(Rom) Wenige Tage nach dem geplant gezündeten Skandal der Selbstenthüllung des inzwischen seiner Aufgaben entbundenen Vatikan-Theologen Krzysztof Charasma, erschüttert ein weiterer Homo-Skandal die katholische Kirche. Im Mittelpunkt steht die Generalkurie der Unbeschuhten Karmeliten (OCD). Und das ausgerechnet im 500. Geburtsjahr der heiligen Ordensgründerin und Kirchenlehrerin Teresa von Avila.
Aufgedeckt wurde der Skandal von Fabrizio Peronaci im Corriere della Sera vom 8. Oktober. Er betrifft auch die zentral gelegene römische Pfarrei Santa Teresa d’Avila unweit der Gärten der Villa Borghese, die mit dem Sitz der Generalkurie verbunden ist.
Mitglied der Generalkurie frequentierte seit Jahren die Stricherszene
Die Anschuldigungen sind schwerwiegend. Die Ordensoberen hätten durch ihr Schweigen zumindest einen Pater der Generalkurie gedeckt, der im Verdacht steht, seit langer Zeit die männliche Prostituiertenszene nahe der Villa Borghese aufzusuchen. Zudem, so der Corriere della Sera, sei der Seiteneingang der Generalkurie, in der Via Aniene, dank der Komplizenschaft von dafür Verantwortlichen, unbewacht und offengeblieben, um das ungestörte nächtliche Kommen und Gehen verbotener Besucher zu ermöglichen.
Die ganze Sache wäre unter dem Mantel des völligen Stillschweigens geblieben, wenn der Generalobere der Unbeschuhten Karmeliten, Pater Saverio Cannistrà vor dem Sommer nicht einen Eingriff getätigt hätte. Er traf überraschend die Entscheidung, vier Patres der Generalkurie, darunter der Beschuldigte, aber auch drei andere Priester der Basilika, die mit der hochnotpeinlichen Angelegenheit nichts zu tun haben, im Block zu versetzen. Um diese dem Verdacht zu entziehen, seien ihre Namen genannt. Es handelt sich um den bisherigen Pfarrer von Santa Teresa d’Avila, Pater Angelo Ragazzi, den Kaplan Pater Alessandro Donati und den Hilfspriester Pater Ferndinando Taboni.
Schreiben an Generalkurie, Kardinalvikar, Ordenskongregation und Papst – Keine Reaktion
Die Blockversetzung löste in der Pfarrei große Unruhe aus, weil die Pfarrangehörigen den drei genannten Priestern sehr verbunden sind. Im vergangenen Juni wandten sich 110 von ihnen an den Generaloberen mit der Bitte eines klärenden Gesprächs in Anwesenheit des zuständigen Weihbischofs für diesen Teil Roms, Msgr. Guerino Di Tora. Da die Bitte unbeantwortet blieb, folgte am 13. Juli 2015 ein formaleres Gesuch, das an die ganze Ordensleitung gerichtet war, an Kardinalvikar Agostino Vallini und den Präfekten der Ordenskongregation, Kardinal Braz de Aviz sowie zur Kenntnis auch an Papst Franziskus und an den Kardinalstaatssekretär Parolin.
Die Gläubigen wiederholten darin ihre Verwunderung über die Versetzungsmaßnahme und über den offiziell genannten Grund dafür. Dieses Mal gingen sie aber weiter:
„Wir haben Kenntnis von Vorfällen schwerwiegender moralischer Art erhalten, die einem hohen Vertreter der Generalkurie angelastet werden, die uns mit ausreichend Details von Laien berichtet wurden, die direkt davon betroffen sind und wahrscheinlich in die Gruppe der „verwundbaren Erwachsenen“ fallen, die jüngst in die neuen kirchenrechtlichen Bestimmungen eingeführt wurden“.
Die Pfarrangehörigen geben zu verstehen, daß sie die verschiedenen Etappen der Angelegenheit genau kennen:
„Wie Sie wissen, Hochwürdige Väter, und wie wir selbst von einem an der verwerflichen Angelegenheit beteiligten Laien erfahren haben, wurde ein umfangreiches Dossier, das die Chronik der beschämenden Vorfälle und Erklärungen von an die Beziehungen des hohen Prälaten beteiligten Laien enthält, Seiner Eminenz, Kardinal Vallini übergeben, der – soweit uns bekannt – es nicht für notwendig erachtete, den obengenannten beteiligten Laien zu empfangen, sondern sich darauf beschränkte, Ihnen, Pater Cannistrà , die Anweisung zu geben, keinem Treffen mit Vertretern der Pfarrgemeinde zuzustimmen, die mehrfach um ein solches gebeten hatte“.
Die Unterzeichner entschlossen sich daher, die Sache durch ihr Schreiben an die Ordensleitung, den Vatikan und Papst Franziskus selbst, bekanntzumachen.
„Wir haben bis heute vergeblich gewartet, daß zumindest von einem der Empfänger irgendeine Antwort käme. Wir standen jedoch einer Mauer des Schweigens gegenüber, die allem Anschein nach konspirativ ist. In einer Zeit, in der sich die Kirche dem Dialog mit allen religiösen Gruppen stellt, auch denen, die dem Christentum fern stehen, empfinden wir es als schmerzlich, daß unsere respektvollen Bitten als Gläubige unbeachtet bleiben.“
Die Unterzeichner enden ihr Schreiben mit einer Art Ultimatum, mit dem sie darauf hinweisen, daß sie es ihrem Gewissen nach nicht verantworten können, daß die Sache einfach mit Stillschweigen zugedeckt wird.
„Es fällt nicht uns zu, daran zu erinnern, welche Strafen das Kirchenrecht vorsieht. Wenn wir aber keine Zeichen erhalten, können wir nicht mehr verhindern, daß die Sache, die bisher von Ihnen zugedeckt wurde, an die Öffentlichkeit gelangt.“
Der Corriere della Sera holte Stellungnahmen der Angesprochenen ein, ohne viel in Erfahrung zu bringen. Der zuständige Weihbischof Di Tora schob das heiße Eisen dem Orden zu: „Über Angelegenheiten der Patres entscheidet der Orden.“ Er bestätigte aber, das an Kardinal Vallini gerichtete Schreiben, auch erhalten zu haben.
Für den Orden nahm der Sekretär des Generaloberen, Pater Raffaele Stellung und bezeichnete alles als „normale und übliche Versetzungen“. Wörtlich sagte er: „Die Versetzungen? Das ist kein Skandal, sondern die Folge einer Neuorganisation unserer Einrichtung, die mit den veränderten Notwendigkeiten des Ordens zu hat.“
Dariusz Okos These von der Homo-Häresie
Die schockierenden Erklärungen von Krysztof Charamsa, der sich völlig uneinsichtig zeigt, die gleichzeitig zum Beginn der Bischofssynode in Rom abgehaltene Tagung sogenannter „homosexueller Katholiken“ und die Anwesenheit des mexikanischen Bischofs Raul Vera Lopez bei dieser Tagung, der im Zustand offenkundiger geistiger Verwirrung Aussagen tätigte wie: „Ihr Homosexuellen seid unsere Retter“, und schließlich der Skandal an der Generalkurie der Unbeschuhten Karmeliten scheinen die vom polnischen Theologen und Priester Dariusz Oko vertretene These einer sich in der Kirche ausbreitenden Homo-Häresie zu stützen.
In seinem 2012 in der deutschen Fachzeitschrift Theologisches veröffentlichten Aufsatz schreibt Oko:
„Das Problem der Homoideologie und Homolobby existiert nicht nur außerhalb der Kirche, ein analoges Problem existiert auch innerhalb, dort, wo die Homoideologie die Gestalt einer Homo-Häresie annimmt. Um dies festzustellen, reicht es, glaubwürdige Informationen von säkularen und kirchlichen Medien aus den jüngsten Jahren zu sammeln, die menschliche Natur zu begreifen, logisch zu denken, und Tatsachen und Dokumentationen in Verbindung zu bringen, die eine Reaktion auf diese Tatsachen darstellen.“
Homo-Häresie meint nach Oko die Negierung der „Lehre des kirchlichen Magisteriums in Sachen Homosexualität“. In einem Interview mit dem Vatikanisten Marco Tosatti sagte Dariusz Oko 2014, zwei Jahre nach der Veröffentlichung seines international beachteten Artikels: „Die Unterstützer der Homo-Häresie akzeptieren nicht, daß die homosexuelle Neigung eine Störung der Persönlichkeit ist. Sie bezweifeln, daß homosexuelle Handlungen gegen das Naturrecht verstoßen. Die Verteidiger der Homo-Häresie sind für die Zulassung von Homosexuellen zum Priestertum. Die Homo-Häresie ist nichts anderes als die kirchliche Version des Homosexualismus.“
Oko zitiert in seinem Aufsatz den polnischen Jesuiten Josef Augustyn:
„Die Kirche generiert keine Homosexualität, wird aber zum Opfer von unehrlichen Menschen mit homosexueller Neigung, die die kirchlichen Strukturen für ihre niedrigsten Instinkte ausnutzen. Aktive, homosexuelle Priester sind ohnehin Meister der Tarnung. Manchmal werden sie durch Zufall demaskiert (…) Eine echte Gefahr für die Kirche stellen (…) zynische homosexuelle Priester dar, die ihre Position für eigene Interessen ausnutzen und das oft außerordentlich geschickt machen. Solche Situationen sind für die Kirche, für die ganze Gemeinschaft der Priester und für die Vorgesetzten äußerst schmerzhaft. Das ist ein großes, schwer zu lösendes Problem.“
Und weiter:
„Die Verheimlichung der Taten von unaufrichtigen Personen, die früher oder später enthüllt werden, diskreditiert die Autorität der Kirche. Die Gläubigen fragen spontan, wie es mit der Glaubwürdigkeit der kirchlichen Gemeinschaft aussieht, wenn sie solche Umstände toleriert. Wenn wir a priori annehmen, dass es kein Lobbying von homosexuellen Geistlichen gibt und nie gegeben hat und nicht geben wird, dann unterstützen wir dadurch dieses Phänomen. Dann bleibt diese Lobby ungestraft und wird zu einer ernsten Gefahr.“
Die Homo-Häresie in der Kirche ist, wie das jüngste Beispiel zeigt, nicht zu vertuschen, sondern zu bekämpfen.
Text: Andreas Becker
Bild: curia generalizia