(Rom) Bereits die Relatio finalis der außerordentlichen Bischofssynode von 2014 hatte durch zweideutige und irreführende Behauptungen Zweifel und Verwirrung gestiftet. Im Instrumentum laboris der XIV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode zum Thema „Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“ werden weitere problematische Stellen hinzugefügt (siehe dazu „Obskure Passage“ im Arbeitspapier der Synode – Kritik an Kaspers „Bußweg“).
Eine solche Stelle ist auch der Paragraph 137. Wörtlich heißt es dort:
137. Angesichts des in Humanae Vitae enthaltenen Reichtums an Weisheit ergeben sich im Hinblick auf die in ihr behandelten Fragen zwei Pole, die beständig miteinander zu verbinden sind: Auf der einen Seite die Rolle des Gewissens, das als Stimme Gottes verstanden wird, die im menschlichen Herz wiederhallt, das dazu erzogen ist, auf sie zu hören; auf der anderen Seite die objektive moralische Anweisung, welche es verbietet, die Zeugung als etwas zu verstehen, über das willkürlich, unabhängig vom göttlichen Plan zur menschlichen Fortpflanzung, entschieden werden kann. Wenn die Bezugnahme auf den subjektiven Pol vorherrscht, riskiert man leicht egoistische Entscheidungen; im andern Fall wird die moralische Norm als eine untragbare Last erlebt, die nicht den Erfordernissen und der Möglichkeit des Menschen entspricht. Die Zusammenführung der beiden Aspekte, die mit der Begleitung eines kompetenten geistlichen Führers gelebt wird, könnte den Eheleuten dabei helfen, Entscheidungen zu treffen, die zutiefst menschlich sind und dem Willen des Herrn entsprechen.
Das hier angesprochene Problem ist das moralische Urteil der Ehepartner im Hinblick auf die Umsetzung der katholischen Ehelehre, wie sie in der Enzyklika Humanae vitae zum Ausdruck kommt.
Es scheint, als wolle der Autor des Instrumentum laboris einerseits „egoistische Entscheidungen“ abwenden, die eine Folge eines vorherrschenden „subjektiven Pols“ sind, andererseits verhindern, daß die Eheleute sich von einer „untragbaren Last, die nicht den Erfordernissen und der Möglichkeit des Menschen entspricht“ erdrückt fühlen.
Als Lösung wird die Zusammenführung von „zwei Polen“ vorgeschlagen: „Auf der einen Seite die Rolle des Gewissens, das als Stimme Gottes verstanden wird, die im menschlichen Herz wiederhallt, das dazu erzogen ist, auf sie zu hören; auf der anderen Seite die objektive moralische Anweisung, …“.
Wo liegt die Zweideutigkeit?
Die Stimme des Gewissens ist nicht ein Pol, der „zu verbinden“ ist, sondern selbst bereits die Verbindung zwischen dem ewigen Gesetz Gottes mit einer besonderen Situation. Das Gewissen ist die Entscheidung der Vernunft, die die moralische Qualität einer Handlung erkennt. Auf diese Weise ist sie Widerhall der Stimme und des Handelns Gottes. Es ist daher nicht möglich, das, was als gut zu tun erkannt wurde, erst durch eine objektive moralische Anweisung zu „überprüfen“, denn das ist bereits geschehen. Eine solche zusätzliche Überprüfung läuft Gefahr, einer Situationsethik zu verfallen.
So sehr der Autor des Instrumentum laboris auch den „Reichtum an Weisheit“ von Humanae vitae betont, versucht er ihn mit einem ausgeklügelten Sophismus zu umgehen: mit einer erneuten Überprüfung dessen (auf welcher Grundlage wird nicht klar), was das rechte Gewissen, die Stimme Gottes, bereits als moralisch gut oder böse erklärt hat.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL