(Paris) Frankreich setzt unter Staatspräsident François Hollande um, was das europäische Parlament durch Zustimmung zum Tarabella-Antrag vergangene Woche zum Ziel für die gesamte Europäischen Union erklärt hatte: Der Zugang zur Abtreibung soll noch leichter gemacht werden.
Der Sozialist Hollande hatte bereits im Dezember 2013 angekündigt, nachdem der Versuch gescheitert war, die Tötung ungeborener Kinder durch das Europäische Parlament zum „Frauenrecht“ ausrufen zu lassen, Frankreich werde auch im Alleingang die Ziele des Estrela-Berichts umsetzen.
Der Estrela-Bericht scheiterte. Dessen Zielsetzungen griff jedoch der belgische Sozialist Marc Tarabella wieder auf und brachte sie als eigenen Antrag neu ein. Am vergangenen 10. März wurde nachgeholt, was im Dezember 2013 mißlang. Das Europäische Parlament stimmte nun für die faktische Erklärung der Abtreibung zum „Menschenrecht“.
Bisherige Bedenkzeit von einer Woche fällt weg
In der vergangenen Nacht stimmte die französische Nationalversammlung mit den Stimmen der sozialistischen Mehrheit dafür, daß die bisher gesetzlich vorgeschriebene Bedenkzeit vor einer legalen Tötung eines ungeborenen Kindes künftig wegfallen soll. Eine schwangere Mutter, die ihr Kind töten lassen will, muß – sobald die Änderung in Kraft tritt – zwischen den beiden medizinischen Beratungen, die vom Gesetz Veil vorgesehen sind, nicht mehr eine Bedenkzeit von sieben Tagen einhalten.
Die bisherige Bestimmung sei „infantil und stigmatisierend“ gewesen, zeigte sich die sozialistische Parlamentsabgeordnete, Abtreibungsverfechterin und Vorsitzende der parlamentarischen Délégation aux droits des femmes et à l’égalité des chances entre les hommes et les femmes, Catherine Coutelle, zufrieden.
Recht der Ärzte auf Gewissensverweigerung bleibt
Um keine Abtreibungsdiskussion zu provozieren, verzichtete die Sozial- und Gesundheitsministerin Marisol Touraine, einen weiteren Abänderungsantrag durchzutragen, der das Recht auf Gewissensverweigerung für Ärzte abschaffen sollte.
Nicht, weil das eine schwerwiegende Verletzung der Gewissens‑, Meinungs- und Religionsfreiheit wäre, sondern „um nicht eine spannungsgeladene, symbolträchtige Debatte wiederzubeleben“, so die sozialistische Ministerin.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: NNiooz (Screenshot)