(London) Am vergangenen 30. Oktober enthüllte die Stadtbibliothek der englischen Stadt Birmingham, die Library of Birmingham, eine Statuengruppe aus Bronze der Künstlerin Gillian Wearing. Das Kunstwerk nennt sich „Eine wirkliche Birminghamer Familie“ und stellt das jüngste Beispiel für die Gender-Ideologisierung des öffentlichen Raums dar.
Die „Real Birmingham Family“ stellt Roma und Emma Jones mit ihren Söhnen dar. Einen Mann gibt es nicht. Die Stadtregierung legte bei der Auftragserteilung an die Künstlerin fest, daß sie eine „wirkliche Familie“ der Stadt darstellen sollte. Gleichzeitig erging der Aufruf an die Familien der Stadt, sich zu melden, wer auf diese Weise vor der Stadtbibliothek verewigt werden wollte. Dabei wurde auf die Betonung wert gelegt, daß „Familie“ ausdrücklich in einem erweiterten Sinn verstanden werde.
Es meldeten sich auch die beiden Schwestern Roma (29) und Emma (27), die dann mit ihren jeweiligen Söhnen, Kyan (4) und Shaye (5) Modell standen. Die Statuengruppe zeigt weder einen Ehemann noch einen Kindesvater. Sie ist männerlos, obwohl eine der beiden Schwestern hochschwanger dargestellt ist. „Was eine Familie ausmacht, ist nicht festgelegt“, begründet die Künstlerin ihr vaterloses Kunstwerk, das ihr 150.000 Pfund einbrachte (rund 190.000 Euro).
„Keine Grenzen“ für das, was sich Familie nennt
Stuart Tulloch von der Ikon Gallery, die von der Stadtregierung mit der Durchführung des künstlerischem Wettbewerbs beauftragt war, meint dazu: „Die Jones wurden von einer Jury mit Stadt‑, Kultur- und Religionsvertretern aus 327 Bewerbungen ausgewählt“. Es seien „keine Grenzen“ gesetzt worden, wie sich eine „Familie des 21. Jahrhunderts selbst definiert“, so Tulloch.
Fakt ist, daß die normale Familie aus Mann und Frau und Kindern jedenfalls nicht sonderlich gefragt war, wie die engere Auswahl der Bewerbungen zeigte, aus denen schließlich die „Jones-Family“ ausgewählt wurde. „Ihre Geschichte ist fesselnd und sagt viel über das zeitgenössische Birmingham aus: zwei gemischtrassige Schwestern, alleinerziehende Mütter mit glücklichen, lebhaften Jungen, die sich stark mit ihrer Geburtsstadt identifizieren“, schwärmt Tulloch vom Resultat. Am Bronzesockel der Figurengruppe findet sich die Reliefbotschaft: Familie habe keine feste Definition, sondern sei das, was Menschen darin sehen.
Gender-ideologische multikulturelle Korrektheit
Laut BBC löste die männerlose Statuengruppe einen Proteststurm aus. Anstoß eregt die Vaterlosigkeit der Darstellung, die von vielen Betrachtern als Homo-Propaganda aufgefaßt wird: „Wenn man nicht weiß, daß das zwei Schwestern sind, muß man ja diesen Eindruck bekommen“, zitiert Tempi ein Ehepaar vor der Figurengruppe. „Die Statuen stellen doch nicht eine wirkliche Familie von Birmingham dar und auch nicht, wie eine Familie sein sollte“, sagt ein anderes Paar, das kopfschüttelnd vor der Statuengruppe steht. „Die Gruppe ist unvollständig, da fehlt doch etwas“, sagt ein Student auf dem Weg in die Bibliothek. „Ein Mann hat ja zumindest irgendwann offensichtlich eine Rolle gespielt, wenn die Frau schwanger ist“, sagt eine andere Frau.
Birmingham ist nach London die zweitgrößte Stadt Großbritanniens. Die Labour Partei hält im Stadtrat die absolute Mehrheit. Das Kunstprojekt wurde noch von der konservativ-liberaldemokratischen Vorgängerregierung ausgeschrieben, die bis 2012 die Stadtgeschicke lenkte. Die Library of Birmingham wurde im September 2013 eröffnet und ist von ihrer Fläche her die größte Bibliothek Großbritanniens. Die aus Birmingham stammende Künstlerin Gillian Wearing ist mit dem englischen Künstler Michael Landy verheiratet. Beide werden zu den Young British Artists (YBAs) gerechnet.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi