(Rom) Der Name „Laudato sii“, der mit erhöhter Spannung erwarteten Öko-Enzyklika von Papst Franziskus, ist schon einmal bekannt. Wie noch um keine Enzyklika tobt bereits im Vorfeld eine Schlacht um deren Inhalte, obwohl diese noch nicht bekannt sind. Die Stichworte mit Sprengkraft sind „Überbevölkerung“, „Klimawandel“, „nachhaltige Entwicklung“ und damit verbunden die „reproduktive Gesundheit“, also Abtreibung, künstliche Befruchtung, Euthanasie, Verhütung und nicht zuletzt die „Gender-Theorie“ mit ihrer Homosexualisierung als Baustein zur Bevölkerungsreduzierung. Es geht um die zentralen ideologischen Kampffelder unserer Zeit und damit verbundene globale ökonomische Interessen und sozial‑, kultur- und machtpolitische Fragen.
Papst Franziskus soll als „moralische Autorität“ für die von US-Präsident Barack Obama, den meisten westlichen Staatskanzleien und den Vereinten Nationen vertretene Agenda gegen den angeblich menschengemachten Klimawandel und der „nachhaltigen Entwicklung“ gewonnen werden. Die Enzyklika des katholischen Kirchenoberhauptes wird als maßgeblicher Faktor der globalen Meinungsbildung gesehen. Sie könnte weltweite Widerstände gegen die globalistische Agenda brechen oder verstärken.
Auffälliges Interesse von Klima‑, Überbevölkerungs- und Homo-Ideologen an Öko-Enzyklika
Gerade das auffällige Interesse, die damit verbundenen Kontakte zum Heiligen Stuhl und das Hoffieren des Papstes durch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon lassen auf der Gegenseite, bei Klimaskpektikern, Lebensrechtlern, konservativen politischen Gruppen und allgemein bei gläubigen Katholiken die Alarmglocken läuten. Das hängt vor allem damit zusammen, daß die Verfechter der menschenverursachten Erderwärmungsthese, der Globalisierung und der „nachhaltigen Entwicklung“ politisch und gesellschaftspolitisch im linksliberalen und hochkapitalistischen Spektrum angesiedelt sind.
Da die Inhalte der Öko-Enzyklika noch nicht bekannt sind, konzentriert sich die Kritik auf jene, die auffällig um die Enzyklika herumkreisen. Dazu gehört an erster Stelle ein Weltguru der „nachhaltigen Entwicklung“, der „mehrfach mit allen Ehren im Vatikan empfangen wurde und von manchen als einer der Stichwortgeber des päpstlichen Textes genannt wird“, so der Vatikanist Sandro Magister.
Jeffrey Sachs‘ „shock therapy“ als Modell für die ganze Welt?
Sein Name: Jeffrey Sachs. Sachs leitet das Earth Instute an der Columbia University von New York und wurde in den 80er und 90er Jahren durch die „shock therapy“ bekannt, die er in einigen lateinamerikanischen und osteuropäischen Staaten anwandte, um mit einem schnellen und rücksichtslosen „Transformationsprozeß“ den Übergang zur freien Marktwirtschaft durchzusetzen. Negativfolgen wie politische Destabilität, Verarmung breiter Bevölkerungsschichten, Ausbeutung von Bodenschätzen und ökonomischem Reichtum durch Ausländer und neue Abhängigkeiten von Staat und Wirtschaft spielten weder für Sachs noch seine Auftraggeber eine Rolle.
Sachs ist vor allem aber ein Bevölkerungsideologe, der eine radikale Geburtenreduzierung fordert, besonders in armen Ländern. Ein Ziel, das durch hemmungslosen Einsatz von Verhütungsmitteln, Sterilisation und Abtreibung sowie neuerdings auch durch die Gender-Theorie erreicht werden soll. Mentalitätsveränderungen, die den Fortbestand ganzer Völker gefährden, darunter auch des deutschen, werden billigend in Kauf genommen. Sachs Denatalitätspolitik wird von der UNO auf breiter Basis unterstützt, was den entsprechenden Konsens der maßgeblichen politischen Entscheidungsträger voraussetzt. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon ernannte Sachs zu seinem persönlichen „Special advisor“.
Dieser personelle Zusammenhang und die dahinterstehende Ideologie löste in jüngster Zeit heftige Kritik unter vielen Katholiken, Bevölkerungs- aber auch Wirtschaftsexperten aus.
Offener Brief des ehemaligen Vatikanbank-Präsident an Papst Franziskus
Einer von ihnen ist der ehemalige Präsident der Vatikanbank IOR, Ettore Gotti-Tedeschi. Er schrieb Papst Franziskus einen offenen Brief, in dem er Sachs zwar nicht namentlich nennt, aber dessen Wirtschafts‑, Öko- und Bevölkerungstheorien frontal angreift. „Lieber Papst, die Moral kann uns nicht lehren, wer die Umweltkrise verursacht hat“, mit diesen Worten beginnt der offene Brief.
Gotti-Tedeschi betont darin, daß die derzeitige Weltwirtschaftskrise, unter der ganze Volkswirtschaften und Millionen Familien leiden, ihren Ursprung „in der Umsetzung der neo-malthusianischen Theorien hat, die den Einbruch der Geburten provoziert und erzwungen haben“.
Papst Benedikt XVI. hatte sein Pontifikat der Verteidigung der „nicht verhandelbaren Werte“ gewidmet und sich mit Nachdruck gegen die neo-malthusianische Ideologie gewandt. Doch seit Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt wurde, ist Sachs trotz seiner Thesen häufiger Gast im Vatikan. Im Sommer 2013 überschritt der UNO-Ideologe erstmals die Schwellen des Vatikans. Der bisher jüngste Besuch erfolgte Ende April 2015, dieses Mal zusammen mit UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon. Letzterer als Eröffnungsredner, Ersterer als Hauptredner, gaben die beiden die Linie vor bei einer internationalen Klimatagung der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften. Was das heißt, läßt bereits der Titel erkennen, in dem von den „moralischen Dimensionen des Klimawandels und der nachhaltigen Menschheit“ die Rede ist.
Enger Mitarbeiter des Papstes rollte Sachs im Vatikan den roten Teppich aus
Ein enger Mitarbeiter von Papst Franziskus war es, der die Klimatagung organisierte und der Sachs den roten Teppich auslegte: der Kanzler der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften und der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, der argentinische Kurienbischof Marcelo Sanchez Sorondo.
Es erstaunt daher nicht, daß auch Sorondo in die Kritik geraten ist. Einer der schärfsten Kritiker ist Stefano Gennarini, der am 18. Mai ein Interview mit Sorondo veröffentlichte, das unter dem Titel „Vatican Prelate Responds to Critics of Climate Conference, Blames Tea Party and Oil Business“ inzwischen mehrfach weiterveröffentlicht wurde.
Sefano Gennarini ist nicht irgendwer. Der gebürtige Italiener strebte anfangs das Priestertum mit dem Neokatechumenalen Weg von Francisco „Kiko“ Argüello an. In London schloß er mit Erfolg sein Theologiestudium ab und spezialisierte sich dann an der Notre Dame University in den USA in Rechtswissenschaften. Er heiratete eine Amerikanerin und lebt heute in Maywood im Staat New Jersey. Dort leitet er das Institut für Familienstudien und Menschenrechte und koordiniert das C‑Fam’s Edmund Burke Fellowship Program. Mehrere Jahre seines Lebens verbrachte er als Missionar in Nigeria und Westindien.
Die Lektüre des Interviews ist aufschlußreich, da Sorondo, von Gennarini in die Enge getrieben, die Ruhe verliert und zu seiner Verteidigung den Papst anführt (siehe dazu auch Abtreibung und Weltklima: Im Vatikan redet jemand großen Unsinn).
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Settimo Cielo