„Das Komplott gegen den Papst“


Bischofssynode
Bischofs­syn­ode

„Fal­sches Spiel mit Roger Rab­bit?“, die­se Anlei­he an einen Zei­chen­trick­film der spä­ten 80er Jah­re nimmt Loren­zo Ber­toc­chi, um dar­auf hin­zu­wei­sen, daß hin­ter den Kulis­sen erheb­li­che Akti­vi­tä­ten im Gan­ge sind, den Wider­stand gegen die „neue Barm­her­zig­keit“ zu bre­chen und Druck auf jene aus­zu­üben, die sich ihr in den Weg stel­len. Erst gestern berich­te­te der Vati­ka­nist Man­fred Fer­ra­ri über Vati­ka­ni­sche Myste­ri­en – Das ver­schwun­de­ne Buch.

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Um das­sel­be Buch geht es auch Ber­toc­chi. Die Geschich­te nahm ihren Anfang im Som­mer 2014. Kurz vor Beginn der Bischofs­syn­ode über die Fami­lie, erster Teil, erschien der Sam­mel­band „In der Wahr­heit Chri­sti blei­ben“. Trei­ben­de Kraft dahin­ter war der ame­ri­ka­ni­sche Kar­di­nal Ray­mond Leo Bur­ke. Der Band ver­sam­mel­te die Auf­sät­ze von fünf Kar­di­nä­len, sowie vier wei­te­re Bei­trä­ge nam­haf­ter Theo­lo­gen. Es han­delt sich um die Kar­di­nä­le Wal­ter Brand­mül­ler, Car­lo Caf­farra, Vel­asio De Pao­lis, Ger­hard Mül­ler und Bur­ke selbst. Das Buch erscheint gleich­zei­tig in meh­re­ren Spra­chen, die deut­sche Aus­ga­be beim Ech­ter Verlag.

Das Buch der fünf Kardinäle

Alle Autoren ver­tei­di­gen auf hohem Niveau die katho­li­sche Ehe- und Fami­li­en­leh­re gegen die The­se, die Kar­di­nal Wal­ter Kas­per beim Kon­si­sto­ri­um im Febru­ar 2014 vor­brach­te, den „wie­der­ver­hei­ra­te­ten“ Geschie­de­nen kön­ne unter bestimm­ten Bedin­gun­gen die Zulas­sung zu den Sakra­men­ten gewährt wer­den. Der Augu­sti­ner­pa­ter Robert Doda­ro OSA, Her­aus­ge­ber des Sam­mel­ban­des, brach­te es so auf den Punkt: „Die ‚barm­her­zi­ge‘ Lösung, die Kar­di­nal Kas­per ver­tritt, ist in der frü­hen Kir­che nicht unbe­kannt, doch kein aner­kann­ter Kir­chen­mann oder Theo­lo­ge ver­tei­digt sie. Im Gegen­teil: Wenn sie Erwäh­nung fin­det dann, um sie zu ver­ur­tei­len, weil sie im Wider­spruch zur Hei­li­gen Schrift steht.“ Die Zulas­sung zur Eucha­ri­stie für „wie­der­ver­hei­ra­te­te“ Geschie­de­ne sei daher unmög­lich, außer das Paar wür­de sich in Ent­halt­sam­keit üben. So könn­te man die Haupt­the­se des Buches zusam­men­fas­sen, das in sei­ner ita­lie­ni­schen Aus­ga­be vom Ver­lag Can­tag­al­li her­aus­ge­ge­ben wurde

Das Buch erreg­te sofort hef­ti­gen Wider­spruch, wuß­ten die Ver­tre­ter der Kas­per-The­se nun doch, daß die „neue Barm­her­zig­keit“ bei der Bischofs­syn­ode nicht mit einem unge­hin­der­ten Durch­marsch rech­nen konn­te. The­se und Gegen­the­se gehö­ren zum Dis­kurs dazu und sind soweit nichts Außer­ge­wöhn­li­ches. Vor kur­zem aber schoß der Lei­ter der pro­gres­si­sti­schen Schu­le von Bolo­gna, Alber­to Mel­lo­ni in der Zei­tung Cor­rie­re Fio­ren­ti­no einen Pfeil ab. Er tat es mit­ten in einer Buch­be­spre­chung zu einem ganz ande­ren von Can­tag­al­li ver­leg­ten Buch.

Mellonis Pfeil: „Komplott gegen den Papst“

Mel­lo­nis Pfeil gilt dem Ver­lags­haus, das sich als Ope­ra­ti­ons­ba­sis für den Ver­such einer regel­rech­ten Kar­di­nals­op­po­si­ti­on her­ge­ge­ben habe. Wört­lich schrieb der lin­ke Histo­ri­ker: „Das Ver­lags­haus hat­te mit der Rücken­deckung von Kar­di­nal Mül­ler, Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, ver­sucht, in guter oder böser Absicht weiß nur Gott allein (…), ein Kom­plott gegen den Papst und gegen die Syn­ode anzu­zet­teln, um weni­ge Stun­den vor des­sen Beginn zu sagen, daß man über die Din­ge, über die Fran­zis­kus dis­ku­tie­ren woll­te, nicht zu dis­ku­tie­ren hätte.“

Kurz­um: Laut Mel­lo­ni, Kar­di­nal Tagles Chef, als die­ser an der Schu­le von Bolo­gna mit­wirk­te, haben sich also fünf Kar­di­nä­le unter der Füh­rung von Glau­bens­prä­fekt Kar­di­nal Mül­ler zusam­men­ge­schlos­sen, um gegen den Papst zu „kom­plot­tie­ren“ und dafür das Ver­lags­haus als Ope­ra­ti­ons­ba­sis ver­wen­det. Star­ker Tobak, wenn man bedenkt, daß das Buch nicht nur in Ita­li­en, son­dern in fünf Spra­chen und fünf Ver­la­gen gleich­zei­tig erschie­nen ist. Star­ker Tobak auch, wenn man den Ablauf der Bischofs­syn­ode kennt, wo die genann­ten Kar­di­nä­le offen ihre Posi­ti­on ver­tei­digt haben und wenn schon jemand ande­rer mit getürk­ten Kar­ten gespielt hat. Als „Ent­hül­lung“ fin­ste­rer Plä­ne taugt Mel­lo­nis Pfeil nicht, das muß auch klar gewe­sen sein. Wor­um geht es dann?

Kardinal Kasper: „Habe in dieser Sache nichts von mir aus getan“

Das Buch, das zum Ver­kaufs­er­folg wur­de, lie­fert einen ent­schei­den­den Bei­trag zur Syn­oden­de­bat­te. Genau das hat­te Papst Fran­zis­kus mehr­fach ein­ge­for­dert. Doch Kar­di­nal Kas­per reagier­te irri­tiert. Er fühl­te sich per­sön­lich ange­grif­fen. In Inter­views zeig­te er sich „über­rascht“ über das Buch, mit dem eine „prä­ze­denz­lo­se Situa­ti­on“ geschaf­fen wor­den sei. Kurz­um, was die fünf Kar­di­nä­le gewagt hat­ten, sei uner­hört. Zudem beeil­te sich der deut­sche Kar­di­nal zu beto­nen, alles mit dem Papst abge­spro­chen zu haben.

Das aller­dings war wirk­lich eine Ent­hül­lung. Bis dahin hieß es offi­zi­ell, Papst Fran­zis­kus wün­sche eine ehr­li­che Dis­kus­si­on, äuße­re sich aber nicht in der Sache. So konn­te behaup­tet wer­den, man wis­se nicht, wel­che Posi­ti­on der Papst zur Kas­per-The­se ein­neh­me. Nun aber erklär­te Kas­per sie­ben Mona­te nach dem Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um, daß alles mit Fran­zis­kus abge­spro­chen und der Papst mit allem „ein­ver­stan­den war. Sie [die fünf Kar­di­nä­le] wis­sen, daß ich die­se Sachen nicht von mir aus getan habe. Ich habe es mit dem Papst ver­ein­bart. Ich habe zwei­mal mit ihm gespro­chen. Er zeig­te sich zufrieden.“

Auf­merk­sa­men Beob­ach­tern konn­te in der Tat nicht ent­ge­hen, daß Papst Fran­zis­kus durch eine gan­ze Rei­he von Gesten und Wor­ten eine auf­fal­len­de Nähe zu Kas­per und des­sen The­se such­te. Die Ent­hül­lung Kas­pers lie­fer­te die Bestätigung.

Kardinal De Paolis: „Ich will die Freiheit haben, zu sagen, was ich denke“

Das war um so inter­es­san­ter als die fünf Kar­di­nä­le mit ihren Auf­sät­zen kei­nes­wegs den Papst kri­ti­sier­ten, son­dern auf hohem Niveau ihre Argu­men­te für eine Ver­tei­di­gung des Ehe­sa­kra­ments vor­brach­ten. Kar­di­nal De Pao­lis prä­zi­sier­te es in einem Inter­view der Tages­zei­tung La Repubbli­ca: „Kei­ne Ope­ra­ti­on. Wir woll­ten unse­ren Bei­trag zur Dis­kus­si­on lei­sten, indem wir unse­re Mei­nung gesagt haben.“ Zudem kön­ne von „prä­ze­denz­los“ kei­ne Rede sein, da die Posi­tio­nen bereits mehr­fach zuvor in ande­rem Rah­men und bei ande­rer Gele­gen­heit vor­ge­bracht und auch publi­ziert wor­den waren.

Mel­lo­nis Pfeil erin­nert an die Metho­de, mit der im Ost­block Anders­den­ken­de der „anti­so­wje­ti­schen Agi­ta­ti­on“ bezich­tigt wur­den. „Ich will die Frei­heit haben, zu sagen, was ich den­ke, ohne dafür als Ver­schwö­rer beschul­digt zu wer­den“, repli­zier­te Kar­di­nal De Vel­asio in sei­nem Inter­view. In der Tat scheint das für man­che nicht selbst­ver­ständ­lich zu sein.

Auch der Ver­le­ger Can­tag­al­li muß das Recht haben, sei­ne Arbeit tun zu kön­nen, ohne kryp­ti­sche Bot­schaf­ten von Mel­lo­ni zu erhal­ten. So unsin­nig es ist, von Kom­plott zu spre­chen, so wahr ist es auch, daß es erheb­li­che Ver­su­che gab, Druck auf den Ver­lag aus­zu­üben, das Buch nicht her­aus­zu­brin­gen. Das zum The­ma ehr­li­cher Dia­log: „Sprecht mit Frei­mut“ (Papst Fran­zis­kus). Mel­lo­nis Pfeil bestä­tigt auch fünf Mona­te spä­ter, daß es wich­ti­ge Leu­te gibt, laut denen die­ses Buch nicht erschei­nen hät­te sol­len. „Ver­stan­den Roger Rab­bit?“, fragt Loren­zo Ber­toc­chi. „Frei­mü­ti­ger“ Dia­log? Natür­lich, aber bit­te nur einstimmig.

Text: NBQ/​Giuseppe Nardi
Bild: NBQ

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