(Jakarta) Indonesien legalisiert wieder die Polygamie. Es genügt eine kleine Strafe zu bezahlen. Der Distrikt East Lombok der Provinz West Nusa Tenggara öffnet der „erweiterten Familie“ die Türen. Damit ein Mann mehrere Frauen heiraten kann, genügen rund 80 Dollar Bußgeld. Für den Distriktchef sei das eine Art der Korruptionsbekämpfung.
Das lokale Schatzamt freut sich über zusätzliche Steuereinnahmen, der Distriktchef betrachtet die Maßnahme als „Erfolg“ in der Schmiergeldbekämpfung und die örtlichen Moslemführer sehen sich weiter im Aufwind: denn im Islam sei es einem Mann erlaubt, bis zu vier Frauen zu haben.
Die Legalisierung der Polygmie widerspricht dennoch der indonesischen Rechtsordnung und auch dem gesellschaftlichen Konsens. Die meisten indonesischen Moslems haben nur eine Frau.
Fast völlige Verdrängung der Polygamie unter General Suharto
In den Jahren der Herrschaft von General Haji Mohamed Suharto (1921–2008), die von 1967–1998 dauerte, wurde die Polygamie teils verboten und unter strenge Strafe gestellt, so daß sie fast völlig zurückgedrängt werden konnte. Der General selbst, obwohl Moslem, hatte nur eine Frau, Madame Tien Suharto (1923–1996), besser bekannt als Ibu Tien, der er sein Leben lang treu blieb. Das Paar hatte 1947 geheiratet. Es war der große Einfluß seiner Frau, der dazu führte, daß durch Suharto die Polygamie bekämpft wurde. Ibu Tien beeinflußte maßgeblich die Moralvorstellungen und die Familiensitten des Landes durch Förderung der Monogamie. Beamte und öffentliche Bedienstete riskierten die sofortige Entlassung, wenn sie die Polygamie praktizierten.
Seit dem Amtsantritt von Staatspräsident General Susilo Bambang Yudhoyono vor zehn Jahren setzte ein starkker Wandel ein. Obwohl er persönlich eine stabile monogamen Ehe lebt, scheint er zu schwach, um die Rückkehr der Polygamie im Land zu verhindern. Eine Entwicklung, die mit dem Erstarken islamischer Kräfte einhergeht. Das gilt gerade auch für den öffentlichen Bereich. Selbst einige Minister seiner Regierung, die aus islamistischen Gruppen kommen, leben polygam, ohne daß der Staatspräsident, trotz geltender Rechtslage, dagegen einschreitet.
Re-Islamisierung des Landes
Dieser weitgehenden Duldung der Islamisierung einschließlich der Rückkehr der Vielweiberei steht nun eine offizielle Legalisierung in East Lombok gegenüber. „Ein Schritt, der zu befürchten war angesichts der Gesamtentwicklung“, zitiert Asianews einen Vertreter der katholischen Minderheit.
Die Polygamie werde nicht nur in moralischer und rechtlichter Hinsicht gutgeheißen, sondern auch noch mit der Zahlung eines Honorars verknüpft. Eine Million Rupiah sei jedes Mal in die öffentliche Kasse zu bezahlen, wenn ein Mann mehr als eine Frau heiraten will. So hat es Distriktchef Dahlan bin Ali angeordnet. Dieser sieht darin einen „großen Erfolg“ in der Korruptionsbekämpfung. Bisher hätten sich Beamte schmieren lassen, wenn sie darauf kamen, daß ein Mann sich mehr als eine Frau hält. Nun aber herrsche Ordnung und der Staat bekomme auch noch Geld.
Das geltende Gesetz 10/1983 verbietet die Polygamie kategorisch zwar nur für den öffentlichen Dienst, schränkte sie aber soweit ein, daß sie nur mehr in kleinen islamistischen Zirkeln fortbestand. Die erste Frau muß nämlich in die Zweitehe einwilligen. Es braucht eine schriftliche Bestätigung Dritter, daß der Mann imstande ist, den Unterhalt für eine Zweitfrau aufzubringen und auch imstande ist, seinen „nächtlichen“ Pflichten nachzukommen. Die Erstfrau muß zudem unfähig oder außerstande sein, ihren Pflichten als Ehefrau und Mutter zu entsprechen.
In Jakarta haben Juristen bereits Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Maßnahme geäußert. Zudem breche das Staatsgesetz lokales Recht. Im Innenministerium stößt man sich zudem an der Geldzahlung, aber auch an der „lächerlich geringen Summe“. Wenn die Zahlung überhaupt einen Sinn haben solle, „müßten sie mindestens eine Milliarde Rupiah zahlen lassen“, so Widodo Sigit Pudjianto, Rechtsexperte im Innenministerium. Das entspräche der Summe von 80.000 Dollar.
Christliche Beobachter sehen die Entwicklung kritischer. Hinter dem Wiederaufleben der Polygamie werde das Erstarken islamistischer Kräfte sichtbar, die eine Islamisierung des Landes betreiben. Kräfte, auf die Staatspräsident Yudhoyono zur Stützung seiner Macht brauche und daher gewähren lasse.
Text: Asianews/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews