Kardinal Kasper, der Geist des Konzils auf der Synode, und das „Jahrhundertprogramm“ des Papstes


Kardinal Kasper an der katholischen-theologischen Fakultät der Universität Wien
Kar­di­nal Kas­per an der katho­lisch-theo­lo­gi­schen Fakul­tät der Uni­ver­si­tät Wien

(Wien) Am ver­gan­ge­nen Mitt­woch, 15. Okto­ber 2014, unter­brach Wal­ter Kar­di­nal Kas­per kurz­zei­tig sein mehr oder min­der offen­sicht­li­ches Zer­stö­rungs­werk im Rah­men der Bischofs­syn­ode, um im Rah­men des „dies facul­ta­tis“ der Katho­lisch-Theo­lo­gi­schen Fakul­tät der Uni­ver­si­tät Wien einen Vor­trag zum The­ma „Die ekkle­sio­lo­gi­sche und öku­me­ni­sche Visi­on von Papst Fran­zis­kus“ zu halten. 

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Der voll­stän­di­ge Text des Vor­trags ist zwar nicht ver­füg­bar, doch ver­öf­fent­lich­te die Katho­li­che Pres­se­agen­tur Öster­reich einen aus­führ­li­chen Arti­kel. Dar­in wird Kas­per mit den Wor­ten zitiert: „Der Geist des Kon­zils durch­weht die Syn­ode.“ Den jüng­sten und immer schär­fe­ren Äuße­run­gen etwa der Kar­di­nä­le Mül­ler und Bur­ke ent­ge­gen sag­te Kas­per, die Arbeit der Syn­ode fin­de in einem Kli­ma von „Zuver­sicht, Freu­de und Frei­heit“ statt, was auch der Zwi­schen­be­richt vom letz­ten Mon­tag gezeigt habe. Kas­per ver­such­te, die Ver­gan­gen­heit der Kir­che gegen Papst Fran­zis­kus aus­zu­spie­len, indem er von einer pes­si­mi­sti­schen Grund­stim­mung sprach, die mit dem neu­en Papst einer Auf­bruchs­stim­mung Platz geschaf­fen habe. In sei­nem Vor­trag bezeich­ne­te der deut­sche Kar­di­nal den Hei­li­gen Vater als „Geschenk Got­tes für die Kir­che und die­se Zeit.

Die „Katho­li­sche Pres­se­agen­tur Öster­reich“ schreibt in ihrem Arti­kel: „Das Reform­pro­gramm, das Papst Fran­zis­kus der Kir­che ver­ord­net habe, sei ein ‚Jahr­hun­dert­pro­gramm‘, so Kas­per, da es alle Dimen­sio­nen von Kir­che­sein bis hin­ein in die Grund­hal­tung jedes ein­zel­nen Chri­sten betref­fe. Somit rei­chen die jet­zi­gen Wei­chen­stel­lun­gen laut Kas­per auch weit über das Pon­ti­fi­kat von Fran­zis­kus hin­aus; der Erfolg des Pap­stes […] hän­ge daher an der Fra­ge, ob es gelin­gen wird, den Auf­bruchs­geist auch in künf­ti­gen Pon­ti­fi­ka­ten am Leben zu erhal­ten.“ Dass man als Katho­lik sei­ne „Grund­hal­tun­gen“ refor­mie­ren kann, ist natür­lich äußerst frag­wür­dig. Der Katho­lik ändert sei­ne Grund­hal­tun­gen nicht, weil die Kir­che ihre Grund­hal­tun­gen nicht ändert. Die Kir­che ändert ihre Grund­hal­tun­gen nicht, weil Gott sich nicht ändert. Übri­gens scheint der anma­ßen­de Kas­per­sche Begriff des „Jahr­hun­dert­pro­gramms“ kaum mit der „demü­ti­gen Kir­che“ des Pap­stes vereinbar.

Kardinal Kasper in Wien
Kar­di­nal Kas­per in Wien

Nichts­de­sto­trotz ver­band Kar­di­nal Kas­per das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus mit der Stim­mung eines „neu­en Früh­lings“, sodass unter den Teil­neh­mern an der Bischofs­syn­ode, die in weni­gen Tagen zu Ende geht, der viel­be­schwo­re­ne „Fran­zis­kus-Effekt“ fest­zu­stel­len sei. Mit Fran­zis­kus sei ein „Para­dig­men­wech­sel“ voll­zo­gen wor­den. Ent­spre­chend kön­ne man ihn nicht in das „etwas abge­nutz­te pro­gres­siv-kon­ser­va­tiv-Sche­ma“ zwän­gen oder einer bestim­men „theo­lo­gi­schen Schul­rich­tung“ zuord­nen. Die „Katho­li­sche Pres­se­agen­tur Öster­reich“ schreibt: „Viel­mehr ver­bin­de er in sei­nem Kir­chen­ver­ständ­nis Ele­men­te der Tra­di­ti­on mit Ele­men­ten einer ‚eccle­sia sem­per refor­man­da‘ – einer Kir­che, die auf Ver­än­de­rung drängt. Damit stel­le sich Fran­zis­kus bewusst auch in die Tra­di­ti­on der Kon­zil­s­päp­ste Johan­nes XXIII. und Paul VI., die das unver­än­der­li­che Evan­ge­li­um ‚stets neu im Licht der Zei­chen der Zeit‘ deu­ten woll­ten.“ Papst Fran­zis­kus sei ein „Mann der Pra­xis und der Begeg­nung“, der auf dem „Pri­mat der Wirk­lich­keit vor der Idee“ bestehe.

Auch mit der in Latein­ame­ri­ka weit­ver­brei­te­ten Befrei­ungs­theo­lo­gie bringt der deut­sche Kar­di­nal den Papst in Ver­bin­dung. So habe die­ser den befrei­ungs­theo­lo­gi­schen Drei­schritt „sehen, urtei­len, han­deln“ auf­ge­grif­fen. Gleich­zei­tig dür­fe man Fran­zis­kus nicht mit jener Art von Befrei­ungs­theo­lo­gie in Ver­bin­dung brin­gen, die von der Kir­che ver­ur­teilt wur­de. Statt­des­sen, so die „Katho­li­sche Pres­se­agen­tur Öster­reich“, „baue die Befrei­ungs­theo­lo­gie Jor­ge Mario Berg­o­gli­os auf einer spe­zi­el­len argen­ti­ni­schen Vari­an­te einer ‚Theo­lo­gie des Vol­kes und der Kul­tur‘ auf. Die­se habe star­ke euro­päi­sche theo­lo­gi­sche und phi­lo­so­phi­sche Wur­zeln sowie ein hohes Maß an Sen­si­bi­li­tät für regio­na­le Fröm­mig­kei­ten und regio­na­le gesell­schaft­li­che Situa­tio­nen. Statt von der Idee des Klas­sen­kamp­fes sei die Befrei­ungs­theo­lo­gie des Pap­stes von der Idee der Ver­söh­nung geprägt.“

Vor die­sem Hin­ter­grund sind viel­leicht auch die wei­te­ren Äuße­run­gen von Wal­ter Kar­di­nal Kas­per zu ver­ste­hen, wonach Fran­zis­kus eine „Par­ti­zi­pa­ti­on des Vol­kes Got­tes, jedes Ein­zel­nen, an der Kir­che“ im Sinn habe. Die Kir­che müs­se ent­spre­chend vor allem eine Kir­che „mit einem Ohr am Volk“ sein. Man dür­fe das Ver­hält­nis von kirch­li­cher Leh­re und Evan­ge­li­um nicht gegen­ein­an­der aus­spie­len, so Kas­per. Es stellt sich unmit­tel­bar die Fra­ge, war­um der Kar­di­nal genau das spä­te­stens seit Febru­ar 2014 uner­läss­lich tut. Schließ­lich sind Leh­re und Evan­ge­li­um auf einer Linie, gera­de und sehr deut­lich, was den Ehe­bruch betrifft. Laut Kas­per bil­de die „Freu­de des Evan­ge­li­ums“ die Grund­la­ge jedes „rich­ti­gen Ver­ständ­nis­ses der Leh­re“. Mit sei­nem evan­ge­li­schen Pro­gramm grei­fe „Fran­zis­kus auf die ursprüng­li­che Bot­schaft der Kir­che und ihre Sen­dung in der Gegen­wart zurück“ – was auch immer die­se Äuße­rung von Kas­per bedeutet.

Text: M. Bene­dikt Buerger
Bild: katho​lisch​.at (Screen­shot)

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