Rede des Papstes zu Teilnehmern der „Frauenkulturen“ mit Fragezeichen


Tagung "Frauenkulturen" des Päpstlichen Kulturrats, Ansprache von Papst Franziskus (7. Februar 2015), rechts Kardinal Ravasi
Tagung „Frau­en­kul­tu­ren“ des Päpst­li­chen Kul­tur­rats, Anspra­che von Papst Fran­zis­kus (7. Febru­ar 2015), rechts Kar­di­nal Ravasi

(Rom) Papst Fran­zis­kus hielt am ver­gan­ge­nen 7. Febru­ar eine Anspra­che vor den Teil­neh­mern der Frau­en­kul­tu­ren-Tagung des von Kar­di­nal Gian­fran­co Rava­si gelei­te­ten Päpst­li­chen Kul­tur­rats. Zur Erin­ne­rung: Das ist jene Tagung, für die der spa­ni­sche Cla­re­ti­ner und „ero­ti­sche Bud­dhist“ Pablo d’Ors in einem Repubbli­ca-Inter­view ankün­dig­te, daß es dabei auch um eine „Öff­nung“ und „Neu­aus­rich­tung“ der Kir­che in Rich­tung Frau­en­prie­ster­tum gehen wer­de. Der am 1. Juli 2014 zum Con­sul­tor des Kul­tur­rats ernann­te Prie­ster ist „abso­lut dafür“, das Frau­en­prie­ster­tum in der katho­li­schen Kir­che einzuführen.

Anzei­ge

In Mani­la hat­te Papst Fran­zis­kus vor weni­gen Wochen phil­ip­pi­ni­sche Stu­den­ten vor dem „Männ­lich­keits­wahn“ gewarnt. Ein Pro­blem, das im Westen nur mehr als Import­wa­re exi­stiert. In Euro­pa fin­den sich dafür heu­te neue For­men männ­li­cher Unter­drückung der Frau. Sie sind poli­tisch kor­rekt ver­packt und fir­mie­ren meist unter Schlag­wor­ten wie „weib­li­che Eman­zi­pa­ti­on“, „Gleich­be­rech­ti­gung“ und „Anti­dis­kri­mi­nie­rung“. So etwa im Bereich mas­sen­haf­ter Abtrei­bung und Ver­hü­tung und in der Ver­männ­li­chung der Frau­en durch bedin­gungs­lo­se Inte­gra­ti­on in die (männ­li­chen) Logi­ken von Arbeits­welt, Kar­rie­re, Lei­stung und Beloh­nung. Die Fol­gen sind ein dra­ma­ti­scher Ein­bruch der Gebur­ten­ra­te, Bin­dungs­un­fä­hig­keit, ein rapi­der Zer­fall der Fami­li­en und der tra­gen­den fami­liä­ren Netz­wer­ke sowie ster­ben­de Völ­ker. Ver­lu­ste, die – damit es sta­ti­stisch nicht auf­fällt – durch För­de­rung der Zuwan­de­rung aus aller Her­ren Län­der auf­ge­füllt werden.

Reizthemen ausgeklammert – Waren Frauen bisher in der Kirche nur „Gäste“?

In Rom bot der Papst eine ziem­lich „poli­tisch kor­rek­te“ Rede. Reiz­the­men wur­den aus­ge­klam­mert, dafür sozio­lo­gisch begrün­de­te Annä­he­run­gen ange­deu­tet, emp­foh­len oder gefor­dert. Was der Papst kon­kret damit mein­te, und wel­che Auf­for­de­rung zur Ver­tie­fung in wel­che Rich­tung die Teil­neh­mer mit nach Hau­se genom­men haben, blieb zu wich­ti­gen Berei­chen offen. Eini­ge pro­gres­si­sti­sche Krei­se faß­ten sie prompt als Ermun­te­rung auf und ver­wie­sen dar­auf, so in Bra­si­li­en, daß „in eini­gen Staa­ten Latein­ame­ri­kas Frau­en bereits die Mes­se zelebrieren“.

Papst Fran­zis­kus sag­te: „Das Argu­ment, das ihr gewählt habt, liegt mir sehr am Her­zen, und bereits bei ver­schie­de­nen Anläs­sen hat­te ich Gele­gen­heit, es anzu­spre­chen und zu einer Ver­tie­fung ein­zu­la­den. Es geht dar­um, neue Kri­te­ri­en und Moda­li­tä­ten zu stu­die­ren, damit die Frau­en sich nicht als Gäste, son­dern als voll­kom­me­ne Teil­ha­ber der ver­schie­de­nen Berei­che des sozia­len und kirch­li­chen Lebens füh­len. Die Kir­che ist Frau, es ist die Kir­che, nicht der Kir­che. Das ist eine nicht län­ger auf­schieb­ba­re Her­aus­for­de­rung. Das sage ich den Hir­ten der christ­li­chen Gemein­schaf­ten, die hier die Welt­kir­che ver­tre­ten, aber auch den weib­li­chen und männ­li­chen Lai­en, die auf ver­schie­de­ne Wei­se in der Kul­tur, der Erzie­hung, der Wirt­schaft, der Poli­tik, der Arbeits­welt, der Fami­li­en, der reli­giö­sen Insti­tu­tio­nen enga­giert sind.“

Was ist im Verhältnis Kirche-Frau „nicht länger aufschiebbar?

Die vom Papst ange­spro­che­ne Suche nach „neue Kri­te­ri­en und Moda­li­tä­ten“, damit „die Frau­en sich nicht als Gäste“, son­dern als völ­li­ge Teil­ha­ber füh­len, setzt vor­aus, daß „die“ Frau­en, sich bis­her nur als „Gäste“ in der Kir­che gefühlt haben. Ist Papst Fran­zis­kus wirk­lich der Mei­nung, daß „die Frau­en“ in der zwei­tau­send­jäh­ri­gen Geschich­te nur „Gäste“ in der Kir­che waren? Dem scheint so, denn er hält die „Her­aus­for­de­rung“ für so drin­gend, daß die Suche nach „neu­en Kri­te­ri­en und Moda­li­tä­ten“ der Ein­bin­dung der Frau­en in das „sozia­le und kirch­li­che“ Leben „nicht län­ger auf­schieb­bar“ sei.

Papst Fran­zis­kus nann­te den Teil­neh­mern zu den vier The­men­krei­sen der Tagung „Leit­li­ni­en“ zur wei­te­ren Ver­tie­fung. Erstens: „Zwi­schen Gleich­heit und Unter­schied: die Suche nach einem Gleich­ge­wicht“, so die Tagungs­vor­ga­be. „Aber ein har­mo­ni­sches Gleich­ge­wicht, nicht nur ein aus­ge­wo­ge­nes“, so der Papst. Die Fra­ge sei nicht „ideo­lo­gisch“ anzu­ge­hen, denn ideo­lo­gi­sche „Bril­len“ wür­den einen kla­ren Blick auf die Rea­li­tät ver­hin­dern. Das „mit“ sei ent­schei­dend für Gleich­heit und Unter­schied zwi­schen Mann und Frau, nicht das „gegen“. „Seit eini­ger Zeit haben wir, zumin­dest in der west­li­chen Gesell­schaft, das Modell der sozia­len Unter­ord­nung der Frau unter den Mann hin­ter uns gelas­sen, ein jahr­hun­der­te­al­tes Modell, des­sen nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen nie ganz auf­ge­hört haben. Wir haben auch ein zwei­tes Modell über­wun­den, das der rei­nen, mecha­nisch ange­wand­ten Gleich­stel­lung und der abso­lu­ten Gleich­heit. Dar­aus ent­stand ein neu­es Par­dig­ma, das der Gegen­sei­tig­keit in der Gleich­wer­tig­keit und im Unter­schied. Das Ver­hält­nis Mann-Frau soll­te daher aner­ken­nen, daß bei­de not­wen­dig sind, weil sie zwar eine iden­ti­sche Natur besit­zen, aber mit eige­nen Moda­li­tä­ten. Die eine braucht die ande­re und umge­kehrt damit sich wirk­lich die Fül­le der Per­son vollendet.“

Zeugungsfähigkeit als „symbolischer Code“

Der zwei­te The­men­be­reich betrifft „die ‚Zeu­gungs­fä­hig­keit‘ als sym­bo­li­scher Code“, so die Tagungs­vor­ga­be. Papst Fran­zis­kus sprach „alle Müt­ter“ an, sprach über die „Wei­ter­ga­be und den Schutz des Lebens“ und dem Ein­satz der Frau­en dazu in der „Fami­lie, in der Glau­bens­er­zie­hung, in der pasto­ra­len Tätig­keit, in der Schul­aus­bil­dung“. Die schwer­wie­gen­den Bedro­hun­gen des mensch­li­chen Lebens vor der Geburt durch Abtrei­bung, teil­wei­se auch nach der Geburt und am Ende des Lebens durch Eutha­na­sie, sprach der Papst nicht an. Ist das The­ma zu „pro­vo­zie­rend“ für femi­ni­sti­sche Ohren, mit denen man ins Gespräch zu kom­men hofft? Im deut­schen Sprach­raum etwa wird jedes fünf­te Kind durch Abtrei­bung getötet.

Gegen Vermarktung und Versklavung der Frau

Der drit­te The­men­be­reich: „Der weib­li­che Kör­per zwi­schen Kul­tur und Bio­lo­gie“, so die Tagungs­vor­ga­be, ver­an­laß­te den Papst über die „Schön­heit und Har­mo­nie des Kör­pers“ zu spre­chen, „den Gott der Frau geschenkt hat“. Er sprach aber auch über „schmerz­li­che Wun­den, die mit bru­ta­ler Gewalt zuge­fügt wer­den, weil sie Frau­en sind“. „Der weib­li­che Kör­per, Sym­bol des Lebens, wird lei­der nicht sel­ten auch von jenen ange­grif­fen und ver­un­stal­tet, die sei­ne Bewah­rer und Lebens­ge­fähr­ten sein müß­ten“. Kon­kret nann­te der Papst „Skla­ve­rei, die Frau als Ware, die Ver­stüm­me­lung des Kör­pers der Frau­en“ und for­der­te zur Bekämp­fung die­ser Miß­stän­de auf. Über die­sen The­men­be­reich berich­te­ten die Medi­en im Vor­feld am stärk­sten, weil Kar­di­nal Rava­si ihn beson­ders betonte.

„Kapillare und prägende weibliche Präsenz in den Gemeinschaften wünschenswert“

Der vier­te The­men­be­reich: „Die Frau­en und die Reli­gi­on: Flucht oder Suche nach Teil­nah­me am Leben der Kir­che?“ unter­stell­te bereits, wie ein­gangs vom Papst ange­spro­chen, daß Frau­en in der Kir­che nur „Gäste“ sei­en und daher ent­we­der neue For­men der „Teil­nah­me am Leben der Kir­che“ erhal­ten oder die „Flucht“ aus der Kir­che antre­ten wür­den. Der Papst sag­te dazu: „Ich bin über­zeugt von der Dring­lich­keit, den Frau­en Raum im Leben der Kir­che zu bie­ten und die will­kom­men zu hei­ßen, indem den spe­zi­fi­schen und ver­än­der­ten kul­tu­rel­len und sozia­len Sen­si­bi­li­tä­ten Rech­nung getra­gen wird.“ Und wei­ter: „Es ist daher eine kapil­la­re­re und prä­gen­de­re weib­li­che Prä­senz in den Gemein­schaf­ten wün­schens­wert, so wie wir vie­le Frau­en in die pasto­ra­le Ver­ant­wor­tung ein­ge­bun­den sehen kön­nen, in die Beglei­tung der Men­schen, Fami­li­en und Grup­pen, wie auch in der theo­lo­gi­schen Reflexion.“

Welche weibliche Präsenz in der Seelsorge? – Familie nur mehr der Arbeitswelt untergeordnet denkbar?

Wel­che weib­li­che Prä­senz mein­te der Papst damit? Jene von Pasto­ral­as­si­sten­tin­nen, die mit lit­ur­gi­schen Gewän­dern in etli­chen Pfar­rei­en in einem pseu­do­lit­ur­gi­schen Gewand „Qua­si­prie­ster“ spie­len, pre­di­gen, „Wort Gottes“-Feiern als Meß­er­satz hal­ten und sich bei der Wand­lung auf Tuch­füh­lung zum Prie­ster an den Altar drän­geln, um zu „par­ti­zi­pie­ren“?

Ganz am Ende sag­te der Papst: „Es geht auch dar­um, die wirk­sa­me Prä­senz der Frau­en in vie­len Berei­chen des öffent­li­chen Lebens, der Arbeits­welt und den Orten, wo die wich­tig­sten Ent­schei­dun­gen getrof­fen wer­den, zu ermu­ti­gen und zu för­dern, und gleich­zei­tig ihre Prä­senz und bevor­zug­te und ganz spe­zi­el­le Auf­merk­sam­keit in der und für die Fami­lie zu behal­ten.“ Die Frau­en soll­ten dazu nicht allei­ne gelas­sen wer­den. „Alle Insti­tu­tio­nen, auch die kirch­li­che Gemein­schaft, sind geru­fen, die Ent­schei­dungs­frei­heit der Frau­en zu garan­tie­ren, damit sie die Mög­lich­keit haben, sozia­le und kirch­li­che Ver­ant­wor­tung auf eine mit dem Fami­li­en­le­ben ver­ein­ba­re Wei­se über­neh­men können.“

Die Gewich­tung im Bericht von Radio Vati­kan (Ita­lie­ni­sche Sek­ti­on) über die Papst-Anspra­che ergab fol­gen­de Rei­hen­fol­ge: „Mehr Raum für die Frau­en, eine unauf­schieb­ba­re Her­aus­for­de­rung. För­de­rung der Gegen­sei­tig­keit, nicht der Unter­ord­nung. Nein zur Ver­mark­tung des weib­li­chen Kör­pers. Ein­bin­dung der Frau­en in die pasto­ra­le Ver­ant­wor­tung. Uner­setz­lich­keit der Rol­le der Frau in der Familie.“

Über die eigent­li­che drei­tä­gi­ge Tagung, die nur Mit­glie­dern und Con­sul­to­ren des Päpst­li­chen Kul­tur­rats zugäng­lich war, wur­de vom Kul­tur­rat bis­her nichts bekannt­ge­ge­ben. Kar­di­nal Rava­si schrieb im Vor­feld der Tagung, daß die „Lebens­be­din­gun­gen der Frau­en aus dem Blick­win­kel der Kul­tur­anthro­po­lo­gie und der sozio­lo­gi­schen Ana­ly­se“ betrach­tet wer­den sol­len. Papst Fran­zis­kus scheint es beher­zigt zu haben.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Osser­va­to­re Romano/vatican.va (Screen­shot)

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