Union zwischen den beiden von Moskau getrennten ukrainisch-orthodoxen Kirchen


Der Kiewer Patriarch Filaret
Der Kie­wer Patri­arch Filaret

(Kiew) Die bei­den nicht kano­nisch aner­kann­ten ortho­do­xen Kir­chen der Ukrai­ne haben ihren Zusam­men­schluß ver­ein­bart. Am 14. Sep­tem­ber wer­den sich die Ukrai­nisch-Ortho­do­xe Kir­che des Kie­wer Patri­ar­chats unter der Lei­tung von Patri­arch Fila­ret und die Ukrai­ni­sche Auto­ke­pha­le Ortho­do­xe Kir­che unter der Lei­tung von Metro­po­lit Mac­a­ri­us in einer Uni­on zusammenschließen.

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In der Ukrai­ne exi­stie­ren drei ortho­do­xe Kir­chen, die jeweils Anspruch erhe­ben, recht­mä­ßi­ge Ver­tre­tung der Ortho­do­xie zu sein. Kano­nisch aner­kannt ist nur eine der drei Kir­chen, näm­lich die Ukrai­nisch-Ortho­do­xe Kir­che des Mos­kau­er Patri­ar­chats. Die bei­den ande­ren Kir­chen gel­ten in der Ortho­do­xie als Schis­ma­ti­ker. Gemeint ist damit die Ukrai­nisch-Ortho­do­xe Kir­che des Kie­wer Patri­ar­chats, die sich 1991 im Zuge der ukrai­ni­schen Unab­hän­gig­keit von Mos­kau abspal­te­te. Eben­so die Ukrai­ni­sche Auto­ke­pha­le Ortho­do­xe Kir­che, die in den 1920ern im Zuge des anti­kom­mu­ni­sti­schen Frei­heits­kamp­fes in der Ukrai­ne ent­stan­den ist. Bei­de sehen sich als auto­ke­pha­le Kir­chen der Ortho­do­xie, was vom Öku­me­ni­schen Patri­ar­chat von Kon­stan­ti­no­pel und der kano­ni­schen Ortho­do­xie bis­her aber nicht aner­kannt wurde.

Keine genauen Zahlen über Zugehörigkeit zu den drei orthodoxen Kirchen der Ukraine

Genaue Anga­ben zur Reli­gi­ons- und Kon­fes­si­ons­zu­ge­hö­rig­keit feh­len. Einig sind sich alle Anga­ben, daß der weit­aus größ­te Teil der Ukrai­ner sich als Chri­sten sehen und unter ihnen die Ortho­do­xen zah­len­mä­ßig am stärk­sten sind. Weni­ger bekannt ist, wel­cher der drei ortho­do­xen Gemein­schaft sich die ortho­do­xen Ukrai­ner zuge­hö­rig füh­len. Eben­so­we­nig sind die Ver­schie­bun­gen bekannt, zu denen es inner­halb der ortho­do­xen Gemein­schaft durch den Bür­ger­krieg in der Ost­ukrai­ne gekom­men ist. Beob­ach­ter spre­chen davon, daß der Krieg das Bekennt­nis zum Kie­wer Patri­ar­chat gestärkt habe.

Das Mos­kau­er Patri­ar­chat und das Kie­wer Patri­ar­chat dürf­ten heu­te in etwa jeweils 25 Pro­zent der Ukrai­ner ver­tre­ten. Die Auto­ke­pha­len Ortho­do­xen ver­tre­ten einen Anteil von 2–3 Prozent.

Unionsvertrag zwischen den beiden „schismatischen“ ukrainischen Kirchen

Das Kie­wer Patri­ar­chat und die Auto­no­me Ortho­do­xe Kir­che haben nun beschlos­sen, sich zu ver­ei­nen. Der Fest­akt soll am 14. Sep­tem­ber in der Kie­wer Sophien­ka­the­dra­le statt­fin­den. Die bei­den Kir­chen hof­fen durch den Zusam­men­schluß die Aner­ken­nung durch das Öku­me­ni­sche Patri­ar­chat von Kon­stan­ti­no­pel zu erlan­gen. Bei der Unter­zeich­nung des Uni­ons­ver­tra­ges waren Ver­tre­ter des Öku­me­ni­schen Patri­ar­chen anwe­send, die den Ver­trag durch ihre Unter­schrift beglau­big­ten. Die Uni­on soll Ukrai­ni­sche Auto­ke­pha­le Kir­che des Kie­wer Patri­ar­chats heißen.

Der Zusam­men­schluß bringt mehr Klar­heit in der Ukrai­ne, wirft aber auch neue Fra­gen auf. Unge­klärt ist noch, wer Ober­haupt der Uni­on wird. Die Auto­ke­pha­le Kir­che hat noch nicht zuge­stimmt, daß der 80jährige Kie­wer Patri­arch Fila­ret als Ober­haupt aner­kannt wird. Sie könn­te auch die Wahl eines Ober­haup­tes ver­lan­gen. Zwi­schen dem Kie­wer und dem Mos­kau­er Patri­ar­chat waren 2014 Gesprä­che über eine Wie­der­ver­ei­ni­gung beschlos­sen wor­den, die aber noch nicht umge­setzt wur­den. Das Mos­kau­er Patri­ar­chat äußer­te sich bis­her nicht zu den Uni­ons­plä­nen. Der Zusam­men­schluß ohne ein Signal, die Auto­ri­tät Mos­kaus anzu­er­ken­nen, könn­te die Suche nach der Ein­heit der Ortho­do­xie beim pan­or­tho­do­xen Kon­zil von 2016 belasten.

15 Prozent Katholikenanteil mit Schwerpunkt Westukraine

Der Anteil der latei­ni­schen und grie­chi­schen Katho­li­ken beträgt 15 Pro­zent der Bevöl­ke­rung. Mehr als 12 Pro­zent der Ukrai­ner gehö­ren der mit Rom unier­ten Ukrai­ni­schen Grie­chisch-Katho­li­schen Kir­che an. Wei­te­re zwei­ein­halb Pro­zent der latei­ni­schen Kirche.

Die evan­ge­li­ka­len und pfingst­le­ri­schen Gemein­schaf­ten sind seit der Unab­hän­gig­keit der Ukrai­ne gewach­sen. Zum Teil erfolgt die Mis­si­ons­tä­tig­keit direkt aus den USA. Die von Rus­sen bewohn­ten oder zumin­dest mehr­heit­lich rus­sisch­spra­chi­gen Tei­le der Ukrai­ne (der Osten und das Grenz­ge­biet zu Mol­da­wi­en) wei­sen eine deut­lich höhe­re Zahl an regi­strier­ten evan­ge­li­ka­len Grup­pen auf. Sta­ti­sti­ken, in denen die regi­strier­ten Gemein­den erfaßt sind, geben aller­dings nicht die Zahl der tat­säch­li­chen Gläu­bi­gen wie­der. Der Anteil der ver­schie­de­nen pro­te­stan­ti­schen Gemein­schaf­ten an der Gesamt­be­völ­ke­rung wird auf etwa fünf­zehn Pro­zent geschätzt. Den gering­sten Anteil wei­sen sie in der West­ukrai­ne in den mehr­heit­lich grie­chisch-katho­li­schen Gebie­ten auf.

Dazu gibt es noch rund vier Pro­zent Mos­lems, vor allem Tata­ren, 0,2 Pro­zent Juden und eben­so vie­le Ange­hö­ri­ge ande­rer Reli­gio­nen. Der Rest sind Athe­isten und Agnostiker.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Orthodoxy

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7 Kommentare

  1. Das ist für uns Welt­ka­tho­li­ken ein schwie­ri­ges Feld, da durch­zu­blicken, zumal es auch noch Ost­kir­chen gibt, die mit uns ver­bun­den sind. Ange­sichts die­ser (nicht wün­schens­wer­ten) Vielfalt
    fragt man sich immer nach den Mög­lich­kei­ten der Öku­me­ne schon ganz allein von den Orga­ni­sa­tio­nen her.

  2. Wenn ich den Arti­kel lese kann ich das nur so verstehen:
    Die Ortho­do­xe Kir­che ist anders als die Katho­li­sche Kir­che mehr eine Nationale.
    Lei­der hat die Katho­li­sche Kir­che ein wich­ti­ges Pfund, das Latein als Spra­che der Hl. Mes­se, verschenkt.

    • Die katho­li­sche Kir­che hat mit ihren 23 unier­ten Ost­kir­chen die­se als Art Natio­nal­kir­chen unter ihrem Dach. Auch heut­zu­ta­ge haben vie­le die­ser Ost­kir­chen nur eine Lit­ur­gie­spra­che. Sehr vor­bild­lich sind in die­ser Hin­sicht die drei Teil­kir­chen des Alex­an­dri­ni­schen Ritus: Äthio­pisch-katho­li­sche Kir­che, Eri­tre­isch-Katho­li­sche Kir­che und Kop­tisch-katho­li­sche Kir­che. Sie ver­wen­den in ihrer Lit­ur­gie nur Kop­tisch bzw. Altäthiopisch.

      Die latei­ni­sche Kir­che und die Aus­rei­ßer unter den unier­ten Ost­kir­chen wie etwa die Ruthe­ni­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che, die als eigent­li­che Natio­nal­kir­che gan­ze vier Lit­ur­gie­spra­chen kennt, müs­sen schleu­nigst zur lit­ur­gi­schen Ein­spra­chig­keit zurück­ge­führt wer­den, um wirk­sam häre­ti­sche Ent­stel­lun­gen in der Zele­bra­ti­on des Hei­li­gen Meß­op­fers einzudämmen.

  3. Sehr rich­tig.

    Und wie WIDERSINNIG, wo doch DAS Kon­zil sel­ber fast haar­klein alles auf­zähl­te, was FÜR die Bei­be­hal­tung, ja För­de­rung der ein­heit­li­chen Kir­chen- und Kult­spra­che sprach:

    „der Lebens­stil und die ethi­sche Hal­tung wer­den immer ein­heit­li­cher; Indu­stria­li­sie­rung, Ver­städ­te­rung und ande­re Ursa­chen, die die Ver­ge­mein­schaf­tung des Lebens vor­an­trei­ben, schaf­fen neue Kul­tur­for­men (Mas­sen­kul­tur), aus denen ein neu­es Lebens­ge­fühl, neue Wei­sen des Han­delns und der Frei­zeit­ge­stal­tung erwach­sen; zugleich macht der Aus­tausch zwi­schen ver­schie­de­nen Völ­kern und gesell­schaft­li­chen Grup­pen die Schät­ze ver­schie­de­ner Kul­tur­for­men der Mas­se und den Ein­zel­nen immer mehr zugäng­lich.“ (Gau­di­um et spes 54)

    „Die Frei­zeit soll nun sinn­voll zur Ent­span­nung und zur Kräf­ti­gung der gei­sti­gen und kör­per­li­chen Gesund­heit ver­wen­det wer­den: durch Beschäf­ti­gung nach eige­ner Wahl und Stu­di­en; durch Rei­sen in ande­re Län­der (Tou­ris­mus) [sic!], durch die der mensch­li­che Geist wei­ter­ge­bil­det wird, die Men­schen aber auch durch gegen­sei­ti­ge Bekannt­schaft berei­chert wer­den; durch den Sport mit sei­nen Ver­an­stal­tun­gen, der zum psy­chi­schen Gleich­ge­wicht des Ein­zel­nen und der Gesell­schaft sowie zur Anknüp­fung brü­der­li­cher Bezie­hun­gen zwi­schen Men­schen aller Lebens­ver­hält­nis­se, Natio­nen oder Ras­sen bei­trägt.“ (Gau­di­um et spes 61)

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