Päpstlicher Kulturrat für Frauenpriestertum? – Der „erotische Buddhist“, den Franziskus zum Consultor machte


Pablo d´Ors, Schriftsteller - und Priester
Pablo d´Ors, Schrift­stel­ler – und „moder­ner“ Priester

(Rom) Berei­tet der Päpst­li­che Kul­tur­rat eine „Öff­nung“ in Rich­tung Frau­en­prie­ster­tum vor? Von einer Neu­aus­rich­tung ist Pablo d’Ors über­zeugt, seit 1. Juli päpst­lich ernann­ter Con­sul­tor des Kul­tur­rats. „Wäh­rend ortho­do­xe Kir­chen­ver­tre­ter aus dem Vati­kan raus­flie­gen, wer­den Häre­ti­ker hin­ein­ge­holt“, so Mes­sa in Lati­no über den spa­ni­schen Prie­ster, Roman­au­tor und „Zen-Bud­dhi­sten“ und sein Inter­view in der Tages­zei­tung La Repubbli­ca.

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Der Päpst­li­che Kul­tur­rat unter der Lei­tung von Kar­di­nal Gian­fran­co Rava­si scheint sich nicht nur mit Kul­tur und Sport zu befas­sen, son­dern auch mit der Glau­bens­leh­re, und das auf ver­min­tem Boden. Jeden­falls wenn man den Wor­ten des spa­ni­schen Cla­re­ti­ner­pa­ters Pablo d’Ors glau­ben kann. In einem Inter­view für La Repubbli­ca vom 5. Novem­ber sag­te er, daß für „die näch­ste Voll­ver­samm­lung“ des Päpst­li­chen Kul­tur­rats, die für 2015 zum The­ma „weib­li­che Kul­tu­ren“ ein­be­ru­fen ist, eine „Öff­nung“ in Rich­tung Frau­en­prie­ster­tum fest­ste­he. Er selbst wer­de dar­an teil­neh­men und sei „abso­lut dafür“. Pablo d’Ors füg­te noch hin­zu: „Und ich bin nicht allein.“ Am ver­gan­ge­nen 1. Juli ernann­te Papst Fran­zis­kus Pablo d’Ors zum Con­sul­tor des Päpst­li­chen Kul­tur­rats.

Kirchliches Kulturverständnis nur B‑Ware: nicht mehr Alternative zur Welt, sondern „Dialog“ mit der Welt

Weibliche Kulturen
Weib­li­che Kul­tu­ren: Inter­net­sei­te zur Voll­ver­samm­lung des Kulturrats

Pater Pablo d’Ors bezeich­net sich selbst als „ero­tisch, mystisch und komisch“. Sein Leben sei „reich an Lie­bens­be­zie­hun­gen, Lek­tü­ren und Rei­sen gewe­sen, auch wag­hal­si­gen“. Das habe ihm bei sei­ner Beru­fung gehol­fen, die er mit 27 Jah­ren ent­deck­te. „Die mensch­li­che Lie­be zu ken­nen, hilft die gött­li­che Lie­be bes­ser ken­nen­zu­ler­nen“, so der Cla­re­ti­ner. „Mag sein. Ob das frei­lich die vie­len keu­schen Jung­män­ner und Jung­frau­en auch so sehen, die sich im Lauf der Kir­chen­ge­schich­te mit gan­zer See­le und gan­zem Kör­per Gott geweiht haben?“, mein­te Mes­sa in Lati­na dazu.

Vor allem ist für Pater d’Ors heu­te das kirch­li­che Kul­tur­ver­ständ­nis „unan­ge­mes­sen“. Im Ver­gleich zur hohen Kul­tur sei die­ses Ver­ständ­nis nur B‑Ware. Man müs­se sich anpas­sen, auf­hö­ren, eine „Alter­na­ti­ve“ sein zu wol­len, son­dern das Chri­sten­tum im „Dia­log“ mit der Welt leben.

Priester leben mit einer Frau besser: „Die Zeit ist reif“

Er selbst hat bereits meh­re­re Roma­ne geschrie­ben und gilt als der „deut­sche­ste“ unter den leben­den spa­ni­schen Schrift­stel­lern. In einem sei­ner Roma­ne geht die Haupt­fi­gur, eine Slo­wa­kin, mit allen gro­ßen Schrift­stel­lern des 20. Jahr­hun­derts ins Bett. Pablo d’Ors meint im Inter­view, ein Prie­ster lebe bes­ser mit einer Frau an sei­ner Sei­te. War­um? „Weil die Zeit inzwi­schen reif ist.“ Das sei aber nur sei­ne „per­sön­li­che Meinung“.

Neuausrichtung der Kirche in Sachen Frauenpriestertum geplant?

Im Päpst­li­chen Kul­tur­rat „wird man nicht dar­über spre­chen“. Dort wer­de man hin­ge­gen über das Frau­en­prie­ster­tum spre­chen: „Ich den­ke, daß es bei der näch­sten Voll­ver­samm­lung um die­se Aus­rich­tung geht.“

Er leg­te auch eini­ge Sach­bü­cher vor, dar­un­ter sein wohl erfolg­reich­stes Buch Biografà­a del silen­cio (Bio­gra­phie der Stil­le), in dem er meint, jeder „soll­te ein Kunst­werk schaf­fen“. Ganz im Sin­ne die­ser Prä­mis­se scheint sei­ne Grund­ein­stel­lung zu sein: „Ein wich­ti­ges Kri­te­ri­um, um die spi­ri­tu­el­le Vita­li­tät einer Per­son zu mes­sen, ist ihre Bereit­schaft zur Ver­än­de­rung. Dem Leben zu wider­ste­hen ist eine Sün­de, weil das Leben stän­di­ge Ent­wick­lung“ sei, ganz nach dem alt­grie­chi­schen Apho­ris­mus Pan­ta rhei.

Sich vom „Leben mitreißen“ lassen – „Wäre ich nicht Christ, wäre ich Buddhist“

Pablo d'Ors und die Kunst sich zu "aggiornare"
Pablo d’Ors und die Kunst sich zu „aggiornare“

Pablo d’Ors legt auch eine „neue Form“ der Aske­se vor. Es sei über­holt, das Leben auf einen soli­den Fel­sen zu bau­en, denn auch auf dem Treib­sand las­se sich vor­treff­lich eine „authen­ti­sche spi­ri­tu­el­le Vita­li­tät“ leben. Regen, rei­ßen­de Flüs­se, Win­de und Stür­me sei­en kein Pro­blem, denn man müs­se sich vom „Leben mit­rei­ßen“ lassen.

Dazu bie­tet der neue Con­sul­tor des Päpst­li­chen Kul­tur­rats seit Jah­ren Kur­se an. Für die Teil­nah­me sei kei­ne geist­li­che For­mung oder Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit not­wen­dig, wenn­gleich die Kurs­ar­beit „in erster Linie“ von der christ­li­chen Tra­di­ti­on und „in zwei­ter Linie“ vom Zen-Bud­dhis­mus aus­ge­he. Pas­send dazu sag­te d’Ors in einem frü­he­ren Inter­view: „Wäre ich nicht Christ, wäre ich Buddhist.“

Auf die La Repubbli­ca-Fra­ge, wie man am besten einen Men­schen zum Ster­ben beglei­te, ant­wor­te­te d’Ors: „Zuhö­ren und Schluß, indem man sich selbst ver­gißt, was das Schwer­ste ist“.

Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na schreibt dazu: „Vor eini­gen Tagen besuch­te ich mei­ne alte Berg­pfar­re. Den Pfar­rer gibt es schon seit eini­gen Jah­ren nicht mehr, er ist in den Him­mel auf­ge­fah­ren. Er hat sich regel­recht auf­ge­op­fert, um die Kran­ken und Ster­ben­den zu besu­chen und ihnen mensch­li­chen, vor allem aber den sakra­men­ta­len Bei­stand und Trost zu brin­gen. Weil es sein Wunsch war, daß sich ihre See­len retten.“

Wie kam der Kontakt zu Papst Franziskus zustande?

Die Fra­ge läßt sich nicht beant­wor­ten. Pablo d’Ors, der­zeit Lei­ter der Thea­ter­werk­statt an der Uni­ver­si­tät Madrid, lie­fert kei­ne Anhalts­punk­te. Von La Repubbli­ca gefragt, wie Papst Fran­zis­kus auf ihn gekom­men sei, mein­te er nur: „Er wird viel­leicht gefragt haben: Wer ist der unbe­deu­tend­ste Prie­ster von Madrid?“

Pablo d’Ors, Enkel des bekann­ten spa­ni­schen Kunst­kri­ti­kers Euge­ni d’Ors ist ein Schü­ler des deut­schen Bene­dik­ti­ners Pater Elmar Sal­mann. 1991 wur­de er zum Prie­ster geweiht und von sei­nem Orden, den Cla­re­ti­nern, zur Evan­ge­li­sie­rung nach Hon­du­ras geschickt. Wie­der nach Spa­ni­en zurück­ge­kehrt, wur­de er Hoch­schul­seel­sor­ger und spe­zia­li­sier­te sich auf lite­ra­ri­sche Werk­stät­ten mit den Schwer­punk­ten Dra­ma­tur­gie und theo­lo­gi­sche Ästhe­tik in Spa­ni­en und Argentinien.

Er lern­te durch sei­ne Kon­tak­te nach Deutsch­land den Jesui­ten Franz Jalics ken­nen und grün­de­te mit die­sem die Ver­ei­ni­gung Ami­gos del Desier­to (Freun­de der Wüste), so auch der Titel eines Romans von d’Ors. Die Wüste steht für die Unend­lich­keit. Der Roman schil­dert eine Wan­der­schaft zwi­schen christ­li­cher Mystik und Zen-Buddhismus.

Wegen der Ver­haf­tung von Pater Jalics und eines ande­ren Jesui­ten wäh­rend der Mili­tär­dik­ta­tur in Argen­ti­ni­en, gab es im Orden Vor­be­hal­te gegen Jor­ge Mario Berg­o­glio. Pater Jalics ent­la­ste­te den argen­ti­ni­schen Kar­di­nal nach des­sen Wahl zum Papst. Nicht er habe ihn und die ande­ren Jesui­ten damals ange­zeigt, wie fälsch­lich behaup­tet wor­den sei. Am 5. Okto­ber 2013 wur­de Pater Jalics von Papst Fran­zis­kus in San­ta Mar­ta emp­fan­gen. Über den Inhalt der Begeg­nung wur­de nichts bekannt.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons/​NBQ

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