Sind sie keine Menschen?


Statue des Antonio de Montesinos in Santo Domingo
Statue des Antonio de Montesinos in Santo Domingo

In der Aus­ein­an­der­set­zung um die spa­ni­sche Ame­ri­ka-Kolo­ni­sa­ti­on im 16. Jahr­hun­derts tru­gen Ordens­theo­lo­gen Ent­schei­den­des zum euro­päi­schen Dis­kurs um Men­schen­wür­de und Völ­ker­recht bei.

Anzei­ge

Ein Gast­bei­trag von Wer­ner Rothenberger

An den bei­den letz­ten Advents­sonn­ta­gen des Jah­res 1511 hielt der Domi­ni­ka­ner­bru­der Anto­nio de Mon­te­si­no eine Droh­bot­schafts­pre­digt in der Haupt­kir­che von San­to Dom­in­go, heu­te Domi­ni­ka­ni­sche Republik.

Der Pre­di­ger klag­te als „Stim­me eines Rufers in der Wüste“ die spa­ni­schen Kolo­ni­sten an, indem er ihnen ihre „Tod­sün­den an den India­nern“ vor Augen führte:
tyran­ni­sche Grau­sam­keit gegen die unschul­di­gen Indi­os, ent­setz­li­che Skla­ve­rei, bedrücken­de Unter­jo­chung, abscheu­li­che Krie­ge. „Die Indi­os ster­ben an der über­mä­ßi­gen Zwangs­ar­beit, nein, ihr tötet sie mit eurem hab­gie­ri­gen Ver­lan­gen, jeden Tag Gold zu för­dern und euch anzu­eig­nen“ – so der geist­li­che Ankläger.

Und dann die berühm­ten Sät­ze: „Sind sie kei­ne Men­schen? Haben die Indi­os kei­ne Ver­nunft und kei­ne Seele?“

Gegen alle Anfein­dun­gen und Erpres­sun­gen erreich­te der Pre­di­ger durch eine Unter­re­dung beim spa­ni­schen König Fer­di­nand erste gesetz­li­che Rege­lun­gen für huma­nen Umgang mit den Indi­os in der Neu­en Welt. Die Domi­ni­ka­ner konn­ten aber kei­ne struk­tu­rel­len Ände­run­gen an dem skla­ven­hal­te­ri­schen System der spa­ni­schen Kolo­ni­sten erwirken.

Gleich­wohl war die­se Pre­digt der Auf­takt zu einem lang andau­ern­den Kampf der Kir­chen­leu­te für Men­schen­wür­de und Gerech­tig­keit, Näch­sten­lie­be und respekt­vol­le Mis­si­on bei den Indios.

Rechtfertigung des Kolonialismus durch Humanisten

Juan Ginés de Sepulveda
Juan Ginés de Sepúlveda

Zur glei­chen Zeit erwuch­sen den kirch­li­chen Mis­si­ons­or­den in Euro­pa mäch­ti­ge ideo­lo­gi­sche Geg­ner, die die Posi­ti­on der spa­ni­schen Kolo­ni­sten unter­stütz­ten. Im Zuge der Renais­sance-Kul­tur mach­te sich ein Über­le­gen­heits­den­ken bei den dama­li­gen „Huma­ni­sten“ breit. Der in Paris leh­ren­de Ari­sto­te­li­ker schot­ti­scher Her­kunft, John Mayor (+1550) hat­te 1509 das fol­gen­de Ver­gleichs­mu­ster vorgegeben:
Die zivi­li­sier­ten Spa­ni­er hät­ten über die Indi­os das glei­che Herr­schafts­recht wie in der Anti­ke die gebil­de­ten Grie­chen über die Bar­ba­ren, da jene Völ­ker „Skla­ven von Natur aus“ sei­en. In Bezug auf die Kolo­ni­sa­ti­on der neu­en Welt war der argu­men­ta­ti­ve Rück­griff auf die anti­ken Skla­ven­hal­ter­kul­tu­ren Kern der Renais­sance als ‚Wie­der­ge­burt der Antike’.

Der spa­ni­sche Huma­nist und Phi­lo­soph Juan Ginés de Sepúl­ve­da (+ 1573) ver­tief­te die­sen angeb­lich ‚huma­ni­sti­schen’ Ansatz. Sei­ne Argu­men­ta­ti­on soll­te die Recht­fer­ti­gungs­ba­sis für den spa­ni­schen Kolo­nia­lis­mus wer­den. Sepul­ve­da führ­te vier Begrün­dun­gen für die Not­wen­dig­keit der spa­ni­schen Kolo­ni­al­herr­schaft an:

  • Die Indi­os sei­en als rohe und infe­rio­re Men­schen an die (euro­päi­sche) Zivi­li­sa­ti­on heranzuführen.
  • Der Göt­zen­dienst der Indi­os müs­se als bar­ba­ri­sche Reli­gi­on über­wun­den werden.
  • Tau­sen­de von Unschul­di­ge sei­en vor Unter­drückung und dem Men­schen­op­fer­kult zu bewahren.
  • Und schließ­lich hät­ten die Kolo­ni­sten das Recht und die Pflicht, mit der welt­li­chen Herr­schaft über die Indi­os den Boden für die Ver­kün­di­gung der christ­li­chen Heils­leh­re zu bereiten.

Die­ses Begrün­dungs­mu­ster für den spa­nisch-por­tu­gie­si­schen Kolo­nia­lis­mus aus der Mit­te des 16. Jahr­hun­derts hat­te prä­gen­de Aus­wir­kun­gen auch für die spä­te­ren Kolo­ni­al­mäch­te West- und Mit­tel­eu­ro­pas. Noch zu Ende des 19. Jahr­hun­derts recht­fer­tig­te man den euro­päi­schen Kolo­ni­al-Impe­ria­lis­mus als Recht und „Bür­de des wei­ßen Man­nes“. Ver­schie­de­ne Auf­klä­rer des 18. Jahr­hun­derts hat­ten die­sen Ansatz noch ver­schärft, indem sie die nicht-wei­ßen Völ­ker zu min­der­wer­ti­gen Skla­ven­ras­sen erklärten.

Kampf der Dominikaner für Menschenrechte der Indios

Bartolomé de Las Casas
Bar­to­lo­mé de Las Casas

Der kirch­lich-theo­lo­gi­sche Gegen­spie­ler von Sepul­ve­da war der Domi­ni­ka­ner­pa­ter Bar­tho­lo­mé de Las Casas (+1566). Er war wie sein Mit­bru­der Mon­te­si­no über mehr als 50 Jah­re ein uner­müd­li­cher Anklä­ger gegen die Ver­skla­vung, Unter­drückung und Aus­beu­tung der Indi­os durch die spa­ni­schen Kolonisten.
In der berühm­ten Dis­pu­ta­ti­on von Val­la­do­lid 1550 ent­fal­te­te der Domi­ni­ka­ner sei­ne „Apo­lo­gia“, die in einem ‚Mani­fest der Mensch­heit’ gipfelt:
Die Indi­os sei­en eben­so ver­nunft- und glau­bens­fä­hig wie die Spa­ni­er. „Alle Men­schen sind ein­an­der gleich, was ihre Schöp­fung und natür­li­che Bedin­gun­gen betrifft“, denn sie sind mit Ver­stand und frei­em Wil­len aus­ge­stat­tet. In sei­nem Testa­ment schrieb Las Casas, er habe dafür gekämpft, „die ursprüng­li­chen Frei­hei­ten der Indi­os wie­der­her­zu­stel­len, die man ihnen unrecht­mä­ßig genom­men hat“.

Die­se Gedan­ken und The­sen eines Kir­chen­manns im 16. Jahr­hun­dert soll­ten weg­wei­send wer­den für die wei­te­re Ent­fal­tung der all­ge­mei­nen Men­schen­rech­te im Euro­pa des 17. und 18. Jahrhunderts.

Zu Leb­zei­ten jedoch hat­te der Ordens­prie­ster Las Casas kei­ne Chan­ce bei der poli­ti­schen Durch­set­zung sei­ner Ideen. Er konn­te zwar mit sei­nen stän­di­gen Brie­fen und Appel­len an die spa­ni­sche Kro­ne maß­geb­lich Ein­fluß neh­men auf die ‚Neu­en Geset­ze’ von 1542, die dem Wüten der spa­ni­schen Kolo­ni­sten Gren­zen set­zen soll­ten. Aber selbst den könig­li­chen Beam­ten und Gou­ver­neu­ren gelang es nicht, die­sen neu­en Reg­lun­gen zum Schutz der Indi­os flä­chen­deckend Gel­tung zu verschaffen.

Die naturrechtlichen Grundrechte und Freiheiten der Indios

In ähn­li­chen Natur­rechts­ka­te­go­rien wie Las Casas hat­te schon der Domi­ni­ka­ner­pa­ter Fran­cis­co de Vito­ria (+1546) in sei­nen „Vor­le­sun­gen über die Indi­os“ an der Uni­ver­si­tät von Sala­man­ca 1532 argu­men­tiert: Nach der Schöp­fungs­ord­nung stän­den alle Men­schen glei­cher­ma­ßen im Sta­tus natür­li­cher Freiheiten.

De Vito­ria bekämpf­te alle Ver­su­che der spa­ni­schen Kolo­ni­sten, die natur­recht­li­chen Frei­hei­ten der Indi­os im Namen einer über­le­ge­nen euro­päi­schen Zivi­li­sa­ti­on zu ver­let­zen. Eben­falls wies er die Posi­ti­on des Huma­ni­sten Sepul­ve­da zurück, nach der die christ­li­che Reli­gi­on der Wahr­heit ein Recht auf prä­ven­ti­ve Herr­schafts­über­nah­me zwecks Erleich­te­rung der Chri­stia­ni­sie­rung habe.

Als Schü­ler des hl. Tho­mas von Aquin bekräf­tig­te der spa­ni­sche Domi­ni­ka­ner die kirch­li­che Leh­re, dass der Glau­be vom Wil­len abhängt und daher die Glau­bens­an­nah­me nur ein frei­heit­li­cher Akt ohne Zwangs­be­din­gun­gen sein kann. Posi­tiv aus­ge­drückt in den Wor­ten von Papst Paul III. von 1537: Die Indi­os und die ande­ren Völ­ker sei­en allein „durch die Ver­kün­di­gung des Wor­tes Got­tes und das Bei­spiel eines guten Lebens zum Glau­ben an Chri­stus eingeladen“.

In die­sem Sin­ne mis­sio­nier­ten Tau­sen­de von glau­bens­eif­ri­gen Ordens­leu­ten der Domi­ni­ka­ner, Fran­zis­ka­ner und spä­ter Jesui­ten in Süd- und Mit­tel­ame­ri­ka. Doch die christ­li­che Mis­si­ons­ar­beit wur­de durch die Zwangs­pra­xis der spa­ni­schen Grund­her­ren kon­ter­ka­riert. In den Schutz­ge­bie­ten – den Reduc­tionen­es – der lan­des­in­ne­ren Regio­nen Süd­ame­ri­ka dage­gen, wo man kei­ne Zugrif­fe von aus­beu­te­ri­schen Kolo­ni­sten und hab­gie­ri­gen Skla­ven­jä­gern fürch­ten muss­te, war die christ­li­che Mis­si­on im Sin­ne des Evan­ge­li­ums tief­grei­fend und fruchtbar.

Die Idee der spa­ni­schen Huma­ni­sten um Sepul­ve­da, durch poli­ti­sche Herr­schafts­über­nah­me die Chri­stia­ni­sie­rung der Indi­os vor­zu­be­rei­ten, hat­te sich als schwer­wie­gen­des Mis­si­ons­hin­der­nis erwiesen.

Kritik am feudalen Encomienda-System

Fresko von 1876 zu Las Casas im Kapitol von Washington
Fres­ko von 1876 zu Las Casas im Kapi­tol von Washington

Ein öko­no­mi­sches Hin­der­nis für alle poli­ti­schen Refor­men war das Enco­mien­das-System. Die spa­ni­sche Kro­ne hat­te seit Beginn der Kolo­ni­sie­rung den Sied­lern gro­ße Gebie­te samt Ein­woh­nern über­tra­gen, die sie nach feu­da­len Prin­zi­pi­en ver­wal­ten sollten:Die Grund­her­ren über­nah­men die Pflicht zur Für­sor­ge der Gebiets­un­ter­ta­nen, dafür konn­ten sie von den Indio-Gemein­den Arbeits­lei­stun­gen for­dern und auch erzwin­gen. For­mal waren die Indi­os ‚Höri­ge’ oder Leib­eig­ne der Grund­her­ren, fak­tisch lief das Enco­mien­da-System auf Skla­ven­hal­tung hin­aus – und Krieg, wenn sich die Indi­os wehrten.

Vor Ort klag­ten die Domi­ni­ka­ner­brü­der wie Mon­te­si­no und Las Casas gegen die Zwangs­ar­beit und Aus­beu­tung der Indi­os an. An den spa­ni­schen Uni­ver­si­tä­ten ent­wickel­ten die Ordens­theo­lo­gen grund­le­gen­de Ant­wor­ten auf die neu­en kolo­ni­al­ethi­schen Fra­gen. Allen vor­an kämpf­te der Domi­ni­ka­ner-Leh­rer Fran­cis­co de Vito­ria gegen die Bar­ba­ren-Theo­rie der dama­li­gen Ari­sto­te­li­ker und Huma­ni­sten, nach denen nicht-zivi­li­sier­te Völ­ker „Skla­ven von Natur“ aus seien.

Die Domi­ni­ka­ner festig­ten die christ­li­che Leh­re von Augu­sti­nus und Tho­mas von Aquin, daß alle Men­schen nach der Schöp­fungs­ord­nung – also „von Natur aus“ – gleich sei­en. Wenn aber die Indi­os im natur­recht­li­chen Sta­tus auf der glei­chen Stu­fe stan­den wie die Spa­ni­er, dann waren sie auch Eigen­tü­mer ihres bewohn­ten Lan­des – so die Fol­ge­rung des Theologen.

Mit die­ser Argu­men­ta­ti­on bestritt de Vito­ria die Rechts­grün­de für die spa­ni­sche Zutei­lung von India­ner­land und damit das Enco­mien­da-System. Außer­dem müss­ten die Spa­ni­er die india­ni­schen Häupt­lin­ge und Für­sten als legi­ti­me Herr­scher über ihre Län­der und Völ­ker anerkennen.

Völkerrechtliche Anerkennung der Indo-Stämme und Fürsten

Francisco de Vitoria vor San Esteban in Salamanca
Fran­cis­co de Vito­ria vor San Este­ban in Salamanca

Damit kri­ti­sier­te der Domi­ni­ka­ner nichts weni­ger als zwei päpst­li­che Edik­te von 1493/​1495, in denen der Bor­gia-Papst Alex­an­der VI. der spa­ni­schen Kro­ne Besitz und Herr­schaft über Süd­ame­ri­ka zuge­spro­chen hat­te. Der Papst habe kei­ne direk­te Gewalt über heid­ni­sche Herr­scher, kri­ti­sier­te de Vito­ria, also kön­ne er an christ­li­che Köni­ge nur einen Evan­ge­li­sie­rungs­auf­trag geben, aber kei­ne Herrschaftsübertragung.

Das Neue an de Vito­ri­as Rechts­dis­kurs bestand dar­in, dass er den natur­recht­li­chen Gleich­heits­sta­tus der Ein­zel­men­schen auch auf die Für­sten­tü­mer und Staa­ten anwand­te – gleich ob christ­lich oder heid­nisch. Damit waren aber auch die Staa­ten an die natur­recht­li­chen Prin­zi­pi­en gebun­den – etwa die gegen­sei­ti­ge Rech­te-Respek­tie­rung oder die restrik­ti­ven Regeln vom gerecht­fer­ti­gen Krieg.

Mit die­sen Grund­sät­zen des moder­nen Völ­ker­rechts stell­te sich de Vito­ria in schar­fen Gegen­satz zu einem andern Staats­theo­re­ti­ker der Renais­sance, Nic­colò Machia­vel­li (+1527). Der Poli­ti­ker aus Flo­renz lehr­te, dass der Staat an kei­ne mora­li­schen Prin­zi­pi­en gebun­den sei sowohl im Han­deln gegen­über den Bür­gern wie auch gegen­über den ande­ren Staa­ten. Die­ser unmo­ra­li­sche Anspruch staat­li­cher Selbst­herr­lich­keit und auto­kra­ti­scher Staats­rai­son soll­te bis ins 20. Jahr­hun­dert viel Leid und Krieg über die Völ­ker brin­gen. Der Theo­lo­ge Fran­cis­co de Vito­ria dage­gen hat als ‚Vater des moder­nen Völ­ker­rechts’ zur Ver­recht­li­chung und Befrie­dung der Völ­ker­be­zie­hun­gen beigetragen.

Päpstliches Verbot von Sklavenhaltung

Papst Paul III.
Papst Paul III.

Bedeut­sam war de Vito­ri­as Ein­fluss auch auf Theo­lo­gie und Kir­che. In der berühm­ten Bul­le „Sub­li­mis Deus“ (1537) folg­te Papst Paul III. der scho­la­sti­schen Argu­men­ta­ti­on des Domi­ni­ka­ners, die er in sei­nen „Vor­le­sun­gen über die Indi­os“ von 1532 ent­wickelt hatte:

Es sei eine List des Teu­fels und sei­ner Hel­fers­hel­fer zu behaup­ten, die Völ­ker Ame­ri­kas und ande­rer Natio­nen sei­en kei­ne wirk­li­chen Men­schen und hät­ten des­halb nicht die Fähig­keit zur Glau­bens­an­nah­me. Mit die­ser Begrün­dung wür­den die genann­ten Völ­ker „wie Tie­re zu Skla­ven­dien­ste“ ein­ge­spannt. Tat­säch­lich aber begehr­ten die Kolo­ni­sten nur, mit der Skla­ven­hal­tung ihre Hab­sucht zu befriedigen.

Wir dage­gen – so der Papst – erklä­ren in Über­ein­stim­mung mit der Leh­re Chri­sti, dass die Indi­os „als wirk­li­che Men­schen die Fähig­keit zum christ­li­chen Glau­ben besitzen“.
„Kraft unse­rer apo­sto­li­schen Auto­ri­tät bestim­men wir“:

1. Die Indi­os und alle ande­ren Völ­ker, ob heid­nisch oder gläu­big, dür­fen nicht ver­sklavt werden.
2. Die heid­ni­schen Völ­ker dür­fen ihrer Frei­heit und ihres Besit­zes nicht beraubt werden.
3. „Viel­mehr sol­len sie unge­hin­dert und erlaub­ter­wei­se das Recht auf Besitz und Frei­heit ausüben.“

Die spanische Spätscholastik inspirierte den europäischen Menschenrechtsdiskurs

Die fol­gen­de Gene­ra­ti­on der spa­ni­schen Theo­lo­gen – etwa Luis de Moli­na („  1600) und Fran­cis­co Sua­rez („  1617) – führ­ten den Ansatz von de Vito­ri­as wei­ter. Die­se Ver­tre­ter der soge­nann­ten spa­ni­schen Barock-Scho­la­stik hat­ten ent­schei­den­den Ein­fluss auf die mit­tel­eu­ro­päi­schen Früh­auf­klä­rer und Völkerrechtler.

Die Phi­lo­so­phen Hugo Gro­ti­us aus den Nie­der­lan­den („  1645), Tho­mas Hob­bes aus Eng­land („  1679) und Samu­el von Pufen­dorf aus Deutsch­land („  1694) stütz­ten sich in den Fra­gen von Völ­ker­recht und Men­schen­rech­ten auf die Leh­ren der spa­ni­schen Spätscholastik.

Lite­ra­tur: Tho­mas E. Woods jr: Stern­stun­den statt dunk­les Mit­tel­al­ter, Die katho­li­sche Kir­che und der Auf­bau der abend­län­di­schen Zivi­li­sa­ti­on, MM-Ver­lag 2006

Dokument:

Papst Paul III.

Bulle „Sublimis Deus“ vom 9. Juni 1537
über die Glaubensfähigkeit der Indianer und ihr Recht auf Freiheit und Besitz

Der erha­be­ne Gott neig­te sich unse­rem Geschlecht mit sol­cher Lie­be zu und schuf den Men­schen der­ge­stalt, dass die­ser nicht bloß wie die ande­ren Geschöp­fe am Guten teil­neh­men, son­dern das unzu­gäng­li­che und unsicht­ba­re höch­ste Gut selbst ver­ko­sten und von Ange­sicht zu Ange­sicht schau­en darf. Da nun, nach dem Zeug­nis der Hl. Schrift, der Mensch für das ewi­ge Leben und die Glück­se­lig­keit bestimmt ist, die­ses ewi­ge Leben und die Selig­keit aber nur durch den Glau­ben an unsern Herrn Jesus Chri­stus erlangt wer­den kön­nen, muss man dem Men­schen eine der­ar­ti­ge Beschaf­fen­heit und Natur zuer­ken­nen, dass er die­sen Glau­ben an Chri­stus zu emp­fan­gen imstan­de sei und dass, wer immer die mensch­li­che Natur sich zu eigen nennt, auch die Fähig­keit zu glau­ben besit­ze. Denn es wird wohl nie­mand so beschränkt sein, um anneh­men zu wol­len, ein Ziel las­se sich ohne den Ein­satz der dazu not­wen­di­gen Mit­tel ver­wirk­li­chen. Wie wir wis­sen, sprach des­halb die Wahr­heit selbst – und sie kann ja weder irren noch jeman­den in Irr­tum füh­ren -, als sie die Pre­di­ger des Glau­bens zum Amte der Ver­kün­di­gung aus­er­kor, die Wor­te: Eun­tes doce­te omnes gen­tes. Alle, sag­te sie, ohne Aus­nah­me, sind doch alle fähig, im Glau­ben unter­wie­sen zu wer­den. Schee­len Blickes sah dies der Riva­le des Men­schen­ge­schlech­tes, der stets allem Guten ent­ge­gen­wirkt und es zu ver­nich­ten trach­tet. Dar­auf­hin ersann er eine bis­lang nie gehör­te List, um die Ver­kün­di­gung des Wor­tes Got­tes an die Völ­ker und damit deren Heil zu hin­ter­trei­ben: Er ver­an­lass­te näm­lich eini­ge sei­ner Hel­fers­hel­fer, die nichts ande­res begehr­ten, als ihre Hab­sucht zu befrie­di­gen, dass sie unab­läs­sig dar­auf­hin arbei­te­ten, die Bewoh­ner West- und Süd­in­di­ens und ande­re Natio­nen, von denen wir Kun­de erhal­ten haben, wie Tie­re zum Skla­ven­dienst ein­zu­span­nen. Sie schütz­ten dabei vor, die­se Leu­te könn­ten des katho­li­schen Glau­bens nicht teil­haf­tig wer­den. Als Stell­ver­tre­ter Chri­sti, unse­res Herrn, wie­wohl des­sen unwür­dig, suchen wir mit all unse­ren Kräf­ten, die Scha­fe sei­ner Her­de, die uns anver­traut sind und sich außer­halb sei­ner Her­de befin­den, in sei­nen Schaf­stall hin­ein zu füh­ren. Wir wis­sen wohl, dass die India­ner als wirk­li­che Men­schen nicht allein die Fähig­keit zum christ­li­chen Glau­ben besit­zen, son­dern zu ihm in aller­größ­ter Bereit­schaft her­bei­ei­len, wie man es uns wis­sen ließ. Aus dem Ver­lan­gen, in die­se Ange­le­gen­heit Ord­nung zu brin­gen, bestim­men und erklä­ren wir mit die­sem Schrei­ben und kraft unse­rer apo­sto­li­schen Auto­ri­tät, unge­ach­tet all des­sen, was frü­her in Gel­tung stand und etwa noch ent­ge­gen­steht, dass die India­ner und alle andern Völ­ker, die künf­tig mit den Chri­sten bekannt wer­den, auch wenn sie den Glau­ben noch nicht ange­nom­men haben, ihrer Frei­heit und ihres Besit­zes nicht beraubt wer­den dür­fen; viel­mehr sol­len sie unge­hin­dert und erlaub­ter Wei­se das Recht auf Besitz und Frei­heit aus­üben und sich des­sen erfreu­en kön­nen. Auch ist es nicht erlaubt, sie in den Skla­ven­stand zu ver­set­zen. Alles, was die­sen Bstim­mun­gen zuwi­der­läuft, sei null und nich­tig. Die Indi­os aber und die andern Natio­nen mögen durch die Ver­kün­di­gung des Wor­tes Got­tes und das Bei­spiel eines guten Lebens zum Glau­ben an Chri­stus ein­ge­la­den werden.

Deut­sche Über­set­zung nach J. Baum­gart­ner, Mis­si­on und Lit­ur­gie in Mexi­ko, Bd. 1, Schöneck-Becken­ried 1971, S. 122, aus: Con­qui­sta und Evan­ge­li­sa­ti­on (Mainz 1992), S. 475 f.

Text: Wer­ner Rothenberger
Bild: Wikicommons

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73 Kommentare

  1. Ein Bei­trag, der lei­der Bei­fall von der fal­schen Sei­te her­auf­be­schwö­ren wird. Näm­lich von den lin­ken Dau­er­kri­ti­kern an der Kir­che und ihrer engen Ver­bin­dung mit der spa­ni­schen Kolo­ni­sa­ti­on und der (angeb­lich!) „skan­da­lö­sen“ Missionsgeschichte. 

    Las Casas war nicht die Licht­ge­stalt, als die er hier erscheint, und die Rol­le der Mis­si­ons­or­den ist viel weni­ger posi­tiv zu sehen. An den Fol­gen der dort betrie­be­nen sog. „Inkul­tu­ra­ti­on“, die unter Preis­ga­be unver­äu­ßer­ba­rer Inhal­te der Leh­re frag­wür­di­ge Synchretis­men in Kauf nahm, lei­det die Kir­che bis heu­te. Und der Jesui­teno­ren hat sei­ner­zeit den Grund­sten für den erschüt­tern­den Nie­der­gang gelegt, den er bis heu­te erlebt hat – mit dem ersten Papst aus sei­nen Rei­hen als Tiefstpunkt! 

    Ich fin­de es des­halb frag­wür­dig, die­sen Text in einem der Tra­di­ti­on ver­pflich­te­ten Por­tal zu brin­gen. Aber das ist mei­ne per­sön­li­che Ansicht.

    • Aber Sie haben mei­ner Mei­nung nach RECHT! Ich bedan­ke mich für Ihre Aus­ein­an­der­set­zung! Ich wün­sche Ihnen den Frie­de Chri­sti, ein geseg­ne­tes Weih­nachts­fest, und all­les Gute i9n 2015.

    • Ich den­ke, eher das Gegen­teil ist der Fall: die­ser Arti­kel ist eher hilf­reich, um den Kir­chen­kri­ti­kern etwas ent­ge­gen­zu­set­zen. Der Text von Paul III. ist doch ein recht kla­rer Beleg, dass die Kir­che die Ver­bre­chen gegen die Indi­os ver­ur­teilt hat – bereits 1537. Ich las­se mich ger­ne beleh­ren, falls es in den Jesui­ten­mis­sio­nen auch Män­gel gab, wenn sie Quel­len anfüh­ren wol­len. Aber allein der Ver­such, die India­ner vor den welt­li­chen Aus­beu­tern zu schüt­zen und sie fried­lich zu mis­sio­nie­ren, schät­ze ich doch vor­bild­lich christ­lich ein. Die Chri­sten haben die sogar die Hei­den geschützt, wäh­rend die angeb­lich doch so mensch­li­chen Huma­ni­sten Aus­beu­tung und Skla­ve­rei gerecht­fer­tigt haben. Ich fra­ge mich, ob sie den Arti­kel nur über­flo­gen haben?

    • In der Tat wis­sen wir doch alle in gro­ben Zügen von die­sen schlim­men Gescheh­nis­sen. Dem Vor­kom­men­ta­tor gebe ich in so weit Recht, dass das wie­der von ande­rer Sei­te ideo­lo­gisch miß­braucht wer­den könne.

    • Sem­per Catho­li­cus @ Ich fin­de es gut und rich­tig auch die­se The­men zu brin­gen, denn Sie schrei­ben sel­ber, dass die Kir­chen­fein­de die Kolo­ni­sie­rung als sol­che, gleich als die katho­li­sche Kir­che sehen und ver­dam­men. Natür­lich mag es bei der Mis­sio­nie­rung nicht
      immer christ­lich zuge­gan­gen sein, aber die Haupt­tä­ter waren mit Sicher­heit die Söldner
      und die spa­nisch-por­tu­gie­si­schen Herr­scher-Häu­ser. Es wird immer unter­schla­gen, das
      die Mis­sio­na­re und beson­ders die der Domi­ni­ka­ner, um einen Orden zu nen­nen, sich
      der Will­kür und Ver­skla­vung ent­ge­gen gestellt haben und treu ihrem Auf­trag christlich
      han­del­ten. Es ist bil­li­ge Häme, wenn Kir­chen­fer­ne immer nur von Gewalt-Missionierung
      spre­chen und dabei die katho­li­sche Kir­che meinen. 

      Ihre Bemer­kung … mit dem ersten Papst aus sei­nen Rei­hen als Tief­punkt …ver­dient be-
      son­de­re Beachtung.

      Ihnen fro­he Weihnachten !

    • Was Sie an Las Casas und der frü­hen Jesui­ten­mis­si­on aus­zu­set­zen haben, ist mir uner­klär­lich. Las Casas kämpf­te als Domi­ni­ka­ner und spä­ter Bischof für eine Indio-Mis­si­on durch Über­zeu­gung und Vor­bild, er lehn­te die Zwangs­be­din­gun­gen der spa­ni­schen Kolo­ni­sten ab (Enco­mien­da-System). Ähn­lich gin­gen die Jesui­ten bei ihren Reduk­tio­nen-Grün­dun­gen vor, von fal­scher syn­kre­ti­sti­scher Inkul­tu­ra­ti­on ist mir nichts bekannt.
      Im übri­gen han­delt der Schwer­punkt der Arti­kel, wie mir scheint, gar nicht von der Mis­si­ons­ge­schich­te, son­dern von zwei gegen­sätz­li­chen Mis­si­ons­an­sät­zen in der ersten Hälf­te des 16. Jahrhunderts.

  2. Das ist end­lich mal ein rich­ti­ger guter Arti­kel zu histo­risch-poli­ti­schen The­men hier auf katho​li​sches​.info!

    In die­sem Arti­kel wird das Dilem­ma sicht­bar gemacht, dass der Katho­li­zis­mus vie­ler Lai­en und klei­ner Prie­ster jahr­hun­der­te­lang mit einem men­schen­ver­ach­ten­den Dün­kel, Irr­leh­ren der Herrsch­sucht und Kreu­zes­ver­wei­ge­rung asso­zi­iert war und nach wie vor ist.

    Inter­es­sant der Hin­weis auf Tho­mas von Aquin und die Leh­re der Kir­che, dass nie­mand zum Glau­ben gezwun­gen wer­den darf, weil der Glau­be aus dem Wil­len der Per­son kom­men muss (der Einwilligung)…da fällt mir doch ein, wie man im ach so recht­gläu­bi­gen „Stän­de­staat“ in Öster­reich Leu­te, die aus der Kir­che aus­tre­ten woll­ten, jah­re­lang mit Prü­fun­gen ihres Gei­stes- und Gemüts­zu­stan­des schi­ka­nie­ren und hin­hal­ten durfte…passt das zu Jesus? 

    Oft fra­ge ich mich, ob das kirch­li­che Desa­ster, das wir gera­de erle­ben, nicht wirk­lich die Frucht all die­ser gesam­mel­ten Bos­heit ist, die Katho­li­ken im Namen der Reli­gi­on voll­bracht haben. Und das Thea­ter nimmt ja kein Ende, son­dern ver­kru­stet immer mehr. 

    Die Rol­le der Jesui­ten war posi­tiv – sie haben die­se Reduk­tio­nen geschaf­fen im heu­tig­ne Para­gu­ay, in denen sie für nach­hal­ti­ge Bil­dung uns Mis­sio­nie­rung der Indi­os ein­tra­ten. Die Ein­hei­mi­schen wur­den alpha­be­ti­siert, ihre Spra­che wur­de archi­viert (Gua­ra­ni bis heu­te Amts­spra­che dort auf­grund der jesui­ti­schen Sprach­for­schung und Lexi­ko­ner­stel­lung), die Mäd­chen und Jun­gen erhiel­ten hand­werk­li­che und musi­ka­li­sche Aus­bil­dung, weil sie sich dafür am begab­te­sten erwie­sen. Es gibt ein inter­es­san­tes Buch dazu:

    Peter C. Hart­mann: Der Jesui­ten­staat in Süd­ame­ri­ka 1609–1768. http://www.amazon.de/Jesuitenstaat‑S%C3%BCdamerika-1609–1768-Peter-Hartmann/dp/3874373495

    In dem Buch, das auch einen aus­führ­li­chen Quel­len­teil erhält (was immer sehr gut ist!), wird der Auf­bau und gewalt­sa­me Unter­gang der Reduk­tio­nen beschrieben.

    Tat­sa­che ist aber, dass dort, wo die Jesui­ten­mis­si­on war, bis heu­te die treue­sten Gläu­bi­gen leben, was man vom Rest Süd­ame­ri­kas, das gewalt­sam mis­sio­niert und aus­ge­beu­tet wur­de, nicht sagen kann. Die eth­ni­schen Spu­ren der Skla­ve­rei, die mas­si­ven sozia­len Unter­schie­de („him­mel­schrei­en­de Sün­den“ sind das – genau­so wie Sodomie…das ist die eigent­li­che leh­re der Kir­che, die irgend­wie kei­ner mehr hören will! Die einen sehen nur das Sozia­le, die ande­ren nur das 6. Gebot, aber dass BEIDES gilt.….), die von den unter Zwang mis­sio­nier­ten Per­so­nen im Gehei­men wei­ter­ge­führ­ten heid­ni­schen Prak­ti­ken – all das rächt sich bit­ter und hat vor allem mit unse­rem Herrn wohl herz­lich wenig zu tun.

    Dan­ke jeden­falls für die­sen Artikel!

    Es ist ein klei­ner Feh­ler oben – es war nicht Alex­an­der IV. 1493, son­dern Alex­an­der VI.

    • All­mäh­lich erzürnt mich Ihre Pole­mik gegen den öster­rei­chi­schen Stän­de­staat, die Sie über­all ein­streu­en. Doll­fuss hat 1933, als der erste gro­sse Wahl­sieg der NS droh­te, das Par­la­ment heim­ge­schickt und die NS-Bewe­gung unter­drückt. Hät­te man in Deutsch­land nach den Reichs­tags­wah­len von 1932 genau­so gehan­delt, wie das durch­aus von eini­gen in der Umge­bung Hin­den­burgs gefor­dert, aber von dem Gene­ral v.Schleicher ver­hin­dert wur­de, wäre der Welt viel erspart geblie­ben. In Öster­reich ist 1933 nicht weni­ger gelun­gen als die Abwehr des inne­ren Ansturms der NS-Bewe­gung. Und ausser­dem: Volks­sou­ve­r­än­di­tät ist ein grund­sätz­lich anti­ka­tho­li­sches Prin­zip, lesen Sie mal z.B. die Enzy­kli­ka „Diu­tur­num illud“ Leos XIII.

      • „Immer“? „Über­all“?

        Man muss kri­tisch bemer­ken dür­fen, was zu kri­ti­sie­ren ist!
        Von „Volks­sou­ve­rä­ni­tät“ habe ich übri­gens nir­gends gespro­chen. Bit­te genau lesen!
        Und mit die­sem Begriff hat wie­der­um der Faschis­mus nichts zu tun, weder der natio­nal­so­zia­li­sti­sche noch der katho­lisch ange­stri­che­ne. Dar­um gehts gra­de nicht.

        Es ist nun mal eine Tat­sa­che, dass die­se „katho­li­schen Staa­ten“ der ersten Hälf­te des 20. Jh so schwach­brü­stig waren und mit soviel Frag­wür­di­gem ope­rier­ten, dass sie am Ende nach weni­gen Jah­ren zusam­men­bra­chen und den Deut­schen und ihrem anti­christ­li­chen Stil in die Hän­de fie­len, wenn sie nicht zuvor ohne­hin schon mit ihnen pak­tiert hatten.

        Die deut­schen Ver­bre­chen sind Legi­on – aber an öster­rei­chi­schen haus­ge­mach­ten Feh­lern sind wir nicht schuld, zumal unter Öster­rei­chern ja ein ziem­lich Poten­ti­al an nazi­stisch gesinn­ten Bür­gern vor­han­den gewe­sen war und immer noch ist – wie mir schon seit 40 Jah­ren auffällt.

      • So ist es! „Volks­sou­ve­rä­ni­tät“ kann nie­mals dem katho­li­schen Prin­zip ent­spre­chen, das nur einen Sou­ve­rän kennt, den ewi­gen Herrn und des­sen irdi­sche Stell­ver­tre­ter, den Papst und abge­lei­tet von ihm die Bischö­fe. Es ist trau­rig, was hier teil­wei­se für eine Begrüffs­ver­wir­rung herrscht.

      • Da wäre ich nun aber gespannt, zu wis­sen, was „Zeit­schnur“ an Öster­reich „nazi­stisch“ auf­fällt, und das schon „seit 40 Jahren“.
        Anmer­kung: Der Natio­nal­so­zia­lis­mus, das Lieb­lings­the­ma der Lin­ken, ist seit 70 Jah­ren mau­se­tot. Ohne Hit­ler kein NS. Außer im belang­lo­sen sub­kul­tu­rel­len Bereich mit einem Pseu­do-NS. Es wird ihn auch nie mehr geben. Das ist im Gegen­satz zu nicht-cha­ris­ma­ti­schen Ideo­lo­gien, wie dem Kom­mu­nis­mus das Vor­teil­haf­te an NS und Faschis­men wel­cher Art auch immer.
        Wenn dann kommt etwas Neu­es, Ande­res, wes­halb jeder Hin­weis auf den NS belang­los ist. Die Lin­ken rei­ten aus offen­sicht­lich ande­ren Grün­den dar­auf her­um. Der wich­tig­ste Grund nennt sich Macht­ge­win­nung und Machterhalt.
        Der NS war eine Split­ter­ideo­loie und wäre es auch immer geblie­ben. Die Grün­de, wes­halb er zur Mas­sen­be­we­gung wer­den konn­te (was übri­gens nur gelang, weil maß­geb­li­che Ele­men­te ver­steckt wur­den, so der Anti­se­mi­tis­mus), sind bekannt. Es ist ins­ge­samt daher wich­ti­ger die­se Grün­de zu erkun­den, als die­se Ideo­lo­gie. Die Grün­de hät­te man besei­ti­gen kön­nen. Doch dar­an hat­ten maß­geb­li­che Kräf­te, beson­ders die Sie­ger­mäch­te kein Interesse.
        Die Anti-Putin-Pro­pa­gan­da des Westens ist der­zeit ein Lehr­bei­spiel wie man in einen Krieg „schlit­tern“ kann. Er erhellt, wie es auch Ende der 30er Jah­re zuge­gan­gen sein wird. Die Din­ge las­sen sich sehr genau erklä­ren, auch der Aus­bruch des Zwei­ten Welt­krie­ges, und das ohne „Welt­erobe­rungs­phan­ta­sien“, die so abstrus sind, wie die Men­schen dumm sein müs­sen, die sie heu­te glauben.

      • @ Seve­rin

        Als unmit­tel­ba­rer Nach­bar­spöß­ling war ich unend­lich oft in Öster­reich, und es ist ein­fach eine per­sön­li­che Erfah­rung, dass in Öster­reich unge­schminkt Anti­se­mi­ti­mus („Schad, dass man sie nicht alle der­wischt hat“) und Hit­ler-Nost­al­gie leben. Ich kann das nicht mit Quel­len und Zita­ten „bewei­sen“, son­dern nur per­sön­lich bezeu­gen, als Erleb­tes unter den Leu­ten halt.

        Mir fiel das schon als Kind v.a. des­we­gen auf, weil in Deutsch­land nie­mand gewagt hät­te, so offen und dreist sei­ne Bewun­de­rung für Hit­ler und den Juden­mord auszusprechen.

        Bei uns wäre man sofort ange­zeigt worden.

      • In Öster­reich liegt zwar auch vie­les im Srgen, es gibt aber im Blick auf die Ver­gan­gen­heit nicht die­se per­ver­se Nei­gung zur Selbst­ka­stei­ung und ein in wei­tern Tei­len des Vol­kes, sogar bis in die SPÖ hin­ein immer noch intak­tes durch­aus gesun­des Emp­fin­den für das Katho­li­sche als Teil der natio­na­len DNA. Des­halb wird auch die Zeit 1938–45 dif­fe­ren­zier­ter und nicht nur aus lin­ker Bril­le gese­hen. Rich­tig so! 

        Zu dem zu Unrecht ver­fem­ten austro­fa­schi­sti­schen Doll­fuss, der Öster­reich geret­tet hat, hat wei­ter oben Herr Dr. Schrems bereits das Nöti­ge gesagt.

      • Zeit­schnur in Öster­reich ist aus Hit­ler nichts gewor­den, die Kar­rie­re mach­te er erst in Deutsch­land, da ist der­ar­ti­ges Cha­ris­ma gefragt, wie wir es heu­te auch wie­der bei Frau M und ihrer hem­mungs­lo­sen Aggres­si­ons­po­li­tik erleben°!

      • @ Tra­di­ti­ons­treu­er

        Ihre patrio­ti­schen Wün­sche in Ehren – ganz ehr­lich, aber ist das nicht geträumt? Und vom gesun­den Emp­fin­den fürs Katho­li­sche kann ich im Land der Pfar­rer-Initia­ti­ve, des Herrn Kar­di­nal Schön­born und des Herrn Zuleh­ners wirk­lich nichts sehen – da ists ja in Deutsch­land man­cher­orts noch besser…

        Ums Ver­fe­men gehts mir nicht, wenn ich was kri­ti­sie­re. Das betrei­ben hier ande­re mit allen Ban­da­gen, aber nicht von links, son­dern von rechts.
        Ich habe ja sach­lich gesagt, was ich am Stän­de­staat nicht über­zeu­gend fin­de. Darf man das im Umfeld der Doll­fuß-Schwär­mer nicht?
        Ver­trägt das erz­kon­ser­va­ti­ve Stän­de­staats­kli­en­tel so wenig Kri­tik, dass es bei der gering­sten Infra­ge­stel­lung einknickt?

        Und noch ein Hin­weis – auch an ande­re, die das scheint’s nicht ver­ste­hen bei mir: wer die Rech­ten kri­ti­siert, gibt damit nicht auto­ma­tisch den Lin­ken recht.
        Ich wür­de ger­ne wer­ben um einen sou­ve­rä­ne­ren Blick. Einen katho­li­schen Blick, der sich wie­der dar­an erin­nert, das das Reich Jesu nicht von die­ser Welt ist…
        Und ein katho­li­scher Blick, der vor­sich­tig ist: der Anti­christ wird die Wün­sche vie­ler rechts­kon­ser­va­ti­ver und faschi­sti­scher Katho­li­ken erfül­len, machen Sie sich drauf gefasst.
        Wir sol­len nicht auf Für­sten ver­trau­en. Der Fürst der Welt gibt sein Haupt­ter­rain nicht frag­los auf, son­dern wütet gera­de da am meisten.

        Der Kle­ri­kal­fa­schis­mus hat der Kir­che den letz­ten Rest vor dem Durch­bruch des Moder­nis­mus gege­ben, und sowohl das Papst­tum als auch die Leh­re der Kir­che total dis­kre­di­tiert. Es sind nicht die bösen Frei­mau­rer an allem schuld. Die Frei­mau­rer tri­um­phie­ren über die­se Polizeikatholiken,denn die erle­di­gen für sie die Arbeit … und mer­ken es nicht mal …

      • @ wickerl

        Ja, ja, wie sagt ein geflü­gel­tes Wort:
        „Die Öster­rei­cher ver­ste­hen es, aus Hit­ler einen Deut­schen und aus Beet­ho­ven einen Öster­rei­cher zu machen.“

      • @zeitschnur: Sie schreiben:
        „Es ist nun mal eine Tat­sa­che, dass die­se „katho­li­schen Staa­ten“ der ersten Hälf­te des 20. Jh so schwach­brü­stig waren und mit soviel Frag­wür­di­gem ope­rier­ten, dass sie am Ende nach weni­gen Jah­ren zusam­men­bra­chen und den Deut­schen und ihrem anti­christ­li­chen Stil in die Hän­de fie­len, wenn sie nicht zuvor ohne­hin schon mit ihnen pak­tiert hatten.“
        Wirk­lich? Sehen wir uns die­se Staa­ten doch mal an. Da ist Öster­reich. Brach 1938 zusam­men, klar, aber nicht wegen „Frag­wür­di­gem“, son­dern weil es dem inzwi­schen hoch­ge­rü­ste­ten Nazi­deutsch­land völ­lig allein gegen­über­stand und auf kei­ne Hil­fe hof­fen konnte.
        Dann Spa­ni­en: von weni­gen Jah­ren kann hier kei­ne Rede sein, immer­hin wur­de ca. 4 Jahr­zehn­te der Geist von Libe­ra­lis­mus und Sozia­lis­mus nie­der­ge­hal­ten. Das ist nicht zu ver­ach­ten. Frei­lich: Ob Fran­co ein über­zeug­ter Christ war, kann man bezwei­feln, ihm ging es wohl mehr um spa­ni­sche Tra­di­ti­on und der Katho­li­zis­mus wur­de geför­dert, weil er eben zu die­ser Tra­di­ti­on gehört. Ausser­dem ist Fran­co kom­pro­mit­tiert durch die Hil­fe von Hit­ler und Mus­so­li­ni im Spa­ni­schen Bür­ger­krieg. Jedoch hat er sich für die­se Hil­fe so gut wie nie erkennt­lich gezeigt, nur, indem er eine Frei­wil­li­gen­trup­pe zum Kampf gegen die Sowjet­uni­on im 2.Weltkrieg schick­te (Blaue Divi­si­on). Aber er hat Hit­lers wei­te­re Wün­sche nach Betei­li­gung am 2.Weltkrieg, insbson­de­re durch Beset­zung Gibral­tars, nicht erfüllt und vor allem den Juden nichts getan. Chur­chill sprach – halb iro­nisch, halb lobend gemeint – von „grösst­mög­li­cher Undankbarkeit“.
        Ein bes­se­res Bild als Fran­co gibt Sala­zar in Por­tu­gal. Das war wirk­lich ein über­zeug­ter Katho­lik, er hat das Land saniert und jahr­zehn­te­lang eine christ­li­che Herr­schaft ausgeübt.
        Von „Schwach­brü­stig­keit“ kann ich da nichts erkennen.
        Noch eine Bemer­kung zum Begriff des Faschis­mus. Die Lin­ken gebrau­chen die­sen Begriff, um alle Regie­run­gen, die gegen die Grund­sät­ze der „Demo­kra­tie“ und eben der Volks­sou­ve­rä­ni­tät ver­sto­ssen, über einen Kamm zu sche­ren und sie alle in die NS-Ecke zu stel­len. Das ist sehr raf­fi­niert. Wir soll­ten uns die­sem Sprach­ge­brauch nicht anschlie­ssen und den Begriff „Faschis­mus“ nur da ver­wen­den, wo er zutrifft, näm­lich bei der Bewe­gung Mus­so­li­nis in Ita­li­en. Dabei soll­te man ausser­dem noch beden­ken, dass sich der „Duce“ wie alle moder­nen tota­li­tä­ren Herr­scher, nicht als „von Got­tes Gna­den“, son­dern als Voll­strecker des Volks­wil­lens betrach­te­te (wobei er natür­lich bestimm­te, was die­ser Wil­le war), sei­ne Legi­ti­ma­ti­on also „von unten“ bezog.

      • Der Anti­christ steht per se und not­wen­dig links. Weil er der Dia­bo­los, der Durch­ein­an­der­brin­ger und Ver­wir­rer ist, der dafür sorgt, dasss die Din­ge nicht mehr auf ihrem rech­ten Platz sind. Dass also aus Kos­mos Cha­os, aus Ord­nung Unord­nung wird. Kos­mos, Ord­nung sind aber seit jeher Kenn­zei­chen rech­ter Herrschaft.

        Des­halb ist der tra­di­ti­ons­ori­en­tier­te Katho­li­zis­mus per se immer und über­all rechts.

      • @ josef steininger

        Mit „schwach­brü­stig“ mein­te ich einer­seits, dass die­se Staa­ten tat­säch­lich schnell unter­gin­gen bzw. den Nazis in die Hän­de fie­len, wenn sie nicht schon ohne­hin dem Geist der Nazis nah­stan­den. Dar­an waren nicht „die ande­ren“ schuld, weil sie dem Pro­jekt kei­ne Pro­tek­ti­on erteil­ten. Haben Sie denn ver­ges­sen, wie vie­le Öster­rei­cher hoch­er­freut den „Anschluss“ begrüß­ten? Zig­tau­sen­de jubel­ten Hit­ler in Wien zu! Und Hit­ler ließ den Anschluss noch durch ein Refe­ren­dum bestä­ti­gen. Bei den 99% Zustim­mung, die her­aus­ka­men, spiel­te zwar die Pro­pa­gan­da und Repres­si­on sicher eine Rol­le, aber die Histo­ri­ker kön­nen anhand ande­rer Quel­len doch eine enthu­sia­sti­sche Stim­mung im Volk nach dem Anschluss nach­wei­sen, neh­men also an, dass das Ergeb­nis auch mit 10% weni­ger immer noch über­wäl­ti­gend aus­ge­fal­len wäre.… wie toll die Öster­rei­cher wohl die stän­de­staat­li­che Repres­si­on fanden? 

        Ich habe ja schon öfter auf die schwe­ren Beden­ken hin­ge­wie­sen, die nicht nur ich habe, son­dern die man schon im 19. Jh ange­sichts sol­che repres­si­ver „katho­li­scher“ Poli­tik hat­te – es war eigent­lich klar, dass das mit ech­tem katho­li­schem Glau­ben kaum zu tun hat­te, son­dern eher damit, eine poli­ti­sche und geschicht­li­che „Tra­di­ti­on“, meist noch natio­na­li­stisch ein­ge­färbt (Sie sagen es ja bei Fran­co selbst), auf Teu­fel komm raus dem wider­stre­ben­den Volk auf­zu­zwin­gen. Es ging um den Macht­er­halt – nichts wei­ter. Das hat schon im 19. Jh klu­ge Zeit­ge­nos­sen ange­wi­dert und es spielt auch in der La Salet­te-Visi­on eine Rol­le als schwe­re Sünde.
        Katho­lisch­sein kann man nicht verordnen.
        Was soll dabei her­aus­kom­men als unbän­di­ger Hass auf die Kir­che, die aber kurio­ser­wei­se nichts dafür konn­te, denn Rom war zurück­hal­tend, wenn es auch gele­gent­lich mal den einen oder andern faschi­sti­schen Staat anfäng­lich begrüß­te – das flau­te meist schnell wie­der ab…

        Ein Staat, der den, der nicht katho­lisch blei­ben will, als Gei­stes­kran­ken behan­delt (und das hat der Stän­de­staat) bedient sich schlicht ver­bre­che­ri­scher Metho­den. Das ist nicht anders, als wenn die Sowjets Dis­si­den­ten in die Psych­ia­trie internierten. 

        Von den schwe­ren Ver­bre­chen in Kroa­ti­en, Ita­li­en, Vichy-France, Chi­le etc. will ich nicht schon wie­der reden.
        Sala­zar ist kein Held – ein fal­sches Wort in der Öffent­lich­keit, und sei es im Café im Pri­vat­ge­spräch, und Sie saßen jah­re­lang im Gefäng­nis – so ent­stand Amne­sty inter­na­tio­nal. Ermor­dert wur­den auch unter ihm vie­le. Und er hin­ter­ließ ein rück­stän­di­ges Land vol­ler Analpha­be­ten. Mot­to: hal­te die Leu­te blöd, dann sün­di­gen sie weniger.
        Nein – das ist nicht katho­lisch, son­dern eine Milch­mäd­chen­rech­nung! Es passt nicht zu dem, was die Päp­ste lehrten.

        Und am mei­sten: wo haben wir je den Auf­trag erhal­ten, uns zuerst an der Poli­tik abzu­ar­bei­ten, wo doch Jesus genau dies so aus­drück­lich nicht getan und sogar abge­lehnt hat? Und haben die Päp­ste bis zum Vati­ca­num II das nicht aus­drück­lich bestä­tigt – immer wieder?

        Da ist viel aus dem Ruder gelau­fen – nicht nur bei den Progressiven…

      • @zeitschnur
        Nun möch­te ich doch ein­mal wis­sen, wo Sie das her­ha­ben, dass der Stän­de­staat Leu­te, die nicht katho­lisch blei­ben woll­ten, als Gei­stes­kran­ke behan­delt habe. Quel­le haben Sie bis­her kei­ne genannt. Ich habe mich frü­her viel mit dem Stän­de­staat beschäf­tigt, das ist mir nie unter­ge­kom­men. Fried­rich Scheu, ein Sozia­list und Zeit­zeu­ge, schreibt in sei­nem Buch „Der Weg ins Unge­wis­se. Öster­reichs Schick­sals­kur­ve 1929–1938“, dass vie­le Katho­li­ken zum Pro­te­stan­tis­mus kon­ver­tiert sei­en, weil Katho­li­ken unter Doll­fuß auch vom Staat die Ehe­schei­dung ver­bo­ten war. Von Behin­de­run­gen schreibt er nichts.
        Dass wir uns an der Poli­tik abar­bei­ten sol­len, habe ich nicht gesagt, in unse­rer Gegen­wart hal­te ich sowie­so jede poli­ti­sche Betä­ti­gung für weit­ge­hend sinn­los. Natür­lich ist das Chri­sten­tum kei­ne Bewe­gung zur Errin­gung der poli­ti­schen Macht. Ich weh­re mich nur dage­gen, dass katho­li­sche Staats­füh­rer dif­fa­miert wer­den und dass wir als Katho­li­ken uns schä­men müss­ten, weil wir frü­her anti­de­mo­kra­tisch waren. Wenn der Stän­de­staat Nazis und Sozia­li­sten nie­der­ge­hal­ten hat, war das gut und glei­ches gilt für Spa­ni­en (dort natür­lich für Kom­mu­ni­sten etc.), wo der rote Mob in beson­de­rer Wei­se getobt hat und zwar schon vor Beginn des Bür­ger­kriegs 1936.
        Und wenn Sie sagen, dass es in der Reli­gi­on kei­ner­lei Zwang geben dür­fe und das nichts brin­ge: In mei­nem Hei­mat­land Bay­ern haben die Her­zö­ge zu Beginn der Refor­ma­ti­on jeden Ansatz pro­te­stan­ti­scher Pre­digt im Keim erstickt und das war gut so und es hat­te auch nach­hal­ti­gen Erfolg. Sie zitie­ren wei­ter oben Tho­mas von Aquin, dass nie­mand vom Glau­ben gezwun­gen wer­den darf, das ist ja auch wahr, die­ser sagt aller­dings auch, dass sehr wohl gegen sol­che ein­zu­schrei­ten ist, die vom Glau­ben abfal­len, Häre­ti­ker und Apo­sta­ten (in der Sum­ma theo­lo­giae, II/​II am Anfang in den Fra­gen über den Glau­ben). Und das war in frü­he­ren Jahr­hun­der­ten auch die Posi­ti­on der Kir­che und ich wer­de mich dafür gewiss nicht schä­men oder bei irgend­wem entschuldigen.

      • @ Josef Steininger

        Fro­he Weih­nach­ten, Herr Stei­nin­ger! Sie sol­len sich doch nicht für etwas schä­men – davon habe ich nir­gends gespro­chen. Ad per­so­nam ging das nicht, was ich schrieb.

        Wenn Häre­ti­ker im eige­nen Ter­rain, also in der eige­nen Kir­che ihre Häre­si­en ver­brei­ten ist das was anders, als wenn sie es irgend­wo außer­halb tun. So wür­de ich auch Tho­mas ver­ste­hen, müss­te es mir aber noch mal gnau ansehen.
        Theo­lo­gen wie Jan Hus ver­such­ten, inner­halb der Kir­che, ja sogar auf ihrem katho­li­schen Lehr­stuhl in Prag, von dem aus ange­hen­de Prie­ster aus­ge­bil­det wur­den, alles umzu­funk­tio­nie­ren. Das ist aber etwas ande­res, als wenn Leu­te sagen: Ich habe damit nichts mehr zu tun. Ich glau­be das nicht – und gehen.

        Der Glau­be besteht ja nicht dar­in, dass ich bestimm­te äußer­li­che Regeln ein­hal­te bzw. gezwun­gen wer­de, sie einzuhalten.
        Erst mal muss das im Her­zen anfangen.

        Ich ver­ab­scheue alles, was die Lin­ken tun und v.a. getan haben! Aber ich kann struk­tu­rell kei­nen gro­ßen Unter­schied zu dem sehen, was die Rech­ten getan haben. Ideo­lo­gie hin oder her.
        Es ist nicht bes­ser und v.a. so haar­scharf vor­bei dar­an, dass mei­ne aller­er­ste Lie­be Gott gebührt und nicht dem irdi­schen Reich. Ich habe mich immer dran gesto­ßen, dass der ja an sich hel­den­haf­te Pater Rupert May­er (der hier sehr ver­ehrt wird) immer zuerst das Vater­land und erst dann die Kir­che nann­te. Ich dach­te auch frü­her schon, bevor ich wie­der in der Kir­che war: das kann nicht sein! Erst muss Gott kom­men mit der Kir­che und dann erst das Vater­land. War­um umge­kehrt? Wie kommt es zu die­ser Wertverschiebung?

        Leo XIII. lehrt die Lie­be zum Vater­land NACH der Got­tes­lie­be. Stel­len Sie sich vor, Sie leben in einem heid­ni­schen Land – auch das ist ein Vater­land, und der Katho­lik soll es lie­ben. Was aber, wenn die Men­schen nun mal nicht katho­lisch „ticken“ wollen?
        Wie groß die­ses Pro­blem ist, kann man erken­nen, wenn man die geschei­ter­ten Bemü­hun­gen und das schreck­li­che Ende Ngo Dhin Diems in Süd­viet­nam ansieht.

        Für mich ist das eine offe­ne Fra­ge, ein ech­tes phi­lo­so­phi­sches Pro­blem für Katho­li­ken in einem nicht-katho­li­schen Umfeld.
        Bloß haben die mei­sten Katho­li­ken noch nicht begrif­fen, dass das unse­re Lage ist: seit dem Vati­ca­num I leben wir in der Frem­de. Damals wur­de die gei­sti­ge Macht des Pap­stes defi­niert, die welt­li­che wur­de links (oder rechts) lie­gen gelas­sen – sie war nicht zu halten.
        Die Katho­li­ken habens nicht begriffen.
        Die einen kramp­fen fest an Traum­ge­spin­sten von katho­li­schen Gemein­we­sen, die außer ihnen kei­ner will. Die andern woll­ten die Macht durch gna­den­lo­se Anpas­sung retten.
        Bei­des belei­digt den Herrn, der mit all die­sem Trei­ben nichts zu tun hat­te und viel­mehr zu sei­nen Zei­ten hier auf Erden schon dazwi­schen zer­rie­ben wurde.

        Ich wies auf den Jubel hin, als Hit­ler ein­mar­schier­te. Offen­bar hat der Stän­de­staat Hit­ler doch nicht „über­hit­lert“. Das heu­ti­ge Öster­reich ist so anti­ka­tho­lisch wie kaum ein ehe­mals katho­li­scher Staat. Da hel­fen auch rechts­kon­ser­va­ti­ve Allü­ren nicht, wenn Sie mich fragen.

      • Lie­be Frau Jüng­ling, Dan­ke für Ihre Weih­nachts­wün­sche, sie zu erwi­dern, ist es jetzt etwas spät, aber ich wün­sche Ihnen auch so ganz herz­lich alles Gute.
        An die­ser Stel­le möch­te ich die Dis­kus­si­on been­den, nur zu Pater Rupert May­er: Von ihm ich gera­de fol­gen­den Text gefun­den: „Das ist das Erste: Gott von gan­zem Her­zen zu lie­ben. Nicht so, dass der lie­be Gott halt auch so ein wenig mit­kommt, nein, unse­re gan­ze Lie­be soll ihm gehö­ren. Es ist nicht das Wich­tig­ste, dass man eine glän­zen­de Stel­lung bekommt oder einer aus­ge­zeich­ne­ten Gesund­heit sich erfreut, nein, das Wich­tig­ste ist, dass wir Gott lie­ben! Ein Mensch, der Gott liebt, ist schon aus die­sem Grund gewis­sen­haft in sei­ner Arbeit; er liebt sei­ne Hei­mat; er liebt sei­nen Näch­sten; er ist treu sei­nem Vater­land â€¦“
        Ich den­ke schon, dass er die Prio­ri­tä­ten rich­tig gesetzt hat.

      • @ Josef Steininger

        Dass P. Rupert May­er sich so geäu­ßert hat, habe ich dem Buch von Rita Haub: Pater Rupert May­er. Ein Lebens­bild. Mün­chen Zürich Wien: Ver­lag Neue Stadt 2007 ent­nom­men, in dem er mehr­fach so zitiert wird, z.B. hier: „Seit ich im Fel­de war, habe ich eine Rich­tung gehabt: Vater­land und Reli­gi­on.“ (S. 120) Das kommt noch an meh­re­ren Stel­len zum Aus­druck, aller­dings hat er es wohl rela­ti­viert, wie Sie sie dann zitie­ren, ins­be­son­de­re als er sah, was sich in Spa­ni­en nicht zuletzt unter dem pseu­do­ka­tho­li­schen Gene­ral Fran­co mit­hil­fe Nazis­deutsch­lands und des faschi­sti­schen Ita­li­en abspiel­te (wei­ter dann S. 121): die­se Ver­mi­schung von Reli­gi­on und Vater­land wur­de ihm dann wohl unheim­lich, und er distan­zier­te sich davon:

        „Oft schon war ich bereit, mein Leben freu­dig mei­nem Vater­land zu opfern. Aber noch freu­di­ger wür­de ich mein Leben unse­rem hei­li­gen katho­li­schen Glau­ben opfern.“ (S. 121)

        Er folg­te kon­se­quent Leo XIII. mit der Höher­be­wer­tung des Glau­bens vor jeder vater­län­di­schen Bin­dung, wenn­gleich die­sel­ben nicht abge­wer­tet wer­den soll­ten. Nur erkann­te ein Zeit­ge­nos­se tie­fen Glau­bens, dass das „Vater­land“ zum Kampf­be­griff gegen die Frei­heit der Kir­che miss­braucht wur­de – auch und gera­de ‑aus sei­ner Sicht – in Län­dern wie Spa­ni­en. Noch kras­ser und viel schlim­mer äußer­te sich das ja auch in Kroatien…

        Und hier noch der Nach­weis des Zwan­ges zu reli­giö­sen Bekun­dun­gen ohne Glau­ben im Ständestaat:

        Der Glöckel-Erlass hat­te die­sen Zwang auf­ge­ho­ben, und Anton Rin­te­len hat ihn unter Doll­fuß gleich 1933 wie­der ein­ge­führt: http://de.wikipedia.org/wiki/Gl%C3%B6ckel-Erlass

        Das zwei­te ist die Gemüts­prü­fung bei Aus­tritts­wunsch aus der Kirche:
        Im Kai­ser­reich wur­de auf­grund der Aus­tritts­ver­ord­nung (1869) gele­gent­lich eine Gemüts­prü­fung durch­ge­führt. Nun wur­de unter Schu­sch­nigg die­se Gemüts- und Gei­stes­prü­fung jedem Aus­tritt­be­an­tra­gen­den auf­ge­zwun­gen – per Ver­ord­nung. Schu­sch­nigg sorg­te auch per Erlass dafür, dass die Bezirks­haupt­män­ner min­de­stens drei Mona­te zwi­schen Antrag und Geneh­mi­gung ver­strei­chen las­sen muss­ten, um neu­er­li­che Gemüts- und Gei­stes­prü­fun­gen durch­zu­füh­ren. (vgl. Aebi et al.: Die Gegen­re­for­ma­ti­on in Neu-Öster­reich, Zürich 1936. Dort ist auch der Erlass zitiert.)
        Es ist viel­fach bezeugt, dass Bezirks­haupt­män­ner dies dann jah­re­lang ver­schlepp­ten und die Betref­fen­den als Gemüts­kran­ke schi­ka­nier­ten. Sicher­lich gab es auch wel­che, die von dem gan­zen „Zwangs­glau­ben“ nichts hiel­ten und die Leu­te durch­wink­ten, aber prin­zi­pi­ell gings dar­um, zum Glau­ben zu zwingen.

      • Es ist eine Frech­heit son­der­glei­chen, der bis ins Mark katho­li­schen Gene­ra­lisi­mo Fran­co, einen der treue­sten Söh­ne der Kir­che im 20. Jahr­hun­dert, hier als „pseu­do­ka­tho­lisch“ zu ver­un­glimp­fen. Das las­se ich nicht durchgehen. 

        Im übri­gen: der geschätz­te Kom­men­ta­tor Herr Stei­nin­ger hat kom­plett Recht. Selbst­ver­ständ­lich darf der Glau­be mit Zwang und auch Gewalt, wo es nötig ist, gegen sei­ne Fein­de ver­tei­digt wer­den. Die Eli­mi­nie­rung des Erz­ket­zers Hus war not­wen­dig und ist bis heu­te als Groß­tat zu loben. Wäre das­sel­be mit Luther gelun­gen, wäre uns die„Reformation“ erspart geblieben.

      • @zeitschnur
        Der Glöckel-Erlass hat­te den Zweck, das all­ge­mei­ne Schul­ge­bet abzu­schaf­fen, das hat Doll­fuß wie­der ein­ge­führt und das war gut und richtig.

        Die Annah­me des Glau­bens durch Hei­den darf nicht erzwun­gen wer­den, aber auf Apo­sta­ten und Häre­ti­ker kann Zwang aus­ge­übt wer­den, so Tho­mas von Aquin in der Sum­ma II/​II Quae­stio 10, Arti­kel 8: Alii vero sunt infi­de­les qui quan­do­que fidem sus­ce­perunt et eam pro­fi­ten­tur, sicut hae­re­ti­ci vel qui­cum­que apo­sta­tae. Et tales sunt eti­am cor­po­ra­li­ter com­pel­len­di ut imp­leant quod pro­mi­se­runt et teneant quod semel susceperunt.

      • Noch etwas ande­res: Sie attackie­ren immer wie­der Leu­te, die immer noch ihre Hoff­nung dar­auf set­zen, wie­der einen katho­li­schen Staat zu errich­ten und welt­li­che Gewalt für den Glau­ben ein­zu­set­zen. Zu denen gehö­re ich jeden­falls nicht. Mein Kon­zept wäre: Die Kir­che müss­te kon­se­quent die moder­ne Zivil­re­li­gi­on der angeb­li­chen Men­schen­rech­te ableh­nen, so wie sie in der Anti­ke den römi­schen Staats­kult abge­lehnt hat. Sie müss­te es gera­de­zu dar­auf anle­gen, vom moder­nen Staat als ver­fas­sungs­feind­li­che Orga­ni­sa­ti­on ein­ge­stuft zu wer­den, so wie sie im alten Römi­schen Reich eine „reli­gio illi­ci­ta“ war. Dann wür­de uns frei­lich ein sehr rau­er Wind ins Gesicht bla­sen und ich gebe zu, dass ich manch­mal ganz froh bin, dass sie es nicht tut. Aber das wäre der ein­zi­ge Weg zu einer Wie­der­ver­christ­li­chung der Gesellschaft.

      • @Traditiostreuer
        Ich sekun­die­re voll­stän­dig ihren Stand­punkt bezüg­lich Gene­ra­lis­si­mus Fran­co, Mini­ster­prä­si­dent Sala­zar und ganz beson­ders dem gro­ßen Mar­ty­rer­kaz­ler Dr. Egel­bert Doll­fuß (RIP). Frei­lich auch über die Macht­ha­ber Pino­chet-Ugar­te und Vide­la und ande­re treue Söh­ne der Kir­che im alten Kreuz­fah­rer­geist. Ich hät­te da vie­le Zita­te von Dr. Doll­fuß parat, die die heh­re katho­li­sche Gesin­nung die­ses groß­ar­ti­gen Strei­ters der katho­li­schen Sache wider dem nor­di­schen Neu­hei­den­tum bele­gen. Auch Bun­des­prä­si­dent Dr. Wil­helm Miklas hat Anspra­chen gehal­ten, die durch und durch die­ses unbe­ding­te Bekennt­nis zur katho­li­schen Reli­gi­on bekun­den. Wir (Alt)österreicher (ich bin Ungar) soll­ten nie­mals ver­ges­sen, daß der Feind unse­rer katho­li­scher Art zu leben immer der Preu­ße und der Deutsch­na­tio­na­le war, die öster­rei­chi­sche Idee war die­sen gemei­nen Ker­len immer ein Ärger­nis(. in Deutsch­land gibt es bei den neo-tra­di­tio­nel­len und ande­ren katho­li­schen Milieus auch heu­te noch vie­le Deutsch­tüm­ler und Hohen­zol­lern-Anbe­ter, frei­lich äußern sie sich codiert aber wer um ihrer Gesin­nung weiß kennt deren Grundlage.
        Auch die Ratz­in­ga-Ido­la­trie ist oft pha­sen­wei­se damit ver­bun­den „er ist ja Teut­scher, end­lich wie­der einer von uns“.)

        Möch­te aber auf etwas hinweisen.
        „Kle­ri­kal­fa­schis­mus“ u „Austro­fa­schis­mus“ (weder Fran­cos Spa­ni­en noch Dr. Doll­fuß‘ Öster­reich waren jemals„faschistisch“ son­dern kon­ser­va­tiv kor­po­ra­ti­stisch, restau­ra­tiv und auto­ri­tär ) ent­stam­men der nie­der­träch­ti­gen Kampf­rhe­to­rik des Kom­in­tern und ande­rer Sozi­al­sten. Das kön­nen Sie bei Otto Bau­er und ande­ren gemei­nen bol­sche­wi­sti­schen Ideo­lo­gen gut nachlesen.
        Mit die­sen Begrif­fen wird das Stre­ben und Rin­gen die­ser gro­ßen Söh­ne der Kir­che besu­delt und verleumdet.
        Die­se nie­der­träch­ti­gen Begrif­fe dür­fen wir uns nie zu eigen machen, denn sie ent­stam­men dem Pro­pa­gan­da­sprech unse­rer (dama­li­gen) und wohl auch heu­ti­gen Widersacher.

        Weih­nacht­li­che Grü­ße aus Gran/​Esztergom und mit dem edlen Prin­zen Eugen: Öster­reich über alles, wenn es nur will!

      • @ Tra­di­ti­ons­treu­er und Radkai
        Sie kom­men sich wohl bei­de sehr intel­li­gent vor, indem sie, das, was sie bei­de als die nega­ti­ven Sei­ten des Katho­li­schen emp­fin­den, als die katho­li­sche Posi­ti­on ausgeben.
        So ein Blöd­sinn! kann man zu ihren letz­ten Posts nur sagen.

      • „ein besorg­ter Christ“
        Und Sie sind ent­we­der Ahnungs­lo­ser oder füh­len sich als einer die­ser obig inkri­inier­ten „Teut­schen“ brüskiert.
        Ich tip­pe auf zwei­te­res. Aber egal.

      • Als Ergän­zung bezüg­lich Franco:
        Am 1. April 1939, vier Wochen nach sei­ner Krö­nung, sand­te Papst Pius XII. an Gene­ral Fran­co fol­gen­des Tele­gramm: „Unser Herz zum Herrn empor­he­bend, brin­gen wir Eurer Excel­lenz für den ersehn­ten katho­li­schen Sieg Spa­ni­ens unse­ren auf­rich­ti­gen Dank dar. Wir geben unse­rem Gelöb­nis Aus­druck, daß die­ses gelieb­te Land in dem erreich­ten Frie­den mit neu­er Kraft die alten christ­li­chen Tra­di­tio­nen über­neh­men möge, die es groß gemacht haben. Mit Gefüh­len herz­li­cher Zunei­gung sen­den wir Eurer Excel­lenz und dem gan­zen edlen spa­ni­schen Vol­ke unse­ren apo­sto­li­schen Segen.“

      • @ Rad­kaj
        und was wol­len Sie mit dem für die dama­li­ge Zeit im dama­li­gen poli­tisch kor­rek­ten Ton abge­fass­ten Tele­gramm beweisen?

        Die Kir­che kun­gel­te schon immer mit dem Mäch­ti­gen, weil die Kir­che zwar das Mar­ty­ri­um ehrt, aber die Pflicht hat, es von ihren Kin­dern fernzuhalten.

        Das ärgert die super­from­men (manch­mal zu Recht) und wird von den nicht­from­men gegen die Kir­che ins Feld geführt, und manch­mal geht die Kun­ge­lei auch zu weit, wenn näm­lich vor lau­ter Kun­ge­lei die Kin­der den Mäch­ti­gen zum Fraß vor­ge­wor­fen wer­den, wie in Mexi­ko damals in den 20ern.
        Oder wenn man aufs Kun­geln ver­zich­tet wie aktu­ell im Irak und in Syrien.

  3. Ein sehr inter­es­san­ter Artikel.
    Es ist äusserst wich­tig dar­auf hin­zu­wei­sen daß die Kath. Kir­che vom Anfang der Ent­deckung von Ame­ri­ka an die India­ner als Men­schen sah und sich um ihre Nöte und ihr Heil kümmerte.
    Bar­tho­lomé de las Casas war ein sehr tap­fe­rer Prie­ster- eine gera­de bei Prä­la­ten sel­te­ne Tugend;
    er bekam durch sein Auf­tre­ten vor den Rech­ten der India­ner sehr schnell Pro­ble­me mit Lokal­po­li­ti­kern und kirch­li­chen Obrigkeiten;
    Vom Autor nicht genannt, wur­de las Casas vom Papst Hadri­an VI (Adriaen Boey­ens) geschützt, und spä­ter auch vom Kai­ser Karl V, ehe­ma­li­ger Schü­ler v. Adriaen Boeyens).
    Um den bel­gi­schen Histo­ri­ker Piren­ne zu zitieren:
    „Man ist damals schon sehr früh sehr viel wei­ter gegan­gen als ander­orts und sehr viel später“.
    P. Adria­nus VI stand übri­gens ganz in der Tra­di­ti­on der spät­mit­tel­al­ter­li­chen Fröm­mig­keit mit star­ker mysti­schen Prä­gung, beson­ders des Kar­täu­ser­or­dens (Dio­ny­si­us d. Kar­täu­ser, Blo­me­ven­na) und der Brü­der des Gemei­nen Lebens- wor­aus der Huma­nis­mus in den Nie­der­lan­den ent­sprie­ßen soll­te und spä­ter die Anfän­ge der Con­trare­for­ma­ti­on mit dem Hl. Petrus Canisius.

    • @ Adri­en Antoine

      Ich sehe das ein klein wenig anders.

      Refor­ma­ti­on = Revolution
      Con­trare­for­ma­ti­on = Konterrevolution
      Reak­tio­nä­re sind die wah­ren Helden.

      Als der Kle­rus in DE gespon­nen hat, began­nen die Reak­tio­nä­re mit der Kon­ter­re­vo­lu­ti­on. DER FELS, Katho­li­sches und vie­le ande­re Publi­ka­tio­nen sind die Zeugen. 

      War­um Reaktionäre?
      Ein Mensch, dem der revo­lu­tio­nä­re Blöd­sinn zuviel wird, reagiert dar­auf. So ent­ste­hen die Reak­tio­nä­re. [Nur ganz neben­bei: Pegida]

      Das Wort „spin­nen“ neh­me ich nie zurück. Der „Geist des Kon­zils“, nicht der Hei­li­ge Geist waren und sind der Aus­lö­ser des „Spin­nens“, der ideo­lo­gi­schen Ver­blen­dung, des Ver­falls der Ver­nunft ganz kon­kret in einem ganz bestimm­ten Bereich.

      Lei­der hat der Kle­rus genau an die­ser Fra­ge nicht einen Hauch von Inter­es­se ent­wickelt. Lie­ber hat man sich mit der „Ent­wick­lung des Glau­bens“ beschä­figt und so den Rest verloren.

      Bei einer ENTWICKLUNG kommt von außen NICHTS NEUES dazu. Alles ist fest­ge­leg­tes Programm.

  4. Im Gegen­satz zu „sem­per catho­li­kus“ möch­te ich der Redak­ti­on dan­ken, dass sie die­sen Arti­kel von Wer­ner Rothen­ber­ger ver­öf­fent­licht hat. Zeigt er doch, dass die Dis­kus­si­on um Men­schen­rech­te und Men­schen­wür­de von katho­li­scher Sei­te – initi­iert durch die Mis­si­ons­or­den geführt wur­den und dass ein Papst, näm­lich Paul III, Men­schen­wür­de und Men­schen­rech­te als erster in sei­ner Bul­le „sub­li­mis Deus“ ein­ge­for­dert hat. Mich hat die­ser Gedan­ke immer mit Stolz erfüllt. Die Huma­ni­sten dage­gen kann­ten in ihrer Früh­zeit die Gleich­heit aller Men­schen in Wür­de und Recht nicht an. Sie hiel­ten am Bild der Anti­ke mit einer Gesell­schaft aus Frei­en und Skla­ven fest. Erst, nach­dem die Zeit über ihre Ideo­lo­gie hin­weg­ge­gan­gen war, haben sie mit der Tra­di­ti­on gebro­chen und tun heu­te so, als sei die For­de­rung nach Men­schen­recht und ‑wür­de schon immer ihre Ange­le­gen­heit gewe­sen… und sie tun es so erfolg­reich, dass ihnen noch geglaubt wird. So gut kann Lüge zu Lasten der Kir­che gedei­hen, Aber schon ein Blick in die Apo­stel­ge­schich­te zeigt, dass das Evan­ge­li­um allen ohne Unter­schied ver­kün­det wur­de: Skla­ven wie Freien.

    • Es stellt sich ange­sichts die­ser histo­ri­schen Pro­ble­ma­tik jedoch das Pro­blem, wie man denn mit sol­chen Men­schen ver­fährt, die ein­mal an den christ­li­chen Glau­ben her­an­ge­führt wor­den sind, ihn aber nicht ange­nom­men haben – nicht nur im fer­nen „Indi­en“, son­dern auch hier zu Hause.

      Ein erz­kon­ser­va­ti­ver Katho­li­zis­mus woll­te und will ja den Glau­ben auch hier „poli­zei­lich“ ver­ord­nen. Natür­lich glau­ben wir, dass der Frie­de nur in Chri­stus zu erhal­ten ist, aber was tun, wenn Men­schen Chri­stus nicht anneh­men wollen?
      Zwin­gen darf man nie­man­den, und mit die­sen Men­schen poli­tisch und mensch­lich umge­hen muss man trotzdem.

      Geht es nach Paul III., muss man sie las­sen und darf sie weder der Frei­heit, noch des Besit­zes berauben.

      Die Fra­ge wäre auch damals gewe­sen, wenn man nicht gewalt­tä­tig „mis­sio­niert“ und alles flä­chen­deckend „chri­stia­ni­siert“ hät­te: wie hät­te man denn in einem sol­chen Staats­we­sen zusammengelebt?

      Das ist näm­lich die moder­ne Fra­ge Europas.
      Und unwei­ger­lich lan­det man dann eben doch bei „Men­schen­rech­ten“ und der Fra­ge danach, wie „neu­tral“ dann ein Staat sein kann, darf oder sogar muss?!

      Die Kir­che war stets inter­es­siert, in dem Dilem­ma wenig­stens christ­li­che Für­sten oder son­sti­ge poli­ti­sche Expo­nen­ten zu gewin­nen und zu erhal­ten, um mit ihrer Dok­trin und Moral die Vor­herr­schaft zu behal­ten. Gewalt­tä­tig den­ken­de Katho­li­ken haben dar­aus aller­dings gemacht: man müs­se den Staat zu einer kirch­li­chen Mis­si­ons­funk­ti­on oder einem kirch­li­chen Block­wart umfunk­tio­nie­ren und alle Bür­ger unter das katho­li­sche Joch, des­sen Katho­li­zi­tät aller­dings ange­sichts der lehr­amt­li­chen Aus­sa­gen sehr frag­wür­dig war und ist (wie man ja schon an Paul III. sieht), drän­gen, zwin­gen und, ein­mal dar­un­ter gezwun­gen, gewalt­sam festhalten.

      In der auf­klä­re­ri­schen Dis­kus­si­on dar­um wer­den sich berech­tig­te mit unbe­rech­tig­ten Vor­wür­fen gemischt haben. Der fana­ti­sche poli­ti­sche und gewinn­süch­ti­ge Über­ei­fer unbe­ru­fe­ner „Katho­li­ken“ kol­li­dier­te mit dem fana­ti­schen poli­ti­schen und gewinn­süch­ti­gen Über­ei­fer von „Refor­mern“.
      Hät­te man nicht die­ses jahr­hun­der­te­lan­ge, unwür­di­ge Vor­spiel gehabt, hät­te sich die „Gewis­sens­frei­heit“ mit dem Vati­ca­num II nie­mals als Pro­blem gestellt…

      Denn eines darf nie­mand ableug­nen: die­se Den­kungs­wei­se, die Ungleich­heit auf ver­schie­de­nen Ebe­nen bis hin zur Unge­rech­tig­keit und Erstickung wah­ren Glau­bens pro­pa­giert hat, war (und ist) in erz­ka­tho­li­schen Krei­sen so viru­lent, dass es eine Bela­stung ist. Man muss nur die ein­schlä­gi­ge Lite­ra­tur kirch­li­cher Autoren des 19. Jh lesen – selbst­ver­ständ­lich gehen sie von Ungleich­heit an Wür­de aus, glau­ben an das „blaue Blut“ und zie­hen aus die­sen unka­tho­li­schen Prä­mis­sen pseu­do­ka­tho­li­sche Schlüs­se, und die Frei­mau­e­rerei bot sich als antia­ri­sto­kra­ti­scher Papp­ka­me­rad an, dem man nun alle Schuld, auch fürs eige­ne Irren, anla­sten konnte. 

      Die Fra­ge bleibt! Lei­der wur­de sie im 20. Jh nur auto­ri­tär, mei­stens sogar ver­bre­che­risch gelöst.
      Hier wäre ech­ter staats­theo­re­ti­scher, phi­lo­so­phi­scher Handlungsbedarf.

      • „Hier wäre ech­ter staats­theo­re­ti­scher, phi­lo­so­phi­scher Handlungsbedarf.“

        Viel­mehr gilt es, sich von der Staats­idee zu lösen. Als erster Schritt ist es schon hilf­reich, nicht jedes obrig­keit­li­che oder herr­schen­de Gemein­we­sen im Lau­fe der Geschich­te als Staat zu iden­ti­fi­zie­ren und wei­ters bei­spiels­wei­se Römer 13 nicht mehr mit die­ser Bril­le der Staats­gläu­big­keit zu lesen.

      • @zeitschnur:
        Da steht allen­falls obrig­keit­lich, so jeden­falls noch die mei­sten Übersetzungen.
        Staat­lich, wie wir es den­ken, gab es damals noch gar nicht.
        Es ist eine durch­schau­ba­re Unart gewor­den, mög­lichst jedes Herr­schafts­sy­stem jeder Zeit als Staat zu iden­ti­fi­zie­ren. Dies ist kein per­sön­li­cher Vor­wurf, son­dern ein all­ge­mei­ner, denn die man­geln­de Dif­fe­ren­zie­rung und die zuneh­men­de Ver­ein­nah­mung für das eige­ne (eta­ti­sti­sche) Wunsch­den­ken und den all­ge­mei­nen Staats­glau­ben sind all­ge­mein auf­fäl­lig.* Nach dem „Ende der Geschich­te“ will man das Heu­ti­ge wohl auch als Anfang und als das Immer­wäh­ren­de identifizieren.
        Als gera­de­zu selbst­ver­ständ­lich staat­lich Erzo­ge­ne fin­den wir auch gar nichts mehr dabei. Doch bei­des, die neu­zeit­li­che Staats­idee als auch die anma­ßen­de staat­li­che Erzie­hung (staat­lich straf­be­wehrt und seit 1938 sogar mit staat­li­chem Schul­zwang), sind jung und Aus­nah­men in der Geschichte.
        Sich, zunächst ein­mal gedank­lich, von der Staats­idee zu lösen, tut Not.

        *Es han­delt sich hier auch um einen Vor­gang der Selbst­ver­ge­wis­se­rung. Tat­säch­lich haben Akte der Selbst­ver­ge­wis­se­rung der Nomen­kla­tu­ra enorm zuge­nom­men, was an sich schon aus­sa­ge­kräf­tig ist.

      • @ Mister X

        In Römer 13 steht im kano­ni­sier­ten latei­ni­schen Wortlaut:

        „Omnis ani­ma pote­sta­ti­bus sub­li­mio­ri­bus sub­di­ta sit. Non est enim pote­stas nisi a Deo; quae autem sunt, a Deo ordi­na­tae sunt.
        Itaque, qui resi­stit pote­sta­ti, Dei ordi­na­tio­ni resi­stit; qui autem resistunt ipsi, sibi dam­na­tio­nem acqui­rent.“ (V. 1+2) „Ideo enim et tri­bu­ta prae­sta­tis; mini­stri enim Dei sunt in hoc ipsum instan­tes. Red­di­te omni­bus debi­ta: cui tri­bu­tum tri­bu­tum, cui vec­ti­gal vec­ti­gal, cui timo­rem timo­rem, cui hono­rem hono­rem.“ (V. 6+7)

        Da steht nir­gends, dass nur bestimm­te staat­li­che Gewalt, also die, die mir passt, zu respek­tie­ren sei, son­dern prin­zi­pi­ell jede.
        Der römi­sche Staat war ein heid­ni­scher Staat.
        Sie wis­sen, dass bereits Jesus die Fra­ge danach, ob man ihn ein­fach nicht aner­ken­nen brau­che, weil er ja nicht das (im jüdi­schen Sin­ne) Rech­te schüt­ze und för­de­re, abschlä­gig beant­wor­te­te: Nein: man muss auch sol­chen „Kai­sern“ geben, was ihnen gebührt. Eben­so Pau­lus. Jesus gestand ja dem Pila­tus zu, dass sei­ne „pote­stas“, die er habe, von Gott sei. Sei­nem Mör­der gesteht Jesus also zu, dass sei­ne Gewalt dazu legi­tim sei!

        Aus Ihrer Ant­wort ent­neh­me ich aber, dass Sie sich vor­be­hal­ten, wel­che „pote­stas“ sie über­haupt als „pote­stas“ aner­ken­nen wol­len. Und wie gesagt – im Text steht nichts von Obrig­keit, son­dern von „pote­stas“, und das ist ein an sich neu­tra­ler Begriff. Luther hat das mit „Obrig­keit“ über­setzt, was wört­lich zwar rich­tig (neu­tral ein­fach die „Obe­ren“) über­setzt ist, dem heu­ti­gen Men­schen aber sug­ge­riert, es gehe dabei nur um idea­le Mon­ar­chen, was aber dem latei­ni­schen Text nach Unsinn ist. Tho­mas von Aquin hät­te sich nie dazu ver­stie­gen, dar­un­ter nur „Mon­ar­chen“ zu ver­ste­hen, weil er die (römi­sche) Geschich­te kann­te und wuss­te, dass es vie­le staat­li­che Model­le auch schon in der Anti­ke gab…Republiken, Kon­suln, König­rei­che, Ari­sto­kra­tien, Politien…Auch Pau­lus hat­te selbst­ver­ständ­lich anti­ke Bil­dung und wuss­te das alles.

        Damit lie­gen Sie mit Sicher­heit also so nicht rich­tig, zumal auch das Lehr­amt stets zur Aner­ken­nung der staat­li­chen Gewalt – wel­cher auch immer – auf­ge­for­dert hat. Wich­tig ist dabei anzu­er­ken­nen, dass die Kir­che ja nicht bloß in Euro­pa leben­dig war. Lesen Sie die Enzy­kli­ka „Dil­ec­tis­si­ma nobis“ von 1933 von Pius XI.
        Ich ver­ste­he zwar, dass man bei einer berech­tig­ten Erbit­te­rung über den Staat aus­sche­ren will. Und es gibt Punk­te, an denen man Gott mehr gehor­chen muss als den Men­schen, aber das kann ein Katho­lik nie­mals gene­ra­li­siert auf den Staat an sich übertragen.

        Ihre Dif­fe­ren­zie­rung „eta­ti­sti­scher“ Model­le zu irgend­wel­chen ande­ren, die Sie lei­der nicht genau beschrei­ben und defi­nie­ren, erscheint mir gewollt. In einem Staat geht es immer um die Erstel­lung einer Rechts­ord­nung, um die Orga­ni­sa­ti­on der Wehr­haf­tig­keit und um ein Finanz­we­sen, die einer Ver­fasst­heit bedür­fen. Sol­che Ver­fasst­heit lag immer vor – im römi­schen Reich nicht anders als in einer moder­nen Demokratie.

      • Mann, o Mann, was macht man aus die­sem Bei­trag ? Was da alles zusam­men­la­bo­riert wird. Was soll denn das ? Ich hal­te den gan­zen Bei­trag für durch­aus entbehrlich.

      • @zeitschnur:

        Es gab damals kei­nen römi­schen Staat. Und sogar die Mün­zen, die das Kon­ter­fei Cäsers zeig­ten, waren des­sen pri­vat gemünz­tes Edelmetall.
        Das „Erstel­len einer Rechts­ord­nung“ ist rechts­po­si­ti­vi­sti­scher bis kon­struk­ti­vi­sti­scher Unfug; eine Rechts­ord­nung fin­det sich. Ande­ren­falls han­delt es sich um Vor­schrif­ten und die kön­nen eben­so pri­vat sein. Recht dient nicht Macht­ver­hält­nis­sen, son­dern der Lösung von Kon­flik­ten (öko­no­misch z.B. knappheitsbedingte).
        Auch die Orga­ni­sa­ti­on einer Ver­tei­di­gung (von was und wem eigent­lich?) erfolgt nicht zwin­gend staat­lich und obrig­keit­lich (die Cäsa­ren hat­ten ein pri­va­tes Söld­ner­heer). Im Gegen­teil wer­den durch Staa­ten (ein Abstrak­tum!) Unter­ta­nen nicht nur nicht ver­tei­digt, son­dern ange­grif­fen und in Gefahr und um Eigen­tum und ums Leben gebracht.
        Und ein Finanz­we­sen hat jedes Unter­neh­men auch, und auch dies ist also kein genui­nes Kenn­zei­chen von Staa­ten. Übri­gens hat ein Papst noch im 13. Jahr­hun­dert die Für­sten ermahnt, weil es ihnen nicht erlaubt ist, Steu­ern einzuheben.

        Unter Pote­stas (latei­nisch „Macht“, „Voll­macht“, „Mög­lich­keit“) ver­stan­den die Römer eine recht­li­che Ver­fü­gungs­ge­walt und Hand­lungs­voll­macht., so die Wiki­pe­dia. Damit wäre Pau­lus im Grun­de dabei, ein­fach das Recht des Stär­ke­ren zu postu­lie­ren. Dies hat er wohl nicht getan, da hal­te ich es lie­ber mit dem Ver­ständ­nis von Barth und Dibe­l­i­us. Die moder­ne Staats­idee ist ein Irr­tum und geht im wesent­li­chen auf Hob­bes zurück. Die Maß­ga­be, nach der der Obrig­keit begeg­net wer­den soll, schreibt Pau­lus ja mit dazu: Sie ist von Gott um der Gerech­tig­keit wegen da, kann also kei­nes­wegs rein for­mal begrün­det wer­den. Und der Christ soll sich nicht auf­leh­nen gegen die der­art Ober­ta­nen (Karl Kraus), er soll das Unter­tan­sein gedul­dig hin­neh­men, da die­se Kate­go­rie nicht sein The­ma ist. Pau­lus ermahnt zum Gehor­sam, im Rah­men der rech­ten Prio­ri­tä­ten­set­zung. Röm 13,1 hebelt aber nicht die Zehn Gebo­te aus. Ja, wie sie schrei­ben, man muß Gott mehr gehor­chen als den Men­schen, Aber wenn jede pote­stas aner­kannt wer­den muß, wäre der Tyrann­mord nicht legi­tim. Das ist doch alles Unfug, natür­lich muß man ange­tra­ge­ne For­de­run­gen prü­fen – und man muß Unrecht auch Unrecht nen­nen und Dumm­heit Dumm­heit und Scha­den Scha­den. Nur rebel­lie­ren, nur weil man unter­tan ist, dies ist nicht rech­tens. Wer aller­dings jede irdi­sche Macht von Gott legi­ti­miert sieht, kann nicht mehr von Recht und Moral spre­chen. Und dies tut Pau­lus sehr wohl.

        Mon­ar­chen habe nicht ich ins Spiel gebracht, son­dern Sie. Ich bin kein Mon­ar­chist, auch wenn ich mit H.H.Hoppe der Mei­nung bin, daß die Mon­ar­chie bes­ser als die Demo­kra­tie ist. (Es geht aber haupt­ran­gig nicht um uti­li­ta­ri­sti­sche Über­le­gun­gen.) Und ich ver­ste­he die katho­li­schen Über­le­gun­gen zur Mon­ar­chie als einer legi­ti­mier­ba­ren ver­ti­ka­len Herr­schaft gegen­über der unle­gi­ti­mier­ba­ren Gewalt­herr­schaft eines Demos. Der Demos ist, ich wie­der­ho­le mich hier, kei­ne maß­ge­ben­de Enti­tät und Kra­tie ist kein legi­ti­mes Mittel.

      • @ Mister X

        Ich hat­te nicht gesagt, dass Sie ein Mon­ar­chist sind, son­dern dass in der heu­ti­gen sprach­li­chen Auf­fas­sung die „Obrig­keit“ ger­ne als mon­ar­chi­sche Obrig­keit ver­stan­den wird (etwa so wie „Kai­ser Wil­helm“), dass der Begriff bei Luther vor 500 Jah­ren aber nur eben die „Obe­ren“ bedeutet.

        Mir ist nicht klar, auf wel­chen For­schungs­an­sät­zen Ihre Aus­füh­run­gen beru­hen. Dass der römi­sche Staat – zumin­dest mal der von Jesus ab bis zum Zusam­men­bruch kein „Ver­fas­sungs­staat“ im moder­nen Sinn war, mag ja zutref­fen. Aber in der römi­schen Repu­blik, die bis kurz vor Jesus war, gab es den­noch eine unge­schrie­be­ne Ver­fas­sung: http://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6mische_Republik
        Die römi­sche Herr­schaft ver­stand sich nicht als „Pri­vat­sa­che“. Und ob einer sich ein Söld­ner­heer, eine Berufs­ar­mee oder eine Bür­ger­wehr zusam­men­stellt, ist zwar nicht gleich, aber es geht dabei dar­um, Krie­ge zu bestehen und das Land zu schüt­zen – nicht sich pri­vat mit einer Secu­ri­ty zu umgeben.
        Auch waren Steu­er­schät­zun­gen wie die in und um Beth­le­hem kei­ne Pri­vat­sa­che des Kaisers.
        Sie mei­nen ver­mut­lich die Ver­schie­bung der per­sön­li­chen Ver­pflich­tung (auf einen Poten­ta­ten) hin zur Ver­pflich­tung auf „Recht“. Aller­dings war nach mit­tel­al­terl. Ver­ständ­nis auch der Poten­tat dem Recht unter­wor­fen! Die Ver­pflich­tung ihm gegen­über dach­te die Ver­pflich­tung aufs Recht mit – das ist so, wie wir in unse­rer Anhäng­lich­keit an den Papst mit­den­ken, dass er die wah­re Leh­re schützt!

        Wenn Tho­mas von Aquin in sei­nem Brief an den König von Zypern rät, die Gefahr der Tyran­nei zu ver­rin­gern durch eine Ver­fas­sung, die dem König mög­lichst kein unum­schränk­tes Recht zuge­ste­he, dann dürf­te das alles doch etwas schwie­ri­ger sein, als Sie es darstellen.

        Sie erwäh­nen den Tyran­nen­mord und sagen, er sei legi­tim. Ja – er ist nach Tho­mas von Aquin eben nicht legitim!

        Legi­tim ist, einen Tyran­nen abzu­set­zen, und dies nur dann, wenn eine Füh­rungs­schicht unter ihm sich dar­über einig wird – nach Tho­mas geht es nicht, dass eine Split­ter­grup­pe aus sub­jek­ti­ven Grün­den einen Umsturz durch­führt. Das machts meist noch schlim­mer, meint er.

        Dass ein Papst gene­rell dem Für­sten das Steu­er­neh­men ver­bo­ten haben soll, glau­be ich erst, wenn ich die Quel­le vor Augen habe – nach Jesus und Pau­lus ist es legitim!

        Sicher geht es bei der staat­li­chen pote­stas um das Schüt­zen der Rechts­ord­nung (Pau­lus), aber erst, wenn die Rechts­ver­hält­nis­se per­ver­tiert wer­den, tritt das „Gott mehr gehor­chen“ in Kraft.

        Es ist doch völ­lig gleich, auf wel­chem Kon­strukt ein Staat beruht – er ist nötig, um das Gemein­we­sen zu ord­nen und zu befrie­den. Das hat der Katho­lik anzu­er­ken­nen. Da die Din­ge die­ser Welt ohne­hin nicht sein Ziel sein kön­nen, ist er nicht beauf­tragt, sich an der Poli­tik abzuarbeiten!

        Das kri­ti­se­re ich doch selbst per­ma­nent v.a. an den Tra­dis und ihrem rechts­ka­tho­li­schen Staats­wahn – da kommt nur Leid, Lug und Trug dabei her­aus, unser Ziel geht drü­ber hinaus.

        Ich hal­te mich an das, was das recht­gläu­bi­ge Lehr­amt dazu gesagt hat.

      • @zeitschnur:

        Dies scheint der letz­te „com­mon sen­se“, das letz­te allen Katho­li­ken Hei­li­ge zu sein, den „alten“ und den moder­nen: der Staat.

        Die­ser Befund genügt mir eigent­lich schon, um zu ahnen, daß da etwas nicht stimmt. Selbst über theo­lo­gi­sche und chri­sto­lo­gi­sche Dog­men wird dis­ku­tiert, über das Dog­ma­ti­sie­ren selbst und alles mög­li­che herrscht eit­le Kon­tro­ver­se: Allein „der Staat“ ist sakrosankt.

        Dabei brau­che ich auf so klei­ne Details wie jenes, daß „der Staat“, als der über­haupt größ­te Rechts­bre­cher, wohl kaum Gewährs­kraft für Ord­nung und Frie­den sein kann (und er ist es auch nicht), gar nicht hizu­wei­sen. Es gibt natür­lich das Phä­no­men Staats­ge­walt (de Jou­ve­nel). Da gilt es daher, die­ses Unge­heu­er ein­zu­gren­zen, denn ent­fes­selt ist die­ses im Klei­nen wie im Gro­ßen von Scha­den. Man kann das Böse nicht mit dem Über­bö­sen bekämpfen. 

        Daß Jesus aus­drück­lich Steu­ern legi­ti­miert fin­det sich nir­gends im kano­ni­sier­tem Text der Bibel und die Inter­pre­ta­ti­on des Kai­sers (!) Mün­ze kann viel zutref­fen­der als blo­ße Legi­ti­ma­ti­on irdi­schen (Privat)eigentums ange­se­hen wer­den (sie­he dazu auch Röbert Grö­zin­gers Aus­füh­run­gen). Jeden­falls beant­wor­tet Jesus die ihm gestell­te Fra­ge nicht mit Ja.
        Davon abge­se­hen, daß noch zwi­schen Tri­but und Steu­ern zu unter­schei­den ist.
        Es nutzt nichts, und dies war mein eigent­li­ches Anlie­gen in die­sem Dis­put (meist haben wir ja kei­nen Dis­sens), ver­gan­ge­nen Zei­ten unse­re Sicht­wei­se und Begrif­fe auf­zu­drücken. Mir scheint dies schlicht Selbst­be­frie­di­gung zu sein, Wich­tig­tue­rei und Selbst­ver­ge­wis­se­rung, daß die Welt immer schon so war, wie wir sie heu­te sehen. Und das paßt nicht.

        Sie wol­len dies bit­te tren­nen: Mei­ne Kri­tik an der Mani­pu­la­ti­on der Begrif­fe zum zwei­fel­haf­ten Sieg einer (post)modernen Deu­tungs­ho­heit über die Geschich­te – und mei­ne Kri­tik an Staat­lich­keit und Steuern.

        Ein Gemein­we­sen, wel­ches syste­ma­tisch (zumal mit Aber­tau­sen­den Vor­schrif­ten in fast allen Berei­chen) auf Gewalt beruht (kra­tie), ist doch schon dadurch unrecht begrün­det. Wer glaubt, Ande­ren Geld (Umver­tei­lung), Kin­der (Bildung/​Formung) oder Män­ner (Krieg) nach eige­nem oder par­tei­gän­ge­ri­schem Gusto weg­neh­men zu dür­fen, des­sen Gedan­ken sind schon in Unord­nung. Und er wird Unfrie­den säen. Auch die Idee, daß „Staat“ etwas neu­tra­les Drit­tes meint, wel­ches Men­schen befrie­det, zer­schellt an der unaus­weich­li­chen Rea­li­tät, daß auch die Ver­tre­ter und „Hohe­prie­ster“ die­ser Fik­ti­on nor­mal­sterb­li­che Men­schen sind. Und eben­so wird mensch­li­ches Han­deln nicht ein­fach dadurch ver­edelt, daß sich ein Mensch oder sein Brief­pa­pier mit „Staat“ beschrif­tet. Der neu­zeit­li­che Glau­be refor­mie­ren­den Fort­schritts, die gan­ze Idee ver­bes­sern­der Insti­tu­tio­na­li­sie­rung erscheint mir deut­lich als Aus­fluß einer Säku­la­ri­sie­rung des heils­ge­schicht­li­chen Gedan­kens. Dies beruht auf einem Miß­ver­ständ­nis: Die Kir­che, als erste wahr­ge­nom­me­ne Insti­tu­ti­on (Ber­man, Recht und Revo­lu­ti­on), ist ja nicht heil­sam, weil sie Insti­tu­ti­on ist, son­dern weil sie Braut Christi.

      • @ Mister X

        Wir sind eigent­lich nicht weit ent­fernt, und ich bin gewiss kei­ne Ver­tre­te­rin einer undif­fe­ren­zier­ten Obrigkeitshörigkeit.

        Ich sehe aller­dings nicht, dass die Befrie­dung von Gemein­we­sen als prin­zi­pi­el­le Auf­ga­be sich heu­te so sehr viel anders dar­stellt als heute.
        Ein Mon­arch war natür­lich kein pri­va­ter Herr­scher im moder­nen Sin­ne (auch die­sen Begriff von „pri­vat“ gibt es ja erst in der Moder­ne!!!) – das ist m.E. eine absur­de Vor­stel­lung – oder Sie müs­sen den Unter­tan eben­falls als „Pri­vat­ei­gen­tum“ defi­nie­ren, und dann sind wir wie­der bei der Moder­ne bzw. Post­mo­der­ne, die eben dies ja auf ihre Wei­se ver­sucht. Die Frei­heit unter dem Zugriff von Regie­run­gen war eine kur­ze Fik­ti­on von 200 Jahren…
        Der Unter­tan hat­te gefäl­ligst zu hüp­fen und zu sprin­gen wie der Mon­arch es wollte.

        Dass ich mit die­ser Ansicht haar­ge­nau rich­tig lie­ge, bezeugt schon das AT: Dort beschreibt Gott selbst den Israe­li­ten, was ein König für Rech­te an ihnen haben wird – alles das, was Sie erst einer moder­nen Zeit zuschrei­ben wollen…(lesen Sie 1. Sam. 8, 11 ff)

        Nun sehen Sie aber an den vor­lie­gen­den Dis­kus­sio­nen beson­ders bei den Ultra­kon­ser­va­ti­ven hier, dass sie den­ken, der Glau­be kön­ne nur dann leben, wenn der Staat ihn schüt­ze und poli­zei­lich erzwinge.
        Die Gegen­re­ak­ti­on war: einen Staat zu schaf­fen, der poli­zei­lich erzwingt, dass nie­mand mehr poli­zei­lich zum Glau­ben gezwun­gen wer­den darf.

        Für mich sind das alles Irr­we­ge – wir haben für irdi­sche Rei­che oder als „irdi­sches Reich“ kei­ner­lei Verheißung.

        Es bestürzt mich – wie immer man poli­tisch sei­ne Vor­lie­ben hät­scheln mag – dass die mei­sten Katho­li­ken ein­fach nicht Abschied genom­men haben von der Macht die­ser Welt und ihrer Rei­che. Sie wol­len nicht in den Him­mel kom­men, son­dern hier einen Him­mel schaffen.

        Das macht sie alle­samt zur leich­ten Beute.
        Und das ist der ein­zi­ge Grund für mei­ne Reser­viert­heit dagegen.

        Dass man nicht alles durch die Bril­le der Gegen­wart lesen darf, darf ande­rer­seits nicht dazu füh­ren, dass man die Kon­ti­nui­tät mensch­li­cher Bedin­gun­gen (der „con­di­ti­ons humain­es“) ver­wirft. Es gibt nichts Neu­es unter der Son­ne, auch poli­tisch nicht, lehrt uns der Apo­stel Pau­lus. Mensch bleibt Mensch.

        Das Rad kann auch kaum zurück­ge­dreht wer­den. Die staat­li­che Ver­kom­pli­zie­rung der Rech­te hängt wesent­lich an einer tech­ni­schen Ent­wick­lung, die gera­de im Wirt­schafts­le­ben so viel mög­lich macht, dass sich die Erfor­der­nis­se heu­te mit denen vor Jahr­hun­der­ten nicht ver­glei­chen las­sen. Was anno dazu­mal an Rech­ten genüg­te, ist heu­te auf­grund die­ser wesent­lich grö­ße­ren Mög­lich­kei­ten nicht mehr ausreichend.
        Ich habe das Buch Gröt­zin­gers gele­sen, fin­de es auch sehr sacharf­sin­nig, bezweif­le aber sei­nen Begriff von „ech­tem“ Kapi­ta­lis­mus – das dürf­te nicht mög­lich sein. Die Gesetz­ge­bung wird zwin­gend an ver­schie­de­nen Stel­len regu­lie­rend ein­grei­fen müs­sen, und schon sind wir wie­der auf der Ebe­ne, die er ger­ne ver­las­sen würde.

      • Ja, tat­säch­lich sind wir gar auch hier dann doch nicht so weit ent­fernt wie es anfangs aus­schau­te, ist halt doch ein katho­li­scher Geist in dem wir denken … 😉
        Da bleibt mir nur noch der Hin­weis, daß ich mit dem letz­ten Punkt, der ja enorm weit ver­brei­tet ist, nicht über­ein­stim­me. Eigent­lich muß ich es rela­ti­vie­ren, denn es mag so sein, wenn man alles beherr­schen will. Die­se Idee gehört ja zu den Grund­the­sen des Faschis­mus, dem sie ja offen­sicht­lich nicht anhän­gen, wenn auch hier zu fol­gen schei­nen: „Wir waren die Ersten, die erklärt haben, daß die Frei­heit des Indi­vi­du­ums umso mehr beschränkt wer­den muß, je kom­pli­zier­ter die Zivi­li­sa­ti­on wird.“*
        Tat­säch­lich ist es anders­her­um: Wir brau­chen Frei­heit. natür­lich nicht aus Grün­den der Lenk­bar­keit, son­dern dar­um, daß Kom­ple­xes über­haupt funk­tio­niert. Sowohl im Bereich der Auf­bau­or­ga­ni­sa­ti­on als auch in der Infor­ma­tik und Kyber­ne­tik (Stich­wort Regel­ab­stand) ver­has­peln sich alle kom­plex wach­sen­den Syste­me frü­her oder spä­ter, wenn sie dies nicht berück­sich­ti­gen. Es ist halt genau andersherum.**
        Das Dik­tie­ren von fast einer Mil­lio­nen Vor­schrif­ten bei­spiels­wei­se allein in Deutsch­land ist wohl dann doch eher demo­kra­ti­schem „Lebens­ge­fühl“ zuzu­rech­nen, daß man eben alles (mit)bestimmen will.
        Hier gilt es dann auch ein­mal mehr die Kir­che zu bewun­dern, die durch eine fla­che Hier­ar­chie und das Sich­be­schrän­ken auf dann doch nur weni­ge Grund­sät­ze, nicht umsonst eine so lan­ge und wun­der­ba­re Wir­kung ent­fal­ten konn­te. Auch hier wird die Frei­heit des Chri­sten­men­schen sicht­bar und scheint durch die irdi­sche Unvoll­kom­men­heit das Para­dies, Got­tes „Uto­pia“ durch. Es ist leicht, zu glau­ben, wenn man sol­che Spu­ren hat.

        *http://ibif-zitateblog.blogspot.de/search/label/Benito%20Mussolini
        **Bei­spiel Städ­te: Die konn­ten erst so wach­sen wie heu­te als wie­der Indi­vi­du­al­ver­kehr auf­kam. (Was heißt hier Indi­vi­du­al­ver­kehr? Auch nichts ande­res, als daß der Reg­ler nahest­mög­lich beim Han­deln­den ist.)

      • @ mister X

        das habe sie aber gut her­aus­ge­ar­bei­tet, das das mei­ste was wir so mei­nen, wenn wir ganz ver­klärt Demo­kra­tie oder Staat sagen, nichts ande­res ist, als ins welt­li­che gekipp­te christ­li­che Hoffnung.

        Viel­leicht ist es nur dazu gekom­men, (den blu­ti­gen Revo­lu­tio­nen) weil die Köni­ge und Kai­ser mit­samt ihren Hof­schran­zen es auch so gese­hen haben und dem Kle­rus die Staats­rä­son wich­ti­ger war, als Christus.
        Und im Grun­de machen die­je­ni­gen die von der Wie­er­rer­rich­tung der Mon­ar­chie träu­men und den­ken, es läge an der Form, dass alles bes­ser wür­de den glei­chen Fehler.

      • ..Ver­zei­hung, da ist ein Flüch­tig­keits­feh­ler. Ich schrieb: „Ich sehe aller­dings nicht, dass die Befrie­dung von Gemein­we­sen als prin­zi­pi­el­le Auf­ga­be sich heu­te so sehr viel anders dar­stellt als heu­te.“ – Es muss natür­lich hei­ßen: „.…sich in frü­he­ren Zei­ten sehr viel anders stellt als heute…“

        Die katho­li­sche Debat­te krankt ein­fach an so vie­len Wider­sprü­chen. So wie Kar­di­nal Bur­ke tra­di­tio­na­li­stisch tut, aber den­noch dem Papst übel­nimmt, dass er die Mehr­heits­ver­hält­nis­se unter den Bischö­fen nicht berück­sich­tigt – also ein rein „demo­kra­ti­sches“ Argu­ment vor­trägt (neben dog­ma­ti­schen Argu­men­ten), so ist auch die poli­ti­sche Argu­men­ta­ti­on ver­schro­ben: wenn die­sel­ben Katho­li­ken, die am lieb­sten die Demo­kra­tie abschaf­fen wol­len, sich dar­über erre­gen, dass Hol­lan­de in Frank­reich den „Vol­kes­wil­len“ nicht aner­ken­nen wür­de, wenn man­che sich in Deutsch­land wegen des Schul­we­sens dar­über erre­gen, dass die Schul­pflicht ein „Ver­stoß gegen die Men­schen­rech­te“ sei – sich also des­sel­ben Kon­struk­tes bedie­nen wie die Athe­isten, das sie doch sonst so vehe­ment bekämp­fen als sata­ni­sche List – das stimmt doch alles nicht zusam­men. Man beruft sich auf demo­kra­ti­sche (Menschen-)rechte, wo es einem passt, obwohl man die­sel­ben eigent­lich prin­zi­pi­ell ablehnt – das ist in sich widersprüchlich.
        So schrie auch der in Tra­di­k­rei­sen fast wie ein Mär­ty­rer ver­ehr­te Prä­lat Mäder Zeter und Mor­dio, als er öffent­li­che und poli­ti­sche Wider­stän­de erfuhr, for­der­te aber sei­ner­seits jahr­zehn­te­lang voll­mun­dig, man müs­se alle Frei­den­ker ein­sper­ren und ihre Wer­ke ver­nich­ten, um nicht von sei­ner Selig­prei­sung des mit­tel­al­ter­li­chen Schei­ter­hau­fens – natür­lich nur für die ande­ren! – zu reden. Man darf sich nicht wun­dern, dass sol­cher „Katho­li­zis­mus“ die Men­schen abstößt und ver­bit­tert, eine Welt­sicht, die sich selbst alles, dem andern nichts erlaubt, die sich die ver­hass­ten poli­ti­schen For­de­run­gen auf die Fah­nen schreibt, wenn sie ihm pas­sen und sie ver­teu­felt, wenn ihre eigent­li­chen Erfin­der sie auch haben wollen…

      • Haben Sie sich schon mal über­legt, wer­te Frau zeit­schnur, dass das, was sie sehen – die „Wider­sprüch­lich­keit“ – gera­de das ist, was das Katho­li­sche ausmacht?
        Haben Sie nie gehört, dass das katho­lisch­ste Wort über­haupt das berühm­te et…et ist.
        Christ­li­che Kul­tur ist ein Wider­spruch in sich, hat mal ein klu­ger Mann gesagt, aber den­noch müs­sen wir sie immer wie­der bauen.
        Mir scheint sie suchen die idea­le Gemein­schaft auf der Erde und ver­ste­hen nicht, dass die Kir­che das Instru­ment ist, um uns erst mal dahin zu führen…

  5. Das gan­ze Gequat­sche über das angeb­li­che Leid der India­ner hat nur einen Hin­ter­grund, ihre Chri­stia­ni­sie­rung. Das ist der Punkt war­um sie uns den edlen Wil­den als heroi­sches Opfer immer wie­der ins Gedächt­nis rufen. Der Mon­go­len­sturm von Dschin­gis­khan über die hal­be Welt inter­es­siert über­haupt kei­nen. Übri­gens wenn die India­ner zuerst christ­lich gewor­den wären und nach Euro­pa gekom­men und hät­ten das­sel­be mit uns gemacht wie die Spa­ni­er damals mit ihnen dann wäre sie heu­te die Bösen und wir die armem Ver­folg­ten auch wenn wir Men­schen­op­fer gebracht hät­ten wie sie damals. Ich wür­de sagen das wir Katho­li­ken uns an der Mut­ter Got­tes von Gua­d­a­lu­pe ori­en­tie­ren soll­ten und nicht am angeb­lich huma­nen Gegrun­ze die­ser Welt.
    Per Mari­am ad Christum.

    • Men­schen­op­fer haben die Azte­ken gebracht. Woher wis­sen Sie, dass das auch über­all in Süd­ame­ri­ka gesche­hen ist? Quellen?

      Es mag ja sein, dass man­che ganz undif­fe­ren­zier­te Leu­te das so sehen, wie Sie es beschrei­ben. Aber da damals selbst der Papst ein­schrei­ten muss­te, dürf­te hier ja wohl doch ein Pro­blem vor­ge­le­gen haben, mei­nen Sie nicht?

      Die Indi­os müs­sen – nach den Quel­len der Jesui­ten, die ich gele­sen habe – vor allem krie­ge­risch gewe­sen sein und all ihre Talen­te nur ins Krieg­füh­ren gegen­ein­an­der gesteckt haben. Sie waren, was ande­re kul­tu­rel­le Ebe­nen betrifft, wohl „pri­mi­tiv“, hat­ten kaum Klei­dung, beherrsch­ten fast kei­ne hand­werk­li­chen Tech­ni­ken etc. Gera­de die Gua­ra­ni, unter denen die Jesui­ten mis­sio­nier­ten, prak­ti­zier­ten nach Sie­gen auch Kan­ni­ba­lis­mus als reli­giö­se Kulthandlung.

      Aber wie der Papst Paul III. es schreibt, nah­men sie bereit­wil­lig das Ange­bo­te­ne an: den Glau­ben (sofern fried­lich dar­um gewor­ben wur­de), aber sie lern­ten auch mit Eifer ver­schie­de­ne Hand­wer­ke und da sie künst­le­risch sehr begabt, über­durch­schnitt­lich begabt sein müs­sen, ent­stan­den bald die schön­sten Bau­wer­ke, Möbel, Klei­der, ja sogar barocke Kompositionen.

      Wenn heu­te mit­ten in der para­gua­ya­ni­schen Pam­pa in einem Dorf alle Bewoh­ner und Bewoh­ne­rin­nen Gei­ge spie­len, und auch ihre Gei­gen und Bögen selbst her­stel­len, dies aber auf so hohem Niveau, dass sie damit die Auf­merk­sam­keit der gan­zen Welt errei­chen kön­nen, dann mag das noch die­sen Ein­druck der Jesui­ten damals spür­bar machen: das waren ver­wil­der­te, aber hoch­be­gab­te Völ­ker, die gera­de­zu danach lechz­ten, dass man ihnen einen klei­nen Impuls gab. Umso bestia­li­scher ihre Abwer­tung, Ver­skla­vung und Ausbeutung!
      Wo die Jesui­ten waren, gedenkt man ihrer Mis­si­on bis heu­te mit Ehr­furcht und Dankbarkeit.
      Auch die säku­la­re Geschichts­schrei­bung hat Hoch­ach­tung vor dem dama­li­gen Werk der Jesui­ten, auch man­cher Dominkaner.

      • Seit wann ist es Auf­ga­be der Mis­si­on im Namen des Herrn, die Hei­den im Gei­gen­bau­en zu unter­wei­sen? Ich glaub’s nicht…
        Es war, ist und wird immer blei­ben als Auf­ga­be der Mis­si­on, die Hei­den im Rosen­kranz, Kate­chis­mus, Maria und Anbe­tung zu unter­wei­sen. Gera­de dies­be­züg­lich­lag es mit der Jesui­ten­mis­si­on im Argen, wie man nicht zuletzt an der völ­lig zeit­gei­sti­gen Kir­che in Para­gu­ay sehen kann.

      • Sie haben’s nicht kapiert: die Jesui­ten haben mis­sio­niert UND die India­ner auch sonst kul­tu­rell unterwiesen.

        Ihr Katho­li­zis­mus ist ohne Kultur?

      • „Kul­tur“ ist Men­schen­werk. Und davon steht im Mis­si­ons­be­fehl des Herrn nichts drin. „Katho­li­sche Kul­tur“ ist nichts ande­res als die Wah­rung der Tra­di­ti­on. Zu der aber gehört Gei­gen­bau­en nicht dazu.

      • Ange­sichts der völ­li­gen Ver­wü­stung des kirch­li­chen Lebens in ganz Euro­pa fin­de ich es etwas weit her­ge­holt, aktu­el­le Miß­stän­de in Latein­ame­ri­ka an ein oder zwei Jesui­ten­mis­sio­nen in Para­gu­ay fest­zu­ma­chen, die dort vor hun­der­ten Jah­ren gewirkt haben.

      • @ Tra­di­ti­ons­treu­er

        Mei­ne Güte, ist das beton­köp­fig! Wol­len Sie im Gras­rock (ist das schon zu viel Kul­tur?) auf den Bäu­men sit­zen und dort Hal­le­lu­ja brüllen? 

        Was mei­nen Sie wohl, wie es dazu kommt, dass wir schö­ne Kir­chen, Fres­ken, Orgeln, reich bestick­te und gewirk­te Mess­ge­wän­der etc. etc. haben? Woher kommt der Mess­wein und wer backt die Obla­ten? Und wie­so hat­te Jesus ein wert­vol­les Gewand und sag­te, man soll die Nack­ten klei­den? Sol­che wie die nack­ten Indi­os, die nicht wuss­ten, wie man Klei­der macht?

        Wahr­schein­lich haben Sie dann auch was gegen Pfle­ge­or­den – es genügt rosen­kranz­be­tend zu ver­en­den, mög­lichst nackt, denn andern­falls müss­te man ja Klei­der nähen anstatt zu lob­sin­gen. und das Sin­gen ist auch zu viel – es reicht doch wie ein Urwelt­tier zu grun­zen – der lie­be Gott weiß dann schon, wie es gemeint ist…

        Sie sind in der fal­schen Reli­gi­on, fürch­te ich. Gehen Sie zu den Hin­dus – da kennt man sol­che Allüren.

        Sie brin­gen die Kir­che jeden­falls in Ver­ruf und dar­um wider­spre­che ich Ihnen nachdrücklich.

      • Wer hier durch Dau­er­nest­be­schmut­zung der gesamt­ne Tra­di­ti­on die Kir­che in Ver­ruf bringt, ist wohl jemand ganz andere…

      • Frau zeit­schnur hat in vie­lem mehr als recht, das ist nicht zu leugnen.
        Sie sieht scharf und macht sich nichts vor, will sich nichts vor­ma­chen lassen.
        Was aller­dings trau­rig ist, ist dass sie nicht dahin kommt fest­zu­stel­len, „Die Kir­che ist ein Hau­fen von SÜn­dern, und wäre sie es nicht so könn­te ich nicht in der Kir­che sein!“
        Oder um es mit Eras­mus von Rot­ter­dam zu sagen.
        „Ich ertra­ge die Kir­che in der Hoff­nung,. dass sie bes­ser wird,. und auch sie erträgt mich in der Hoff­nung, dass ich bes­ser werde!2

        Wir müs­sen uns immer im Kla­ren sein, dass Chri­stus gekom­men ist Sün­der zu rufen und das kann man beim Blick in die KIr­chen­ge­schich­te ler­nen, auch wenn die „ande­ren“ da oft über­zeich­nen, aber der Rauch den sie sehen, der hat in der Tat ein Feuer.
        Nur kommt es jetzt auf den Schluss an den ich siehe:
        Die einen sagen „Was für ein eke­li­ger Hau­fen, weg mit ihr, der Infamen!“
        Die ande­ren sagen „Alles was man aus der KIr­chen­ge­schich­te ler­nen kann, ist dass die Kir­che Gott gewollt und Gott geführt ist, sonst wäre sie schon längst unter­ge­gan­gen!“ (Und das kann man auch aus der Geschich­te Isra­els ler­nen, in die­sem Volk lebt ein Geheimnis)
        und dann gibt es die drit­ten, die sagen „Ach nee, in der Kir­che gibt es nur gute Men­schen, und die bösen, dass sind die außer­halb, und wer was ande­res behaup­tet ist ein Lüg­ner!“ das ist nicht zielführend.

      • Fro­he Weih­nach­ten, Frau besorg­te Chri­stin, Sie wis­sen wie­der mal mehr über mich als ich selbst…

        Natür­lich sind die Chri­sten Men­schen, denen die Ver­fan­gen­heit in der Sün­de noch anhängt.

        Des­we­gen darf aber die Leh­re nicht falsch wer­den und die Leh­re nicht umge­setzt wer­den in per­ver­tier­ten Machterhaltungskatholizismus.

        Damit, dass wir alle Sün­der sind, kann man auch eine Wischi­wa­schi-Schwammd­rü­ber-Theo­lo­gie pro­pa­gie­ren, die nichts als Unklar­heit und Ver­wir­rung anrichtet.

        Sua­vi­ter in modo, for­ti­ter in re – dem ein­zel­nen Sün­der begeg­net man mil­de (weil man sel­ber einer ist). In der Sache aber: aller­größ­te Kon­se­quenz und Klarheit.

        Und das ist Frau Zeit­schnur Rich­tung – jeden­falls von der Absicht her. Ich wer­de meist per­sön­lich ange­macht, wenn die Argu­men­te aus­ge­hen, es ist schwer, das immer sach­ori­en­tiert auszuhalten.

        Das wäre näm­lich auf mei­ner Wunsch­li­ste fürs näch­ste Jahr: dass die mei­sten hier mal einen Kurs in Sach­ori­en­tiert­heit neh­men, in fai­rem Dis­kurs, in Humor und Respekt vor dem, der anders denkt als man selbst. Ich hab zwar nicht immer recht, aber ich hab mir immer was gedacht bei mei­nen Kommentaren.

        Lei­der redet kaum einer hier von Jesus und Maria – im Gegen­teil, das löst Aggres­sio­nen übel­ster Art aus. Manch­mal könn­te man den­ken, es geht mit dem teu­fel zu bei die­sem Agres­si­ons­po­ten­zi­al. Sind wir nur „Sün­der“ oder erge­ben wir uns dem Satan (und mer­kens nicht ein­mal)? Da ist für mich noch eine Dif­fe­renz, denn let­ze­res dürf­te in der Kir­che nicht sein!

        Wer jeden­falls Jesus liebt und sich vor­stellt, welch ein wun­der­sa­mes Gesche­hen das war, als Gott sich in einer Frau ein­ni­ste­te und in ihr wuchs und wuchs, bis er aus ihr her­vor­ging, der wird sich nicht damit zufrie­den geben, dass wir halt alle Sün­der sind, son­dern danach stre­ben, die­sem Herrn zulie­be das Beste, sich selbst mit Haut und Haar, darzubringen.
        Wie Maria eben!

  6. Wir durch­le­ben der­zeit auch wie­der so eine Pha­se der Deka­denz. Die Über­le­gen­heits­ideo­lo­gie brei­tet sich mehr und mehr aus, wer etwa der ent­schä­di­gungs­lo­sen Aus­brei­tung der Juden in Palä­sti­na wider­spricht und eine men­schen­wür­di­ge Behand­lung der Urein­woh­ner Palä­sti­nas for­dert ist ein Anti­se­mit und Judenhasser.

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