Auf der Rückseite des Buchumschlags heißt es: „Haben auch Sie das Gefühl, häufig manipuliert und von den Medien belogen zu werden? Dann geht es Ihnen wie der Mehrheit der Deutschen. Bislang galt es als ‚Verschwörungstheorie‘, dass Leitmedien uns Bürger mit Propagandatechniken gezielt manipulieren. Jetzt enthüllt ein Insider, was wirklich hinter den Kulissen passiert.“ Dieser Insider ist Udo Ulfkotte, und „Gekaufte Journalisten. Wie Politiker, Geheimdienste und Hochfinanz Deutschlands Massenmedien lenken“ ist der Titel seines vor wenigen Monaten im Kopp Verlag erschienenen Buches, das bereits in mehreren Auflagen gedruckt wurde.
In weiten Teilen bleibt Ulfkotte in „Gekaufte Journalisten“ ziemlich subjektiv, schildert er doch seine eigenen Erfahrungen, die er insbesondere in 17 Jahren als Redakteur bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) machte. Doch gerade auch vor dem Hintergrund jener Plaudereien aus dem Nähkästchen lohnt sich das Lesen des Buches. Und Ulfkotte ist dafür zu loben, dass er nicht einfach mit dem Finger auf andere zeigt, sondern zunächst an sich selbst Kritik übt. So beschreibt er beispielsweise verschiedene Fälle, in denen er faktisch geschmiert wurde – nicht durch das Überreichen von Briefumschlägen mit Bargeld in irgendwelchen dunklen Gassen, sondern viel subtiler, etwa durch die Finanzierung von Reisen mit der unausgesprochenen Erwartung wohlwollender Berichterstattung im Gegenzug.
Subtile Beeinflussung von Journalisten
Einen dieser Fälle schildert Ulfkotte über mehrere Seiten besonders ausführlich, nämlich seine Luxusreise nach Oman, welche von Sultan Qabus finanziert wurde, der dort seit 1970 als Diktator regiert. „Ein durchschnittlicher Leser wird jetzt erst einmal einen völlig falschen Eindruck bekommen. Er wird denken: Aha, da bezahlt ein Mensch einem Reporter eine Reise. Das wäre allerdings in Hinblick auf das erwähnte Land Oman, welches wir hier stellvertretend für andere nehmen, eine kaum noch zu unterbietende Untertreibung. Die Realität: Bei den Einladungen aus Oman reiste man als vermeintlicher FAZ-VIP auf Kosten des Staatschefs in der Business- oder First-Class an. Am Flughafen wartete des Sultans Personal, welches den Gast – einen einfachen Journalisten – extrem unauffällig und zügig durch die Kontrollen schleuste, vorbei an den ‚Normalsterblichen‘. Spätestens da fühlte man sich nicht mehr als einfacher Journalist, sondern rundum als VIP und irgendwie extrem wichtig.“
Wenige Seiten später erfahren die Leser das Ergebnis derartiger Reisen: „Man stelle sich einen jungen Mann vor aus ärmerem Elternhaus, der sich, weil der Vater früh verstorben war, alles hart hatte erarbeiten müssen. Zeitungen austragen, auf dem Bau arbeiten, am Fließband stehen – nur um studieren zu können und eine gute berufliche Perspektive zu haben. Und dann der Jackpot. Zum Nulltarif. Ohne Einsatz. Halt, ohne Einsatz? Man musste nur ausblenden, was man nicht sehen wollte. Hofberichterstattung war der Preis für den Jackpot.“ Man muss darauf hinweisen, dass ganz offensichtlich niemand zu positiven Berichten gezwungen wurde. Doch wenn man tagelang im Luxus schwelgt, so ist es kaum verwunderlich, den Finanzier der Reise oder der Veranstaltung nicht mehr ganz neutral zu beurteilen.
Undurchsichtige Netzwerke
Ein zweiter Themenkomplex ist, wie der Untertitel von „Gekaufte Journalisten“ bereits andeutet, die Aufdeckung obskurer Netzwerke, Beziehungen und Verflechtungen von Journalisten, Lobbyisten und Politik. Einigermaßen bekannt dürfte etwa sein, dass Helmut Kohl, 16 Jahre lang Bundeskanzler, Trauzeuge bei der Hochzeit von Kai Diekmann, Chefredakteur der in Deutschland auflagenstärksten Tageszeitung „Bild“, war. 2008 revanchierte sich Diekmann, indem er dieselbe Aufgabe bei Kohls zweiter Eheschließung (seine erste Frau beging 2001 Selbstmord) wahrnahm.
Weniger bekannt sind wohl Organisationen wie die Atlantik-Brücke oder die Trilaterale Kommission. Hiermit begibt sich Ulfkotte in Gefilde, in denen Verschwörungstheorien im Überfluss vorhanden sind. Zwar versucht Ulfkotte, die reinen Fakten zu schildern, doch werden mitunter Schlussfolgerungen gezogen, die detaillierterer Beweisführungen bedürften. Bloß weil Journalisten wie der bereits erwähnte Kai Diekmann, Theo Sommer (Herausgeber von „Die Zeit“), Mathias Döpfner (Vorstandsvorsitzender von „Axel Springer“), Claus Kleber (Moderator des „heute journal“ im ZDF) und Jörg Schönenborn (Fernsehdirektor des WDR) mit der Atlantik-Brücke in Kontakt stehen oder standen, heißt dies nicht zwangsläufig, dass sie die offizielle Linie der Organisation – falls es eine solche Linie überhaupt gibt – immer und notwendigerweise vertreten. Hier wirft Ulfkotte Fragen auf, die unbeantwortet oder ohne überzeugende Replik bleiben. Eine umfangreiche wissenschaftliche Analyse der Artikel oder Programme der „verdächtigen“ Journalisten wäre nötig, um hier tatsächlich fundiert argumentieren zu können. Ein diesbezügliches Beispiel bietet Uwe Krüger in seiner Dissertation „Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten – eine kritische Netzwerkanalyse“, welche von Ulfkotte häufig zitiert wird.
Fragen, aber nicht immer überzeugende Antworten
Nichtsdestotrotz sind augenscheinliche Elitenetzwerke wie die oben erwähnte Atlantik-Brücke zumindest bemerkenswert und umstritten und rufen nach einer kritischen Auseinandersetzung. Das Verdienst des Autors von „Gekaufte Journalisten“ liegt darin, seine Leser auf derartige zumindest mögliche Einflussnahmen aufmerksam zu machen. Danach ist es dem Leser selbst überlassen, welche Maßnahmen er trifft, oder ob er weiterhin an der Vorstellung festhält, dass Journalisten speziell der Leitmedien grundsätzlich eigentlich unabhängig sind.
Lassen wir Ulfkotte angesichts der Atlantik-Brücke noch einmal zu Wort kommen: „Die proamerikanische und ganz sicher nicht neutrale Organisation kriecht immer weiter vor in der medialen Berichterstattung. Nun ist ‚proamerikanisch‘ nicht unbedingt ein Schimpfwort. Aber es geht hier auch nicht um gut oder böse, sondern im Hintergrund vor allem um ein Wertesystem. […] Deutsche und Amerikaner teilen viele Werte, etwa Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit. Aber schon bei Fragen nach der Rechtsstaatlichkeit und dem Völkerrecht gibt es große Differenzen. […] Die Tatsache, dass wir keine Wertegemeinschaft mit den USA haben und ganz sicher nicht auf Augenhöhe mit Washington stehen, belegt nichts so eindeutig wie die Einschränkung unserer Freiheit durch amerikanische Spionage, welche die Privatsphäre unserer Bürger Tag für Tag missachtet. Wenn deutsche Journalisten sich also mit proamerikanischen Organisationen wie der Atlantik-Brücke gemein machen, dort auftreten oder diese gar fördern, dann stehen sie nicht mehr inmitten unseres deutschen Wertesystems. Sie werden dann mitunter zu Fürsprechern und/oder Lobbyisten eines anderen Wertesystems.“
Ausweg aus dem Einheitsbrei
Als Ausweg aus der gegenwärtigen Situation, in der er keine substanziellen Unterschiede zwischen den verschiedenen wichtigsten und einflussreichsten Medien in Deutschland sieht, empfiehlt Udo Ulfkotte in „Gekaufte Journalisten“, jene Medien nicht länger zu finanzieren. „Verweigert denen, die uns manipulieren und desinformieren, einfach Quote, Auflage und Gehör. Schaltet ab und gebt ab sofort keinen Cent mehr dafür aus. Je mehr Menschen das machen, umso größer wird der Druck.“ Allerdings ist dies spätestens bei den Zwangsabgaben für den Staatsrundfunk leichter gesagt als getan. Die Alternative zu den alteingesessenen und renommierten Medien ist für Ulfkotte das Internet: „Journalisten als Eigenmarken, die auch ohne Verlage Geld verdienen können, weil man ihnen vertraut – die haben eine Zukunft.“
Text: Katholisches.info/b360s
Bild: Kopp Verlag