Houellebecq und Chesterton über die Islamisierung Europas und das Versagen der Obrigkeit


G.K. Chesterton veröffentlichte bereits 100 Jahre vor Michel Houellebecq einen Roman über die islamische Herrschaft und den Freiheitskampf gegen diese Herrschaft
G.K. Chesterton veröffentlichte bereits 100 Jahre vor Michel Houellebecq einen Roman über die islamische Herrschaft und den Freiheitskampf gegen diese Herrschaft

(Paris) „Unter­wer­fung“ von Michel Hou­el­le­becq ist das Buch des Jah­res. In Frank­reich wur­de der Roman nach dem isla­mi­sti­schen Atten­tat von Paris schnell aus dem Buch­han­del zurück­ge­zo­gen. Man wol­le nicht „pro­vo­zie­ren“, hieß es. Die „Sicher­heit“ der Men­schen ste­he auf dem Spiel. Die Begrün­dung klingt ver­traut, wur­de doch gewis­ser­ma­ßen als Fol­ge des Atten­tats inzwi­schen auch der für heu­te ange­setz­te Abend­spa­zier­gang von Pegi­da in Dres­den abge­sagt. Die Unter­schei­dung, ob es sich um eine „frei­wil­li­ge“ Absa­ge wegen Mord­dro­hun­gen gegen den Ver­an­stal­ter han­delt, oder um eine fak­ti­sche Unter­sa­gung durch die staat­li­che Auto­ri­tät, der die abend­li­chen Bür­ger­spa­zier­gän­ge längst ein Dorn im Auge waren, fällt schwer.

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Isla­mi­sten mor­den mit­ten in Paris. Die Fol­gen aber sind poli­zei­staat­li­che Ein­grif­fe und vor­aus­ei­len­de „Unter­wer­fung“ durch Ein­schrän­kung der Mei­nungs- und Ver­samm­lungs­frei­heit in Euro­pa? Dem Ver­kauf des Buches tut das kei­nen Abbruch. Im Gegen­teil. Wie es mit der Pegi­da wei­ter­geht, wird sich erst zeigen.

Hundert Jahre vor Michel Houellebecq

„Unter­wer­fung“ von Hou­el­le­becq erzählt die Geschich­te einer isla­mi­schen Macht­über­nah­me in Frank­reich. Durch das Atten­tat von Paris bekam der Roman schau­ri­ge Aktua­li­tät. Hou­el­le­becq, der eigent­lich über die Poe­sie zur Pro­sa kam und heu­te einer der bekann­te­sten fran­zö­si­schen Schrift­stel­ler ist, war aber nicht der erste, der ein sol­ches Zukunfts­sze­na­rio skiz­zier­te. Weni­ger beach­tet, aber schon hun­dert Jah­re vor dem Fran­zo­sen, wur­de die Unter­wer­fung Groß­bri­tan­ni­ens unter die isla­mi­sche Herr­schaft geschil­dert. Eine Unter­wer­fung, die erst mit Hil­fe und Zustim­mung der Mäch­ti­gen der dama­li­gen Zeit mög­lich wurde.

Michel Michel Houellebecq: Unterwerfung
Michel Hou­el­le­becq: Unterwerfung

1914 brach­te der 40jährige G.K. Che­ster­ton die Mos­lem­herr­schaft an der Them­se mit dem Roman „The Fly­ing Inn“ (Das flie­gen­de Wirts­haus) zu Papier. Er schil­dert die Situa­ti­on nach einem Krieg zwi­schen Abend- und Mor­gen­land. Der scharf­sin­ni­ge Che­ster­ton klei­det die Hand­lung in eine lusti­ge Sati­re über ver­meint­li­chen reli­giö­sen Fort­schritt und das angeb­lich erstre­bens­wer­te Ziel fort­schritt­li­cher Religionen.

Die inter­na­tio­na­le Diplo­ma­tie, wor­in der Westen Mei­ster ist, bemüht sich im Roman um Frie­dens­ab­kom­men. Für Euro­pa wer­den die Ver­hand­lun­gen den bei­den füh­ren­den Natio­nen Eng­land und Deutsch­land anvertraut.

Der exzen­tri­sche Lord Ivy­wood hält im Namen Eng­lands fol­gen­de Frie­dens­an­spra­che: „Die unse­re ist eine Zeit, in der die Men­schen immer stär­ker zur Über­zeu­gung gelan­gen, daß alle reli­giö­sen Glau­bens­be­kennt­nis­se unter­ein­an­der ein Geheim­nis bewah­ren. Wenn es stimmt – und ich appel­lie­re noch ein­mal an die Nach­sicht von Omar Pascha [Lei­ter der isla­mi­schen Ver­hand­lungs­de­le­ga­ti­on] und sage, daß es mei­nes Erach­tens stimmt – wenn es also stimmt, daß wir, der Westen, dem Islam das eine oder ande­re Licht gege­ben haben, indem wir ihn den Frie­den und die zivi­le Ord­nung schät­zen haben las­sen, kön­nen wir dann nicht viel­leicht auch sagen, daß der Islam sei­ner­seits uns in tau­send Din­gen den Frie­den geben wird und uns ermu­ti­gen wird, jenen Fluch zu unter­drücken, der so sehr dazu bei­getra­gen hat, die Tugen­den der west­li­chen Chri­sten­heit zu schä­di­gen und zu verwirren?“

„Ich habe etwas gesehen, das schlimmer ist als der Krieg …“

Unter den Teil­neh­mern der Frie­dens­ver­hand­lun­gen befin­det sich auch Patrick Dal­roy, ein uner­schrocke­ner Ire, der mit einer klei­nen Schar ent­schlos­se­ner Män­ner Euro­pa im Krieg ver­tei­digt hat­te. Als er die Wor­te von Lord Ivy­wood hört, ist sei­ne Reak­ti­on: „Ich wer­de jetzt gehen. Heu­te habe ich etwas gese­hen, das schlim­mer ist als der Krieg: sein Name ist Frieden.“

G.K. Chesterton: Das fliegende Wirtshaus (Ausgabe 1949)
G.K. Che­ster­ton: Das flie­gen­de Wirts­haus (Aus­ga­be 1949)

Der Roman schil­dert dann den Kampf Dal­roys und des Wirts Hum­phrey Pump für die Befrei­ung Eng­lands von der isla­mi­schen Herr­schaft. Eine Revo­lu­ti­on, die kei­nes­wegs gewalt­tä­tig ist, son­dern unter ande­rem dar­in besteht, den Men­schen Rum und Käse zu brin­gen, weil die neu­en Macht­ha­ber mit einem Gesetz ein Wirts­haus­ver­bot erlas­sen haben.

Es gibt einen Frie­den, der ist schlim­mer als Krieg, läßt Che­ster­ton Dal­roy sagen. Es gibt einen Frie­den, der tötet. Der Unter­schied ist, daß der Frie­den lei­se tötet. Dazu gehört die Aus­brei­tung einer unbe­stimm­ten Uni­for­mi­tät, einer amor­phen Form von Tole­ranz, in der alles akzep­tiert und allem Ver­ständ­nis ent­ge­gen­ge­bracht wird. Das aber erle­ben wir in unse­ren Tagen. Unter­schie­de wer­den geleug­net oder ein­ge­eb­net, das Geschlecht wird neu­tra­li­siert, die Sexua­li­tät libe­ra­li­siert, die Reli­gio­nen wer­den in einem gro­ßen Kes­sel zusam­men­ge­rührt und ozea­ni­sche Men­schen­mas­sen wer­den mit ein­heit­lich erho­be­nem Blei­stift ins Bild gesetzt. Wie weit ist es von Che­ster­tons ima­gi­nä­rer Roman­si­tua­ti­on und unse­rer Aktua­li­tät? Männ­li­che und weib­li­che Lord Ivy­woods reden täg­lich die Not­wen­dig­keit eines Frie­dens ein, der schlim­mer als der Krieg ist, von dem Dal­roy spricht.

„Der wahre Soldat“ kämpft, weil er das Seine liebt

Dal­roys Krieg hin­ge­gen ist nicht gewalt­tä­tig. Er ergreift die Waf­fen, wenn es dar­um geht, zu ver­tei­di­gen, denn Che­ster­ton schil­dert über­zeugt, daß „der wah­re Sol­dat kämpft, weil er liebt, was er in sei­nem Rücken hat und nicht weil er haßt, was ihm gegen­über­steht“. Wenn es zum Angriff geht, setzt Dal­roy Rum und Käse ein. Er setzt die Wirts­haus­me­tho­de ein, die der eigent­li­che Ort der Demo­kra­tie ist, wo die Män­ner die ern­sten Din­ge beim Essen und Trin­ken dis­ku­tie­ren. Eine Schreckens­vor­stel­lung für Puri­ta­ner und Berufs­po­li­ti­ker, die den Demos kana­li­sie­ren, insti­tu­tio­na­li­sie­ren und damit ent­mach­ten. Die abschät­zi­ge Chif­fre „Stamm­tisch“ ist eine obrig­keit­li­che Pro­pa­gan­da­list pro­fes­sio­nel­ler Macht­ha­ber in einer „par­la­men­ta­risch“ defor­mier­ten Demo­kra­tie. Defor­miert, weil die Gewal­ten­tei­lung vor allem auf dem Papier funk­tio­niert, die vier­te Gewalt der Medi­en unge­nannt bleibt und sich schließ­lich Demo­kra­tie auf Olig­ar­chie reimt.

Die Wirtshausdemokratie und das leere Bild

Che­ster­ton skiz­ziert die­se Wirts­haus­de­mo­kra­tie als ein­zi­ge ernst­haf­te Metho­de über wich­ti­ge Din­ge zu dis­ku­tie­ren, da sie berück­sich­tigt, daß die Men­schen Krea­tu­ren sind, die Hun­ger und Durst haben, was schlicht­weg rea­li­sti­scher ist. Dal­roy ist ein „umge­kehr­ter“ Ter­ro­rist. Er unter­nimmt geziel­te Angrif­fe, um die ein­ge­schla­fe­ne Mensch­lich­keit in den Leu­ten wie­der aufzuwecken.

Der Maler, der in der Natur vor einem Baum steht und die­sen malen möch­te, füllt die Lein­wand durch immer neue Stri­che, setzt unter­schied­li­che Far­ben und Farb­tö­ne ein, und je mehr er sich mit ihm befaßt, desto stär­ker tre­ten Unter­schie­de zwi­schen den vie­len Ver­äste­lun­gen die­ses Bau­mes auf, die er Schritt für Schritt schafft. Die vage Aus­gangs­idee wird immer kon­kre­ter, immer aus­ge­präg­ter, immer fein­glied­ri­ger und dif­fe­ren­zier­ter. Das Ein­heits­den­ken, das sich immer wei­ter aus­brei­tet, möch­te dem Künst­ler jedoch nahe­le­gen, daß es eigent­lich bes­ser sei, wenn er sei­ne Lein­wand gleich weiß las­se – um den Baum wirk­lich zu respek­tie­ren. Man weiß nicht mehr recht wie es dazu gekom­men ist, doch scheint es heu­te die beste Art, um zu „ver­ste­hen“ und „ver­ständ­nis­voll“ zu sein, zu schweigen.

Che­ster­ton war nicht auf­dring­lich, aber er war mit Sicher­heit kei­ner, der schwieg. Was das Bewußt­sein angeht, war er jedoch wie der Maler, der die Rea­li­tät in ihren Ver­äste­lun­gen nach­zeich­net und nicht der lee­ren Lein­wand hul­digt oder gar ein Trug­bild malt. Che­ster­ton wört­lich: „Mei­ne The­se ist, daß die gesam­te Hoff­nung, und die ein­zi­ge mög­li­che Hoff­nung, nicht dar­in besteht, zwei Din­ge mit­ein­an­der zu ver­mi­schen, son­dern viel­mehr sie so gründ­lich als mög­lich zu tren­nen. Das ist die ein­zi­ge Art, die es mög­lich macht, daß es zwei Din­gen gelingt, indem das eine außer­halb der Reich­wei­te des ande­ren liegt, sich ver­nünf­ti­ger­wei­se gegen­sei­tig zu schät­zen und zu bewun­dern. Solan­ge zwei Din­ge ver­schie­den sind, man aber annimmt, sie sei­en gleich, kann das nur einen gespal­te­nen Ver­stand und ein tau­meln­des Gleich­ge­wicht ergeben.“

Chestertons Analyse des Islams – Drang zur Apokalypse

Die klei­ne Prä­mis­se ist not­wen­dig, wenn man Che­ster­tons Hal­tung gegen­über dem Islam ver­ste­hen will, anstatt sie vor­ei­lig als Ein­sei­tig­keit abzu­tun, wie wir es heu­te gewohnt sind im Umgang mit poli­tisch nicht kor­rek­ten Themen.

G.K. Chesterton schrieb 100 Jahre vor Michel Houellebecq einen Roman über die islamische Herrschaft in Großbritannien und den Kampf um Befreiung davon
G.K. Che­ster­ton wie Michel Hou­el­le­becq einen Roman über die isla­mi­sche Herr­schaft und den Frei­heits­kampf dagegen

1917 ver­öf­fent­lich­te Che­ster­ton einen Auf­satz über Lord Kit­che­ner, jenen bri­ti­schen Gene­ral, der im Buren­krieg sieg­reich war und bereits 1898 im Sudan gegen die Trup­pen des Mah­di kämpf­te, wo ein isla­mi­scher Staat aus­ge­ru­fen wor­den war. Auch dies­be­züg­lich also nichts Neu­es unter der Son­ne. 1880 rief sich ein gewis­ser Muham­mad Ahmad zum Mah­di (der von Allah recht Gelei­te­te) aus und führ­te eine Revol­te gegen die bri­tisch-ägyp­ti­sche Herr­schaft im Sudan an. 1884 bela­ger­te er die bri­ti­schen Streit­kräf­te in Khar­tum und zwang sie am 26. Janu­ar 1885 zur Kapi­tu­la­ti­on. Das Ereig­nis wird im gleich­na­mi­gen Film (Khar­tum – Der Auf­stand am Nil) von Lau­rence Oli­vi­er und Charl­ton Heston dar­ge­stellt. Muham­mad Ahmad starb an Typhus, nach­dem er den isla­mi­schen Staat aus­ge­ru­fen hat­te. Sei­ne Anhän­ger, die Mah­di­sten, ange­führt von sei­nem Chul­a­fa (Kalif) genann­ten Nach­fol­ger, wur­den am 24. Novem­ber 1898 besiegt. Die­sen Sieg kom­men­tier­te Che­ster­ton auf eine Wei­se, die auch auf unse­re aktu­el­le Situa­ti­on gemünzt scheint:

„Es gibt im Islam ein Para­dox, das viel­leicht eine stän­di­ge Bedro­hung dar­stellt. Die­ser gro­ße in der Wüste gebo­re­ne Glau­ben bringt sei­ne Ekta­se gera­de aus der Trost­lo­sig­keit sei­nes Lan­des her­vor, und man könn­te auch sagen aus der Ein­sam­keit sei­ner Theo­lo­gie. Die­se besagt etwas, und das mit nicht gerin­ger Erha­ben­heit, was nicht so sehr die Ein­zig­ar­tig­keit Got­tes meint, son­dern sei­ne Ein­sam­keit. Extrem ver­ein­fa­chend gesagt, ist die­ser Glau­be in allem der ein­sa­men Gestalt des Pro­phe­ten Moham­med ähn­lich. Und doch bricht die­se Iso­la­ti­on stän­dig in sei­nem genau­en Gegen­teil her­vor. Im Her­zen des Islams ist eine Lee­re, die wie­der und immer wie­der neu durch die stän­di­ge Wie­der­ho­lung jener Revo­lu­ti­on gefüllt wer­den muß, die ihn her­vor­ge­bracht hat.

Es gibt kei­ne Sakra­men­te. Das ein­zi­ge, was gesche­hen kann, ist eine Art von Apo­ka­lyp­se, ein­zig wie das Ende der Welt. Dar­aus folgt, daß man nichts ande­res tun kann, als immer neu die­se Apo­ka­lyp­se her­bei­füh­ren zu wol­len, damit die Welt ver­geht, wie­der und wie­der. Es gibt kei­ne Prie­ster, doch die­se Gleich­heit kann nur eine Viel­zahl anar­chi­scher Pro­phe­ten, so zahl­reich wie die Prie­ster her­vor­brin­gen. Gera­de die­ses Dog­ma, das besagt, daß es nur einen Moham­med gibt, erzeugt eine unend­li­che Ket­te von Moham­meds. Unter die­sen sind die mäch­tig­sten unse­rer Tage ein Mann namens Ahmad, des­sen berühm­te­ster Titel der des Mah­di ist, und sein viel grau­sa­me­rer Nach­fol­ger Abdul­lah, all­ge­mein bekannt als Kalif. Die­sen gro­ßen Fana­ti­kern, oder gro­ßen Erzeu­gern von Fana­tis­mus, ist es gelun­gen, ihren Mili­ta­ris­mus fast so berühmt und her­vor­ra­gend zu machen wie das Osma­ni­sche Reich, an des­sen Gren­zen sie ste­hen, und ein Reich des Ter­rors auf­zu­rich­ten und aus­zu­deh­nen, wie man es nur sel­ten zu orga­ni­sie­ren weiß, außer mit Hil­fe der Zivilisation.“

Die Ivywoods unter uns

Es ist letzt­lich ein ziem­lich genau­es Abbild des­sen, was wir heu­te erle­ben: einen fana­ti­schen Mili­ta­ris­mus, der von angeb­li­chen Pro­phe­ten und Kali­fen ange­führt wird und der einen apo­ka­lyp­ti­sche Ver­nich­tungs­drang hat. Vor allem aber sagt uns Che­ster­ton, daß eine Ter­ror­herr­schaft nur sel­ten orga­ni­sier­bar ist und wenn, dann nur mit Hil­fe der Zivi­li­sa­ti­on. Und damit geht der Blick auf die zahl­rei­chen Lord Ivy­woods unse­rer Tage. Eine Lady Ivy­wood erklär­te jüngst gar, der Islam sei ein Teil Deutsch­lands, obwohl sich in der lan­gen greif­ba­ren Geschich­te des Lan­des kein Beleg für eine sol­che Behaup­tung fin­den läßt.

Es trö­stet uns natür­lich, wenn wir hören, daß gewis­se, gemä­ßig­te Ima­me den Koran zitie­ren und behaup­ten, er wür­de jeden ver­ur­tei­len, der einen ande­ren Men­schen tötet. Gleich­zei­tig sind wir irri­tiert, wenn wir hören, daß füh­ren­de Ima­me, wie jener von Lon­don, um bei Che­ster­ton zu blei­ben, den­sel­ben Koran zitie­ren und behaup­ten, er wür­de jeden zum Tode ver­ur­tei­len, der den Namen des Pro­phe­ten belei­digt. Das ist der unend­li­che Zug von Moham­meds, von dem Che­ster­ton berich­tet, und der sich nicht ändert. Dem Wesen des Islams ent­spre­chend, wie es Che­ster­ton frei­ge­legt hat, wer­den immer neue Moham­meds auf­ste­hen, um die die­ser Reli­gi­on inne­woh­nen­de Lee­re durch die ver­nich­ten­de Apo­ka­lyp­se zu füllen.

Die Beziehung zwischen Mensch und Gott

Der Kom­men­tar Che­ster­tons zeigt, daß der Islam tat­säch­lich eine Reli­gi­on ist, denn das Wort Reli­gi­on beschreibt eine unend­li­che Sehn­sucht. Sie ist der Ver­such, den gan­zen mensch­li­chen Ruf nach dem fer­nen Gott zusam­men­zu­fas­sen. Der Gegen­satz zum poly­the­isti­schen Olymp fern­öst­li­cher Spi­ri­tua­li­tät, die letzt­lich nicht als wah­re Reli­gi­on zu ver­ste­hen ist, ist offen­sicht­lich. Das gilt erst recht für den west­li­chen Rela­ti­vis­mus, der Myria­den von Göt­zen in das Vaku­um abstrakt postu­lier­ter Lee­re ein­drin­gen läßt. Im Gegen­satz dazu kon­zen­triert sich Reli­gi­on erst im Mono­the­is­mus, in der Sehn­sucht nach dem einen Gott. Es geht um die Begeg­nung zwi­schen Mensch und Gott. Che­ster­ton zeigt kein Ver­ständ­nis für den Islam und sein apo­ka­lyp­ti­sches Han­deln, aber er weiß ihn zu erklä­ren und zu deu­ten. Eine Deu­tungs­fä­hig­keit, die selbst pro­fes­sio­nel­len Islam­ex­per­ten heu­te oft abgeht. Che­ster­ton erkennt in den erup­ti­ons­ar­ti­gen islam­im­ma­nen­ten Gewalt­ex­zes­sen den Ver­such, den Abstand in der Bezie­hung zwi­schen Mensch und Gott zu überwinden.

Der Blindflug der aufgeklärten Ideologen

Dar­aus ergibt sich, wie falsch der Ver­such auf­ge­klär­ter Ideo­lo­gen unse­rer Tage ist, die das Phä­no­men Islam damit ein­he­gen möch­ten, indem sie jede Reli­gi­on mar­gi­na­li­sie­ren wol­len und sich auch gegen das Chri­sten­tum stel­len. Die Ant­wort auf die Sehn­sucht, die den Islam her­vor­ge­bracht hat und antreibt, kann jedoch nicht die ste­ri­le Auf­klä­rung sein, der jede Attrak­ti­vi­tät abgeht, son­dern letzt­lich nur das Chri­sten­tum. Die west­li­chen Ideo­lo­gen bekämp­fen das ein­zi­ge Instru­ment, das den Islam wirk­lich über­win­den kann, weil es sei­nen Motor nicht zu ersticken ver­sucht, was ohne­hin sinn­los wäre, son­dern ihn – obwohl das genaue Gegen­teil des Islams – in die rich­ti­gen Bah­nen lenkt, zu Chri­stus. Das ist der kate­go­ri­schen Reli­gi­ons­skep­sis natür­lich ein Greu­el, ändert aber nichts an der Realität.

Im Gegen­satz zum Islam, der aus einer irdi­schen Revo­lu­ti­on ent­stand, fand die „Revo­lu­ti­on“ des Chri­sten­tums im Him­mel statt. Die Fer­ne zwi­schen dem Men­schen und Gott wur­de, wie das Evan­ge­li­um lehrt, besiegt, indem Gott sei­nen Sohn auf die Erde sand­te unter die Men­schen, der selbst Mensch wur­de. Das bekennt das Chri­sten­tum und ist damit sogar mehr als Reli­gi­on, da es direk­te Erfah­rung der gött­li­chen Mani­fe­sta­ti­on in der mate­ri­el­len Welt ist. Gott selbst leb­te mehr als 30 Jah­re auf Erden mit­ten unter den Men­schen. Abge­se­hen davon, wie Che­ster­ton betont, ist der christ­li­che Gott eine Drei­ei­nig­keit und damit nicht tota­le Ein­sam­keit, wie ihn der Islam behaup­tet. Der christ­li­che Gott ist weder ein ein­sa­mer, noch ein fer­ner Gott. Er ist Mensch gewor­den, hat unter uns gelebt und ist unter uns geblie­ben, indem er uns die Sakra­men­te hin­ter­las­sen hat, um uns auf jedem Schritt unse­res irdi­schen Lebens zu führen.

Wie behaup­ten in die­sen Tagen doch „auf­ge­klär­te“ Ideo­lo­gen wie Cor­ra­do Augi­as: die tra­gen­den Säu­len Euro­pas sei­en die pro­te­stan­ti­sche Refor­ma­ti­on und die Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on. Doch, Hand aufs Herz, wann je hat irgend etwas Tra­gen­des mit einem Pro­test oder einer Revo­lu­ti­on begon­nen? Das setzt alle­mal schon Bestehen­des vor­aus. Die Behaup­tung spie­gelt viel­mehr das ver­wirr­te Stam­meln und die Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit ange­sichts einer Ent­wick­lung wider, die wir nicht wol­len, auf die wir aber nicht zu ant­wor­ten wis­sen, weil uns ideo­lo­gi­sche Scheu­klap­pen das Den­ken ver­hin­dern. So ver­sucht der Westen auf den isla­mi­schen Ter­ror mit einer wei­te­ren Zurück­drän­gung des Chri­sten­tums zu reagie­ren, indem er sich der zen­tra­len, wirk­lich tra­gen­den Säu­le beraubt, die ihn zum erfolg­rei­chen Wider­stand befä­higt. Damit beschleu­nigt der Westen die eige­ne Kapi­tu­la­ti­on und för­dert die Isla­mi­sie­rung Euro­pas. Das schil­dert Michel Hou­el­le­becq heu­te und das schil­der­te bereits hun­dert Jah­re vor ihm G.K. Chesterton.

Bei­de Roma­ne sind 2015 zur Lek­tü­re emp­foh­len. Che­ster­tons Roman „Das flie­gen­de Wirts­haus“ wur­de zwi­schen 1922 und 1976 in meh­re­ren Aus­ga­ben in deut­scher Spra­che vor­ge­legt, ist im Han­del aber nur mehr anti­qua­risch zu erhal­ten. Eine Neu­auf­la­ge oder auch Neu­aus­ga­be wäre drin­gend gebo­ten. Bis dahin lohnt die Suche nach einem Exem­plar einer der ver­grif­fe­nen Ausgaben.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Conciliovaticanosecondo/​Verlage

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5 Kommentare

  1. Einer der besten Arti­kel die ich bis­her zu dem The­ma gele­sen habe – vie­len Dank Herr Nardi!

    • Dem kann ich mich nur anschlie­ßen, sehr auf­schluß­reich. Sol­che Autoren brau­chen wir und kei­ne Beschö­ni­ger, die wie­der in Mas­sen in Erschei­nung getre­ten sind ein­schließ­lich der bun­des­deut­schen poli­ti­schen Klasse.

  2. Habe das Buch von Che­ster­ton gera­de bestellt. Ueber ama​zon​.de sind noch 8 Exem­pla­re anti­qua­risch und sehr preis­wert erhaelt­lich (ich habe 5 Cent fuer das Buch bezahlt bei 3 Euro Versandkosten ;-))

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