Fragen zur Öko-Enzyklika „Laudato Si“ an Bischof Mario Toso, Co-Autor des Erstentwurfs


Die neue Enzyklika von Papst Franziskus
Die neue Enzy­kli­ka von Papst Franziskus

(Rom) Die Öko-Enzy­kli­ka Lau­da­to Si (voll­stän­di­ger Text) von Papst Fran­zis­kus sorgt für Auf­se­hen. Noch nicht vie­le haben das 200-Sei­ten-Doku­ment gele­sen und näher ana­ly­siert. Die Mäch­ti­gen der Welt schei­nen zufrie­den zu sein. Lob wur­de dem Papst von US-Prä­si­dent Barack Oba­ma und UNO-Gene­ral­se­kre­tär Ban Ki-moon gezollt. Das stellt alle­mal eine Neu­heit im Zusam­men­hang mit einer päpst­li­chen Enzy­kli­ka dar.

Anzei­ge

Der Vati­ka­nist Giu­sep­pe Rus­co­ni, der jüngst mit einer Repor­ta­ge über Papst Fran­zis­kus für Auf­se­hen sorg­te, die vom Monats­ma­ga­zin Cice­ro ver­öf­fent­licht wur­de, führ­te ein Inter­view mit Bischof Mario Toso aus dem Sale­sia­ner­or­den. Msgr. Toso war bis vor weni­gen Mona­ten Sekre­tär des Päpst­li­chen Rats für Gerech­tig­keit und Frie­den. Die­ses Dik­aste­ri­um war von Papst Fran­zis­kus mit der Aus­ar­bei­tung der Öko-Enzy­kli­ka beauf­tragt wor­den. Bischof Toso wirk­te maß­geb­lich am ersten Ent­wurf mit, der 2014 ver­fasst wur­de. Am 18. Juni wur­de schließ­lich ein ganz ande­rer Text ver­öf­fent­licht, wie der Bischof zu ver­ste­hen gibt.

Eine erste kri­ti­sche Lek­tü­re der Enzy­kli­ka Lau­da­to Si durch Giu­sep­pe Rus­co­ni mit Bischof Mario Toso erschien im ita­lie­ni­schen Ori­gi­nal auf Ros­so­por­po­ra. Eine eng­li­sche Über­set­zung wird in der näch­sten Aus­ga­be des katho­li­schen Maga­zins „Insi­de the Vati­can“ in den USA ver­öf­fent­licht. Eine gekürz­te Fas­sung wur­de in der Tes­si­ner Tages­zei­tung „Giorn­a­le del Popo­lo“ abge­druckt. Ange­spro­chen wer­den Stich­wor­te wie „inte­gra­le Öko­lo­gie“, „öko­lo­gi­sche Umkehr“, Lebens­recht, anthro­po­lo­gi­sche und ethi­sche Sicht­wei­sen, Null­wachs­tum oder die For­de­rung „nach einer Rezes­si­on in gewis­sen Tei­len der Welt“.

Laudato Si: Einige Anmerkungen von Monsignore Mario Toso

Bischof Mario Toso
Bischof Mario Toso, war als Sekre­tär des Päpst­li­chen Rates Ius­ti­tia et Pax ein Autor des Erst­ent­wurfs der Enzyklika

Msgr. Toso, Sie sind heu­te Bischof von Faen­za-Modi­glia­na, waren aber von 2003–2009 Rek­tor der Päpst­li­chen Sale­sian­er­uni­ver­si­tät in Rom und ab 2009 bis vor weni­ge Mona­te Sekre­tär des Päpst­li­chen Rats Ius­ti­tia et Pax. Genau die­ses Dik­aste­ri­um hat den ersten Ent­wurf des nun vor­ge­stell­ten lehr­amt­li­chen Doku­ments aus­ge­ar­bei­tet. Sie sind also der rich­ti­ge Mann, um über eine Enzy­kli­ka zu spre­chen, die von ver­schie­de­nen Sei­ten als „öko­lo­gisch“ bezeich­net wird …

Bischof Toso: Ja, die Defi­ni­ti­on ist aller­dings in dem Sinn zu ver­ste­hen, daß sie die Umwelt­kri­se in den Mit­tel­punkt der sozia­len Fra­ge stellt. Eine kom­ple­xe Kri­se, die sich nicht auf von ande­ren wich­ti­gen Pro­ble­men, die mehr mit der mensch­li­chen Öko­lo­gie zu tun haben, los­ge­lö­ste öko­lo­gi­sche Pro­ble­me redu­ziert. Die­se Enzy­kli­ka unter­streicht schon im Kern, wie sehr die sozia­le Fra­ge von der Bewah­rung der Umwelt cha­rak­te­ri­siert ist, betont aber auch, wie drän­gend die Sor­ge um die Mensch­heit selbst ist. Anders aus­ge­drückt: Es gibt eine glo­ba­le öko­lo­gi­sche Fra­ge, für deren Lösung eine inte­gra­le Öko­lo­gie vor­ge­schla­gen wird.

Erklä­ren Sie uns, wie die­ses „inte­gra­le“ zu ver­ste­hen ist …

Bischof Toso: Wie soeben gesagt, betrifft die öko­lo­gi­sche Kri­se, die wir heu­te erle­ben, nicht nur Umwelt­fra­gen im enge­ren Sinn, wie die Bewah­rung der Schöp­fung und der Spe­zi­es, den Kli­ma­wan­del, die Res­sour­cen und erneu­er­ba­re Ener­gien, son­dern auch damit ver­bun­de­ne kul­tu­rel­le, anthro­po­lo­gi­sche, ethi­sche, reli­giö­se Aspek­te und die Ent­wick­lung der mensch­li­chen Exi­stenz. Die­se Kri­se ver­langt, daß man auf sie mit der För­de­rung einer inte­gra­len Öko­lo­gie ant­wor­tet, die sich nicht nur auf die Ebe­ne des Schut­zes der Natur, der Tier- und Pflan­zen­ar­ten, des Kamp­fes gegen die Erwär­mung des Kli­mas, der Ableh­nung eines unbe­grenz­ten Ver­brauchs der natür­li­chen Res­sour­cen beschränkt, son­dern sich auch auf der Ebe­ne der öko­lo­gi­schen Umkehr, einer Ver­än­de­rung der Lebens­sti­le, der Sor­ge für die urba­ne Umwelt, die sozia­len Bezie­hun­gen und die Erzie­hung konkretisiert.

Die Enzy­kli­ka, die für man­che in eini­gen ihrer Tei­le einen im wesent­li­chen pero­ni­sti­schen Hauch hat (eine Luft, die Fran­zis­kus in sei­ner Jugend geat­met hat), erscheint über wei­te Strecken laut ande­ren wie ein Mani­fest der uni­ver­sa­len Öko-Par­tei (wenn auch mit einem nicht unbe­deu­ten­den Unter­schied zum Bei­spiel in Sachen Lebens­recht), jeden­falls mehr ad extra gerich­tet als ad intra

Bischof Toso: In der Tat, weist die Enzy­kli­ka, wie sie uns heu­te prä­sen­tiert wird, ein ande­res Gesicht auf gegen­über dem ersten Ent­wurf, der eine lan­ge Ein­lei­tung theo­lo­gi­schen, lit­ur­gi­schen, sakra­men­ta­len, spi­ri­tu­el­len Cha­rak­ters vor­sah. Wenn die ursprüng­li­che Aus­rich­tung geblie­ben wäre, wür­de sich die Enzy­kli­ka direk­ter an die katho­li­sche Welt wen­den. Papst Fran­zis­kus hin­ge­gen hat es vor­ge­zo­gen, die­se Aus­rich­tung zu ändern, indem er den „theo­lo­gi­schen“ Teil in die Mit­te und ans Ende ver­schob, eben­so den über die Spi­ri­tua­li­tät und die Erzie­hung. Auf die­se Wei­se hat er das ihm zur Ver­fü­gung gestell­te Mate­ri­al „umstruk­tu­riert“ gemäß einer Ana­ly­se­me­tho­de und Aus­wahl, die eine Betrach­tung der Situa­ti­on, sei­ne Wer­tung und prak­ti­sche Hin­wei­se zu einer Pro­blem­lö­sung impli­ziert. Er woll­te damit die größt­mög­li­che Zahl an Lesern ein­bin­den, auch die Ungläu­bi­gen, in eine Über­le­gung, die zum Groß­teil von allen geteilt wird.

War­um woll­te Papst Fran­zis­kus die­se Ände­rung von nicht gerin­ger Bedeutung?

Bischof Toso: Das Ziel des Pap­stes ist es, wie ab den ersten Zei­len der Enzy­kli­ka klar wird, sich zum Pro­mo­tor einer glo­ba­len öko­lo­gi­schen Bewe­gung für die uni­ver­sa­le Sor­ge für das gemein­sa­me Haus zu machen …

An sich kann man es nicht ein Ziel nen­nen, das in jenen der Sozi­al­leh­rer der Kir­che ent­hal­ten ist …

Bischof Toso: Papst Fran­zis­kus hat sich an der Metho­de aus­ge­rich­tet, die zum Teil von der Enzy­kli­ka Pacem in ter­ris von Johan­nes XXIII. ein­ge­führt wurde…

Es gibt aller­dings einen nicht unbe­deu­ten­den Unter­schied: Johan­nes XXIII. wand­te sich an „alle Men­schen guten Wil­len“, wäh­rend Fran­zis­kus die Zahl der Adres­sa­ten der Enzy­kli­ka aus­wei­tet auf „jeden Men­schen der auf die­sem Pla­ne­ten wohnt“ …

Bischof Toso: Der Papst will einen Trans­for­ma­ti­ons­pro­zeß der Kul­tu­ren aller Völ­ker und ihrer Insti­tu­tio­nen aus­lö­sen, einen Pro­zeß, der alle Men­schen mit­ein­schließt unab­hän­gig von der Far­be ihrer Über­zeu­gun­gen. Im ersten Teil der Enzy­kli­ka bevor­zugt der Papst eine ratio­na­le Zugangs­wei­se, ohne jedoch das Licht des Glau­bens aus­zu­schlie­ßen. Es ist wich­tig dar­auf hin­zu­wei­sen: Für Papst Fran­zis­kus hängt die Lösung der öko­lo­gi­schen Kri­se vom Bei­trag der Gläu­bi­gen wie der Ungläu­bi­gen ab, von der Wis­sen­schaft und der Reli­gi­on. Die Lösun­gen kom­men nicht von einer ein­zi­gen Art, die Wirk­lich­keit zu inter­pre­tie­ren und zu verändern.

Läuft man auf die­se Wei­se nicht Gefahr, etwas den theo­lo­gi­schen Rah­men aus den Augen zu ver­lie­ren, der uner­läß­lich ist, um den zu gehen­den Weg zu erhellen?

Bischof Toso: Nein, die Anwen­dung die­ser Metho­de schließt den theo­lo­gi­schen Blick nicht aus, der gegen­wär­tig bleibt, wenn auch nicht an erster Stel­le und jedem Augen­blick, wie es eine Enzy­kli­ka im eigent­li­chen theo­lo­gi­schen Sinn ver­lan­gen würde.

Teils könn­te man den Ein­druck haben, der bei ver­schie­de­nen, vor allem US-ame­ri­ka­ni­schen Kri­ti­kern ver­wur­zelt ist, der Papst wol­le den Wis­sen­schaft­lern ihr Hand­werk lehren …

Bischof Toso: Der Papst woll­te über die Umwelt­fra­ge nicht nur in den Begrif­fen der gro­ßen theo­lo­gi­schen und phi­lo­so­phi­schen Grund­sät­ze spre­chen, um nicht in der Abstrakt­heit zu enden. Er woll­te sei­ne Über­le­gun­gen berei­chern, indem er auch ver­schie­de­ne Ergeb­nis­se wis­sen­schaft­li­cher Stu­di­en über die aktu­el­len Umwelt­fra­gen benütz­te. Dabei ist klar: indem er sich der heu­te am mei­sten aner­kann­ten Ergeb­nis­se bedien­te, hat er nicht die Absicht, die­se zu kano­ni­sie­ren oder den Wis­sen­schaft­lern auf­zu­zwin­gen. In erster Linie dräng­te es ihn, eine Inter­pre­ta­ti­on aus anthro­po­lo­gi­scher und ethi­scher Sicht zu geben. Alle wis­sen, daß vie­le heu­te für „wis­sen­schaft­lich“ gehal­te­ne Ergeb­nis­se nicht unwi­der­leg­bar und unbe­strit­ten sind. Die Lehr­tä­tig­keit der Päp­ste setzt die eige­ne Auto­ri­tät auf mora­li­scher Ebe­ne ein, die die Ebe­ne ist, die ihrer ethi­schen und reli­giö­sen Kom­pe­tenz entspricht.

Vorstellung der Enzyklika
Vor­stel­lung der Enzy­kli­ka im Vati­kan (v.l.) Hans Joa­chim Schellnhu­ber, Caro­lyn Woo, Matro­po­lit Ioan­nis Ziziou­las, Kar­di­nal Peter Turkson

In der Enzy­kli­ka fin­den sich aber vie­le kon­kre­te wis­sen­schaft­li­che The­men mit eben­so vie­len Emp­feh­lun­gen… es genügt an eines der auf­se­hen­er­re­gend­sten und umstrit­ten­sten zu den­ken, jenes der angeb­li­chen Erderwärmung…

Bischof Toso: Ich erlau­be mir dar­auf zu behar­ren: Es ist nicht die Absicht von Papst Fran­zis­kus, die wis­sen­schaft­li­che Bedeu­tung der viel­fäl­ti­gen Ergeb­nis­se der aktu­el­len Stu­di­en und Debat­ten, die er über­nom­men hat, zu bekräf­ti­gen, son­dern Über­le­gun­gen zu den anthro­po­lo­gi­schen und ethi­schen Fra­gen anzu­stel­len, die sich aus die­sen erge­ben. Die Kir­che hat kei­ne Kom­pe­ten­zen auf der tech­ni­schen und wis­sen­schaft­li­chen Ebe­ne, auf der Ebe­ne einer anthro­po­lo­gi­schen und ethi­schen Dimen­si­on der wis­sen­schaft­li­chen Phä­no­me­no­lo­gie aber schon.

An eini­gen Stel­len, so wird ange­merkt, scheint die Enzy­kli­ka vage pan­the­isti­sche Akzen­te zu haben. Bei­spiels­wei­se an Stel­len wie die­ser: „Der letz­te Zweck der ande­ren Geschöp­fe sind nicht wir. Doch alle gehen mit uns und durch uns vor­an auf das gemein­sa­me Ziel zu, das Gott ist …“ (Nr. 83).

Bischof Toso: Es gibt aber ande­re, in denen Papst Fran­zis­kus ganz an die Leh­ren von Cari­tas in Veri­ta­te von Bene­dikt XVI. anknüpft und die in die­ser gro­ßen Enzy­kli­ka gege­be­ne Inter­pre­ta­ti­on zum Ver­hält­nis Men­schen und Natur auf­greift. Wie Bene­dikt prä­zi­siert Papst Fran­zis­kus, daß der Mensch auf der Ebe­ne der Wür­de nicht auf die­sel­be Stu­fe mit den ande­ren Geschöp­fen gestellt wer­den kann. Der Men­schen hat einen Vor­rang vor den ande­ren Lebe­we­sen, der ihm zuer­kannt wer­den muß. Vor­rang bedeu­tet aber nicht des­po­ti­sche Vor­herr­schaft, die – wie unse­re Epo­che zeigt – sich dann in einen schwe­ren Scha­den für die gesam­te Mensch­heit verwandelt.

Sechs Punk­te des letz­ten Kapi­tels sind einer „öko­lo­gi­schen Umkehr“ gewid­met: Wor­in besteht diese?

Bischof Toso: „Öko­lo­gi­sche Umkehr“ ist ein Aus­druck, der im Kon­text eines glo­ba­len Ansat­zes zur öko­lo­gi­schen Fra­ge gebraucht wird. Gewiß, der Aus­druck kann miß­ver­ständ­lich sein, aber man soll­te sich nicht zu sehr auf ein­zel­ne Wor­te und ein­zel­ne Begrif­fe fixie­ren, son­dern vom Kon­text ausgehen …

Das Wort des Lehr­am­tes eines Pap­stes soll­te aber nicht Ursa­che für Miß­ver­ständ­nis­se sein …

Bischof Toso: Der Aus­druck „öko­lo­gi­sche Umkehr“ ist nicht für sich allein zu sehen. Sie setzt immer im Men­schen eine vor­he­ri­ge und kla­re reli­giö­se Umkehr gegen­über Gott vor­aus. Erst nach die­ser ersten Umkehr tre­ten alle Kon­se­quen­zen der Begeg­nung mit Jesus in den Bezie­hun­gen zur Welt auf und ist man imstan­de, von einer „öko­lo­gi­schen Umkehr“ zu sprechen.

In der Enzy­kli­ka von 200 Sei­ten spricht man von inte­gra­ler Öko­lo­gie, in Wirk­lich­keit sind dem Lebens­recht, der Fami­lie und der Erzie­hung nur sehr weni­ge Zei­len gewid­met im Ver­gleich zu den vie­len Sei­ten für die ande­ren anthro­po­lo­gi­schen The­men. Zum Bei­spiel wird das, was Bene­dikt XVI. in sei­ner Rede im Dezem­ber 2012 an die Römi­sche Kurie als die größ­te Fal­le für die Kir­che bezeich­ne­te, die Gen­der-Ideo­lo­gie nicht ein­mal beim Namen genannt, son­dern nur sehr indi­rekt mit­ten unter Nr. 155 ange­spro­chen … [Bene­dikt XVI. sag­te 2012: „Die tie­fe Unwahr­heit die­ser Theo­rie und der in ihr lie­gen­den anthro­po­lo­gi­schen Revo­lu­ti­on ist offenkundig.“]

Bischof Toso: Es stimmt, daß in der Enzy­kli­ka die von Ihnen genann­ten The­men nur kurz ange­spro­chen wer­den. Man hät­te ihnen eine grö­ße­re Auf­merk­sam­keit schen­ken kön­nen. Aller­dings ist die Enzy­kli­ka so schon sehr lang … Aus ver­schie­de­nen Stel­len geht jedoch sehr klar her­vor, daß auch für die­sen Papst die Umwelt­ethik eng mit der Sozi­al­ethik, der Ethik des Lebens und der Fami­lie ver­bun­den ist.

In der Enzy­kli­ka wird den Merk­ma­len des Stadt­le­bens viel Raum gege­ben … eine Neuheit.

Bischof Toso: Über­le­gun­gen zur inte­gra­len Öko­lo­gie konn­ten gar nicht anders, als die Bedeu­tung des Zusam­men­hangs zwi­schen städ­ti­schem und länd­li­chem Raum und dem mensch­li­chen Ver­hal­ten zu beto­nen. Tat­säch­lich fehlt beim Bau der neu­en Städ­te, der Pro­jek­tie­rung von Gebäu­den und Stadt­vier­teln noch der nöti­ge Ein­satz. Es genügt nicht, die Schön­heit an sich in den Pro­jek­ten zu suchen, ohne die Lebens­qua­li­tät der Men­schen zu berück­sich­ti­gen, ihre Har­mo­nie mit der Umwelt, die Begeg­nung und die gegen­sei­ti­ge Hilfe.

Es gibt man­che, die nach der Lek­tü­re der Enzy­kli­ka den Ein­druck haben, daß ihr Autor men­tal und mit dem Her­zen grund­sätz­lich in den ‚vil­las mise­ri­as‘ von Bue­nos Aires geblie­ben ist …

Bischof Toso: Es stimmt, daß die Enzy­kli­ka die beson­de­re Auf­merk­sam­keit die­ses Pap­stes für die Letz­ten und die Ärm­sten bestä­tigt. Er stößt einen Alarm­schrei aus und geht dabei von den Ärm­sten aus, weil sie die ersten sind, die lei­den und das am mei­sten, wenn die Umwelt wei­ter abge­baut wird. Die­se beson­de­re Auf­merk­sam­keit für die Letz­ten der Erde bie­tet uns eine neue Sicht­wei­se. Sie regt uns an, die Umwelt­fra­ge auf eine ande­re Wei­se zu betrach­ten, als wir es gewohnt sind: indem wir nicht nur an tech­nisch-öko­no­misch-wis­sen­schaft­li­che Aspek­te den­ken, son­dern in erster Linie an die Wür­de des mensch­li­chen Lebens und der Qua­li­tät sei­ner Existenz.

Zum Schluß: In der Enzy­kli­ka fin­den sich auch vie­le Behaup­tun­gen und Vor­schlä­ge, die vie­le Dis­kus­sio­nen aus­lö­sen wer­den. Als Bei­spiel für alle sei fol­gen­de Stel­le zitiert (Nr. 193): „Wir wis­sen, dass das Ver­hal­ten derer, die mehr und mehr kon­su­mie­ren und zer­stö­ren, wäh­rend ande­re noch nicht ent­spre­chend ihrer Men­schen­wür­de leben kön­nen, unver­tret­bar ist. Dar­um ist die Stun­de gekom­men, in eini­gen Tei­len der Welt eine gewis­se Rezes­si­on zu akzep­tie­ren und Hil­fen zu geben, damit in ande­ren Tei­len ein gesun­der Auf­schwung statt­fin­den kann“.

Bischof Toso: Es han­delt sich um kla­re und gleich­zei­tig muti­ge Über­le­gun­gen. Auch in die­sem Fall ist der Papst nicht ein Ver­fech­ter von pau­pe­ri­sti­schen Lebens­wei­sen oder von Vor­schlä­gen für ein sinn­wid­ri­ges Null­wachs­tum, die den wis­sen­schaft­li­chen Fort­schritt und die Uner­läß­lich­keit der tech­ni­schen und öko­no­mi­schen Ent­wick­lung ver­ach­ten. Er lädt viel­mehr ein, ein Wachs­tum anzu­stre­ben, das nicht nur weni­gen vor­be­hal­ten ist, son­dern das wirt­schaft­li­che Wachs­tum mit dem sozia­len Fort­schritt aller in Ein­klang bringt. Das sind Per­spek­ti­ven, die vor allem für jene ver­ständ­lich sind, die an das All­ge­mein­wohl glau­ben und an die uni­ver­sa­le Bestim­mung der Güter und an die uni­ver­sa­le Brü­der­lich­keit. Damit es eine wirt­schaft­li­che Frei­heit gibt, von der alle wirk­lich Nut­zen haben, kann es manch­mal not­wen­dig sein, so Papst Fran­zis­kus, jenen Gren­zen zu set­zen, die die größ­ten Res­sour­cen und die größ­te Finanz­macht kon­trol­lie­ren. In der Ver­gan­gen­heit wur­de dies auch durch die Land­re­form ver­wirk­licht. War­um soll­te man heu­te nicht Ver­gleich­ba­res ver­wirk­li­chen in Bezug auf den unein­ge­schränk­ten und unbe­grenz­ten Gebrauch der nicht erneu­er­ba­ren Ressourcen.

Text: Ros­so­por­po­ra
Über­set­zung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Pope Francis/​Wikicommons/​CTV (Screen­chots)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!