nau­la inhalt­lich geschieht, das alles wird nicht öffentlich.“

Und wei­ter: „Erst in den kom­men­den Tagen wird sich her­aus­stel­len, wie vie­le Syn­oden­vä­ter sich wel­che Ände­run­gen der kirch­li­chen Pra­xis wün­schen. Wie Kar­di­nal Luis Anto­nio Tag­le aus Mani­la, der einer der vier dele­gier­ten Prä­si­den­ten der Syn­ode ist, ver­gan­ge­ne Woche vor den Jour­na­li­sten sag­te, sei­en an die drei­hun­dert Bischö­fe nicht des­we­gen zusam­men­ge­kom­men, um gar nichts zu beschließen.“

Dann wird Horst deut­li­cher: „Die Unsi­cher­heit über den Aus­gang der drei­wö­chi­gen Bera­tun­gen wird dadurch erhöht, dass im vati­ka­ni­schen Gäste­haus San­ta Mar­ta eine Art ‚Par­al­lel-Syn­ode‘ statt­fin­det: Papst Fran­zis­kus emp­fängt Syn­oden­teil­neh­mer und aus­wär­ti­ge Besu­cher zu Ein­zel­ge­sprä­chen. Dem Papst kommt es am Ende zu, offe­ne Fra­gen zu ent­schei­den und in einem abschlie­ßen­den Text der gesam­ten Kir­che mit­zu­tei­len. Das aller­dings ist das bis­her größ­te Rät­sel, das über der gan­zen Syn­ode liegt.“

Papst als Hauptakteur und Regisseur der „neuen Barmherzigkeit“

Papst Franziskus in Santa Marta
Papst Fran­zis­kus in San­ta Marta

Horst sieht den Papst selbst als Haupt­ak­teur und Regis­seur einer Syn­ode, mit der er offen­sicht­lich ein bestimm­tes Ziel ver­folgt, das über das hin­aus­geht, was in offi­zi­el­len Erklä­rung gesagt wird. Damit befin­den sich die Ver­tei­di­ger der katho­li­schen Glau­bens- und Moral­leh­re in einer undank­ba­ren Posi­ti­on. Sie sind struk­tu­rell im Nach­teil, weil sie – im Gegen­satz zum Papst – kei­nen Ein­fluß auf die Spiel­re­geln haben. Jene Spiel­re­geln, wor­auf auch Horst hin­weist, die Papst Fran­zis­kus ohne zu Zögern wie schon 2014 bereit ist mit­ten in der Syn­ode zu ändern. Im Alleingang.

Was den beschwer­de­füh­ren­den Kar­di­nä­len unter den Syn­oden­vä­tern sau­er auf­stößt und ihnen gleich­zei­tig erheb­li­ches Kopf­zer­bre­chen macht, ist die Insi­stenz, mit der Papst Fran­zis­kus die Kir­che auf einen ande­ren Kurs umlen­ken will. Wie­der­um befin­den sie sich in der Defen­si­ve, denn offen aus­zu­spre­chen, daß man weni­ger den beschwo­re­nen Hei­li­gen Geist am Werk sieht, son­dern viel­mehr hand­fe­ste Intri­gen, wür­de offe­ne Kri­tik am Papst ver­lan­gen. Das aber gilt unter Kar­di­nä­len als fak­ti­sches Tabu.

Mutiges Handeln der Verteidiger der katholischen Glaubens- und Morallehre

Die Kar­di­nä­le müß­ten sich gegen ihre eige­nen Bauch­schmer­zen zu einer sol­chen Kri­tik auf­raf­fen, die ihnen zudem, selbst von wohl­wol­len­den Kir­chen­krei­sen als Maje­stäts­be­lei­di­gung und unstatt­haf­te Nest­be­schmut­zung ange­krei­det würde.

Da Papst Fran­zis­kus offi­zi­ell Neu­tra­li­tät mimt und mit unter­ir­di­schen Wei­chen­stel­lun­gen voll­ende­te Tat­sa­chen geschaf­fen wer­den sol­len, ist die eigent­li­che und gan­ze Trag­wei­te nur für auf­merk­sa­me Beob­ach­ter offen­kun­dig. Wer tut, aber gleich­zei­tig behaup­tet, nicht zu tun, was er tut, hat die beque­me, wenn auch wenig red­li­che Mög­lich­keit, jede berech­tig­te Kri­tik als Unter­stel­lung von sich zu wei­sen und dies sogar noch höchst empört.

Kar­di­nal Kas­per spielt bei die­ser Syn­ode längst nicht mehr jene Rol­le, die er vor allem am Beginn der „neu­en Barm­her­zig­keit“ spiel­te. Sei­ne Rol­le war es, den Anstoß zu geben. Doch die Mög­lich­keit und den Auf­trag dazu, kam von Papst Fran­zis­kus. Beleg dafür, daß die Bezeich­nung „Kas­pe­ria­ner“ nur eine Not­lö­sung war, um nicht „Berg­o­glia­ner“ sagen zu müs­sen und sich damit nicht stän­di­gen, ermü­den­den Erklä­rungs­zwang aufzulasten.

Ange­sichts die­ser schwie­ri­gen Lage ver­hal­ten sich zahl­rei­che Kar­di­nä­le und Bischö­fe, mehr als erwar­tet, gera­de­zu hero­isch und uner­schrocken. Dies um so mehr, da die ihnen zufal­len­de Rol­le völ­lig neu und bis zum Rück­tritt von Papst Bene­dikt XVI. gera­de­zu undenk­bar schien. Sich plötz­lich in der Posi­ti­on des Papst-Kri­ti­kers wie­der­zu­fin­den, einer Rol­le, die durch Jahr­zehn­te rand­stän­di­ge Gestal­ten wie Hans Küng, Eugen Dre­wer­mann und Leo­nar­do Boff ein­ge­nom­men hat­ten, ver­langt schon etwas ab gera­de von Kar­di­nä­len und Bischö­fen der west­li­chen Hemi­sphä­re, die ziem­lich kon­flikt­scheu sind.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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1 Online­aus­ga­be 12.10.2015, gedruck­te Aus­ga­be 13.10.2015
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