Papst Franziskus über „Freimaurer, eingefleischte Antiklerikale, Satanisten“ – Was die Medien nicht berichtet haben


Franziskus bei den Waldensern: "Freimaurer, Antiklerikale und Satanisten"
Fran­zis­kus bei den Wal­den­sern: „Frei­mau­rer, Anti­kle­ri­ka­le und Satanisten“

(Rom) Als Papst Fran­zis­kus jüngst das Grab­tuch von Turin besuch­te, stat­te­te er am 21. Juni auch dem gro­ßen Mut­ter­haus des Sale­sia­ner­or­dens in der Val­doc­co einen Besuch ab. In der Basi­li­ka Maria Auxi­lia­trix des Mut­ter­hau­ses fand ein Tref­fen des Pap­stes mit den Sale­sia­nern statt, die 2015 das 200. Geburts­jahr ihres Grün­ders, des hei­li­gen Johan­nes Bos­co bege­hen, der in der Basi­li­ka begra­ben ist. Am sel­ben Abend folg­te eine Begeg­nung mit der Jugend auf der zen­tra­len Piaz­za Vitto­rio in Turin. Was der Papst sag­te, fand nicht den Weg in die gro­ßen Medi­en. Er sprach näm­lich über „Frei­mau­rer, ein­ge­fleisch­te Anti­kle­ri­ka­le und Satanisten“.

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Zur Jugend sprach Papst Fran­zis­kus auch über die Epo­che, in der der hei­li­ge Ordens­grün­der leb­te. Dabei sag­te das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt, daß am Ende des 19. Jahr­hun­derts Turin ein Zen­trum der Frei­mau­re­rei und des Sata­nis­mus war. Wört­lich sag­te der Papst:

Papst Franziskus spricht über das esoterische Netzwerk der Freimaurerei

„In die­sem Land herrsch­ten Ende des 19. Jahr­hun­derts die schlimm­sten Bedin­gun­gen für die her­an­wach­sen­de Jugend: die­se Gegend Ita­li­ens war voll von Frei­mau­rern, auch die Kir­che konn­te nichts machen, voll von ein­ge­fleisch­ten Anti­kle­ri­ka­len und auch Sata­ni­sten. Das war einer der häß­lich­sten Momen­te der Geschich­te Ita­li­ens.“ Eine deut­li­che Anspie­lung auf das eso­te­ri­sche Netz­werk der Freimaurerei.

Papst Franziskus am Grab des heiligen Johannes Bosco
Papst Fran­zis­kus am Grab des hei­li­gen Johan­nes Bosco

Die­sem dunk­len Kapi­tel der Geschich­te stell­te der Papst jedoch die erstaun­lich gro­ße Zahl der Hei­li­gen ent­ge­gen, die zur sel­ben Zeit in Turin und Pie­mont wirk­te. Das Auf­tre­ten der Hei­li­gen brach­te Fran­zis­kus in direk­ten Zusam­men­hang mit der mas­si­ven Prä­senz der Frei­mau­re­rei, des Anti­kle­ri­ka­lis­mus und des Sata­nis­mus. Das gehäuf­te Auf­tre­ten der Hei­li­gen sei die Ant­wort dar­auf gewe­sen. „Wenn Ihr eine schö­ne Haus­auf­ga­be machen wollt, dann sucht, wie vie­le Hei­li­ge in die­ser Zeit gebo­ren wur­den! War­um? Weil sie erkann­ten, daß sie gegen den Strom jener Kul­tur, jener Lebens­wei­se schwim­men muß­ten. […] Denkt an die Hei­li­gen die­ses Lan­des und was sie getan haben!“

Wie der Papst der Jugend sag­te, habe er das­sel­be zuvor bereits den Sale­sia­nern in der Val­doc­co gesagt. Dort bezeich­ne­te er Turin als „Zen­trum der Sata­ni­sten. Doch wie vie­le Hei­li­ge sind auf­ge­tre­ten!“ Die­se Stel­le ist aller­dings nicht im offi­zi­el­len Text der Anspra­che des Kir­chen­ober­haup­tes ent­hal­ten, die es in der Basi­li­ka Maria Auxi­lia­trix hielt.

Die Begegnung mit den Waldensern

Die Wal­den­ser erwähn­te Papst Fran­zis­kus in sei­nen Anspra­chen nicht. Einem Teil der Nach­kom­men jener „Frei­mau­rer und ein­ge­fleisch­ten Anti­kle­ri­ka­len“, den Wal­den­ser­pa­sto­ren Teofi­lo Gay, Car­lo Alber­to Tron und Matteo Pro­chet, um nur eini­ge zu nen­nen, begeg­ne­te er am näch­sten Mor­gen im Turi­ner Wal­den­ser­tem­pel. In sei­ner Anspra­che an die Wal­den­ser sprach Papst Fran­zis­kus umge­kehrt weder das dunk­le Kapi­tel der ita­lie­ni­schen Geschich­te noch die Hei­li­gen an, die dage­gen auf­ge­tre­ten sind. Auch der hei­li­ge Don Bos­co fand kei­ne Erwäh­nung in „sei­ner“ Stadt.

Das hat­te sei­nen Grund: Getauf­te Frei­mau­rer und Anti­kle­ri­ka­le waren im 19. Jahr­hun­dert zu den Wal­den­sern über­ge­tre­ten, um auch als „die wah­ren Chri­sten“ ihren Gegen­satz zur katho­li­schen Kir­che demon­strie­ren zu kön­nen. Unter den Frei­mau­rern und Anti­kle­ri­ka­len Turins fan­den sich zahl­rei­che Wal­den­ser, die dem hei­li­gen Johan­nes Bos­co sogar nach dem Leben trachteten.

Freimaurer Waldenser Tagung 2008
Frei­mau­rer und Wal­den­ser: Tagung 100. Grün­dungs­ju­bi­lä­um des Groß­ori­ent von Ita­li­en (2008)

In einem 2007 ver­öf­fent­lich­ten Buch [1]Fer­ruc­cio Pinot­ti: Fra­tel­li d’Italia, S. 213 wird Anto­nio Panai­no mit den Wor­ten zitiert: „[…] im Groß­ori­ent haben wir Pro­te­stan­ten, Katho­li­ken, eini­ge Mos­lems, vie­le Juden, vie­le Wal­den­ser (…)“. Pai­a­no ist nicht nur Pro­fes­sor für Ira­ni­sche Phi­lo­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Bolo­gna, son­dern auch ein füh­ren­der Ver­tre­ter des Groß­ori­ent von Ita­li­en (Gran­de Ori­en­te d’Italia) und wis­sen­schaft­li­cher Lei­ter der Frei­mau­rer­zeit­schrift Hiram.

Die Bezie­hun­gen zwi­schen Wal­den­sern und Frei­mau­rern sind so eng, daß der Groß­ori­ent 2008 zu sei­nem 100. Grün­dungs­ju­bi­lä­um eine Tagung an der Wal­den­se­runi­ver­si­tät in Rom durch­führ­te und der Dekan der wal­den­si­schen Theo­lo­gi­schen Fakul­tät zu den Refe­ren­ten zähl­te. Nur am Ran­de sei erwähnt, daß die Tagung sym­bol­träch­tig am 20. Sep­tem­ber, dem Tag der Erobe­rung des Kir­chen­staa­tes stattfand.

Zum „dunk­len Kapi­tel“, von dem Papst Fran­zis­kus sprach, gehör­te die­ser offe­ne Kampf der Wal­den­ser, Frei­mau­rer, Anti­kle­ri­ka­len und Sata­ni­sten der Gegend gegen die katho­li­sche Kir­che. Gegen sie tra­ten eine Rei­he von Hei­li­gen auf, unter denen der hei­li­ge Johan­nes Bos­co heraussticht.

Waldenser und Freimaurerei: Aufhebung und Unterdrückung der katholischen Kirche

Die Wal­den­ser Pie­monts nah­men von 1796, dem Ein­marsch der fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­ons­trup­pen, bis 1870, dem Abschluß der libe­ral-frei­mau­re­risch geführ­ten ita­lie­ni­schen Eini­gung, an allen anti­ka­tho­li­schen Unru­hen teil. Laut Geschichts­wis­sen­schaft fand die erste faß­ba­re Berüh­rung zwi­schen Wal­den­sern und Frei­mau­re­rei 1787 in Turin statt. Damals begeg­ne­ten sich  der däni­sche Theo­lo­ge und Frei­mau­rer Fried­rich Mün­ter und der Wal­den­ser­pa­stor Pie­tro Gey­met. Gey­met wur­de dar­auf zum Logengründer.

Füh­ren­de Wal­den­ser, dar­un­ter der Histo­ri­ker Gior­gio Spi­ni und sein Sohn Val­do, der nicht zufäl­lig den Namen des Grün­ders der Wal­den­ser Petrus Val­des trug, waren auch Haupt­ver­tre­ter der anti­kirch­li­chen Lin­ken und des Lai­zis­mus. Sie unter­stütz­ten mit Vehe­menz jedes anti­kle­ri­ka­le Gesetz, wie jenes zur Auf­he­bung aller Orden und Beschlag­nah­mung aller Klö­ster und Ordens­gü­ter durch den neu­en Staat. Man­che Histo­ri­ker sehen dar­in eine ver­ständ­li­che „Rache“. Betrach­tet man jedoch den histo­ri­schen Gesamt­kon­text, so wird deut­lich, daß ihre Absich­ten weit dar­über hin­aus­hing. Die Hal­tung der Wal­den­ser ziel­te auf eine Ent­ka­tho­li­sie­rung Ita­li­ens ab, ja sogar auf die Auf­he­bung und Unter­drückung der katho­li­schen Kirche.

Waldenserpastor 1870 bei Erstürmung Roms dabei – mit seinem Hund „Pionono“

Papst küßt Waldenserbibel Turin 2015
Papst küßt Wal­den­ser­bi­bel (Turin 2015)

Als am 20. Sep­tem­ber 1870 ita­lie­ni­sche Trup­pen an der Por­ta Pia eine Bre­sche in die Stadt­mau­ern Roms geschla­gen hat­ten und in die Stadt ein­dran­gen, war ein Wal­den­ser­pa­stor an vor­der­ster Front dabei. So groß war der Haß auf den Kir­chen­staat, der besei­tigt wer­den sollte.

Sei­nen Hund, den der Wal­den­ser­pa­stor Lui­gi Cia­ri beim Ein­drin­gen in die Ewi­ge Stadt mit­führ­te, hat­te er zur Ver­ächt­lich­ma­chung „Pio­no­no“ genannt nach dem damals regie­ren­den Papst Pius IX. Auf einem Kar­ren führ­te er als Werk der „Befrei­ung“ Wal­den­ser­bi­beln mit, mit denen er die Römer pro­te­stan­ti­sie­ren, sprich von der „tau­send­jäh­ri­gen fin­ste­ren papi­sti­schen Tyran­nei befrei­en“ wollte.

Die „Hel­den­ta­ten“ des Risor­gi­men­to, die scha­ren­wei­se ein­ge­sperr­ten, depor­tier­ten oder getö­te­ten Bischö­fe und Prie­ster, die tau­send­fa­chen Will­kür­ak­te gegen die katho­li­schen Lai­en, der regel­rech­te anti­ka­tho­li­sche Ras­sis­mus, mit dem das neue König­reich Ita­li­en sei­ne katho­li­sche Bevöl­ke­rung behan­del­te, beson­ders in Süd­ita­li­en und in Vene­ti­en, muß an die­ser Stel­le nicht näher aus­ge­führt wer­den. Die Katho­li­ken­ver­fol­gung gemäß der dama­li­gen frei­mau­re­risch-anti­kle­ri­ka­len Staats­dok­trin wir­ken bis heu­te in einer stark distan­zier­ten Hal­tung der Ita­lie­ner gegen­über ihrem Staat nach.

Franziskus kennt die Geschichte und setzte dennoch den ersten Schritt

Papst Fran­zis­kus gab vor den Sale­sia­nern und der Jugend zu ver­ste­hen, daß er genau um die histo­ri­schen Zusam­men­hän­ge jener Gegend Bescheid weiß, aus der sei­ne Fami­lie stammt. Den­noch blieb bei der Begeg­nung mit den Wal­den­sern dies alles uner­wähnt. Statt­des­sen reich­te ihnen der Papst groß­mü­tig die Hand. Er sprach ein Mea cul­pa, mit dem er sich für alles ent­schul­dig­te, was von katho­li­scher Sei­te im Lau­fe der Geschich­te Wal­den­sern ange­tan wurde.

Daß der Papst dabei unauf­ge­for­dert die ihm gereich­te Wal­den­ser­bi­bel küß­te, gehört in jene Rei­he miß­glück­ter, spon­ta­ner päpst­li­cher Gesten gegen­über den gera­de besuch­ten Anders­gläu­bi­gen, die seit eini­gen Jahr­zehn­ten Anlaß für Dis­kus­sio­nen geben. Auch den Wor­ten an die Sale­sia­ner und die Jugend einer­seits und die Wal­den­ser ande­rer­seits haf­tet eine gewis­ser Man­gel an Fol­ge­rich­tig­keit an.

Damit setz­te der Papst den ersten Schritt. Ein Schritt, der von den Wal­den­sern nicht erwi­dert wur­de. Statt des­sen for­der­te der offi­zi­el­le Wal­den­ser­ver­tre­ter in sei­ner Rede vor dem Papst in Turin die „eucha­ri­sti­sche Gemein­schaft“ mit der katho­li­schen Kir­che „unab­hän­gig von der jewei­li­gen Inter­pre­ta­ti­on des Sakraments“.

Waldenser antworten triumphalistisch mit inakzeptabler Forderung

Neben der Selbst­er­nied­ri­gung des Pap­stes, der um Ver­ge­bung bat, trat der wal­den­si­sche Hoch­mut um so deut­li­cher her­vor. Man­ches scheint sich in der Geschich­te nicht zu ändern. Die heu­ti­gen Wal­den­ser beru­fen sich zwar auf Petrus Val­des, sind aber seit dem 16. Jahr­hun­dert weit­ge­hend eine cal­vi­ni­sti­sche Sek­te. Gemäß deren Inter­pre­ta­ti­on hän­ge das Wun­der der Trans­sub­stan­tia­ti­on vom sub­jek­ti­ven fide­i­sti­schen Glau­ben und nicht von Gott ab. Da der Katho­lik dar­an glaubt, wer­de das Wun­der für sie Wirk­lich­keit und da der Wal­den­ser nicht dar­an glaubt, wird es für ihn nicht Wirk­lich­keit. Für die katho­li­sche Kir­che, für die die Trans­sub­stan­tia­ti­on weder eine Wunsch­pro­jek­ti­on noch dem fide­i­sti­schen Sub­jek­ti­vis­mus des Ein­zel­nen unter­liegt, ist das eine inak­zep­ta­ble Posi­ti­on. Für sie ist die Trans­sub­stan­tia­ti­on eine objek­ti­ve Rea­li­tät, die durch den Herrn, den ewi­gen Hohe­prie­ster nach der Ord­nung Mel­chise­deks gewirkt wird, die jeder mit sei­nen Sin­nen wahr­neh­men und in den ver­schie­de­nen eucha­ri­sti­schen Wun­dern veri­fi­zie­ren kann.

Es erstaunt daher, mit wel­cher Leich­tig­keit von pro­te­stan­ti­scher Sei­te und im for­dern­den Ton die Gren­zen der Öku­me­ne ver­letzt wer­den. Die Begeg­nung im Turi­ner Wal­den­ser­tem­pel war ein erneu­tes Bei­spiel dafür.

Vor die­sem Hin­ter­grund wird auch ver­ständ­lich, was der bekann­te katho­li­sche Schrift­stel­ler Vitto­rio Mess­o­ri über sein „gelieb­tes“ Turin sagt, wo er lan­ge leb­te: Turin zei­ge die Wund­ma­le sogar im Stadt­plan, der auf die Bau­leit­pla­nung der Frei­mau­rer zurück­ge­he, die damit der eso­te­ri­schen und initia­ti­schen Sym­bo­lik die Reve­renz erwie­sen, die unter Frei­mau­rern in Gebrauch ist. Eben­so wenn der katho­li­sche Rechts­phi­lo­soph und Publi­zist Lui­gi Coper­ti­no dar­an erin­nert, daß Turin Ende des 19. Jahr­hun­derts ein „Zen­trum des Sata­nis­mus“ war.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL/​Osservatore Romano/​Udite (Screen­shots)

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1 Fer­ruc­cio Pinot­ti: Fra­tel­li d’Italia, S. 213
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