(Albenga/Rom) Papst Franziskus scheint seine Säuberungen gegen die Tradition fortzusetzen. „Unbarmherzig und unerbittlich“ so Messa in Latino. Gründe werden keine genannt. Ein Steinchen wird dennoch in den Teich geworfen und es fehlt nie an Biedermännern, die nicht danach schnappen würden. Francesco Colafemmina, streitbarer Kunst- und Kulturkritiker, spricht deshalb von den Säuberungen und ihren Claqueuren.
Die Säuberungen und die „Vorwürfe“
Einen Vorwurf, ob stichhaltig oder weniger, finde man gegen jeden Menschen, natürlich auch jeden Bischof. Es gehe jedoch um ein Muster, das hinter den Eingriffen von Papst Franziskus erkennbar sei, daß sie sich gegen Bischöfe und Gemeinschaften in der Kirche richten, die auch das zu schätzen wissen und wiederentdecken, was die Kirche vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil lehrte und auch das dazugehörende Kirchenverständnis. Es gebe Toleranz und Verständnis für jene, die sich exklusiv mit den vergangenen 50 Jahren begnügen. Es herrsche aber Null-Toleranz für jene, die bewahren und pflegen, was die Kirche 1950 lang lehrte und stattdessen – wohlbegründet – lieber auf die Neuerungen der letzten 50 Jahre verzichten.
Kurzum: Wird ein traditionsverbundener Bischof abgesetzt, oder eine traditionsverbundene Gemeinschaft (außerhalb des domestizierten Geheges Ecclesia Dei) gemaßregelt, schweigt sich der Vatikan über die Gründe aus. Es gibt ja die Claqueure, die hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand für die Verbreitung von „Schmutz“ sorgen. Geht es gegen die Tradition, hat sich inzwischen eine Art Standardliste von Vorhaltungen ergeben, aus der beliebig gefischt wird.
Der Kampf um das sakramentale Priestertum
Besonders beliebt ist dabei der Vorwurf der mangelnden Sorgfalt bei der Auswahl der Seminaristen, meist süffisant garniert mit dem Stichwort Homosexualität. Hinzukommt der Vorwurf der Unregelmäßigkeiten bei den Diözesanfinanzen.
Ersteres Argument ist besonders perfid. Die Priesterseminare der Progressisten sind leer, werden der Reihe nach aufgelassen und überdiözesan zusammengelegt. Grund ist nicht der häufig zitierte Mangel an Berufungen, sondern eher mangelndes Verständnis der Diözesanverantwortlichen und von Teilen des amtierenden Klerus für das sakramentale und zudem auch noch zölibatäre Priestertum. Berufungen werden nicht gefördert. In manchen Gegenden könnte man den Eindruck gewinnen, man wolle das Priestertum absichtlich aussterben lassen und bereitet schleichend dessen Ersetzung durch verheiratete Diakone, die Forderung nach Aufhebung des Zölibats, Diakoninnen und Diakonissen vor, einschließlich Pastoralassistentinnen, die bereits heute in manchen Pfarreien in priesterähnlichem Gewand auftreten, predigen und beim Eucharistischen Hochgebet neben dem Priester am Altar stehen.
Der störende Beweis der Tradition
Die Tradition beweist, daß Gott auch heute und in ausreichender Zahl Männer zum Priestertum beruft. Die Existenz florierender Priesterseminare der Tradition neben den sich auflösenden Seminaren der Progressisten straft alle Analysen und Begründungen letzterer Lügen. Ihr Zorn richtet sich dabei nicht so sehr gegen jene Personen und Gruppen, die mit dem Stempel „Tradition“ etikettiert und im Sonderraum „Ecclesia Dei“ geduldet, aber gleichzeitig kontrolliert und innerkirchlich marginalisiert sind. Der Zorn richtet sich gegen jene, die laut progressivem Verständnis zur „eigentlichen“ Kirche gehören, wie die Franziskaner der Immakulata, ein neuritueller Orden, der die Tradition entdeckte und zu einem von manchen als bedrohlich empfundenen Präzedenzfall wurden. Gleiches gilt besonders für Diözesanbischöfe, die sich der Tradition zuwenden, wie Bischof Livieres von Ciudad del Este und Bischof Oliveri von Albenga-Imperia. Sie liefern den Beweis, daß die Tradition keineswegs nur das Modell für wenige Ewiggestrige ist, sondern sich für die gesamte Kirche eignet.
Eine feindliche Fronde in der eigenen Diözese und meist unter benachbarten Bischöfen liefert „Dossiers“, die weniger Argumente, aber den willkommenen Anlaß zum Einschreiten liefern. Bischof Oliveri hat „ein Viertel des Diözesanklerus gegen sich, der progressiv gesinnt ist, unter ihnen besteht eine regelrechte Fronde, die den Bischof bekämpft“, so Chiesa e Postconcilio. Und weiter: Die Tageszeitung Il Secolo XIX, „die eng mit der ligurischen Freimaurerei verbunden ist und seit Jahren ihren Kampf gegen Bischof Oliveri führt“, spiele in der Sache nicht von ungefähr eine zentrale Rolle. Aus der Diözese von Bischof Oliveri stammt übrigens der Laie Mario Castellano, der zur Troika gehört, die heute im Orden der Franziskaner der Immakulata den Ton angibt (siehe Troika bestimmt über Franziskaner der Immakulata – Wer aber ist Mario Castellano?)
Die Schmuddelecke als Teil der Diffamierung
Der Vorwurf der Homosexualität wird dabei mit Genuß ins Spiel gebracht, obwohl die Progressisten dazu besonders kulant sind, nicht aber die Tradition. Die Propagandalüge, daß es einen „Zusammenhang“ zwischen Alter Messe und Homosexualität gebe, treibt ihr Unwesen. Wie jede Propagandalüge genügt es, sie ausreichend häufig zu wiederholen. Etwas bleibt immer hängen. Im deutschen Sprachraum wurde diese „These“ von einer besonders tragischen Gestalt vertreten, deren persönliche Homosexualität die Oberhand gewann und zur Bekämpfung der Tradition und schließlich der Kirche selbst führte.
Letztlich sollen die „Vorwürfe“ nur von den eigentlichen Beweggründen ablenken, dem grundsätzlichen und harten Kampf um das richtige Kirchenverständnis und die Ausrichtung der Kirche. Die vom Papst Gemaßregelten oder Gesäuberten sollen in eine Schmuddelecke gestellt werden. Eine besonders unappetitliche Besudelungsaktion, die viel über die Gegner der Tradition aussagt. Dies gerade, weil die Gesäuberten nachweislich von besonderer, meist im Vergleich sogar herausragender persönlicher Integrität sind, wie Bischof Livieres und Bischof Oliveri, um bei den bereits genannten Beispielen zu bleiben.
Finanzielle „Unregelmäßigkeiten“ in den Diözesankassen
Der Vorwurf der „Unregelmäßigkeiten“, sprich unangemessener Umgang mit den Diözesanfinanzen ist zu dehnbar, so daß er ohne konkrete Benennung von Vorwürfen und dem Nachweis der Verantwortlichkeit unbrauchbar ist. Außer natürlich beim bereitwillig sich einfindenden Chor der Claqueure. Dieses Argument kennt die deutsche Kirche aus den Fällen Tebartz-van Elst und Mixa.
Um die Bedeutungslosigkeit dieses „Vorwurfs“ aufzuzeigen, stellte der Kunst- und Kulturkritiker Colafemmina eine „schnelle“ Liste zusammen. Sie betrifft einige Bischöfe, die sich bei der Bischofssynode und in deren Umfeld als Progressisten geoutet haben, die sich alle zuschulden kommen ließen, was man in einen Vorwurf des zweifelhaften Umgangs mit den Diözesanfinanzen packen könnte, die aber alle weiterhin auf ihrem Posten sitzen.
Daraus zieht Colafemmina den Schluß, daß bei päpstlichen Säuberungsaktionen der Blick auf die vorgetragenen Vorwürfe nur in die Irre führt. Entscheidend scheine nämlich, welcher Richtung man angehöre, um entlassen und befördert zu werden. Hier seine „schnelle“ Liste:
Kurienerzbischof Vincenzo Paglia
Msgr. Vincenzo Paglia: „Der Wandel ist eingeleitet, es gibt kein Zurück mehr“. Bei der Synode über die Familie haben die Widerstände gegen die Kommunion für die wiederverheiratet Geschiedenen und die außerehelichen Partnerschaften „nicht den Weg verändert, der inzwischen beschritten wurde“, versichert Erzbischof Vincenzo Paglia. „Der Auftrag von Franziskus wurde respektiert: annehmen und hinausgehen“. Ein Auszug aus dem Interview von Vatican Insider mit Kurienerzbischof Paglia von der Gemeinschaft Sant’Egidio. Paglia ist kein geringerer als der Präsident des Päpstlichen Rats für die Familie und damit der „Familienminister“ des Heiligen Stuhls. Als solcher war er Synodale bei der soeben zu Ende gegangenen Bischofssynode. Er wurde von Papst Franziskus noch nicht in seinem Amt bestätigt. Bis 2012 war Paglia Bischof von Terni-Narni-Amelia.
Das Wochenmagazin L’Espresso schrieb am 26. September 2013: „Der Monsignore betont, daß es sich in Terni um zwei unterschiedliche Angelegenheiten handelt, die nicht durcheinanderzubringen seien: ‚Einerseits jene der Verschuldung meiner Diözese, andererseits die Geschichte des Schlosses, mit der sich die Medien und die Staatsanwaltschaft beschäftigt haben. Ich bin mir bewußt, heute wie damals, daß in den Jahren meines Episkopats in Terni die Bankschulden der Diözese auf acht Millionen Euro angewachsen sind.‘ (…) Wie der Espresso in Erfahrung bringen konnte, wurde vor einigen Wochen von der Vatikanbank IOR ein zinsloses Darlehen zugunsten der Diözese Terni in Höhe von 12 Millionen Euro gewährt, mit denen die Bankschulden gedeckt werden sollen.“
Vatican Insider schrieb am 16. April 2014: „Das ‚Problemchen‘ ist ein Loch im Diözesanhaushalt von mehr als 20 Millionen Euro, das Ergebnis von Immobilientransaktionen, zu denen die Staatsanwaltschaft ermittelt, die in den Jahren erfolgten, als Msgr. Vincenzo Paglia Bischof war, der seit 2012 Präsident des Päpstlichen Rats für die Familie ist. Das Loch sollte mit 12 Millionen Euro der Vatikanbank IOR gedeckt werden, das ‚in zehn Jahren zinslos‘ zurückgezahlt werden sollte, wie der Prälat selbst bekanntgab. Noch einmal dieselbe Summe soll durch einen Vorschuß aus dem Fonds „8 von 1000“ garantiert werden, den die Italienische Bischofskonferenz zur Verfügung stellt.“
Colafemmina: Ironie der Geschichte: Paglia ist Autor einer jüngst erschienenen monumentalen „Geschichte der Armut“, die von „Papst“ Eugenio Scalfari persönlich rezensiert wurde.
Diözesanbischof Domenico Mogavero
Msgr. Domenico Mogavero: „Der Protest der Bischöfe gegen die Vorschläge zur Anerkennung von Homo-Partnerschaften sind haltlos: ein laizistischer Staat kann keine konfessionellen Entscheidungen treffen und die Kirche kann sich nicht in den Bereich des Zivilrechts einmischen.“ Ein Auszug aus einem Interview von Vatican Insider mit dem seit 2007 amtierenden Bischof von Mazara del Vallo.
Das Wochenmagazin Panorama schrieb am 16. Juni 2014: „Die kleine silizianische Diözese wird von Msgr. Mogavero geleitet. Sie hat 231.000 Einwohner, 70 Priester (viele davon schon alt) und insgesamt 131 Ordensfrauen. Innerhalb von sieben Jahren haben sich Schulden von fast sechs Millionen angehäuft, genau 5.598.090 Euro. Die Sache explodierte zwischen April und Mai als der Bischof keinen Euro mehr in der Kasse hatte, um die Banken und Gläubiger zu bezahlen. Die Angelegenheit sorgt deshalb besonders für Aufsehen, weil Mogavero 2011 nach Trapani geschickte wurde als Apostolischer Visitator (einer Art Inspektor), um wegen eines Lochs in der Diözesankasse von einer Million Euroa zu ermitteln. Die Inspektion führte damals zur Absetzung von Bischof Francesco Micchiché. Dieses Mal ist es Mogavero, der sich wegen eins Finanzlochs zu verantworten hat, das mindestens fünfmal so groß ist wie jenes von Trapani.“
Colafemmina: Ungefähr drei Millionen Euro wurden für den Bau der neuen modern(istisch)en Kirche von Pantelleria in den Sand gesetzt. Bischof Mogavero, der sich bis heute dem Motu proprio Summorum Pontificum offen widersetzt, griff öffentlich Benedikt XVI. für dessen Wiederzulassung des überlieferten Ritus an und ebenso für die Aufhebung der Exkommunikation gegen die Bischöfe der Piusbruderschaft. Dafür hat der Bischof eine besondere Vorliebe für die Haute Couture und trägt Armani. Der Modedesigner Giorgio Armani gestaltete für den sizilianischen Bischof eine eigene Kasel für die Einweihung der Sakristei der neue Kirche von Pantelleria. Seit wann weiht man Sakristeien?
Erzbischof Reinhard Kardinal Marx
Reinhard Kardinal Marx: „Wenn es eine homosexuelle Beziehung gibt, die seit 30 Jahren hält, kann ich nicht sagen, daß das nichts ist.“ Der Erzbischof von München-Freising äußerte sich so gegenüber Vatican Insider. „Die Mehrheit der deutschen Bischöfe ist mit dem Vorschlag Kaspers einverstanden“, sagte der Kardinal bei der Bischofssynode zur Frage der Zulassung wiederverheiratet Geschiedener zur Kommunion. Die Kirche sei „kein System von abstrakten Ideen“, sondern müsse „Antworten geben auf die Lebenswirklichkeiten der Menschen“, so Marx.
Die Huffington Post vom 24. Oktober 2013 schrieb: „Kardinal Reinhard Marx von der Erzdiözese München gab elf Millionen Dollar für den Umbau der erzbischöflichen Residenz aus und weitere 13 Millionen Dollar für ein Gästehaus in Rom.“
Die Münchner Boulevardzeitung tz schrieb am 13. März 212: „Die Lage ist erstklassig, der Preis auch: für 9,7 Millionen Euro hat das Erzbistum München-Freising in Rom ein neues Gästehaus gekauft. Böse Zungen haben der Immobilie auch schon einen Spitznamen verpasst: ‚Palazzo Marx‘(…)“. Die Sanierung des Palais [der erzbischöflichen Residenz Palais Holnstein in München] kostete 8,1 Millionen Euro.“
Die Süddeutsche Zeitung titelte am 12. April 2012: „Unser Palast in Rom“. Und weiter: „Schon länger kursierte unter kirchlichen Mitarbeitern das Gerücht, Kardinal Reinhard Marx habe sich in Rom einen „Palazzo“ geleistet, um dem Heiligen Stuhl noch ein wenig näher zu kommen.“ Ein „ganz normales Haus“, rechtfertigte der Pressesprecher der Erzdiözese den Kauf. Die „römische Dependance“ für die Aufenthalte von Kardinal Marx in Rom wurde, um Kritik vozubeugen, „Haus der Begegnung“ genannt.
Colafemmina: Kein Kommentar.
Erzbischof Bruno Forte
Msgr. Bruno Forte: „Die Rechte der Homosexuellen zu garantieren, ist eine Frage des Anstandes“. Mit diesen Worten zitierte Vatican Insider den Erzbischof von Chieti-Vasto im Zusammenhang mit dem umstrittenen Zwischenbericht der Bischofssynode, dessen Passagen über die Homosexualität aus seiner Feder stammen, wie Kardinal Erdö bekanntgab.
Chietitoday berichtete am 26. November 2011: „Die Kirche von Mario Botta in Sambuceto wird in drei Jahren fertig sein. Das Abkommen wurde besiegelt. ‚Zu diesem Kunstwerk‘ – erklärte Msgr. Forte – ‚habe ich die erlesene Bereitschaft aller gefunden. Wie alle wissen, hat mir Mario Botta das Projekt der Kirche geschenkt unter der Bedingung, daß er den Menschen begegnen kann, weil die Kirche ein Ausdruck des Volkes Gottes in einem bestimmten Gebiet ist. Ich bin überzeugt, daß das ein Werk sein wird, das die religiöse Seele des ganze abruzzischen Volkes zum Ausdruck bringen wird.‘ Das Werk, das zwischen acht und zehn Millionen Euro kosten wird, wird zu 45 Prozent von der Italienischen Bischofskonferenz, von der Gemeinde und Komitees finanziert, darunter einem von Unternehmern und Unternehmerverbänden und einem Pfarrkomitee.“
Colafemmina: Zur Kritik am Kirchenbauprojekt siehe den Kommentar.
Einleitung/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: MiL/Fides et Forma/ Vatican Insider/Wikicommons/Fradernidade Arca de Maria/SZ (Screenshot)