Israel: Mordechai Vanunu /​ John Crossman, stellt achten Antrag auf Aufhebung der strengen Auflagen


Mordechai Vanunu John Crossman Israel Atombombe
John Cross­man Mord­e­chai Vanunu und die israe­li­sche Atombombe

(Tel Aviv) Mit der ach­ten Ein­ga­be an den Ober­sten Gerichts­hof for­dert der unter dem Namen John Cross­man zum Chri­sten­tum kon­ver­tier­te israe­li­sche Nukle­ar­tech­ni­ker Mord­e­chai Vanunu die Auf­he­bung der ihm auf­er­leg­ten stren­gen Restrik­tio­nen, um zu sei­ner in Nor­we­gen leben­den Frau rei­sen zu können.

Anzei­ge

Alle bis­he­ri­gen Ein­ga­ben in den ver­gan­ge­nen elf Jah­ren wur­den abge­lehnt. Mord­e­chai Vanunu, so sei­ne amt­li­che Regi­stie­rung, ist der Mann, der 1986 die bis dahin geheim­ge­hal­te­ne ato­ma­re Bewaff­nung Isra­els auf­ge­deckt hat­te. Offi­zi­ell bestrei­tet die israe­li­sche Regie­rung auch heu­te, über Atom­waf­fen zu verfügen.

Enthüller des israelischen Atomprogramms 1986 in Rom entführt – 18 Jahre Haft

Vanunu wur­de, noch bevor die Ent­hül­lung öffent­lich bekannt wur­de, vom israe­li­schen Geheim­dienst Mos­sad ent­führt und nach Isra­el gebracht. Ange­klagt wegen Lan­des­ver­rats und Angriffs auf die natio­na­le Sicher­heit wur­de er 1988 zu 18 Jah­ren Gefäng­nis ver­ur­teilt. Elf Jah­re saß Vanunu in Iso­la­ti­ons­haft. Erst nach Ver­bü­ßung der gesam­ten Haft­stra­fe wur­de er 2004 unter stren­gen Auf­la­gen entlassen.

Er darf das Land nicht ver­las­sen. Wann immer er sei­ne Unter­kunft ver­läßt, muß er das den Sicher­heits­be­hör­den min­de­stens 48 Stun­den vor­her mel­den. Er darf in der Öffent­lich­keit mit Aus­län­dern spre­chen, aber jeweils nur mit einer Per­son und nicht län­ger als 30 Minu­ten. Tele­fon, Inter­net­zu­gang und sei­ne Unter­kunft wer­den abge­hört. Er darf kein Mobil­te­le­fon benüt­zen, kei­ne Chat-Rooms auf­ru­fen, kei­ne Bot­schaf­ten, Kon­su­la­te, Flug­hä­fen oder Schiffs­hä­fen betre­ten und muß sich in 500 Metern Min­dest­ent­fer­nung von der Staats­gren­ze halten.

Crossman heiratete im Mai 2015 lutherische Theologin aus Norwegen

Enthüllung der Sunday Times. Fünf Tage zuvor war John Crossman vom Mossad in Rom entführt worden
Ent­hül­lung der „Sun­day Times“ (5.10.1986). Fünf Tage zuvor war John Cross­man vom Mos­sad in Rom ent­führt worden

Mord­e­chai Vanunu bean­trag­te unter ande­rem die Auf­he­bung des Rei­se­ver­bots, um sei­ne Frau in Nor­we­gen besu­chen zu kön­nen. Mit dem Namen John Cross­man kon­ver­tier­te Vanunu zum Chri­sten­tum und wur­de getauft. Im ver­gan­ge­nen Mai hei­ra­te­te er die nor­we­gi­sche luthe­ri­sche Theo­lo­gin Kri­stin Joa­chim­sen. Das Ja-Wort gab sich das Paar in der 1898 im Bei­sein von Kai­ser Wil­helm II. in Jeru­sa­lem ein­ge­weih­ten luthe­ri­schen Erlö­ser­kir­che. Joa­chim­sen unter­rich­tet an der School of Theo­lo­gy in Oslo.

Vanunu arbei­te­te im Negev Nuclear Rese­arch Cen­ter von Dimo­na, als er 1986 der Sun­day Times Details über die Anla­ge und das ato­ma­re Waf­fen­pro­gramm Isra­els enthüllte.

Gebo­ren wur­de John Cross­man 1954 als Mord­e­chai Vanunu in Mar­ra­kesch, damals Fran­zö­sisch-Marok­ko. Die Kauf­manns­fa­mi­lie ortho­do­xer, sephar­di­scher Juden leb­te in der Mel­lah, dem tra­di­tio­nel­len jüdi­schen Vier­tel der Stadt. Als es in Marok­ko zu anti­se­mi­ti­schen Vor­fäl­len kam, emi­grier­te die Fami­lie 1963 über die Jewish Agen­cy nach Isra­el, wo sie im Wüsten­ort Beer­s­he­ba ange­sie­delt wur­de. Sein Vater wid­me­te sich reli­giö­sen Stu­di­en und wur­de dort als Rab­bi anerkannt.

Marokkanischer Jude, Kampfpilot im Jom-Kippur-Krieg, Atomprogramm

Sei­nen Mili­tär­dienst lei­ste­te Mord­e­chai Vanunu von 1971 bis 1974 als Pilot bei der Israe­li­schen Luft­waf­fe und nahm am Jom-Kip­pur-Krieg teil. Anschlie­ßend nahm er an der Uni­ver­si­tät von Tel Aviv das Stu­di­um der Phy­sik auf, das er nach eini­gen Seme­stern abbrach. 1976 nahm erv­ei­ne Stel­le als Tech­ni­ker am Negev Nuclear Rese­arch Cen­ter an. 1979 begann er par­al­lel im Negev an der Ben-Guri­on-Uni­ver­si­tät ein Stu­di­um der Phi­lo­so­phie und der Geo­gra­phie, das er 1985 erfolg­reich abschloß.

Gleich­zei­tig distan­zier­te er sich zuneh­mend von der israe­li­schen Außen­po­li­tik, wes­halb er als Mit­ar­bei­ter des nuklea­ren For­schungs­zen­trums unter Beob­ach­tung des Inlands­ge­heim­dien­stes geriet. Ihm wur­den spä­ter Kon­tak­te zum Kom­mu­nis­mus nach­ge­sagt, da Vanunu zahl­rei­che Aus­lands­rei­sen unter­nahm, die der israe­li­sche Nach­rich­ten­dienst auf­merk­sam registrierte.

1986 Konversion zum Christentum, Enthüllung, Entführung, Verurteilung

Hochzeit von John Crossman und Kirstin Joachimsen am 19. Mai 2015 in Jerusalemer Georgskathedrale
Hoch­zeit von John Cross­man und Kri­stin Joa­chim­sen (19. Mai 2015) in der angli­ka­ni­schen Georgs­ka­the­dra­le Jerusalems

Im Juli 1986 kon­ver­tier­te er wäh­rend eines Austra­li­en-Auf­ent­halts mit dem Tauf­na­men John Cross­man zum Chri­sten­tum und schloß sich der Angli­ka­ni­schen Kir­che von Austra­li­en an. In Austra­li­en kam es zu Medi­en­kon­tak­ten, die zu einer Ein­la­dung nach Eng­land führ­ten. Im Sep­tem­ber des­sel­ben Jah­res ent­hüll­te Vanunu wäh­rend sei­nes Lon­don-Auf­ent­halts, einem Jour­na­li­sten der Sun­day Times das israe­li­sche Atom­waf­fen­pro­gramm samt Photoaufnahmen.

Obwohl die Zei­tung die Ent­hül­lung erst am 5. Okto­ber ver­öf­fent­lich­te, hat­te der israe­li­sche Geheim­dienst bereits in Austra­li­en von den Medi­en­kon­tak­ten erfah­ren. Um das gute israe­lisch-bri­ti­sche Ver­hält­nis nicht zu bela­sten, wur­de Vanunu vom Mos­sad nach Rom gelockt, dort am 30. Sep­tem­ber ent­führt und ver­steckt auf einem Schiff nach Isra­el gebracht.

Sechs Wochen leug­ne­te Isra­el, etwas mit dem Ver­schwin­den des Nukle­ar­tech­ni­kers zu tun zu haben. Schließ­lich wur­de von einem Regie­rungs­spre­cher bestä­tigt, daß sich Vanunu in israe­li­scher Haft befin­det. Um sei­nen Auf­ent­halt zu ver­schlei­ern, wur­de der Gefan­ge­ne unter dem damals unbe­kann­ten Tauf­na­men John Cross­mann regi­striert. 1988 erfolg­te sei­ne Ver­ur­tei­lung durch ein israe­li­sches Gericht.

Seit er nach 18jähriger Haft unter stren­gen Auf­la­gen 2004 frei­kam, lebt Cross­man in der angli­ka­ni­schen Nie­der­las­sung an der angli­ka­ni­schen St. Georgs-Kathe­dra­le von Jeru­sa­lem. Mehr­fach wur­de sein Zim­mer von der Poli­zei durch­sucht. Bereits 2004 stell­te er einen Antrag auf Asyl und Staats­bür­ger­schaft in Nor­we­gen. Die israe­li­schen Behör­den gehen davon aus, daß sich Vanunu bei Auf­he­bung der Rei­se­be­schrän­kung nach Nor­we­gen abset­zen wür­de, wo sei­ne Ehe­frau lebt.

Im kom­men­den Monat wird der Ober­ste Gerichts­hof über den Antrag entscheiden.

Text: Asianews/​Giuseppe Nardi
Bild: Asianews/​Google

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!