„Komplott gegen den Papst“ – Die Begleitmusik einer sympathisierenden Presse


Sabotage im Vatikan
Sabo­ta­ge im Vatikan

(Rom) Nach dem Fast-Deba­kel für Papst Fran­zis­kus nach zwei Jah­ren der „Syn­oda­li­tät“ ver­stärkt sich die Medi­en­kam­pa­gne, die den argen­ti­ni­schen Papst als Opfer einer Ver­schwö­rung sieht.

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Seit eini­ger Zeit tau­chen in mei­nungs­füh­ren­den Medi­en Listen von angeb­li­chen „Fein­den“ des Pap­stes auf, die gegen Fran­zis­kus „kon­spi­rie­ren“ und sich dem neu­en Wind wider­set­zen wür­den, der das argen­ti­ni­sche Pon­ti­fi­kat antreibt. Der Papst selbst sprach am 6. Okto­ber, dem zwei­ten Tag der Syn­oden­ar­bei­ten von einer „kon­spi­ra­ti­ven Hermeneutik“.

„Habemus Giudam“ – „Franziskus und seine Feinde“

Im ver­gan­ge­nen Sep­tem­ber tat sich die ita­lie­ni­sche Tages­zei­tung Il Giorn­a­le mit der Schlag­zei­le: „Der Papst spal­tet ‚sein‘ Volk: Hier sei­ne Freun­de und Fein­de“ damit her­vor, im Juni 2015 das lin­ke Revol­ver­blatt Il Fat­to Quo­ti­dia­no mit der gro­ßen Schlag­zei­le auf der Titel­sei­te: „Fran­zis­kus und sei­ne Fein­de“ und auf den Innen­sei­ten: „Habe­mus Giu­dam. Alle Fein­de von Franziskus“.

Mit dem Aus­gang der Fami­li­en­syn­ode wur­de die­se Medi­en­of­fen­si­ve zur Stüt­zung der „neu­en Barm­her­zig­keit“ inten­si­viert. Mit dem Fin­ger wird dabei auf deren Kri­ti­ker gezeigt, die als „Fein­de“ des Pap­stes gebrand­markt und dabei syste­ma­tisch als „Kon­ser­va­ti­ve“ bezeich­net werden.

Ein Bei­spiel für die­se Offen­si­ve erschien heu­te als Haupt­ar­ti­kel „Sabo­ta­ge im Vati­kan“ im Wochen­ma­ga­zin Pan­ora­ma. Gezeich­net ist er von Igna­zio Ingrao. Wie bereits ande­re Arti­kel die­ser Serie in ande­ren Medi­en lie­fert auch Pan­ora­ma eine Liste der angeb­li­chen „Fein­de“ des Pap­stes. Das Wochen­ma­ga­zin stellt sie in einer Gra­phik mit dem bezeich­nen­den Namen: „Das pur­pur­ne Spin­nen­netz“ ins Bild.

„Propagandistischer Charakter“

Sol­che Schlag­zei­len und auch deren Aus­rich­tung sind dem Wochen­blatt kei­nes­wegs neu. Im sel­ben Ver­lags­haus Mond­ado­ri erscheint ein gan­zes Wochen­blatt mit ein­deu­tig pro­pa­gan­di­sti­schem Cha­rak­ter: „Il Mio Papa“ (Mein Papst). Die erste Zeit­schrift der Medi­en­ge­schich­te, die zur Gän­ze einem Papst gewid­met ist, wur­de im März 2014 ins Leben gerufen.

Selbst die fran­zis­kus­freund­li­che Reli­gi­ons-Redak­ti­on des Öster­rei­chi­schen Rund­funks (ORF) sprach zum Erschei­nen des Blat­tes von einem „Papst-Fan­ma­ga­zin“, das Wochen­ma­ga­zin Der Spie­gel abfäl­lig von einem „Wochen­blätt­chen“. Der Grund für die abschät­zi­ge Auf­nah­me in den gro­ßen Medi­en des deut­schen Sprach­raums hat weni­ger mit Papst Fran­zis­kus, dem „Moder­ni­sie­rer“ (Il Fat­to Quo­ti­dia­no) zu tun, dafür um so mehr mit dem Eigen­tü­mer des Mond­ado­ri-Ver­la­ges, mit Sil­vio Ber­lus­co­ni, dem Lieb­lings-Feind­bild eines jeden Lin­ken, der zumin­dest ein biß­chen etwas auf sich hält.

Mein Papst“ ver­öf­fent­licht aus­schließ­lich Arti­kel, die dem Image von Papst Fran­zis­kus för­der­lich sind. Etli­che davon stam­men aus der Feder von Igna­zio Ingrao, der als Redak­teur für Pan­ora­ma schreibt, aber eben­so für das „Fan­ma­ga­zin“.

Repressalien für papstkritische Berichterstattung

An die­ser Stel­le ist ein Blick auf das ande­re gro­ße Medi­en­ver­lags­haus im Land des Pap­stes zu wer­fen, die Espres­so-Grup­pe. Sie ist poli­tisch ein­deu­tig wei­ter links ver­or­tet, als Ber­lus­co­nis-Medi­enar­ma­da. Daß der die bei­den Jesui­ten­zög­lin­ge, der Katho­lik Ber­lus­co­ni und der Jude Car­lo De Bene­det­ti, Haupt­ak­tio­när der Espres­so-Grup­pe, bei­de ein­mal gemein­sam in Ita­li­ens 1992 unter­ge­gan­ge­ner Sozia­li­sti­scher Par­tei saßen, steht auf einem ganz ande­ren Blatt geschrieben.

Auf der „lin­ken“ Medi­en­sei­te ist die Situa­ti­on etwas kom­pli­zier­ter. Im Wochen­ma­ga­zin L’Espresso schreibt San­dro Magi­ster, als Vati­ka­nist alt­ge­dient und inter­na­tio­nal renom­miert. Aus kri­ti­scher Distanz beglei­te­te er das Pon­ti­fi­kat von Bene­dikt XVI. mit zuneh­men­dem Wohl­wol­len, wäh­rend er sich zum amtie­ren­den Papst von Anfang an sehr kri­tisch äußerte.

Unab­hän­gig davon bau­te Papst Fran­zis­kus einen engen Kon­takt gera­de zu Euge­nio Scal­fa­ri auf, dem Grün­der und Her­aus­ge­ber der Tages­zei­tung La Repubbli­ca, die neben dem Wochen­ma­ga­zin das Haupt­blatt der Ver­lags­grup­pe bil­det. Nach meh­re­ren spek­ta­ku­lä­ren und ver­öf­fent­lich­ten Gesprä­chen zwi­schen dem Papst und dem Athe­isten aus alter frei­mau­re­ri­scher Fami­lie ist es ruhi­ger gewor­den. Scal­fa­ri steht inzwi­schen im 92. Lebensjahr.

Das Wochen­blatt Espres­so ver­öf­fent­lich­te im Juni vor­ab die Öko-Enzy­kli­ka Lau­da­to Si. Der Vati­kan ent­zog dar­auf San­dro Magi­ster die Akkre­di­tie­rung beim Hei­li­gen Stuhl, obwohl die­ser beteu­er­te, daß die Ent­schei­dung ohne sein Zutun von der Chef­re­dak­ti­on getrof­fen wor­den war. Ande­re Vati­ka­ni­sten ver­stan­den den Raus­wurf als Ver­gel­tung für Magi­sters papst­kri­ti­sche Berichterstattung.

Als im Sep­tem­ber das Flug­zeug mit Papst Fran­zis­kus Rich­tung Kuba und USA abhob, durf­te Mar­co Ansal­do, der Vati­ka­nist von La Repubbli­ca nicht an Bord. Der Vati­kan teil­te mit, daß La Repubbli­ca zum sel­ben Ver­lag wie L’Espresso gehört, wes­halb auch für Ansal­do Stra­fe sein müsse.

Nun gehört Ansal­do, im Gegen­satz zu Magi­ster, zum Kreis der geeich­ten pro­gres­si­ven Katho­li­ken. Er gehör­te zum aus­ge­wähl­ten Zir­kel, der im ver­gan­ge­nen Mai am Geheim­tref­fen der Kas­pe­ria­ner an der Gre­go­ria­na in Rom teil­nahm, bei dem Kar­di­nä­le wie Kas­per, Marx und Schön­born Stra­te­gien für die Fami­li­en­syn­ode besprachen.

Die Bot­schaft des Vati­kans an Jour­na­li­sten und Medi­en ist ein­deu­tig: Wer gegen Fran­zis­kus schreibt, hat Repres­sa­li­en zu erwar­ten. Unter Papst Bene­dikt XVI. wur­de nicht ein­mal dem Jour­na­li­sten Gian­lui­gi Nuz­zi die Akkre­di­tie­rung ent­zo­gen, nach­dem er mit Doku­men­ten in Fern­seh­sen­dun­gen auf­trat und schließ­lich damit im Früh­jahr 2012 ein Buch ver­öf­fent­lich­te, die er von untreu­en Vati­kan­mit­ar­bei­tern zusam­men­ge­tra­gen hat­te, dar­un­ter auch vom treu­lo­sen Kam­mer­die­ner des Pap­stes. Aktio­nen, für die Nuz­zi mög­li­cher­wei­se Geld bezahlt hat­te, was die Sache straf­recht­lich noch bri­san­ter sein läßt. Erst als Bene­dikt XVI. zurück­ge­tre­ten war, wur­de Nuz­zi im März 2013 vom Vati­kan die Akkre­di­tie­rung für das Kon­kla­ve ver­wei­gert. Damit hat­te Bene­dikt XVI. aber schon nichts mehr zu tun.

Der deutsche Kardinal mit dem „enormen Einfluß“ auf Papst Franziskus

Welt­me­di­en, mit oder ohne Druck, flan­kie­ren die „neue Barm­her­zig­keit“ von Papst Fran­zis­kus und grei­fen jene als „Fein­de“ des Pap­stes und als „Kon­ser­va­ti­ve“ an, die ihn nicht schon zu Leb­zei­ten als fast „Hei­li­gen“ ver­eh­ren, wie ein ihm wil­lig und bedin­gungs­los erge­be­ner Hof­staat, mit dem er sich umge­ben hat. In die­se Spar­te paßt auch der gestern in The Washing­ton Post erschie­ne­ner Arti­kel: „Meet the 82-jear-old pro­gres­si­ve Ger­man car­di­nal who has an out­si­zed influence on Pope Fran­cis“. Mit dem „deut­schen Kar­di­nal“ mei­nen Michel­le Boor­stein und Antho­ny Faio­la kei­nen ande­ren als Wal­ter Kasper.

In der Tat ist das Ver­hält­nis zwi­schen Kar­di­nal Kas­per und Papst Fran­zis­kus nicht ganz klar. Nicht klar ist, wer wel­che Rol­le inne­hat und damit auch wel­ches Gewicht.

Bei­spie­le einer Bericht­erstat­tung wie jenes der Washing­ton Post gibt es zahl­rei­che. Sie sind im gerin­ge­ren Fall wohl­wol­lend, tra­gen häu­fig aber Züge von Gefäl­lig­keits­jour­na­lis­mus. Die Gren­ze zwi­schen über­zeug­ter Unter­stüt­zung und ver­such­ter Beein­flus­sung sind dabei eben­so häu­fig fließend.

Zwei neue Bücher „für die Kurienreform des Papstes“ und gegen „die Papstfeinde“

Wie AP gestern mel­de­te, sol­len näch­ste Woche zwei Bücher erschei­nen, die „Geheim­nis­se des Vati­kans“ ent­hül­len wol­len. Dabei soll es, so die Pres­se­agen­tur, um Unre­gel­mä­ßig­kei­ten bei den Finan­zen gehen. Die Bücher wür­den die „Her­aus­for­de­rung“ unter­strei­chen, vor der Papst Fran­zis­kus bei der „Reform des Hei­li­gen Stuhls“ ste­he. Mit ande­ren Wor­ten, die Römi­sche Kurie brau­che drin­gend eine Rund­um­ver­än­de­rung durch Papst Franziskus.

Ein Buch stammt von einem „alten Bekann­ten“, den eben genann­ten Gian­lui­gi Nuz­zi. Über den an die­ser Stel­le aus gutem Grund kein wei­te­res Wort ver­lo­ren wer­den soll.

Das ande­re Buch legt Emi­lia­no Fit­ti­pal­di vor, wie Nuz­zi ein ita­lie­ni­scher Jour­na­list. Es wird am 5. Novem­ber unter dem rei­ße­ri­schen Titel erschei­nen: „Hab­gier: Die Doku­men­te, die Reich­tum, Skan­da­le und Geheim­nis­se in der Kir­che von Fran­zis­kus ent­hül­len“. Der Ver­lag Fel­tri­nel­li hat das bevor­ste­hen­de Weih­nachts­ge­schäft im Visier.

AP lie­fert vor­ab bereits die „kor­rek­te“ Les­art der Bücher mit: „Bei­de Bücher wer­fen Fra­gen zum Wider­stand gegen die Refor­men von Papst Fran­zis­kus auf“, womit zumin­dest klar­ge­stellt ist, wer laut AP zu den Guten und wer zu den Bösen gehört.

Eine Begleitmusik dieses Pontifikats

AP ver­weist in die­sem Zusam­men­hang auch auf den Pan­ora­ma-Arti­kel und die „immi­nen­ten Gefah­ren“ einer „Sabo­ta­ge im Vati­kan“. Auch in die­sem Fall wird der inhalt­li­che Kampf gegen­sätz­li­cher Strö­mun­gen um die Rich­tung der Kir­che mit „Finan­zent­hül­lun­gen“ und „Intri­gen“ im Vati­kan durch­ein­an­der gemischt.

Die Bot­schaft: Es gehe nicht um die Fami­li­en­syn­ode, nicht um Fra­gen der Dok­trin und der Dis­zi­plin, son­dern um kor­rup­te, hab­gie­ri­ge Kir­chen­krei­se, die Papst Fran­zis­kus zu ent­mach­ten ver­su­che und die, um das zu ver­hin­dern, gegen ihn intri­gie­ren, sei­ne Refor­men boy­kot­tie­ren und ihn sogar stür­zen woll­ten. Beleg dafür sei das Schrei­ben der drei­zehn Kar­di­nä­le, die damit in die Kate­go­rie der „Papst-Fein­de“ ein­ge­reiht werden.

Das jeden­falls ist ein Strang der Begleit­mu­sik die­ses Pon­ti­fi­kats, die von gro­ßen Welt­me­di­en ange­stimmt wird, die den bei­den vor­her­ge­hen­den Pon­ti­fi­ka­ten mit gro­ßer Distanz, wenn nicht sogar offe­ner Ableh­nung gegenüberstanden.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Pan­ora­ma (Screen­shot)

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