Synode im Chaos? – Papst Franziskus improvisiert, um angestrebtes Ziel zu erreichen?


Wegen harter Widerstände gegen festgelten Ausgang muß Papst Franziskus mit seinen Vertrauten improvisieren
Wegen har­ter Wider­stän­de gegen fest­ge­leg­ten Aus­gang muß Papst Fran­zis­kus mit sei­nen Ver­trau­ten impro­vi­sie­ren. Die Syn­ode droht im Cha­os zu versinken.

(Rom) Wegen har­ter Wider­stän­de der Syn­oda­len gegen einen offen­bar bereits fest­ge­leg­ten Aus­gang der Syn­ode wird impro­vi­siert. Macht und Mög­lich­keit zur Impro­vi­sa­ti­on haben aber letzt­lich nur Papst Fran­zis­kus und sei­ne Ver­trau­ten. Die Fol­ge: Es herrscht ori­en­tie­rungs­lo­se, all­ge­mei­ne Ver­wir­rung und die Syn­ode droht im Cha­os zu versinken.

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Gerüch­te kur­sier­ten schon seit Tagen und erzeug­ten Ver­wir­rung, konn­ten jedoch als sol­che abge­tan wer­den. Der Erste, der offi­zi­ell in Zwei­fel zog, daß es am Ende die­ser Bischofs­syn­ode eine Rela­tio fina­lis geben wer­de, war der phil­ip­pi­ni­sche Kar­di­nal Luis Anto­nio Tag­le, den Papst Fran­zis­kus bereits im Vor­jahr zu einem der stell­ver­tre­ten­den Vor­sit­zen­den der Syn­ode ernannt hatte.

Papst-Vertrauter Kardinal Tagle warf den ersten Stein in den Teich

Ver­gan­ge­nen Frei­tag, den 9. Okto­ber „ent­deck­te“ der Kar­di­nal, so der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster, eigent­lich Kir­chen­hi­sto­ri­ker zu sein. Er ent­stammt der pro­gres­si­ven „Schu­le von Bolo­gna“. Auf einer Pres­se­kon­fe­renz zeich­ne­te er einen Über­blick über alle jün­ge­ren Bischofs­syn­oden, seit die­se erst­mals in der jün­ge­ren Geschich­te durch Papst Paul VI. ein­be­ru­fen wur­den. Der histo­ri­sche Schau­lauf ziel­te jedoch auf ein Über­ra­schungs­fi­na­le ab:

„In der Ver­gan­gen­heit unter­brei­te­ten die Cir­culi mino­res dem Hei­li­gen Vater pro­po­si­tio­nes, der dann ein nach-syn­oda­les Schrei­ben ver­faß­te. Doch die ersten Syn­oden von Paul VI. ende­te­ten nicht mit einem päpst­li­chen Schrei­ben. Paul VI. erlaub­te der Syn­ode, das eige­ne Schluß­do­ku­ment zu ver­öf­fent­licht. Erst mit Evan­ge­lii nun­ti­an­di begann die Pra­xis der ‚pro­po­si­tio­nes‘ für das päpst­li­che Schrei­ben, aber ich neh­me an, daß das nicht zwin­gend ist. Heu­te erwar­ten wir uns die dies­be­züg­li­che Ent­schei­dung des Papstes.“

Bis gestern war offiziell erklärt worden, es gebe eine Relatio finalis

Dabei war bis­her offi­zi­ell und wie­der­holt das genaue Gegen­teil gesagt wor­den, zuletzt am 5. Okto­ber, am Beginn der Syn­oden­ar­bei­ten. Hoch­of­fi­zi­ell erklär­te der Gene­ral­se­kre­tär der Syn­ode, Kar­di­nal Loren­zo Bal­dis­se­ri vor den ver­sam­mel­ten Syn­oden­vä­tern, daß es eine Rela­tio fina­lis geben wer­de, die­se dis­ku­tiert, abge­stimmt und dann dem Papst über­ge­ben wer­de, denn das sei der Sinn und Zweck der Synode.

War­um also erklär­te Kar­di­nal Tag­le, ein Papst-Ver­trau­ter, am fünf­ten Tag der Syn­oden­ar­bei­ten plötz­lich – Syn­oden­ge­schich­te zur Hand –, es kön­ne alles anders sein und man erwar­te sich die Ent­schei­dung vom Papst dazu, so als wäre die Fra­ge noch offen?

Hat­te nicht Papst Fran­zis­kus per­sön­lich am 2. Okto­ber eine Kom­mis­si­on aus zehn Kar­di­nä­len und Syn­oda­len ernannt, die als „Trans­pa­renz-Kom­mis­si­on“ über den ord­nungs­ge­mä­ßen Ablauf der Syn­ode wachen und in Ver­tre­tung der fünf Kon­ti­nen­te einen „Schluß­be­richt“ ver­fas­sen sollte?

Sieht der am 2. Okto­ber ver­öf­fent­lich­te, detail­lier­te Syn­oden­ka­len­der nicht vom 21.–24. Okto­ber aus­drück­lich gan­ze vier Tage für die For­mu­lie­rung der „Rela­tio fina­lis“ vor, deren Dis­kus­si­on in der Syn­ode­nau­la, die Ein­brin­gung von Anmer­kun­gen, die Über­ar­bei­tung und schließ­lich die Schlußabstimmung?

„Nach erster Synodenwoche weiß niemand mehr, wie Synode enden wird“

„Am Ende der ersten von drei Syn­oden­wo­chen weiß plötz­lich nie­mand mehr, wie die Syn­ode enden wird“, so Magister.

Am ver­gan­ge­nen Sams­tag bestä­tig­te Vati­kan­spre­cher Lom­bar­di, daß die Syn­ode die Ori­en­tie­rung ver­lo­ren hat. „Bezüg­lich der Abstim­mun­gen, gilt die Zwei-Drit­tel-Mehr­heit nur für die Rela­tio fina­lis. Natür­lich nur wenn es eine geben soll­te. Denn bis­her haben wir noch kei­ne Gewiß­heit, wie der Abschluß statt­fin­den wird, ob es also ein Schluß­do­ku­ment geben wird. Wir wer­den sehen, ob der Papst prä­zi­se Anwei­sun­gen geben wird.“

Der Vati­kan­spre­cher bestä­tig­te damit, was Kar­di­nal Tag­le bereits am Vor­tag gesagt hat­te und ver­wies sogar aus­drück­lich auf die­sen, den er zitierte:

„Manchmal muß man verwirrt sein, denn sonst wäre es kein wirkliches Leben“?

„Die neu ange­wand­te Metho­de der Syn­ode hat wahr­schein­lich etwas Ver­wir­rung geko­stet, aber es ist gut, manch­mal ver­wirrt zu sein. Wenn die Din­ge immer klar sind, dann wäre es ja kein wirk­li­ches Leben mehr.“ Soweit die Wor­te von Kar­di­nal Tag­le, die Lom­bar­di am Sams­tag wiederholte.

„Tat­sa­che ist, daß es im Namen die­ses ‚wirk­li­chen Lebens‘ nicht nur kein klas­si­sches nach-syn­oda­les Schrei­ben des Pap­stes mehr geben wird, son­dern viel­leicht nicht ein­mal mehr eine Rela­tio fina­lis der Syn­oden­ar­bei­ten, über die Punkt für Punkt abge­stimmt wird. Soll­te dem so sein, dann wür­de der Abschluß, wenn man ihn so nen­nen will, nur mehr eine Rede von Papst Fran­zis­kus sein“, so Magister.

„Damit aber nicht genug“. Am Sams­tag gab Vati­kan­spre­cher Lom­bar­di eine wei­te­re Ände­rung in die­ser impro­vi­sier­ten Syn­ode bekannt.

Kardinal Erdö Mikrophon verweigert

Kardinal Erdös Eröffnungsrede versetzte Kasperianer in Panik
Kar­di­nal Erdös Eröff­nungs­re­de ver­setz­te Kas­pe­ria­ner in Panik

Laut Syn­oden­ka­len­der soll­ten die Arbei­ten sowohl in der Aula als auch in den Cir­culi mino­res den drei Haupt­tei­len des Instru­men­tum labo­ris fol­gen. Jeder Teil soll­te jeweils durch eine Dar­le­gung des Gene­ral­be­richt­erstat­ters Kar­di­nal Erdö ein­ge­lei­tet werden.

Als der unga­ri­sche Pri­mas jedoch sei­nen Ein­gangs­be­richt am Beginn der Syn­ode für eine ent­schlos­se­ne, wie kla­re Ver­tei­di­gung der katho­li­schen Ehe- und Moral­leh­re nütz­te, gerie­ten die Kas­pe­ria­ner in sol­che Auf­re­gung, daß Kar­di­nal Erdö kur­zer­hand das Mikro­phon für die vor­ge­se­he­nen drei Dar­le­gun­gen ver­wei­gert wur­de. Die Syn­oden­ar­bei­ten erfolg­ten ein­fach ohne sie. Mit ande­ren Wor­ten, der Gene­ral­be­richt­erstat­ter der Syn­ode wur­de an der Aus­übung sei­ner Auf­ga­ben gehin­dert. Eine Zen­sur, die nur mit Zustim­mung von Papst Fran­zis­kus mög­lich sein konnte.

Die Fol­ge war, daß am ver­gan­ge­nen Frei­tag in der Aula bereits über den drit­ten Teil des Arbeits­pa­piers, mit den hei­ßen Brocken Schei­dung und Homo­se­xua­li­tät, gespro­chen wur­de, wäh­rend in den drei­zehn Arbeits­grup­pen noch bis zum 14 Okto­ber über den zwei­ten Teil gespro­chen und abge­stimmt wird.

Improvisation, um (doch noch) ein bestimmtes Ziel zu erreichen?

Beim Pres­se­ge­spräch am Sams­tag deu­te­te Vati­kan­spre­cher Lom­bar­di ledig­lich neben­bei an, daß die Wort­mel­dun­gen in der Aula dem Kalen­der „vor­aus“ sei­en. Daher wer­de er die Jour­na­li­sten erst in eini­gen Tagen dar­über infor­mie­ren, um kei­ne Ver­wir­rung zu stif­ten. Die Ver­wir­rung ist jedoch längst per­fekt und kein Werk der Journalisten.

Wie bereits im Vor­jahr wer­den mit­ten in den Syn­oden­ar­bei­ten die Syn­oden­spiel­re­geln geän­dert. Die Fol­ge ist eine kaum mehr über­schau­ba­re Situa­ti­on. Nie­mand kann der­zeit sagen, ob und wer in Rom über­haupt noch einen Über­blick hat.

Mit ande­ren Wor­ten, die Syn­ode droht im Cha­os zu ver­sin­ken. Das erstaunt um so mehr, als der Vati­kan als lang­sam, aber prä­zi­se arbei­ten­de Insti­tu­ti­on bekannt ist. Mit ande­ren Wor­ten, die Syn­ode wird an den tra­di­tio­nel­len vati­ka­ni­schen Insti­tu­tio­nen vor­bei improvisiert.

Die Fra­ge lau­tet: Ist die­se Impro­vi­sa­ti­on dem Unver­mö­gen ihrer Akteu­re geschul­det oder das unbe­ab­sich­tig­te Pro­dukt einer obsku­ren Regie, mit der die Syn­ode in eine bestimm­te Rich­tung gelenkt wer­den soll, die aber wegen der hef­ti­gen Wider­stän­de immer neu impro­vi­sie­ren muß, um ihr Ziel doch noch zu erreichen?

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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