Das Unbehagen mit aktuellen Selig- und Heiligsprechungen – und deren Ausbleiben (1. Teil)

Oder: Warum wird die letzte Seherin von Fatima nicht seliggesprochen?


Johannes XIII. und die Eröffnung des Zweiten Vaticanum
Johannes XIII. und die Eröffnung des Zweiten Vaticanum

von Wolf­ram Schrems*

Anzei­ge

Im Anschluß an mei­ne Aus­füh­run­gen über Fati­ma auf die­ser Sei­te soll auf­grund ent­spre­chen­der Anfra­gen einer­seits als auch rezen­ter Ereig­nis­se ande­rer­seits noch ein­mal das The­ma Fati­ma und des­sen Impli­ka­tio­nen, dies­mal bezüg­lich Selig- und Hei­lig­spre­chun­gen, auf­ge­grif­fen und in drei kur­zen Tei­len behan­delt werden.

Sr. Lucia de Jesus dos Santos und Johannes Paul II. (2000)
Sr. Lucia de Jesus dos San­tos und Johan­nes Paul II. (2000)

Die Absicht dahin­ter ist, zu einer wei­te­ren Bewußt­seins­bil­dung inner­halb der Kir­che bei­zu­tra­gen und dadurch die drin­gen­de Umset­zung der Anwei­sun­gen von Fati­ma auf indi­vi­du­el­ler und kol­lek­ti­ver Ebe­ne zu för­dern. Die damit ver­bun­de­ne Hoff­nung ist, daß sich die kirch­li­chen Auto­ri­tä­ten besin­nen und ihrer­seits das Not­wen­di­ge tun: Ver­brei­tung der Süh­ne­sams­ta­ge, Ver­kün­di­gung der Bekeh­rung und der Glau­bens­wahr­heit von der Mög­lich­keit ewi­ger Ver­wer­fung, Wei­he Ruß­lands an die Imma­cu­la­ta durch den Papst und den Wel­tepi­sko­pat, expli­zit, ohne Aus­flüch­te und Aus­re­den und rasch, und die Behe­bung der dok­tri­nä­ren und lit­ur­gi­schen Ver­wü­stun­gen im Gefol­ge des Konzils.

Die Zeit drängt, wir leben in einer ablau­fen­den Frist. Vie­le spü­ren das mit stei­gern­dem Unbe­ha­gen. Auf­merk­sa­me Men­schen guten Wil­lens erken­nen die „Zei­chen der Zeit“: „Weil die Miß­ach­tung von Got­tes Gesetz über­hand­nimmt, wird die Lie­be bei vie­len erkal­ten“ (Mt 24,12) und „Die Men­schen wer­den selbst­süch­tig sein, hab­gie­rig, prah­le­risch, über­heb­lich, bös­ar­tig (…), hoch­mü­tig, mehr dem Ver­gnü­gen als Gott zuge­wandt“ (2 Tim 3,2ff). Wir sehen das prak­tisch überall.

Dabei gäbe es grund­sätz­lich immer noch die Mög­lich­keit, durch eine ent­schlos­se­ne Umkehr „von Haupt und Glie­dern“ im Sinn von Fati­ma die dro­hen­den Fol­gen der Apo­sta­sie abzuwenden.

Das retuschierte Bild der Seherkinder ohne Sr. Lucia
Das retu­schier­te Bild der Seh­erkin­der ohne Sr. Lucia

In die­sem Zusam­men­hang also zum The­ma der letz­tens oft sehr merk­wür­di­gen Heiligsprechungen:

Wenn man erstens mit­ver­fol­gen muß­te, wie über­falls­ar­tig die Hei­lig­spre­chung von Papst Johan­nes XXIII. unter Umge­hung des übli­chen Pro­ze­de­re (d. h. weder ein zwei­tes Wun­der noch signi­fi­kan­te Ver­eh­rung im Kir­chen­volk wur­den ver­langt) durch­ge­zo­gen wur­de (auch bei Papst Johan­nes Paul II. war man unüb­lich schnell) und wenn man zwei­tens zudem weiß, daß zwei der drei Seh­erkin­der, näm­lich die Cou­sins von Sr. Lucia, Jac­in­ta und Fran­cis­co Mar­to, längst selig­ge­spro­chen sind (13. Mai 2000), dann fragt man sich, war­um es noch kei­ne Selig­spre­chung von Sr. Lucia selbst gege­ben hat. Nicht ein­mal gespro­chen wird davon, nicht ein ein­zi­ges Wort über ein sol­ches Vor­ha­ben konn­te man bis jetzt hören. Dabei liegt das Able­ben von Sr. Lucia jetzt schon län­ger zurück.

Mir ist auch kein Wort des der­zei­ti­gen Pap­stes erin­ner­lich, das auf Sr. Lucia Bezug neh­men wür­de. Auch die offi­zi­el­len Fati­ma-Apo­sto­la­te tre­ten mit einer For­de­rung nach Selig­spre­chung mei­nem Kennt­nis­stand nach nicht in Erscheinung.

In der Wie­ner Fran­zis­ka­ner­kir­che, in der sich die Grab­stät­te des Ehr­wür­di­gen Die­ners Got­tes P. Petrus Pav­li­cek, Grün­der des Rosen­kranz­süh­ne­kreuz­zu­ges, befin­det, ist bei der gegen­über des Gra­bes auf­ge­stell­ten Fati­ma-Sta­tue von P. Petrus, das bekann­te Pho­to der Seh­erkin­der ange­bracht, das aber ledig­lich die bei­den jün­ge­ren Seher Jac­in­ta und Fran­cis­co zeigt. Lucia ist offen­sicht­lich, wenn man das Pho­to aus Büchern und dem Inter­net kennt, weg­re­tu­schiert wor­den. Der bei den Fran­zis­ka­nern ange­sie­del­te Rosen­kranz­süh­ne­kreuz­zug, der in Öster­reich so gut wie kei­ne Rol­le mehr spielt, hat m. W. eben­falls eine Selig­spre­chung der letz­ten Sehe­rin nie the­ma­ti­siert, geschwei­ge denn postuliert.

Was könn­te der Grund für die­ses ver­blüf­fen­de Schwei­gen sein? Immer­hin geht es um die bedeu­tend­ste „Pri­vat­of­fen­ba­rung“ des 20. Jahr­hun­derts, die noch dazu von der kirch­li­chen Hier­ar­chie aner­kannt wor­den ist.

Nun, zum einen ist Fati­ma seit der Eröff­nungs­re­de von Papst Johan­nes XXIII. am Kon­zil (Gau­det Mater Eccle­sia, vom 11.10.62), als er sich gegen die „Unheils­pro­phe­ten“ wand­te, evi­den­ter­wei­se ohne­hin kein Anlie­gen der amt­li­chen kirch­li­chen Lehr­ver­kün­di­gung mehr. Das ist nichts neues.

Daher zur jüng­sten Hei­lig­spre­chungs­po­li­tik als sol­cher, dabei etwas wei­ter ausholend:

Warum die Heiligsprechung von Johannes XXIII.?

Im Infor­ma­ti­ons­blatt der Petrus­bru­der­schaft 07/​2014 wird man mit einem Arti­kel „War­um unfehl­bar hei­lig?“ von P. lic. Sven Leo Con­rad FSSP über­rascht. Die­ser beab­sich­tigt (aus dem Zusam­men­hang und der Bebil­de­rung ersicht­lich) eine Unter­maue­rung der Legi­ti­mi­tät der Hei­lig­spre­chung der Päp­ste Johan­nes XXIII. und Johan­nes Paul II. Die ein­gangs gestell­te Fra­ge „Wird man ein Hei­li­ger wegen der Kir­chen­po­li­tik? Die Medi­en haben zur Hei­lig­spre­chung von Papst Johan­nes XXIII. und Papst Johan­nes Paul II. genau die­sen Ein­druck ver­mit­telt. Zurecht?“ wird nach Kon­sul­tie­rung aktu­el­ler Lehr­ent­schei­dun­gen und ver­schie­de­ner Theo­lo­gen, u. a. des hl. Tho­mas von Aquin (Quodl. 9, 16) am Ende so beant­wor­tet: „Ein Hei­li­ger wird man also nicht aus poli­ti­schen Grün­den, son­dern allein wegen der Hei­lig­keit, und gera­de dies garan­tiert die Unfehl­bar­keit der Kirche.“

Na ja.

Irgend­wie ist das typisch für unse­re Zeit: Man geht auf die Pro­ble­me gar nicht inhalt­lich ein, son­dern beschränkt sich auf for­ma­le Fra­gen. Das wirkt irgend­wie fideistisch.
Grund­sätz­lich stimmt das zuletzt Gesag­te ja, man fragt sich aber nur, ob es auf den gegen­ständ­li­chen Fall anwend­bar ist.

Die Gül­tig­keit eines kirch­li­chen Rechts­ak­tes ist in aller Regel ohne­hin von des­sen äuße­ren, poli­ti­schen Umstän­den unab­hän­gig. Mit sei­ner Argu­men­ta­ti­on kommt P. Con­rad zumin­dest in die Nähe des gene­ti­schen Trug­schlus­ses, also der Ablei­tung der Gül­tig­keit einer Aus­sa­ge, Mei­nung, Welt­an­schau­ung o. a. von den Umstän­den von deren Entstehung.

Daß es poli­ti­sche Inter­es­sen bei einer Hei­lig­spre­chung gibt, macht die­se eo ipso ja ohne­hin nicht ungültig.

Außer man hät­te zugun­sten poli­ti­scher Inter­es­sen das vor­ge­schrie­be­ne Pro­ce­de­re nicht ein­ge­hal­ten. Papst Fran­zis­kus hat, wie schon oben erwähnt, genau das gemacht und die Kano­ni­sie­rung dem gläu­bi­gen Volk oktroy­iert, ohne daß es beson­ders begei­stert gewe­sen wäre.

Von die­sem Offen­kun­di­gen erfährt man aber in dem genann­ten Arti­kel nichts.

Die Fra­ge ist daher, ob der Autor wirk­lich von dem über­zeugt ist, was er schreibt.

Denn es waren auch kei­nes­wegs nur „die Medi­en“, die in die­sem Fall den Ein­druck der kir­chen­po­li­tisch moti­vier­ten Hei­lig­spre­chun­gen ver­mit­telt haben, son­dern es war der Papst selbst.

Sagen wir es ganz offen:

Die Hei­lig­spre­chung von Papst Johan­nes XXIII. hat­te ganz offen­kun­dig aus­schließ­lich kir­chen­po­li­ti­sche und kei­ne spi­ri­tu­el­len Zie­le: In Zei­ten, da die desa­strö­sen Fol­gen des II. Vati­ka­ni­schen Kon­zils sich in und außer­halb der Kir­che immer noch stär­ker aus­brei­ten und immer weni­ger geleug­net wer­den kön­nen, will sich die der­zei­ti­ge Hier­ar­chie, die sich dem Kon­zil ver­pflich­tet weiß, gegen zuneh­mend laut wer­den­de und sach­lich bestens begrün­de­te Kri­tik an den Kon­zils­tex­ten immunisieren.

Der Hei­lig­spre­chung wider­strei­ten mate­ria­li­ter die Fak­ten der Ron­cal­li-Vita: Prä­gung durch den libe­ra­len Bischof Gia­co­mo Radi­ni-Tede­schi, der sei­ner­seits Schü­ler des moder­nis­mus­af­fi­nen und logen­na­hen Kar­di­nals und (auf­grund des öster­rei­chi­schen Vetos 1903) Nicht-Pap­stes Maria­no Ram­pol­la del Tin­da­ro war, als Nun­ti­us in Paris Unge­hor­sam gegen­über Papst Pius XII. in der Fra­ge der Arbei­ter­prie­ster, sowie – als Papst – Kon­zils­fol­gen, Ost­po­li­tik, Unter­mi­nie­rung der christ­li­chen Zivi­li­sa­ti­on in Euro­pa, Auf­wei­chung der Resi­stenz gegen die kom­mu­ni­sti­sche Infil­tra­ti­on in Ita­li­en und welt­weit, erste (noch gerin­ge, aber sym­bol­träch­ti­ge) Ein­grif­fe in die über­lie­fer­te Lit­ur­gie, För­de­rung zwei­fel­haf­ter Per­so­nen in der vati­ka­ni­schen Hier­ar­chie und die Unter­drückung der Fatima-Botschaft.

Da das der­zei­ti­ge Pon­ti­fi­kat gro­ße Ver­un­si­che­rung ver­brei­tet und einen prä­ze­denz­lo­sen Kon­for­mi­täts­druck auf­ge­baut hat, füh­len sich offen­bar sogar die Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten, zumin­dest die­se eine, zu umso vor­aus­ei­len­de­ren Loya­li­täts­be­kun­dun­gen genö­tigt. (Ich wur­de heu­er im Juni in einer Kir­che der Bru­der­schaft Ohren­zeu­ge einer ent­spre­chen­den Pre­digt, die ich ohne Umschwei­fe als „papa­li­stisch“ bezeich­nen wür­de. Die war ein­deu­tig zu dick auf­ge­tra­gen. Der katho­li­sche Glau­be ver­langt bit­te­schön nicht, das Hirn auszuschalten.)

Ange­sichts der intel­lek­tu­el­len Qua­li­tä­ten der Prie­ster der Bru­der­schaft erscheint es mir aus­ge­schlos­sen, daß man aus­ge­rech­net dort nicht die Absur­di­tät die­ser Hei­lig­spre­chung spü­ren soll­te. Und den­noch macht man gute Mie­ne zum bösen Spiel.

Damit beweist der Arti­kel unge­wollt das, was zu wider­le­gen er vor­gibt, näm­lich, daß die Kano­ni­sie­rung des Ron­cal­li-Pap­stes ein Poli­ti­kum war.

Wer aber die­se Kano­ni­sie­rung nicht gut fän­de und das öffent­lich aus­sprä­che, müß­te unter dem der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kat sehr wahr­schein­lich mit schmerz­haf­ten Kon­se­quen­zen rech­nen. (Die Fran­zis­ka­ner der Imma­cu­la­ta und Ex-Diö­ze­san­bi­schof Roge­l­io Livi­e­res Pla­no von Ciu­dad del Este in Para­gu­ay sind – in ande­rem Zusam­men­hang – erste pro­mi­nen­te Opfer der Kon­for­mi­täts­po­li­tik von Papst Fran­zis­kus – von den Umbe­set­zun­gen in den römi­schen Dik­aste­ri­en noch ganz abge­se­hen. Die Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten könn­ten die näch­sten sein.)

Denn die­ses Pon­ti­fi­kat wirft den – lei­der ohne­hin viel zu zöger­li­chen – Restau­ra­ti­ons­kurs von Papst Bene­dikt über den Hau­fen und greift gna­den­los auf die ver­hee­rend­sten Ten­den­zen das II. Vati­can­ums zurück. Für die­ses – gleich­sam gewalt­sa­me – revi­val des Kon­zils brauch­te es u. a. eine Kano­ni­sie­rung von des­sen Protagonisten.

Ein notorischer Progressist bestätigt: Kanonisierungen sind ein Politikum

Pius IX. und die Eröffnung des Ersten Vaticanum
Pius IX. und die Eröff­nung des Ersten Vaticanum

Der eme­ri­tier­te Wie­ner Weih­bi­schof DDr. Hel­mut Krätzl, der es bis heu­te nicht ver­wun­den hat, 1985 nicht als Nach­fol­ger von Kar­di­nal König zum Wie­ner Erz­bi­schof bestellt wor­den zu sein und des­halb seit­dem mit sei­nen unzäh­li­gen lar­moy­an­ten Vor­trä­gen, Inter­views und Büchern den Leu­ten auf die Ner­ven geht, bestä­tig­te im aktu­el­len Pfarr­blatt der Wie­ner Dom­pfar­re (69. Jg., Nr. 2, Herbst 2014, S. 36f) genau die­sen Zusam­men­hang und belegt auf sei­ne Wei­se den beson­ders poli­ti­schen Cha­rak­ter man­cher Kanonisierungen.

Hier ein Aus­zug sei­nes, wie üblich gif­ti­gen, Bei­tra­ges – nur um exem­pla­risch zu zei­gen, wie die Toten­grä­ber der Kir­che Öster­reichs denken:

„Erst am 3. Sep­tem­ber 2000 wur­de Johan­nes XXIII. selig gespro­chen, aber mit einem diplo­ma­ti­schen Kom­pro­miss gemein­sam mit Pius IX. Offen­bar hat­ten sich jene Krei­se in Rom durch­ge­setzt, die Johan­nes XXIII. das Kon­zil noch immer nicht ‚ver­zei­hen‘ konn­ten. Pius IX. aber soll­te zei­gen, dass das II. Vati­ka­ni­sche Kon­zil nur zusam­men mit dem I. Vati­ka­num zu sehen sei, die Kir­che also nichts Neu­es sagen, son­dern nur das Alt­her­ge­brach­te in neue Wor­te fas­sen woll­te. Pius IX. hat­te 1864 im Syl­labus 80 angeb­li­che [sic] Irr­tü­mer der Zeit geäch­tet. Damit begann der unse­li­ge [sic] Kampf gegen den soge­nann­ten Moder­nis­mus, der die Wei­ter­ent­wick­lung der Theo­lo­gie emp­find­lich stör­te. Übri­gens war Giu­sep­pe Ron­cal­li selbst in frü­hen Jah­ren des Moder­nis­mus ver­däch­tigt wor­den. (…) Die Kon­zils­vä­ter lie­ßen sich von vor­mals zen­su­rier­ten auf­ge­schlos­se­nen [sic] Theo­lo­gen bera­ten und gaben gemein­sam mit dem Papst der Kir­che ein neu­es Bild. (…) Johan­nes XXIII. gelang es in nur vier Jah­ren die Kir­che in eine ganz neue Ära [sic] zu füh­ren. Sei­nen Nach­fol­gern und uns allen ist es bis heu­te auf­ge­tra­gen, sein Erbe noch [sic] frucht­ba­rer zu machen. Am 27. April 2014 wur­de der seli­ge Papst Johan­nes XXIII. hei­lig­ge­spro­chen, dies­mal nicht gemein­sam mit Pius IX, son­dern mit Johan­nes Paul II. Wie ist das kir­chen­po­li­tisch zu bewer­ten? [Ende]“

Hier wird der Bruch ganz offen zele­briert, der Moder­nis­mus glo­ri­fi­ziert und Papst Johan­nes XXIII. als Neue­rer gefei­ert. Zuletzt wird offen nach der kir­chen­po­li­ti­schen Dimen­si­on der Hei­lig­spre­chung von Johan­nes Paul II., die ihm offen­bar nicht gefällt, gefragt.

Wenn es also bei Pius IX. um Kir­chen­po­li­tik ging, wird es bei Johan­nes XXIII. nicht anders sein, wenn man der Logik des Weih­bi­schofs folgt.

Wenn Weih­bi­schof Krätzl recht hat, daß mit dem Kon­zil etwas neu­es gesetzt wer­den soll­te, dann hat auch Erz­bi­schof Lefeb­v­re recht, der das­sel­be sagte.

Was krän­kend ist, ist, daß ein in sei­nem Hir­ten­amt zutiefst geschei­ter­ter Mann einen Gro­ßen der Papst­ge­schich­te anschwärzt. Weih­bi­schof Krätzl kann Papst Mastai-Fer­ret­ti, einer exzep­tio­nel­len Gestalt der jün­ge­ren Papst­ge­schich­te, in kei­ner Hin­sicht das Was­ser rei­chen. Wie auch immer: Ange­sichts die­ser fata­len Ein­stel­lung kom­men einem die Wor­te des hl. Petrus an Saphi­ra in den Sinn, die – leicht abge­wan­delt – lau­ten: „Sie­he, die Füße derer, die dich hin­aus­tra­gen wer­den, ste­hen schon vor der Tür“ (Apg 5, 9).

Resümee

Sr. Lucia de Jesus dos Santos starb 2005
Sr. Lucia de Jesus dos San­tos starb 2005

Mit sei­nen Aus­füh­run­gen beweist Weih­bi­schof Krätzl, was ohne­hin evi­dent ist, näm­lich, daß Selig- und Hei­lig­spre­chun­gen ein Poli­ti­kum sind. Die Kir­che hat als gött­li­che und mensch­li­che Insti­tu­ti­on immer eine poli­ti­sche Dimen­si­on. Päp­ste müs­sen nach der Oppor­tu­ni­tät ihrer Hand­lun­gen fra­gen, auch bei Kanonisierungen.

Selbst­ver­ständ­lich. Die Hei­lig­spre­chung des hl. Tho­mas Morus durch Papst Pius XI. 1935 bei­spiels­wei­se wird man als poli­ti­sche Ansa­ge gegen den Tota­li­ta­ris­mus der Zeit inter­pre­tie­ren kön­nen, inso­fern als Poli­ti­kum. Und doch wird nie­mand, der sei­ne Sin­ne bei­sam­men hat, die­sem Hei­li­gen die Hei­lig­keit abspre­chen können.

Bei Johan­nes XXIII. bleibt aber ein äußerst unbe­hag­li­ches Gefühl, wenn nicht gar ein offe­nes Ärgernis.

Und wäh­rend­des­sen kein Wort von Sr. Lucia.

Der zwei­te Teil wird auf die geplan­te Selig­spre­chung von Papst Paul VI. Bezug nehmen.

*MMag. Wolf­ram Schrems, Linz und Wien, katho­li­scher Theo­lo­ge und Phi­lo­soph, kirch­lich gesen­de­ter Katechist

Bild: Pastorinhos/​Wikicommons

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