(Rom) 50 international bekannte Moraltheologen und Moralphilosophen haben mit Blick auf die am 4. Oktober beginnende Bischofssynode über die Familie einen Appell unterzeichnet, mit dem sie die Bischofssynode auffordern, die Lehren der päpstlichen Enzykliken Humanae vitae von Paul VI. (1968) und Veritatis splendor von Johannes Paul II. (1993) zu bekräftigen. Erstunterzeichner sind David S. Crawford und Stephan Kampowski vom Päpstlichen Institut Johannes Paul II. für Studien zu Ehe und Familie. Veröffentlicht wurde der Appell von First Things (USA).
An Appellen von einigen Experten oder Hunderttausenden gläubigen Katholiken zur Bekräftigung der katholischen Ehe- und Morallehre hat es im vergangenen Jahr nicht gefehlt. „Bisher scheinen sie aber nicht berücksichtigt worden zu sein“, so die traditionsverbundene Internetseite Chiesa e postconcilio. Damit wird vorerst alles von jenen abhängen, die als Synodenväter an der Bischofssynode teilnehmen. Das letzte Wort steht dann dem Papst zu.
Instrumentum laboris der Synode versucht Humanae vitae zu entkräften
Am 23. Juni 2015 wurde das Instrumentum laboris zur Bischofssynode veröffentlicht. In ihrem Appell beklagen die Moraltheologen und Moralphilosophen, daß unter Nr. 137 ein „Schlüsseldokument“ des neueren Lehramtes, die Enzyklika Humane vitae, so dargestellt wird, daß sie einerseits Erwähnung findet, gleichzeitig aber ihre Wirkungskraft in Frage gestellt wird. Zudem wird eine Methode zur moralischen Unterscheidung der Geister vorgeschlagen, „die eindeutig nicht katholisch ist“. Diese Art der Unterscheidung widerspreche dem, „was das Lehramt der Kirche bisher zu den moralischen Normen, dem Gewissen und dem moralischen Urteil gelehrt hat“. Das Instrumentum laboris behaupte dagegen, daß sich das Gewissen in Konflikt mit den objektiven moralischen Normen befinden könne.
In der offiziellen deutschen Übersetzung des Arbeitspapiers der Bischofssynode heißt es unter Nr. 137:
„ Angesichts des in Humanae Vitae enthaltenen Reichtums an Weisheit ergeben sich im Hinblick auf die in ihr behandelten Fragen zwei Pole, die beständig miteinander zu verbinden sind: Auf der einen Seite die Rolle des Gewissens, das als Stimme Gottes verstanden wird, die im menschlichen Herz wiederhallt, das dazu erzogen ist, auf sie zu hören; auf der anderen Seite die objektive moralische Anweisung, welche es verbietet, die Zeugung als etwas zu verstehen, über das willkürlich, unabhängig vom göttlichen Plan zur menschlichen Fortpflanzung, entschieden werden kann. Wenn die Bezugnahme auf den subjektiven Pol vorherrscht, riskiert man leicht egoistische Entscheidungen; im andern Fall wird die moralische Norm als eine untragbare Last erlebt, die nicht den Erfordernissen und der Möglichkeit des Menschen entspricht. Die Zusammenführung der beiden Aspekte, die mit der Begleitung eines kompetenten geistlichen Führers gelebt wird, könnte den Eheleuten dabei helfen, Entscheidungen zu treffen, die zutiefst menschlich sind und dem Willen des Herrn entsprechen.“
Arbeitspapier der Synode vertritt „unkatholische“ Lehre
Die 50 Moraltheologen und Moralphilosophen erheben ihre Stimme gegen diese „unkatholische“ Lehre und werfen dem Arbeitspapier der Bischofssynode vor, „Verwirrung unter den Gläubigen“ zu stiften. „Wir sind überzeugt, daß der Text des Instrumentum laboris schwere Mängel aufweist. Er scheint direkt den in Humanae vitae und Veritatis splendor enthaltenen lehramtlichen Aussagen zu widersprechen.“ Paragraph 137 entleere Humanae vitae „in Wirklichkeit seiner zentralen Lehraussagen. Das sei nicht von zweitrangiger Bedeutung, sondern „eine schwerwiegende Verzerrung des grundlegenden Inhalts des Dokuments von Paul VI.“
Es dürfe nicht zugelassen werden, daß solche Formulierungen, wie im Paragraphen 137 „Teil der Lehren der Bischofssynode werden“. Das Gewissen werde gegen die objektive moralische Wahrheit ausgespielt und Böses gerechtfertigt. Diese Methode lasse sich letztlich auf alle Handlungen anwenden, die in sich böse sind, „wie zum Beispiel Abtreibung oder Euthanasie“.
Ersetzung des Paragraphen 137 verlangt
Sie fordern die Streichung der Nr. 137 und deren Ersetzung durch einen neuen Paragraphen, „der in präziser Form über das Gewissen spricht, die Weisheit und Schönheit von Humanae vitae hervorhebt und den Eheleuten hilft, zu verstehen, daß die Gnadenmittel zu ihrer Verfügung stehen, um ihnen zu helfen, den Plan Gottes, was das Geschenk der Sexualität betrifft, zu leben“.
Zu den Unterzeichnern aus dem deutschen Sprachraum gehören: Weihbischof Andreas Laun von Salzburg; das Ehepaar Norbert und Renate Martin, die seit seiner Gründung 1981 dem Päpstlichen Familienrat angehören; Helmut Prader von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. in Heiligenkreuz bei Wien; Martin Rhonheimer von der Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz in Rom; Peter Schallenberg von der Katholischen Theologischen Fakultät Paderborn; Michele Schumacher von der Universität Freiburg im Üchtland; Walter Schweidler von der Katholischen Universität Eichstätt; Josef Seifert vom Istituto de Filosofia Edith Stein in Granada (Spanien); Robert Spaemann, emeritierter Professor der Ludwig-Maximilians-Universität München; Josef Spindelböck von der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Pölten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: First Things/NBQ