(Rom) Auf dem Rückflug nach Rom beantwortete Papst Franziskus den im Flugzeug mitreisenden Journalisten einige Fragen. Gefragt wurde das katholische Kirchenoberhaupt auch zum provokanten Geschenk von Hammer und Sichel mit Christus, das Boliviens Staatspräsident Evo Morales dem Papst machte. Radio Vatikan veröffentlichte die Fragen und vollständigen Antworten in der Originalsprache.
Aura Vistas Miguel (portugiesische Vatikanistin): „Heiligkeit, was haben Sie empfunden, als Sie das Geschenk von Präsident Morales mit Sichel und Hammer mit Christus sahen? Was wurde aus diesem Gegenstand?“
Papst Franziskus: „Ich – es ist sonderbar – kannte das nicht und wußte auch nicht, daß Pater Espinal ein Bildhauer und auch ein Dichter war. Ich habe es in diesen Tagen erfahren. Ich habe es gesehen und es war eine Überraschung für mich. Zweitens: Man kann es wie das Genre der Protestkunst qualifizieren. Zum Beispiel wurde in Buenos Aires vor einigen Jahren eine Ausstellung eines braven, kreativen argentinischen Bildhauers gemacht. Es war Protestkunst, und ich erinnere mich an ein Werk, das war ein gekreuzigter Christus auf einem Bomber, der herunterkam. Das war eine Kritik am Christentum, das mit dem Imperialismus verbündet ist, dargestellt als Bomber.
Erster Punkt: Ich wußte also nichts davon; zweiter Punkt: ich qualifiziere es als Protestkunst, die in einigen Fällen beleidigend sein kann. In einigen Fällen. Drittens zu diesem konkreten Fall: Pater Espinal wurde im Jahr 1980 getötet. Das war eine Zeit, in der die Befreiungstheologie viele unterschiedliche Strömungen hatte, eine von ihnen war die marxistische Analyse der Wirklichkeit, und Pater Espinal gehörte dieser an. Das habe ich gewußt, weil ich zu jener Zeit Rektor der Theologischen Fakultät war und man sprach viel darüber, über die verschiedenen Strömungen und wer ihre Vertreter waren. Im selben Jahr schrieb der Generalobere der Gesellschaft Jesu, Pater Arrupe, einen Brief an die ganze Gesellschaft über die marxistische Analyse der Wirklichkeit in der Theologie, die er etwas stoppte, indem er sagte: Nein, das geht nicht. Das sind unterschiedliche Sachen, das geht nicht, das ist nicht richtig. Und vier Jahre später, 1984, veröffentlichte die Glaubenskongregation den ersten kleinen Band, die erste Erklärung über die Befreiungstheologie, die das kritisiert.
Dann kam die zweite, die die mehr christliche Perspektiven öffnete. Ich vereinfache natürlich. Machen wir eine Hermeneutik jener Epoche. Espinal ist ein Enthusiast dieser marxistischen Analyse, aber auch der Theologie, für die er den Marxismus gebraucht. Daher kommt dieses Werk. Auch die Gedichte Espinals gehören zu diesem Protest-Genre, aber es war sein Leben, es war sein Denken, er war ein besonderer Mann mit viel menschlicher Genialität, und der im guten Glauben kämpfte. Indem ich eine solche Hermeneutik gemacht habe, verstehe ich dieses Werk. Für mich war das keine Beleidigung. Ich mußte aber diese Hermeneutik machen, und ich sage das Euch, damit keine falschen Meinungen entstehen. Diesen Gegenstand führe ich jetzt mit mir, er kommt mit mir. Sie haben vielleicht gehört, daß Präsident Morales mir zwei Ehrungen verleihen wollte, die höchste Auszeichnung Boliviens und dann den Orden von Pater Espinal, einen neuen Orden. Nun, ich habe nie eine Ehrung angenommen, das liegt mir nicht. Aber er tat es mit viel gutem Willen und mit dem Wunsch, mir einen Gefallen zu tun. Und ich habe mir gedacht, daß das vom Volk von Bolivien kommt – ich habe dazu gebetet und habe gedacht: Wenn ich es in den Vatikan bringen, geht das in ein Museum und niemand sieht es. So habe ich gedacht, es der Gottesmutter von Copacabana, der Mutter Boliviens zu lassen, so geht das an die Wallfahrtkirche: Das Werk wird in der Wallfahrtskirche von Copacabana sein, zusammen mit den beiden Ehrungen, die ich abgegeben habe. Den Christus nehme ich hingegen mit. Danke.“
Übesetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider