(Wien) Den Sparplänen der österreichischen Bundesregierung soll die Militärpfarrei an der traditionsreichen Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt zum Opfer fallen. Mit 1. September soll die Auflösung erfolgen. Unklar ist, ob der neue österreichische Militärbischof Werner Freistetter die Reform- und Sparpläne unterstützt. Pfarrinhaber ist ein Priester der Tradition. Ist das der Grund für die „Umstrukturierung“? Gegen die Auflösung der Militärpfarrei wendet sich eine Petition.
Die Theresianische Militärakademie dient der Offiziersausbildung und wurde 1751 von Erzherzogin Maria Theresia von Österreich gegründet, die als Gattin von Kaiser Franz I. Stephan Kaiserin des römisch-deutschen Reiches war. Sie ist die älteste noch aktive und damit traditionsreichste Offiziersschule der Welt. Sie existierte, wenn auch während des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich unter anderem Namen, ununterbrochen mit Ausnahme der Zwangspause von 1945–1955, in denen die alliierten Besatzungsmächte Österreich keine eigene Armee zugestanden.
Mit der Akademie sind vom ersten Kommandanten, Feldmarschall Leopold Joseph von Daun (1705–1766), bis zum heute amtierenden 43. Kommandanten, Brigadegeneral Gerhard Herke, die Namen ruhmreicher und verdienter Offiziere verbunden.
Neuer Militärbischof mit Reform- und Sparplänen
Der am 16. April von Papst Franziskus ernannte und seit 11. Juni amtierende neue Militärbischof von Österreich, der Sozialethiker Werner Freistetter, beabsichtigt eine „Intensivierung der Seelsorge“. Zu diesem Zweck sollen alle österreichischen Akademien des Landesverteidigungsministeriums zusammengefaßt und eine neue Hochschulpfarre gegründet werden, wie die Pressesprecherin der Militärdiözese den Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN) bestätigte. Hintergrund sind Sparpläne der rot-schwarzen Bundesregierung.
Die Auflösung der Militärpfarrei an der Theresianischen Militärakademie würde nicht nur eine jahrhundertealte Tradition zerschlagen, die bis in die Gründungszeit zurückreicht. Es besteht der Verdacht, daß die „Umstrukturierung“ die Stimme eines Priester zum Schweigen bringen soll, die den „Mächtigen ein Dorn im Auge“ ist, wie ein Solidaritätskomitee für den Erhalt der Militärpfarrei vermutet.
Oder soll nur ein lästiger, traditionsverbundener Priester entfernt werden?
Militärpfarrer an der Theresianischen Militärakademie ist Militärdekan Siegfried Lochner, ein Priester der Tradition, der die Sakramente in der überlieferten Form verwaltet und in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus zelebriert. Militärdekan Lochner handelt wie ein Soldat, ein Soldat Christi. Gott und Vaterland sind ihm durch und durch geläufige Größen. In diesem Geist betreut er die Kadetten, Offizieranwärter, aktiven Offiziere und Reservisten sowie deren Familien.
Er zelebriert für die Gläubigen im überlieferten Ritus, die nicht in allen katholischen Kirchen Aufnahme finden (siehe Maria Luggau: Messe im Alten Ritus verboten – „Entspricht nicht dem Geist des Konzils“ und Grabtuch von Turin 2015 – Kalender der Meß-Zelebrationen im überlieferten Ritus). Er ist auch dort zur Stelle, wo die Gläubigen Halt und Stütze suchen, der übrige Klerus sich aber lieber zurückhält (siehe Protest gegen „Gekreuzigtes Huhn“ – Sühnemesse gegen Gotteslästerung in Wiener Neustadt).
Lochners Pfarrkirche, die St. Georgs-Kirche der Wiener Neustädter Burg am Sitz der Militärakademie ist auch Kathedralkirche des Militärbischofs.
Dort firmte Pfarrer Lochner 2009 auch den FPÖ-Bundesvorsitzenden Heinz-Christian Strache. Jeder Kontakt zur nationalkonservativen Freiheitlichen Partei wird vor allem von großen Teilen der Medien als unverzeihlicher „Sündenfall“ bekämpft.
Mit seinen Zweifeln an der Seligsprechung von Franz Jägerstätter brachte es Militärdekran Lochner 2007 bis in das Hamburger Wochenblatt Die Zeit.
„Den Mächtigen ein Dorn im Auge – Sorgen wir dafür, daß es so bleibt!“
Daher die Sorge, die Sparpläne der Regierung und die Reformpläne des neuen Militärordinarius könnten lediglich ein eleganter Weg sein, den nicht so recht ins politisch-korrekte Bild passen wollenden, kämpferischen Wiener Neustädter Militärdekan loszuwerden. Unter Freunden der Militärpfarrei von Wiener Neustadt heißt es daher auch, „schon wieder soll ein traditionsverbundener Priester weg“. Militärdekan Lochner sei „den Mächtigen ein Dorn im Auge. Sorgen wir dafür, daß es so bleibt!“, heißt es im informellen Solidaritätskreis.
Sie haben eine Petition für den „Erhalt der Militärpfarre an der Theresianischen Militärakademie an Militärbischof Werner Freistetter initiiert. Wir ersuchen insbesondere unsere österreichischen Leser, aber zur Solidarität auch alle anderen Leser Militärdekan Siegfried Lochner durch die Unterzeichnung der Petition zu unterstützen.
Dazu schreiben die Freunde der Militärpfarrei: „‘Unser Auftrag ist strikt religiös und darauf gegründet, dass auch im Militär Menschen das Recht haben, ihre Religion auszuüben und von ihrer religiösen Gemeinschaft Unterstützung zu erfahren‘, so der Militärbischof Freistetter in einem aktuellen Interview. Eine solche religiöse Gemeinschaft ist über Jahrhunderte an der Theresianischen Militärakademie gewachsen und läuft nun Gefahr, einer kurzsichtigen Sparpolitik zum Opfer zu fallen. Dies gilt es – durch unsere Unterstützung – zu verhindern. So soll die Militärpfarre an der Militärakademie weiter ein Ort des religiösen Lebens und der Kameradschaft für Berufssoldaten, Milizsoldaten und Zivilisten sein.“
Gemeinderats-Beschluß von Wiener Neustadt für Erhalt der Militärpfarrei
Im Gemeinderat von Wiener Neustadt brachte der FPÖ-Stadtrat Markus Schnedlitz einen Dringlichkeitsantrag gegen die Auflösung der Militärpfarrei ein. Bürgermeister Klaus Schneeberger von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) pflichtete bei: „Vor 14 Tagen haben wir den neuen Militärbischof in Wiener Neustadt inthronisiert, jetzt die Pfarre verwaisen zu lassen, wäre kein gutes Zeichen. Ich werde alles dazu tun, das zu verhindern“, wird er von den Niederösterreichischen Nachrichten zitiert. Der Gemeinderat verabschiedete vor wenigen Tagen mit der Gegenstimme der grünen Gemeinderätin eine Resolution. Darin wird die Auflösung als „Verlust und Einschnitt nicht nur für Hunderte Gläubige in Wiener Neustadt, sondern auch aus kultureller Sicht“ bezeichnet.
Bekannte Absolventen und Kommandanten: von Erzherzog Johann über Conrad von Hötzendorf bis Erwin Rommel
Zu den bekannten Absolventen der Offiziersschmiede gehören ebenso der spätere kommandierende Feldmarschall Österreich- Ungarns, Conrad von Hötzendorf, wie der spätere Leiter der Abteilung Sabotage und Spezialaufträge des Amtes Ausland/Abwehr der Wehrmacht, Generalmajor Erwin von Lahousen. Von 1805–1848 bekleidete der legendäre Erzherzog Johann von Österreich das Amt eines Oberdirektors der Akademie. 1938/1939 war der spätere Generalfeldmarschall Erwin Rommel ihr Kommandant.
Untergebracht ist die Kadettenakademie in der alten, aus dem 12. Jahrhundert stammenden Wiener Neustädter Burg der österreichischen Herzöge aus dem Haus der Babenberger, deren Bau mit dem Lösegeld für die Freilassung von König Richard Löwenherz von England finanziert wurde. Zeitweise kaiserliche Residenz hielt sie 1529 der Belagerung durch die Türken stand. Im Laufe der Zeit wurde sie durch neue Kasernenbauten ergänzt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: NÖN/Berchtesgadener Anzeiger (Screenshots)/Wikicommons