(Wien) Der 2009 ernannte und doch in einer beispiellosen Hetzkampagne verhinderte Weihbischof Gerhard Maria Wagner der Diözese Linz stellte heute sein neues Buch vor und redete Klartext. 2009 war der oberösterreichische Pfarrer Wagner Opfer des Bischof-Bashings geworden, einem in tonangebenden Kreisen beliebtem Jagdspiel. Nun sagte er, die Kirche in Österreich befände sich nicht nur in einem bedenklichen Zustand, sondern sei ein „Saustall“, in dem es „stinkt“.
Pfarrer Wagner 2009 Opfer des Bischof-Bashing
Die Liste der Opfer des Bischof-Bashing ist bereits beachtlich. Sie reicht von Bayern mit Bischof Walter Mixa von Augsburg über Hessen mit Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst von Limburg über Graubünden mit Bischof Wolfgang Haas von Chur bis Niederösterreich mit Bischof Kurt Krenn von St. Pölten. Die Verhinderung von Pfarrer Gerhard Maria Wagner 2009 als Weihbischof von Linz stellt eine Sondervariante des Jagdspiels dar. Wagner ließ man erst gar nicht sein Amt antreten.
Die Jagd gelingt nur, weil maßgebliche und hohe Kirchenkreise Interesse am Abschuß inhaltlicher oder persönlicher Konkurrenten haben und sich tatkräftig hinter den Kulissen beteiligen.
Der Kampf gegen Wagner kam einer exemplarischen Hinrichtung gleich, dabei sollte der Windischgarstener Pfarrer eigentlich nur Weihbischof, also Hilfsbischof von Linz werden. Ein Hilfsbischof hat nur soviel Entscheidungsbefugnisse als ihm der zuständige Diözesanbischof anvertraut, und die er ihm auch jederzeit wieder entziehen kann. In der Diözese Linz ging jedoch der Schrecken um, die Ernennung von Weihbischof Wagner durch Papst Benedikt XVI. käme einer frühzeitigen Weichenstellung für die Bischofsnachfolge gleich und Wagner solle, wenn Diözesanbischof Ludwig Schwarz 2015 sein 75. Lebensjahr vollendet und emeritiert wird, dessen Nachfolger werden.
Nicht nur die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) schreibt Linz gerne als „Links“. Vergleichbares ließe sich auch vom hauptamtlichen Mitarbeiterapparat der Diözese sagen. Zumindest vom einflußreicheren Teil. Mit dem feinen Unterschied, daß er nicht so sehr der SPÖ, dafür um so mehr den Grünen nahesteht. Diözesanen Priesternachwuchs gibt es kaum mehr. Wer noch Priester werden will, tut dies im Rahmen traditionsverbundener Gemeinschaften oder flüchtet sich in die noch einigermaßen intakten Gemeinschaften eines Klosters.
Römische Knieschwäche
Die laikalen Appartschiks und der liberale, nicht selten beweibte Klerus Oberösterreichs fanden in den Medien schnell Verbündete, um mit den Schießübungen auf das lebende Objekt zu beginnen. In Österreich wurde nur einmal geräuschvoll gerülpst und Rom ging schon in die Knie. Obwohl Pfarrer Wagner über Papst-Bruder Msgr. Georg Ratzinger und Papst-Sekretär Georg Gänswein handverlesen und bei bester Kenntnis der Lage vor Ort ernannt worden war, endete die Bischofskarriere des Pfarrers bereits nach 30 Tagen und kam über den Ernennungsstatus nicht hinaus.
Damit Papst Benedikt XVI. wegen der römischen Knieschwäche keinen Gesichtsverlust erleiden und damit auch Schaden nehmen würde, bat Wagner offiziell um Rücknahme der Ernennung, die der Papst „gewährte“.
Am 31. Januar 2009 wurde Wagner ernannt, am 2. März 2009 gewährte Benedikt XVI. die Dispens vom Bischofsamt. In der Zwischenzeit erlebte Pfarrer Wagner die Hölle auf Erden und das gläubige katholische Volk rieb sich die Augen, welche Lügen eine Hetzkampagne hervorbringen kann. Jeden Tag wurden neue Lügen draufgepackt. Kaum war der „Kelch“ Wagner am progressiven Diözesanteil vorübergegangen, die Trophäe der erlegten Beute an ihrem Platz ausgestellt, war der ganze Spuk verschwunden.
Bischofsnachfolgefrage in Linz lenkt mediales Interesse auf Pfarrer Wagner
Ein Weihbischof Wagner täte der Diözese Linz heute mehr denn je gut, doch dürften seine Aussichten, noch einmal von Rom als episcopabile betrachtet zu werden, ausgesprochen gering sein. Dennoch rückt die Emeritierung von Diözesanbischof Ludwig Schwarz immer näher. In diesem Zusammenhang ist es zu lesen, daß die Medien nach Jahren der Ruhe plötzlich wieder auf den verhinderten Pfarrer Wagner aufmerksam werden.
Wagner gehorchte 2009 als treuer Sohn der Kirche. Rom wünschte ihn als Weihbischof und er akzeptierte. Rom hatte es sich unter heftigem Druck noch einmal überlegt und er gehorchte ebenso. Nach einiger Zeit des Schweigens, zog Wagner jedoch Bilanz und sprach von einem „Komplott“, dem er zum Opfer gefallen war. Wagner, heute auch Herausgeber und Chefredakteur des österreichweit verbreiteten Kleinen Groschenblattes, besitzt die seltene Tugend der klugen, aber klaren Rede. Er sagte damit nur, was offensichtlich war, damals aber kaum jemand auszusprechen wagte.
Neues Buch „Himmel oder Hölle“ – „Viele Menschen fühlen sich orientierungslos“
Wagner hatte auch nach dem Ernennungsfiasko, das nicht für ihn, dafür aber um so mehr für die katholische Kirche Österreichs zum Fiasko wurde, seine Stimme erhoben. Die Medien kümmerte es kaum. Nun aber fühlt sich jemand auf den Schlips getreten. Heute stellte Pfarrer Wagner sein neues Buch „Himmel oder Hölle“ vor. Bei der Buchpräsentation sparte der blitzgescheite und wortgewaltige Priester nicht mit Klartext und richtete den Blick auf die Erzdiözese Wien von Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn. Schönborn hatte im vergangenen Oktober bei der Bischofssynode in Rom Kaspers „Barmherzigkeit“ unterstützt und möchte darüber hinaus eine neue „Gradualität“ auf alle Sakramente angewandt sehen. Wagner meinte dazu, die Erzdiözese Wien sei ein „Saustall“, in dem es gehörig stinke. Die Situation der Kirche in Oberösterreich, sei kontrovers und von Gegensätzen getragen, so Wagner.
Dem künftigen Bischof von Linz wünsche er „alles Gute“. Sich selbst, so Wagner schon früher einmal, hätte er schon zugetraut, den „Saustall auszumisten“. Denn, die Lage der Kirche sei bedenklich, weil sie sich auf keinem guten Weg befände. Es gebe zahlreiche Spannungen und viele Menschen seien orientierungslos.
„Wir hören im Grunde auf, katholisch zu sein“
Pfarrer Wagner rief vor zwei Jahren eine Initiative zur Stärkung des Bußsakraments ins Leben. Er rief alle Priester des deutschen Sprachraums, die sich verpflichten, jeden Tag zu festgelegter Zeit eine Stunde für die Beichte zur Verfügung zu stehen, auf sich zu vernetzen. In diesem Zusammenhang klagte Wagner heute, daß in vielen Pfarreien das Beichtsakrament „tot“ sei. In der Liturgie gebe es eine „Eigendynamik“, die ihn „störe“. Grund dafür sei unter anderem ein unverständliches Konkurrenzverhältnis zwischen Laien und Priestern. Es gebe nicht wenige Priester, die „Angst vor der Pfarrgemeinderatssitzung“ hätten. „Da stimmt doch etwas nicht“, so Wagner.
Eine Orientierungslosigkeit, die durch die Kirche verstärkt oder erst verursacht werde. Pfarrer Wagner zitierte dabei einen Priester, der ihm geklagt habe, darunter zu leiden, „daß wir heute im Grunde aufhören, katholisch zu sein“.
In Diözese Linz herrsche „Oligarchenwirtschaft“
Seine Meinung sei in der Diözese Linz jedoch nicht besonders gefragt und er beschuldigte seine Heimatdiözese, „schon ein bißchen eine Oligarchenwirtschaft“ zu betreiben. Dabei nahm er seinen Bischof in Schutz, denn nicht wenige Bischöfe seien einfach „allein“ und isoliert. Als der von oben oktroyierte Homosexuelle Thomas Conchita Wurst Neuwirth zum Eurovisions-Sieger erklärt wurde, habe er sich „für Österreich geschämt“, so Pfarrer Wagner.
Zu Papst Franziskus meint Wagner im neuen Buch, er freue sich, daß der neue Papst auf der ganzen Welt Sympathie und Vertrauen finde, doch er merke nichts davon, daß die Kirchen deswegen voller würden, „die Leute mehr beichten gehen und alle, die Papst Franziskus loben, in der letzten Zeit frömmer geworden sind“, so Pfarrer Gerhard Maria Wagner, Fast-Weihbischof der Diözese Linz.
In den von Wagner gemeinten Kirchenkreisen reagierte man pikiert. Der Pfarrer „disqualifiziere“ sich mit diesen Aussagen selbst, meinte der Linzer Bischofsvikar Wilhelm Vieböck gegenüber dem ORF: „Ich finde es erschreckend, daß Pfarrer Wagner das drastische Wort ‚Saustall‘ für die ganze Kirche in Österreich verwendet“. Vieböck bestätigte gleichzeitig, worum es im Hintergrund wirklich geht: Eine solche Einstellung qualifiziere Wagner nicht für höhere kirchliche Ämter.
Im Juni 2015 vollendet Diözesanbischof Ludwig Schwarz sein 75. Lebensjahr. In Linz rechnet niemand mit einer Verlängerung im Amt. Die Diözese übermittelte Rom vor wenigen Tagen einen Dreiervorschlag für die Nachfolge. Welche Namen auf der Liste stehen, ist vorerst nicht bekannt. Fest steht nur: der Name von Pfarrer Wagner bestimmt nicht.
Text: Martha Weinzl
Bild: ORF/JfdL (Screenshot)