(Rom) Am 21./22. Juli werden sich Bürgermeister aus der ganzen Welt im Vatikan treffen, um über das Weltklima und moderne Sklaverei zu sprechen. Was sich so politisch korrekt anhört, soll es auch sein und zwar durch und durch. Initiator des Bürgermeister-Meetings ist der argentinische Kurienerzbischof Marcelo Sanchez Sorondo, der Kanzler der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften und der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften. Er war der Organisator hinter der Öko-Enzyklika Laudato Si, der neben dem toten Buchstaben die lebendigen Kontakte herstellte, vor allem zu den Vereinten Nationen und zur „hohen Politik“.
Er organisierte im Vorfeld der Enzyklika-Vorstellung einen internationalen Workshop „zum Klimawandel und der nachhaltigen Entwicklung“ im Vatikan. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hielt die Eröffnungsrede. Hauptredner war dessen rechte Hand, der UNSDNS-Direktor Jeffrey Sachs (UN Sustainable Development Solutions Network). Damit hatten nicht nur die Vertreter der menschenverschuldeten Erderwärmung in den Vatikan Einzug gehalten, sondern auch die Neo-Malthusianer. Zudem wurden Klimaskeptiker systematisch von der Anmeldeliste gestrichen. Der Vatikan wurde zum Veranstalter einer gelenkten, einseitigen Tagung im Sinne der UNO-Welterwärmungs-These (siehe Klimaskeptiker von Vatikantagung ausgeschlossen – Andere Meinungen nicht erwünscht).
60 Bürgermeister aus aller Welt bei Tagung im Vatikan – und alle stehen „ausschließlich“ links
Ende Mai fiel Sanchez Sorondo durch ein unrühmliches Interview auf, in dem er die Ursachen für das weltweite Kindermorden durch Abtreibung im Klimawandel zu erkennen meinte (siehe Abtreibung und Weltklima: Im Vatikan redet jemand großen Unsinn). Der Kurienerzbischof gilt seither als Architekt der Annäherung der katholischen Kirche an die UNO-Agenda. Eine Tätigkeit, die er nur mit der nötigen Rückendeckung von höchster Stelle entfalten kann.
Als nächsten Schritt wird Sanchez Sorondo nächste Woche 60 Bürgermeister aus aller Welt in den Vatikan bringen. Der Querschnitt ist beeindruckend, die politische Verortung der Stadtoberhäupter ziemlich „bunt“ und vor allem links. Kommen werden der linkskatholische Bürgermeister von Rom, Ignazio Marino; der kommunistische Bürgermeister von Mailand, Giuliano Pisapia; der linksliberale Bürgermeister von Neapel, Luigi De Magistris; die linksradikale Bürgermeisterin von Madrid, Manuela Carmena (bis zum Beginn ihrer Richterkarriere Mitglied der Kommunistischen Partei Spaniens, dann parteilos, 2015 Spitzenkandidatin eines Wahlbündnisses aus Sozialisten und der linksradikalen Bewegung Podemos); die feministische Sozialistin Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris.
Abtreibung und Homosexualisierung kein Thema – dafür Klimawandel und neue Sklaverei
Die bisher Genannten lassen eine politische Schlagseite erkennen, zumindest die Bevorzugung von Parteien und deren Repräsentanten links der Mitte ohne Berührungsängste bis zum äußersten linken Rand. Daß diese Linke für Abtreibung als „Menschenrecht“ und die bedingungslose Legalisierung der „Homo-Ehe“ kämpft, stört im Vatikan offenbar nicht. Vielmehr wird dadurch der neue Schulterschluß bekräftigt, wie ihn Sanchez Sorondo in einem Interview und durch die Klimawandel-Agenda betreibt.
Die Einladung der Bürgermeisterin von Lampedusa, Giusi Nicolini, scheint mehr einem mediengerechten Aufputz zu dienen. Unter Papst Franziskus kam bereits der, bis dahin unscheinbare Bischof von Agrigent, zu Kardinalswürden, weil Lampedusa in seiner Diözese liegt. Da der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, gehört auch Nicolini, die mit 26 Prozent der Stimmen das Bürgermeisteramt erhielt, dem erwähnten politischen Spektrum an. Unterstützt wurde sie „von einem Teil der Linksdemokraten und dem wenigen, was es an Zivilgesellschaft auf der Insel gibt“, so die linke Tageszeitung Il Fatto Quotidiano im arroganten Tonfall der Jakobiner.
Symposium in Kooperation mit der UNO – Eröffnungsredner: der Neo-Malthusianer Jeffrey Sachs
Einziger Vertreter aus dem deutschen Sprachraum wird der Sozialdemokrat Christian Gaebler sein, der Berlin vertreten wird. Gaebler ist seit 2011 Staatssekretär für Stadtentwicklung und Umwelt in Berlin und gehört dem linken SPD-Flügel an.
Am 21. Juli versammeln sie sich zur Tagung „Modern Slavery and Climate Change: the Commitment of the Cities“, an der auch Papst Franziskus teilnehmen und Grußworte sprechen wird. Dabei sollen zwei „miteinander verbundene Notsituationen“ besprochen werden: „das Weltklima und die neuen Formen der Sklaverei“. Am 22. Juli werden die Bürgermeister, ebenfalls im Vatikan, am Symposium „Prosperity, People and Planet: Achieving Sustainable Development in Our Cities“ teilnehmen, das in Zusammenarbeit mit der UNO stattfindet. Das Eröffnungsreferat des Symposiums wird der bereits erwähnte Neo-Malthusianer Jeffrey Sachs halten, der es bis zum Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften gebracht hat.
„UNO ist nicht der Teufel, sondern das Gegenteil“ – Einseitige Einladungen
„Die Vereinten Nationen sind nicht der Teufel, sondern das Gegenteil“, so Sanchez Sorondo auf die Frage eines Journalisten, ob es nicht seltsam sei, daß der Vatikan eine UNO-Veranstaltung beherberge. „Das Symposium ist nicht von der UNO organisiert, sondern von den Päpstlichen Akademien und der UNO“, so der Kurienerzbischof. Er meinte die beiden Akademien, deren Kanzler er ist. Bereits Paul VI. habe die UNO in New York besucht, so die Rechtfertigung des Papst-Vertrauten. „Im September wird Papst Franziskus sie besuchen. Ich sehe nicht, wo da ein Problem sein sollte. In der UNO den Teufel zu erkennen, ist typisch für bestimmte Positionen der Rechten, das ist nicht die Position des Heiligen Stuhls.“ Die im Vatikan versammelte vereinigte Linke wird diese Aussage allemal freuen.
Auf die Frage eines anderen Journalisten, ob die „ausschließliche Anwesenheit von Bürgermeistern links der Mitte nicht ein Zeichen von Parteilichkeit“ sei, antwortete Sanchez Sorondo spöttisch: „Die Einladung steht allen offen, wenn Sie uns andere Bürgermeister bringen, sind wir Ihnen dankbar. Wir haben keine Vorbehalte.“ Die einseitige Farbpräferenz der geladenen Bürgermeister läßt das Gegenteil vermuten. Es soll vielmehr eine selektive Kontaktaufnahme samt Einladung gegeben haben.
Gruppe Santa Marta
Sanchez Sorondo begründete die beiden Veranstaltungen mit der „Dringlichkeit“. Diese sei, so der Kurienerzbischof, auch von der „Gruppe Santa Marta“ betont worden. Wie der Argentinier bekanntgab, der zum engsten Vertrautenkreis von Papst Franziskus gehört, wurde vom Papst und Kardinal Nichols vor zwei Jahren eine bei der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften angesiedelte Gruppe gebildet, der Polizeichefs und Bischöfe aus aller Welt angehören und einen Gedankenaustausch pflegen. „Wir sind ihrem Rat gefolgt, und haben versucht, auch die Bürgermeister zu versammeln, um eine bessere Vorgangsweise zur Abmilderung des Klimawandels und zur Beseitigung der neuen Formen der Sklaverei zu finden“, so Sanchez Sorondo.
Die Diskussion am 21./22. Juli werde auf der Grundlage der Papst-Ansprache an die „sozialen Bewegungen“ in Bolivien und der Öko-Enzyklika Laudato Si stattfinden. Sanchez Sorondo lobte dabei ausdrücklich Vatikansprecher Pater Federico Lombardi, „der Jesuit wie Papst Bergoglio ist“. Wörtlich sagte der Argentinier: „Wenn Sie Papst Franziskus oder Pater Lombardi verstehen wollen, dann schauen Sie sich den Film Mission über die Jesuiten-Reduktionen in Lateinamerika an“.
Zur neuen Sklaverei sagte der Kurienerzbischof: „Wir wollen, daß die Bürgermeister sich dafür einsetzen, dem Mißbrauch, der Ausbeutung, dem Menschenhandel innerhalb ihrer Städte ein Ende zu setzen“ und „wir möchten ebenso, daß sich die Bürgermeister dafür einsetzen, Programme zur sozialen Integration der Opfer auf nationaler und lokaler Ebene zu entwickeln, um eine Abschiebung oder Ausweisung in ihre Herkunftsländer zu vermeiden“.
Die vollständige Teilnehmerliste
Die vollständige Teilnehmerliste: Christian Gaebler (Staatssekretär, Berlin), Betsy Hodges (Minneapolis), Ed Murray (Seattle), Charlie Hales (Portland), Marty Walsh (Boston), Mitch Landrieu (New Orleans), Anne Hidalgo (Paris), Stian Berger Rosland (Oslo), Ignazio Marino (Rom), Dario Nardella (Florenz), Luigi de Magistris (Neapel), Giusi Nicolini (Lampedusa), Piero Fassino (Turin), Antonio Decaro (Bari), Gregor Robertson (Vancouver), Eduardo Paes (Rio de Janeiro), Eduardo Accastello (Villa Maria, Argentinien), Tony Chammany (Kochi, Indien), Mohammad Bagher Ghalibaf (Teheran), Julius Ihonvbere (Edo State, Nigeria), Rose Christiane Ossouka Raponda (Libreville, Gabun), Aliou Sall (Guediawaye, Senegal), Jaroslaw Jozwiak (Vize-Bürgermeister, Warschau), Yelgi Lavinia Verley Knight (Siquirres, Costa Rica), Alfred Martin Aruo (Soroti, Uganda), Karin Wanngard (Stockholm), Angela Brown-Burke (Kingston, Jamaica), Matthew Appelbaum (Boulder, Colorado), Marcio Lacerda (Belo Horizonte), Fernando Haddad (Sao Paulo), Monica Fein (Rosario), Gustavo Petro (Bogota), Miguel Angel Mancera Espinosa (Mexico City), George Ferguson (Bristol), Jose Fortunati (Porto Alegre), William A. Bell (Birmingham, Alabama), Milan Bandic (Zagreb), Enzo Bianco (Catania), Edwin Lee (San Francisco), Leoluca Orlando (Palermo), Massimo Zedda (Cagliari), Sam Liccardo (San Jose, Kalifornien), Mpho Parks Tau (Johannesburg), Kagiso Thutlwe (Gaborone, Botswana), Paulo Garcia (Goiania), Gustavo Fruet (Curitiba, Brasilien), Alfred Okoe Vanderpuije (Accra, Ghana), Tony Lloyd (Manchester), Manuela Carmena (Madrid), Mahamudo Amurane (Nampula, Mosambik), Giuliano Pisapia (Mailand), Antonio Carlos Magalhaes Neto (San Salvador), Nasereddine Zenasni (Algier), Virginio Merola (Bologna), Giorgio Gori (Bergamo), Jean Oscar Sanguza Mutunda (Lubumbashi, Demokratische Republik Kongo), Federico Pizzarotti (Parma), Edmund G. Brown Jr. (Gouverneur von Kalifornien ), Mambe (Gouverneur von Abidjan, Elfenbeinküste).
Die nächsten Etappen der Annäherung zwischen Heiligem Stuhl und UNO sind nach der Doppelveranstaltung kommende Woche die Papst-Rede vor der UNO-Vollversammlung im September und der Weltklimagipfel im Dezember.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL/Päpstliche Akademie der Sozialwissenschaften (Screenshots)