Franziskus und eine „totalitäre“ Kollegialität? – Verbürokratisierung des Hirtenamtes


Können Bischöfe willkürlich abgesetzt werden
Kön­nen Bischö­fe künf­tig will­kür­lich abge­setzt werden?

(Rom) Gibt es tat­säch­lich „Anzei­chen eines offen­kun­di­gen tota­li­tä­ren ‚Bruchs‘“ in Rom, den Chie­sa e Post­con­ci­lio in einer neu­en Bestim­mung aus­macht, die mit heu­ti­gem Tag in Kraft getre­ten ist? Mit dem Tages­bul­le­tin des Hei­li­gen Stuhls erfolg­te heu­te fol­gen­de Mit­tei­lung des Kardinalstaatssekretärs:

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„Rescrip­tum ex audi­en­tia Ss.mi“ zum Rück­tritt der Diö­ze­san­bi­schö­fe und Inha­ber von Ämtern päpst­li­cher Ernennung.

Der Hei­li­ge Vater Fran­zis­kus hat wäh­rend der am 3. Novem­ber dem unter­zeich­ne­ten Kar­di­nal­staats­se­kre­tär gewähr­ten Audi­enz die Bestim­mun­gen über den Rück­tritt der Diö­ze­san­bi­schö­fe und der Inha­ber von Ämtern päpst­li­cher Ernen­nung approbiert.

Der Hei­li­ge Vater hat zudem fest­ge­legt, daß das Beschlos­se­ne bestän­di­ge und dau­er­haf­te Gül­tig­keit habe, was auch immer dage­gen vor­ge­bracht wer­den kann, und mit dem 5. Novem­ber mit der Ver­öf­fent­li­chung im Osser­va­to­re Roma­no und dann in den Acta Apo­sto­li­cae Sedis in Kraft tritt.

Vati­kan, 3. Novem­ber 2014
Pie­tro Card. Parolin
Staatssekretär

Bestimmungen gegenüber Bischof Livieres nicht eingehalten

Die neu­en Bestim­mun­gen wur­den „nach Anhö­rung und Annah­me der Emp­feh­lun­gen des Kar­di­nals­rats, der den Hei­li­gen Vater bei der Vor­be­rei­tung der Kuri­en­re­form und der Kir­chen­lei­tung unter­stützt“ erlas­sen, wie es im Rescrip­tum  heißt.

Im Arti­kel 5 heißt es: (…) In eini­gen beson­de­ren Fäl­len kann die zustän­di­ge Auto­ri­tät es für not­wen­dig erach­ten, von einem Bischof die Ein­rei­chung des Rück­tritts vom Hir­ten­amt ver­lan­gen, nach­dem ihm die Grün­de die­ser For­de­rung zur Kennt­nis gebracht wur­den und auf­merk­sam sei­ne Grün­de in brü­der­li­chem Dia­log ange­hört wurden.

Das wirkt umso erstaun­li­cher, da der­sel­be Papst die­se Bestim­mung erst vor 40 Tagen mit der Abset­zung von Bischof Roge­l­io Livi­e­res von Ciu­dad del Este in Para­gu­ay nicht ein­ge­hal­ten hat. Bis heu­te wur­den dem Bischof weder Grün­de für sei­ne Abset­zung genannt noch wur­de der Betrof­fe­ne trotz meh­re­rer Ansu­chen von Papst Fran­zis­kus emp­fan­gen, um im „brü­der­li­chen Dia­log“ den Betrof­fe­nen sich gegen Anschul­di­gun­gen recht­fer­ti­gen zu lassen.

Tür zu willkürlichen Absetzungen geöffnet?

Noch weit mehr erstaunt die unprä­zi­se For­mu­lie­rung, die einem Gum­mi­pa­ra­gra­phen gleich­kommt. Ein­zi­ge Bedin­gung für eine Abset­zung ist, daß der Papst die Betrof­fe­nen zuvor „brü­der­lich“ anhört. Hat sich der Papst damit selbst die Mög­lich­keit zuge­spro­chen, bei Bedarf belie­big Abset­zun­gen vozunehmen?

Die Dik­aste­ri­en­lei­ter an der Römi­schen Kurie, die nicht Kar­di­nä­le sind, und alle ande­ren Bischö­fe, die Inha­ber von Ämtern päpst­li­cher Ernen­nung sind [außer Diö­ze­san­bi­schö­fe] ver­lie­ren auto­ma­tisch mit Voll­endung ihres 75. Lebens­jah­res ihr Amt.

Diö­ze­san­bi­schö­fe, Weih­bi­schö­fe und Koad­ju­to­ren in den Diö­ze­sen sowie Kar­di­nä­le, die ein Dik­aste­ri­um an der Römi­schen Kurie lei­ten, müs­sen mit Voll­endung des 75. Lebens­jah­res ihren Rück­tritt anbie­ten. Sobald der Rück­tritt vom Hir­ten­amt in Kraft tritt, ver­lie­ren sie auto­ma­tisch auch alle Ämter auf natio­na­ler Ebe­ne, die sie auf­grund des Hir­ten­am­tes inne­hat­ten (Art. 3).

Kardinal Marx wäre ein halbes Jahr früher DBK-Vorsitzender geworden

Wäre Arti­kel 3 bereits in Kraft gewe­sen, hät­te Erz­bi­schof Zol­lit­sch nach sei­ner Eme­ri­tie­rung als Erz­bi­schof von Frei­burg auto­ma­tisch auch sein Amt als Vor­sit­zen­der der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz ver­lo­ren und nicht erst ein hal­bes Jahr spä­ter mit Ablauf der regu­lä­ren Amtszeit.

Die neu­en Bestim­mun­gen set­zen die Ver­bü­ro­kra­ti­sie­rung des Hir­ten­am­tes fort, die von Papst Paul VI. mit dem Motu pro­prio Eccle­siae Sanc­tae vom 6. August 1966 begon­nen wur­de, indem er eine Alters­gren­ze für Bischö­fe fest­setz­te, die seit­her mit Voll­endung des 75. Lebens­jah­res ihren Rück­tritt anbie­ten müs­sen. 1970 folg­ten die Kar­di­nä­le mit der Alters­gren­ze von 80 Jah­ren. 1988 die Bischö­fe, die an der Römi­schen Kurie tätig sind.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Asianews

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