(Paris) In Frankeich existiert ein ganz besonderer weiblicher Orden der Tradition. Er bietet Frauen mit Down-Syndrom einen sicheren Hort und ermöglicht es ihnen, eine religiöse Berufung zu leben.
Die Kleinen Schwestern sind „keine Selbstverständlichkeit in einer heuchlerischen Welt“, so Veronque Labrion. Eine Welt, die sich zwar um lebende Menschen mit Down-Syndrom bemüht zeigt, aber gleichzeitig mit immer mehr perfektionierter Akribie versucht, ihre Existenz durch Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik aufzuspüren und bereits vor der Geburt zu töten.
1985 gegründet, 1990 kanonisch errichtet
Les petites soeurs Disciples de l’Agneau (Kleine Schwestern Jüngerinnen des Lammes) sind eine kleine Gemeinschaft des geweihten Lebens, die 1985 in Buxueil in Frankreich gegründet wurde. 1990 wurde sie vom Erzbischof von Tours kanonisch errichtet. Seit 1995 befindet sich das Kloster in Le Blanc. 1999 erfolgte durch den Erzbischof von Bourges die Anerkennung als Orden des kontemplativen Lebens.
Die geistliche Betreuung des Frauenordens erfolgt durch den Abt und die Mönche der altrituellen Abtei von Fontgombault, in deren Nähe sich das Kloster befindet.
Die Entstehung und Gründung der jungen Gemeinschaft wurde in den ersten Schritten vom bekannten französischen Genetiker und Diener Gottes, Jerome Lejeune (1926–1994) begleitet, dessen Seligsprechungsprozeß 2012 auf diözesaner Ebene abgeschlossen wurde.
Kontemplativer Orden für Schwestern mit Down-Syndrom
Die Kleinen Schwestern Jüngerinnen des Lammes sind der erste kontemplative Orden, der Frauen mit Down-Syndrom die Möglichkeit bietet, ihre religiöse Berufung zu verwirklichen. Die Schwestern mit Trisomie 21 bilden gemäß Statuten die Mehrheit, wobei sie von einer Minderheit von Schwestern ohne Down Syndrom unterstützt werden.
Die Ordensschwestern stellen, je nach Neigung und Eignung, im Sinne des benediktinischen Ora et labora, Stoffe, Wandteppiche, Holzskulpturen und anderes her und sichern sich durch den Verkauf den Lebensunterhalt.
Die Ordensgemeinschaft will „es jenen, die sich in der Welt an letzter Stelle befinden, ermöglichen, in der Kirche die herausragende Rolle als Braut Christi einzunehmen, und es jenen, deren Existenz so sehr verachtet wird, daß ihr Leben durch die Kultur des Todes bedroht ist, ermöglichen, durch ihre Gottesweihe Zeugen des Evangelium des Lebens zu sein“, so Mutter Line, die Priorin der Gemeinschaft.
Der „kleine Weg“ der heiligen Therese von Lisieux und das benediktinische Charisma des Ora et labora
Die Kleinen Schwestern folgen dem „Kleinen Weg“ der heiligen Therese von Lisieux (1873–1897), die 1997 von Papst Johannes Paul II. zur Kirchenlehrerin erhoben wurde. Deutlich ist zudem der Einfluß der Benediktsregel und des benediktinischen Charismas.
Die Ordensfrauen führen ein bescheidenes Leben aus Gebet, Arbeit und Opfer. Sie verrichten Garten- und Handarbeit, halten eucharistische Anbetung, pflegen das Stundengebet und den Rosenkranz, wohnen täglich der Heiligen Messe bei, leben in Stille und Gebet und betrachten die Heilige Schrift, jede nach ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten, weshalb der Tagesrhythmus sich etwas von jenem anderer kontemplativer Orden unterscheide, ein Grundrhythmus jedoch allen Schwestern einen wichtigen Halt biete, so Mutter Line.
Entstanden ist der Orden aus der Begegnung zweier junger Frauen in den 1980er Jahren, von Line und Veronica. Line ist heute die Priorin des Klosters, Schwester Veronica hat Down-Syndrom.
Stilles unscheinbares Leben im Dienst Christi
Die Kleinen Schwester Jüngerinnen des Lammes nehmen junge Frauen auf, die sich vom Geist der Armut und der Hingabe angerührt fühlen und bereit sind, ihr Leben in ihren Mitschwestern mit Trisomie 21 ganz in den Dienst Christi zu stellen.
Eine solche junge Frau war Sr. Rose Claire Lyon (1986–2013), die wegen ihres fröhlichen und herzlichen Wesens „Sourire de Jésus“ (das Lächeln Jesu) genannt wurde. Sie wurde 1986 im welschlothringischen Laxou geboren und entstammte einer kinderreichen Familie. Im Alter von 19 Jahren trat sie in das Kloster der Kleinen Schwestern in Le Blanc ein. Sr. Rose Claire sah ihr Vorbild in der „kleinen Therese“, die sie als „meine große Schwester“ bezeichnete.
„Ihre Sehnsucht nach dem Himmel war so groß, daß sie im jungen Alter von erst 26 Jahren am 4. Mai 2013 leise und still so wie es sich gewünscht hatte, aus dieser Welt ging“, so Mutter Line. Dom Jean Peteau OSB, der Abt von Fontgombault, der die Totenmesse zelebrierte, sagte in seiner Predigt: „Die Botschaft von Schwester Rose Claire ist in einem Wort enthalten und diese Botschaft ist: Jesus“.
Marc Jeanson drehte einen Dokumentarfilm über die junge Ordensgemeinschaft.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Romualdica