Patriarchen von Antiochien tagen in Damaskus – „Um die Brüder zu stärken und ihnen Hoffnung zu bringen“


Patriarchen in Damaskus 2015
Patri­ar­chen tra­fen sich 2015 in Damas­kus (nicht im Libanon)

(Damas­kus) Das dies­jäh­ri­ge Tref­fen der Patri­ar­chen von Antio­chi­en fin­det in Syri­en statt und nicht wie üblich im Liba­non. Zu die­sem Orts­wech­sel ent­schie­den sich die Patri­ar­chen, um die ver­folg­ten Chri­sten Syri­ens zu stär­ken und sie gleich­zei­tig zu bestär­ken, in ihrer Hei­mat aus­zu­har­ren. Ein Appell, der sich an die Chri­sten aller Län­der des Nahen Ostens rich­tet, die alle von einem Ver­drän­gungs­pro­zeß betrof­fen sind. 

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In man­chen Län­dern, so in Tei­len Syri­ens und des Iraks, wer­den die Chri­sten so schwer ver­folgt, daß die anti­christ­li­che Gewalt die „Züge eines Geno­zids“ (Vati­kan) hat. In ande­ren Län­dern sind sie mehr oder weni­ger star­kem Druck aus­ge­setzt. In ande­ren Län­dern, wie Sau­di-Ara­bi­en, haben sie über­haupt kei­ne Exi­stenz­be­rech­ti­gung. Ins­ge­samt betrei­ben star­ke isla­mi­sche Kräf­te eine anti­christ­li­che reli­giö­se Säuberung.

Die Maro­ni­ten von Damas­kus begrüß­ten gestern mit einer sicht­lich emo­tio­nal gefärb­ten Zere­mo­nie ihren Patri­ar­chen Becha­ra Pierre Raï von Antio­chi­en und des gan­zen Ori­ents. Der im Liba­non resi­die­ren­de maro­ni­ti­sche Patri­arch war der Ein­la­dung des grie­chisch-ortho­do­xen Patri­ar­chen Johan­nes X. Yazi­gi von Antio­chi­en und dem gesam­ten Mor­gen­land nach Damas­kus gefolgt, um am jähr­li­chen Tref­fen aller Patri­ar­chen von Antio­chi­en teilzunehmen.

Fünf katholische, griechisch- und syrisch-orthodoxe Patriarchen

Auf Antio­chi­en bezie­hen sich ins­ge­samt fünf Patri­ar­chen: die drei katho­li­schen Patri­ar­chen Bécha­ra Pierre Kar­di­nal Raï , Maro­ni­ti­scher Patri­arch von Antio­chi­en und dem gan­zen Ori­ent, Igna­ti­us Joseph III. Youn­an, Syri­scher Patri­arch von Antio­chi­en und dem gan­zen Ori­ent sowie Gre­gor III. Laham, Mel­ki­ti­scher Patri­arch von Antio­chi­en, Jeru­sa­lem und dem gan­zen Ori­ent; der grie­chisch-ortho­do­xe Patri­arch Yuhan­na (Johan­nes) X. Yazi­gi von Antio­chi­en und dem gan­zen Mor­gen­land sowie der alt­ori­en­ta­li­sche Patri­arch Igna­ti­us Ephräm II. Karim von Antio­chi­en und dem gan­zen Ori­ent (der Jakobiten).

Das jähr­li­che Tref­fen fin­det übli­cher­wei­se im Liba­non statt. Die Patri­ar­chen wol­len durch ihre Anwe­sen­heit in Syri­en jedoch ein Zei­cen set­zen und „die Brü­der stär­ken“ sowie die Welt­öf­fent­lich­keit auf die „dra­ma­ti­sche Lage der Chri­sten“ im kriegs­ge­schüt­tel­ten Land auf­merk­sam machen.

„Jeden Tag bin ich im Gebet in Damas­kus“, sag­te der maro­ni­ti­sche Patri­arch. „Wohin ich auch gehe, immer brin­ge ich die Sache der Chri­sten Syri­ens vor gegen­über allen, mit denen ich spreche.“

„Die Christen stehen mit dem Rücken zur Wand“

„Die Chri­sten Syri­ens ste­hen mit dem Rücken zur Wand“, sag­te das mit Rom unier­te Kir­chen­ober­haupt der Maro­ni­ten. „Der Isla­mi­sche Staat, die Al-Nus­ra-Front und ande­re bewaff­ne­te Grup­pen häu­ten Syri­en bei leben­di­gem Leib. Man sagt mir, daß 12 Mil­lio­nen Syrer auf der Flucht oder obdach­los sind.“

Patri­arch Raï besuch­te zuerst das Fran­zö­si­sche Kran­ken­haus von Damas­kus, dann die Anto­ni­us­ka­the­dra­le der Maro­ni­ten in Bab Tou­ma, wo ihn die Patri­ar­chen Yuhan­na X. der Grie­chisch-Orth­do­xen und Igna­ti­us Ephräm II. der Syrisch-Ortho­do­xen zusam­men mit dem Apo­sto­li­schen Nun­ti­us, Msgr. Mario Zena­ri und einer gro­ßen Anzahl von Gläu­bi­gen erwarteten.

In sei­ner Pre­digt sag­te der maro­ni­ti­sche Patri­arch: „Wir [die Patri­ar­chen] wol­len gemein­sam über­le­gen und beten, und wir wol­len unse­re Gedan­ken, unse­re Wor­te und Wer­ke ver­ei­nen, um Sor­ge für unser Volk in Syri­en und im Irak sowie in allen Län­dern des Nahen Ostens zu tra­gen, wo es lei­det in der Hoff­nung, daß auf das Lei­den des Kar­frei­tags am drit­ten Tag die Auf­er­ste­hung fol­gen wird“.

„Viele Brüder sind als Märtyrer gestorben. Ihr Blut ist nicht umsonst vergossen worden“

Das Kloster der hl. Thekla in Maalula
Das Klo­ster der hl. Thek­la in Maa­lu­la  (vor den Kämpfen)

Der Patri­arch wei­ter: „Vie­le Brü­der haben ihr Blut ver­gos­sen. Vie­le sind als Mär­ty­rer gestor­ben. Ihr Blut ist nicht umsonst ver­gos­sen worden.
Vie­le wur­den zum Ver­las­sen des Lan­des gezwun­gen. Auch ihr Lei­den ist nicht ver­ge­bens. Gott ist der wah­re Herr der Geschich­te und nicht die Thro­ne und Herr­schaf­ten die­ser Welt. Wir sind im Ori­ent ein­ge­pfercht von absur­den Kriegs­stra­te­gien, von Zer­stö­rung, Tod und der Ent­wur­ze­lung der Her­zen von jeder Hoff­nung. Wir müs­sen Geduld haben und dür­fen nicht die Hoff­nung ver­lie­ren, die uns Chri­stus immer neu schenkt.“

„Wir fünf Patri­ar­chen des Ostens sind hier, um für den Frie­den zu beten. Wir beten für den Frie­den in Syri­en und der gan­zen Regi­on. Wir beten für eine fried­li­che Lösung der syri­schen Kri­se. Wir beten, daß die Men­schen, daß die Chri­sten ihrem Land ver­bun­den blei­ben. Wir beten, daß sie in ihre Hei­mat und in ihre Häu­ser zurück­keh­ren kön­nen. Ver­liert nicht eure Hoff­nung, die Chri­stus ist!“

Maalula – Symbol der antichristlichen Zerstörung, aber auch der Hoffnung für einen Neubeginn

Wie es in Damas­kus hieß, könn­te Patri­arch Raï vor sei­ner Rück­kehr in den Liba­non Maa­lu­la besu­chen, den christ­li­chen Ort in Syri­en, in dem noch Ara­mä­isch, die Spra­che Jesu gespro­chen wird. Der Ort war im Dezem­ber 2013 von Isla­mi­sten erobert und spä­ter von der syri­schen Armee zurück­er­obert wor­den. Die Kämp­fe koste­ten vie­le Chri­sten das Leben. Die Al-Nus­ra-Front nahm Ordens­frau­en mon­ta­le­n­ag als Geiseln.

Am 5. Dezem­ber 2014 schrieb der Anthro­po­lo­ge Gian­lu­ca Frin­chi­luc­ci: “Der Ort wur­de in Schutt und Asche gelegt. Die anti­ken Iko­nen, die das Inne­re der Kir­chen zier­ten, wur­den geraubt oder ver­brannt. Die Kir­chen wur­den zer­stört, die hei­li­gen Dar­stel­lun­gen geschän­det und auch der älte­ste Teil des Ortes durch Bom­ben­an­grif­fe ver­nich­tet. Der Altar einer Kir­che blieb erhal­ten, aber sogar die Reli­qui­en der Hei­li­gen wur­den zum größ­ten Teil geraubt“.

Die Isla­mi­sten ver­kau­fen die geraub­ten Iko­nen und ande­re Sakral­ge­gen­stän­de, auch Reli­qui­en, auf dem inter­na­tio­na­len Kunst- und Anti­qui­tä­ten­schwarz­markt. In Maa­lu­la hat unter­des­sen mit der finan­zi­el­len Hil­fe der syri­schen Regie­rung und von Chri­sten aus aller Welt der Wie­der­auf­bau begonnen.

Text: Asianews/​Giuseppe Nardi
Bild: Asianews/​Wikicommons

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3 Kommentare

  1. Es ist bedrückend die­sen Bei­trag zu lesen. Wäh­rend die Chri­sten im nahen Osten lei­den und für
    Chri­stus ihr Leben geben, in ihrer Hei­mat unter Todes­ge­fahr aus­har­ren, hat man im Westen nichts
    bes­se­res zu tun, als über Homo-Ehe und Gleich­ge­schlecht­lich­keit zu strei­ten und einer Unkultur
    das Wort zu reden. Zu die­sem Unrecht müss­ten vor allem die Chri­sten oder die sich so nennen,
    tag­täg­lich ihre Stim­me erhe­ben. Wenn schon die gott­lo­sen Regie­run­gen schwei­gen, soll­ten Kar-
    dinal, Bischö­fe und Orga­ni­sa­tio­nen, um so lau­ter ihre Stim­me erhe­ben. Es müss­te eine Bewegung
    geschaf­fen wer­den, die sich welt­weit Gehör ver­schafft und die Poli­ti­ker über­zeu­gen kann. Leider
    ist das wohl ein Wunsch­den­ken und nur durch Got­tes ein­grei­fen zu realisieren.

    Gott hilf den Chri­sten im nahen Osten und in der Welt !!

  2. Bedrückend ist aber auch die schie­re Tat­sa­che, dass an einem Ort fünf Patri­ar­cha­te resi­die­ren. Ganz abge­se­hen davon, wer nun recht hat­te oder nicht recht hat­te, zeigt die­se Tat­sa­che an, dass die Chri­sten schon früh –es begann zur Zeit der Apo­stel– und durch alle Jahr­hun­der­te aus der Wahr­heit und der Lie­be her­aus­fie­len, sich nicht mehr vom Hei­li­gen Geist füh­ren lie­ßen, son­dern vom Ego­is­mus und dem Geist des Wider­sa­chers. Auch wenn sich das nicht ein­fach öku­me­ni­stisch-will­kür­lich wie­der zusam­men­kit­ten lässt, soll­te doch in jedem von uns ein Ver­lan­gen nach Ein­heit in Chri­stus und eine wohl­wol­len­de Hal­tung für ande­re Chri­sten bestehen.

    • Es ist in der Tat die Fra­ge, war­um es immer wie­der durch die gan­ze Kirchengeschichte
      hin­durch zu Spal­tun­gen, auch Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen Chri­sten, gege­ben hat
      und immer noch gibt. Ein Haupt­grund kann sein, dass die Gebo­te, beson­ders das der
      Näch­sten­lie­be kei­ne Beach­tung gefun­den hat. Aber auch sozia­le und poli­ti­sche Gründe
      gepaart mit Macht, kön­nen die Aus­lö­ser gewe­sen sein. Auch mensch­li­che Ver­ir­run­gen, wie bei Luther, spiel­ten oft eine unse­li­ge Rol­le. Sicher ist, von Gott kom­men diese
      Spal­tun­gen nicht, Gott lässt sie zu, wenn die Men­schen IHN ver­ges­sen oder in Sünde
      fal­len. Außer­dem zieht ein Spal­tung, ande­re Spal­tun­gen nach, wie die mehr als drei-
      hun­dert Sek­ten und Able­ger beweisen.

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