(Rom) Über die „neueste Öffnung von Papst Franziskus“ berichtete die Internetseite des italienischen Staatsrundfunks RAI. Papst Franziskus bekräftigte im vergangenen Monat mehrfach, das Thema der verheirateten Ex-Priester auf seiner Agenda zu haben.
Am 10. Februar hielt Papst Franziskus seine morgendliche Predigt in der Hauskapelle Santa Marta. Unter den Gläubigen, die der Heiligen Messe beiwohnten, befanden sich auch fünf ehemalige Priester, die sich in den Laienstand zurückversetzen hatten lassen, um heiraten zu können. An den morgendlichen Papstmessen dürfen nur Geladene teilnehmen. Das setzt voraus, daß die fünf Ex-Priester mit päpstlicher Zustimmung zur Teilnahme eingeladen wurden.
Papst Franziskus und die Ex-Priester
Am 10. Februar waren auch sieben Priester in Santa Marta anwesend, die ihr Goldenes Priesterjubiläum feierten. Der Papst wollte damit die Bedeutung des Priestertums hervorheben. Allerdings in seiner gewohnt widersprüchlichen Art. Denn mit den sieben Jubilaren waren auch die genannten fünf Ex-Priester geladen worden, die ihr Priestertum aufgegeben hatten, um zu heiraten. Der Kontrast hätte kaum größer sein können. Weder Radio Vatikan noch der Osservatore Romano berichteten darüber.
Der Papst selbst machte die Sache bekannt. Am 19. Februar traf er sich zum Beginn der Fastenzeit mit dem Klerus seiner Diözese Rom. Neben einer kurzen Einführung antwortete der Papst auf Fragen seiner Priester. Don Giovanni Cereti wollte vom Papst wissen, wie er es mit den verheirateten, ehemaligen Priestern sehe. Don Cereti warf dabei gleich das Stichwort hin, das derzeit zu dieser Frage am häufigsten genannt wird: Die mit Rom unierten Ostkirchen und die anglikanischen Personalordinariate würden verheiratete Priester kennen.
„Problem steht auf meiner Agenda!“
Zur Überraschung des zölibatären Klerus antwortete Papst Franziskus auf die Frage: „Das Problem steht auf meiner Agenda!“ Kardinalvikar Agostino Vallini bezeichnete die päpstliche Bereitschaft, „zuzuhören und Antwort zu geben“ als „ein Licht für den priesterlichen Weg“.
Brasilianische Medien, vor allem der dort aktive Kreis verheirateter Ex-Priester Associacao Rumos, berichteten im Anschluß an einen Brief, den Papst Franziskus vor einigen Monaten dem brasilianischen Kardinal und Papstmacher Claudio Hummes geschrieben habe. Darin habe das Kirchenoberhaupt seinem „Freund“ eine Diskussion über die Zulassung sogenannter „viri probati“ zum Priestertum in Aussicht gestellt. Ihnen könnten, so die These von Kardinal Hummes, Aufgaben des Priestertums anvertraut werden. Hintergrund war eine Audienz für Kardinal Hummes bei Papst Franziskus Anfang November 2014. Kardinal Hummes verwies dabei auf den Priestermangel im Amazonasurwald. Wortführer des „Amazonas-Experiments“ ist der österreichische Missionsbischof Erwin Kräutler.
Kräutler und Hummes „Amazonas-Werkstatt“
Kräutler wurde im April 2014 von Papst Franziskus empfangen und war vom argentinischen Kirchenoberhaupt sehr angetan. Der österreichische Missionar, zu Hause Liebkind des linken Spektrums, ließ es im selben Zusammenhang nicht an Kritik an Benedikt XVI. mangeln. Der deutsche Papst habe auf die Frage des Priestermangels mit der Aufforderung reagiert, um Priesterberufungen zu beten. „Da mache ich nicht mit“, ließ Bischof Kräutler wissen, und forderte strukturelle Veränderungen.
Vatikansprecher Pater Federico Lombardi widersprach den Medienberichten: Es gebe kein Schreiben „zu diesem Thema“ des Papstes an Kardinal Hummes. Der Vatikansprecher fügte jedoch umgehend hinzu, daß „es stimmt, daß der Papst bei verschiedenen Anlässen die brasilianischen Bischöfe aufgefordert hat, kühne und mutige Vorschläge zu pastoralen Lösungen zu machen, die sie für angemessen erachten, um auf die großen pastoralen Probleme in ihrem Land zu antworten“.
Im Anschluß an die Papst-Audienz von Kardinal Hummes errichtete die Brasilianische Bischofskonferenz im vergangenen November jedoch eine Kommission mit dem Auftrag, zu „prüfen“, ob Laien, die im Amazonas einer „Gemeinde“ vorstehen, zu Priestern geweiht werden könnten. Natürlich sei die Frage auf den Amazonas-Urwald bezogen, weshalb Bischof Kräutler und Kardinal Hummes zu Vorsitzenden der Kommission ernannt wurden. Auch in Brasilien soll die Welt am „deutschen Wesen genesen“? Bischof Kräutler stammt aus Österreich, Kardinal Hummes ist der Nachfahre deutscher Einwanderer.
„Salamitaktik“
Nicht an eine territoriale Begrenzung glauben traditionsverbundene brasilianische Katholiken, wie Vida Catolica. Sie sprechen von „Salamitaktik“. Sie werfen Bischof Kräutler und Kardinal Hummes vor, jeweils jenen Schritt in eine bedenkliche Richtung zu gehen, den man durchsetzen könne, doch nur mit dem Hintergedanken, bald den nächsten Schritt folgen zu lassen. Die Zulassung von „viri probati“ zum Diakonat sei nur eine Etappe gewesen, weil man die Abschaffung des Zölibats noch nicht durchsetzen könne, nun aber darauf hoffe.
Unterdessen freuen sich die organisierten Ex-Priester über wachsende „Öffnungen“ in der Katholischen Kirche. Nach dem bereits verstorbenen Kardinal Carlo Martini hätten auch Wiens Erzbischof Kardinal Schönborn und Hamburgs Weihbischof Jaschke „positive Signale“ ausgesandt. Jaschke habe davon gesprochen, daß die „Erfahrung verheirateter Priester“ die Katholische Kirche „bereichern“ könne, so der Movimento Nacional das Famàlias dos Padres Casados.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MNFPC/Ja (Screenshot)