Nachtrag zum ersten Synodentag – Erstes „Mißverständnis“ zwischen Kardinal Erdö und Erzbischof Forte


(Rom) Der gest­ri­ge erste Syn­oden­tag brach­te bereits das erste misun­derstan­ding. Man mag es ein­fach Miß­ver­ständ­nis nen­nen. Man könn­te aber auch vom Ver­such einer Mani­pu­la­ti­on spre­chen. Wie bereits bei der Syn­ode 2014 ist eine täg­li­che Pres­se­kon­fe­renz vor­ge­se­hen. Gestern ver­such­te der ita­lie­ni­sche Erz­bi­schof Bru­no For­te von Chie­ti-Vas­to, Son­der­se­kre­tär der Syn­ode wie schon 2014, gegen­über den Jour­na­li­sten eini­ge „Prä­zi­sie­run­gen“, die das genaue Gegen­teil des­sen aus­zu­sa­gen schie­nen, was der Gene­ral­be­richt­erstat­ter, Kar­di­nal Peter Erdö, zuvor in der Syn­ode­nau­la gesagt hat­te. Der Infor­ma­ti­ons­fluß von der Aula an die Öffent­lich­keit erleb­te durch den Mund von Erz­bi­schof For­te eine zwei­fel­haf­te Veränderung.

Schlagabtausch auf Distanz: Erdös Worte drinnen – Fortes Bericht nach draußen

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Erz­bi­schof Bru­no For­te ist der Autor der umstrit­te­nen Pas­sa­gen über die Homo­se­xua­li­tät im Zwi­schen­be­richt der Syn­ode 2014 und der von der Syn­ode abge­lehn­ten Pas­sa­ge im Schluß­be­richt. Daß das Ver­trau­en zwi­schen Kar­di­nal Erdö und ihm seit­her gelit­ten hat, ist ein offe­nes Geheim­nis. Der Name des unga­ri­schen Pri­mas stand in sei­ner Funk­ti­on als Gene­ral­be­richt­erstat­ter unter dem umstrit­te­nen Zwi­schen­be­richt der Syn­ode 2014 mit Pas­sa­gen zur Homo­se­xua­li­tät. Erdö ver­schaff­te sei­nem Ärger Luft, indem er kei­nen Zwei­fel dar­an ließ, daß die­se Stel­len von For­te zu ver­ant­wor­ten waren, der den Erz­bi­schof von Esz­t­er­gom-Buda­pest vor­ab offen­bar nicht dar­über infor­miert hatte.

Ent­ge­gen den ganz ande­ren Aus­sa­gen von Kar­di­nal Erdö erklär­te For­te nun am gest­ri­gen Mon­tag vor der Pres­se: „Die­se Syn­ode ist pasto­ral, wie es das Zwei­te Vati­ca­num war. Wir suchen neue Zugangs­we­ge, um die Kir­che den Men­schen unse­rer Zeit näher sein zu las­sen. Die Kir­che kann nicht ange­sichts der Her­aus­for­de­run­gen unsen­si­bel blei­ben. Das ist der Ein­satz, um den es bei der Syn­ode geht.“ Vor allem sprach Erz­bi­schof For­te von „neu­en Zugangs­for­men, weil die Situa­tio­nen und die Zei­ten sich ändern“. Und wei­ter: „Wir ver­sam­meln uns ja nicht, um nichts zu sagen“.

Der Gene­ral­be­richt­erstat­ter der Syn­ode, Kar­di­nal Erdö, hat­te in sei­ner Rede jedoch ganz ande­res gesagt (sie­he Kar­di­nal Erdö’s kal­te Dusche zum Syn­oden­auf­takt – Absa­ge an Kas­pers „Öff­nun­gen“). Er sprach wohl von Annah­me und pasto­ra­ler Auf­merk­sam­keit, beton­te jedoch, daß es kei­ne Neue­run­gen geben dür­fe, die das über­lie­fer­te Lehr­amt ver­ra­ten. Zur Fra­ge der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen und deren Zulas­sung zur Kom­mu­ni­on rief er aus­drück­lich das Apo­sto­li­sche Schrei­ben Fami­lia­ris Con­sor­tio in Erin­ne­rung, das eben die­se Zulas­sung ver­wirft und dar­auf ver­weist, daß sich die Ein­bin­dung in die Gemein­schaft der Kir­che auch anders ver­wirk­li­chen lasse.

Absage an Schönborns „Gradualitäts“-Theorie

Die­sel­be Absa­ge erteil­te Kar­di­nal Erdö einer Auf­wei­chung der Unter­schei­dung von Gut und Böse. Zwi­schen dem objek­tiv Guten und Bösen gebe es kei­ne Gra­dua­li­tät. Wört­lich sag­te der Kar­di­nal: „Zwi­schen dem Wah­ren und dem Fal­schen, zwi­schen Gut und Böse, gibt es näm­lich kei­ne Gra­dua­li­tät; auch wenn eini­ge For­men des Zusam­men­le­bens gewis­se posi­ti­ve Aspek­te in sich tra­gen, bedeu­tet das nicht, daß sie als gut dar­ge­stellt wer­den kön­nen.“ Eine Aus­sa­ge, die mei­len­weit von den Theo­rien ent­fernt ist, wie sie Wiens Erz­bi­schof, Kar­di­nal Chri­stoph Schön­born, bei der Syn­ode 2014 und jüngst in einem Inter­view der römi­schen Jesui­ten­zeit­schrift Civil­tà  Cat­to­li­ca vertrat.

Die renom­mier­te Jesui­ten­zeit­schrift steht seit Ende 2013 ganz im Dienst der „neu­en Öff­nung“ und der The­sen von Kar­di­nal Kas­per. Nach die­sem Kri­te­ri­um wer­den The­men, Autoren und Gesprächs­part­ner aus­ge­wählt. Daß der Wie­ner Erz­bi­schof von der Zeit­schrift zu einem Inter­view ein­ge­la­den wur­de, das erste Mal in sei­ner bereits 20jährigen Amts­zeit, ist in die­sem Zusam­men­hang zu lesen.

In einer lan­gen theo­lo­gi­schen Plau­de­rei mit dem Schrift­lei­ter Pater Anto­nio Spa­da­ro SJ sprach der öster­rei­chi­sche Kar­di­nal aus­drück­lich von einer mög­li­chen Aner­ken­nung von „Ele­men­ten der Wahr­heit und Hei­li­gung“ auch bei nicht ver­hei­ra­te­ten, zusam­men­le­ben­den Paa­ren (Homo­se­xu­el­le inklusive).

Sowohl Kar­di­nal Schön­born als auch Pater Spa­da­ro wur­den von Papst Fran­zis­kus per­sön­lich zu Syn­oda­len ernannt.

Anders Kar­di­nal Erdö, der auch zur Fra­ge der Homo­se­xu­el­len kla­re Wor­te fand. Wor­te, die er gleich an den Beginn der Syn­ode stell­te, um damit offen­bar Ver­su­chen, die Wei­chen anders zu stel­len, ent­ge­gen­zu­wir­ken. Das Pres­se-Brie­fing von Erz­bi­schof For­te bestä­tig­te, daß tat­säch­lich Vor­sicht gebo­ten ist.

Papst Fran­zis­kus rief in sei­ner Eröff­nungs­re­de alle, wie schon 2014, zur „Parr­hä­sie“ auf. Die Rede­frei­heit bestehe im Spre­chen und im demü­ti­gen Zuhö­ren, wie er beton­te. Der Papst begrün­de­te damit den restrik­ti­ven Infor­ma­ti­ons­fluß nach außen, damit die Syn­oda­len drin­nen frei­er spre­chen könnten.

Dem ste­hen aller­dings die schlech­ten Erfah­run­gen des Vor­jah­res ent­ge­gen, daß der Infor­ma­ti­ons­fluß nach außen kon­trol­liert und ein­sei­tig zugun­sten der Kas­per-Frak­ti­on gelenkt wurde.

Die inoffiziellen Gesprächsthemen

Inof­fi­zi­el­les Gesprächs­the­ma der Syn­oden­vä­ter war am ersten Tag vor allem der Fall Cha­ram­sa, der von den Mas­sen­me­di­en in gro­ßer Auf­ma­chung berich­tet wur­de. Vie­le Syn­oda­len sahen dar­in eine „selt­sa­me Zeit­bom­be, die mit per­fek­tem Timi­nig pla­ziert wur­de“, so ein Syn­oda­le wörtlich.

Nicht alle Syn­oden­vä­ter sind über die neue Arbeits­me­tho­de begei­stert, die der Syn­ode 2015 vom Papst vor­ge­schrie­ben wur­de. Sie gilt als „zu restrik­tiv“. Vor allem die frei­en Wort­mel­dun­gen wur­den fak­tisch auf Null redu­ziert. Auch der Marsch­plan fin­det wenig Anklang. Er behan­de­le die unter­schied­lich­sten Pro­ble­me „als wären sie gleich“.

Papst Fran­zis­kus will die Kir­che als „Feld­la­za­rett“, wie er in sei­ner Pre­digt zur Syn­oden­er­öff­nung wie­der­hol­te. Gleich­zei­tig zitier­te er Johan­nes Paul II. mit den Wor­ten: „Der Irr­tum und das Böse müs­sen immer ver­ur­teilt und bekämpft wer­den; der Mensch, der fällt oder der irrt, muß aber ver­stan­den und geliebt werden“.

Die Pre­digt des Pap­stes läßt alle Wege offen. Aus ihr läßt sich kei­ne direk­te Vor­ga­be erken­nen. Sei­ne Auf­for­de­rung an die Syn­oda­len lau­tet, den Hei­li­gen Geist wehen zu las­sen, damit Er die Kir­che führe.

Man wird sehen, ob die­se Auf­for­de­rung von allen beherzt wird, auch von jenen, die auf­grund ihrer insti­tu­tio­nel­len Funk­ti­on, Ein­fluß auf den Ablauf der Syn­ode und den Infor­ma­ti­ons­fluß nach drau­ßen haben.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: NBQ

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