Das Unbehagen mit Selig- und Heiligsprechungen – und deren Unterlassung (3. Teil/​1)


Sr. Lucia dos Santos starb 2005 als letzte der drei Seherkinder von Fatima.
Sr. Lucia dos Santos starb 2005 als letzte der drei Seherkinder von Fatima.

Oder: Warum wird Sr. Lucia nicht selig gesprochen?

Nach der Ver­öf­fen­li­chung des Ersten Teils am 10. Okto­ber 2014 und des Zwei­ten Teils am 19. Okto­ber beginnt heu­te die Ver­öf­fent­li­chung des abschlie­ßen­den Drit­ten Teils. Aus aktu­el­lem Anlaß behan­del­te der Zwei­te Teil die Selig­spre­chung von Papst Paul VI. (1963–1978) und ging auf die Fra­ge von Kano­ni­sie­run­gen als Poli­ti­kum ein. Auf­grund der Fül­le der dar­zu­le­gen­den Über­le­gun­gen wur­de ent­schie­den, ihn zur bes­se­ren Les­bar­keit auf­zu­tei­len. Im heu­ti­gen Bei­trag behan­delt der Wie­ner Theo­lo­ge und Publi­zist die unter­las­se­nen Kano­ni­sie­run­gen auf­grund poli­ti­scher Wider­stän­de, um sich dann mit einer eben­so span­nen­den wie akri­bi­schen Spu­ren­su­chen der mit Fati­ma ver­bun­de­nen Fra­ge zuzu­wen­den, war­um Schwe­ster Lucia dos San­tos noch nicht kano­ni­siert wurde.

Anzei­ge

von Wolf­ram Schrems*

Im Anschluß an die bei­den ersten Tei­le, die den Hin­ter­grund der Pro­ble­ma­tik auf­rei­ßen soll­ten, soll nun­mehr zum Kern der Fra­ge vor­ge­sto­ßen wer­den. Auf­grund der äußerst kom­pli­zier­ten Sach­la­ge und der sich dar­aus erge­ben­den Weit­schwei­fig­keit der Dar­stel­lung muß die­ser drit­te Teil aus Grün­den der Les­bar­keit sei­ner­seits unter­teilt werden.

Unterlassungen von Kanonisierungen als Politikum

Beerdigung von Sr. Lucia dos Santos in Fatimajpg
Beer­di­gung von Sr. Lucia dos Santos

Genau­so wie Hei­lig­spre­chun­gen ein Poli­ti­kum sind, so ist es auch die Unter­las­sung der­sel­bi­gen. In Öster­reich hat­te man z. B. die Selig­spre­chung des Wehr­dienst­ver­wei­ge­rers aus Gewis­sens­grün­den Franz Jäger­stät­ter vor­an­ge­trie­ben und erreicht. Aus ver­schie­de­nen Grün­den erschien das auch oppor­tun. Für man­che war es aus poli­ti­schen Grün­den hoch­will­kom­men. Es muß daher fest­ge­hal­ten wer­den, daß es ein gro­ßes Ärger­nis ist, wie die­ser tief­gläu­bi­ge Mann, der ein öster­rei­chi­scher Patri­ot und übri­gens auch kein Pazi­fist war, von den lin­ken Deu­tungs­mo­no­po­li­sten aus­ge­schlach­tet und miß­braucht wird.

Jäger­stät­ter kam also einem bestimm­ten Milieu sehr zupaß.

Völ­lig inop­por­tun erscheint aber die noch mehr gerecht­fer­tig­te Selig­spre­chung von Bun­des­kanz­ler Engel­bert Doll­fuß und ande­rer Mär­ty­rer des NS-Regimes, wie Hans Georg Hein­tschel-Hein­egg und Hans Karl Zess­ner-Spit­zen­berg. Denn die waren auf eine Wei­se „kon­ser­va­tiv“, wie man es eben seit dem Kon­zil nicht mehr haben will.

Eugenio Zolli
Euge­nio Zolli

Wich­tig wäre auch, die Selig­spre­chung von „Sand­wirt“ Andre­as Hofer zu postu­lie­ren. Immer­hin war der Wider­stands­krieg der Tiro­ler gegen Napo­le­on und sei­ne bay­ri­schen Knech­te ein katho­li­scher Kampf gegen die Greu­el einer sich selbst zu Unrecht so nen­nen­den „Auf­klä­rung“.

Schließ­lich gäbe es vie­le rezen­te Mär­ty­rer des Kom­mu­nis­mus oder des Islam, man den­ke nur an die Opfer des Arme­nier­ge­no­zids 1915, dem auch vie­le Katho­li­ken zum Opfer fie­len, dem Ver­ges­sen zu ent­rei­ßen. Und höchst­wahr­schein­lich vie­le unschein­ba­re und unbe­kann­te kon­tem­pla­ti­ve Ordens­leu­te, die ihr stren­ges Büßer­le­ben in heroi­scher Wei­se leb­ten und zu einem vor­bild­li­chen Abschluß brach­ten. Damit wür­de der Pri­mat des Kon­tem­pla­ti­ven über das Akti­ve wie­der gebüh­rend ins Bewußt­sein der Gläu­bi­gen gebracht werden.

Zuletzt wäre es höchst ange­mes­sen, hebräi­sche Katho­li­ken zur Ehre der Altä­re zu erhe­ben. Vie­le haben sich ihren Schritt in die Kir­che vie­les kosten las­sen, wie etwa Euge­nio Pio Zol­li, der „Rab­bi von Rom“ und wür­den offi­zi­el­le Wür­di­gung verdienen.

Auf­grund von Oppor­tu­nis­mus oder Feig­heit oder poli­ti­scher Rän­ke­schmie­de tut sich aber lei­der hier nichts.

Genau­so­we­nig wie mit Sr. Lucia.

Nach der Seligsprechung von Jacinta und Francisco Marto: Warum nicht Lucia dos Santos?

Lucia dos Santos (stehend) mit der Seligen Giacinta
Lucia (r.) mit der seli­gen Giacinta

Sr. Lucia ist der­zeit also offen­sicht­lich unerwünscht.

War­um? Ver­su­chen wir die­ser Fra­ge gleich­sam „sokra­tisch“ auf den Grund zu gehen:

Für eine Selig­spre­chung wird bekann­ter­ma­ßen das Leben des Kan­di­da­ten genau durch­leuch­tet. Es müs­sen alle rele­van­ten Details unter­sucht wer­den.
Die Fra­ge ist, was im gegen­ständ­li­chen Fall dabei her­aus­kom­men wür­de. Soweit man sich mit Fati­ma beschäf­tigt hat, wird man mut­ma­ßen müs­sen, daß eine Unter­su­chung des Lebens von Sr. Lucia in ein Wes­pen­nest ste­chen würde.

Das ist ver­mut­lich noch dezent formuliert.

Von ver­schie­de­nen Sei­ten hört man näm­lich, daß Sr. Lucia in den 80er und 90er Jah­ren ihren frü­he­ren Aus­sa­gen wider­spre­chen wür­de. Wenn man dem nach­geht, stellt sich her­aus, daß ihre Aus­sa­gen in der Zeit nach dem Kon­zil tat­säch­lich in die­sem Sin­ne wie­der­ge­ge­ben wer­den. Sr. Lucia habe die Gül­tig­keit der Wei­he Ruß­lands durch Papst Johan­nes Paul II. bestä­tigt und sie habe bestrit­ten, daß das „Drit­te Geheim­nis“ zur Publi­ka­ti­on für die gan­ze Welt bestimmt sei. Außer­dem habe sie der vati­ka­ni­schen Deu­tung des publi­zier­ten Teils des „Drit­ten Geheim­nis­ses“ durch Kar­di­nal Sod­a­no zuge­stimmt. U. dgl.

(Die gan­ze Geschich­te ist sehr kom­pli­ziert und kaum in Kür­ze dar­zu­stel­len. Für die gegen­ständ­li­che Fra­ge sie­he über­blicksmä­ßig allen­falls die Sei­te)

Wie kann man sich das erklären?

Mei­nes Erach­tens gibt es nur drei Möglichkeiten:

Ent­we­der Sr. Lucia hat ihre Mis­si­on unter dem auf sie aus­ge­üb­ten mas­si­ven Druck durch Kir­chen­ver­tre­ter ver­ra­ten, oder aber ihre Aus­sa­gen sind durch die kirch­li­chen Behör­den offen gefälscht wor­den, oder aber, die Per­son, die sich sol­cher­art geäu­ßert hat, ist gar nicht Sr. Lucia.

Rekapitulation der Ereignisse

Tre­ten wir noch ein­mal eini­ge Schrit­te zurück:

Da ist ein Kind, das vom Him­mel selbst erschüt­tern­de Bot­schaf­ten erhal­ten hat. Die­ses Kind hat in einem Augen­blick die Höl­le gese­hen. Es wur­de mit einem ersten Auf­trag an den Papst betraut. Das Son­nen­wun­der vom 13.10.1917 (und spä­ter die unheim­li­che rote Fär­bung des Nacht­him­mels am 25.01.1938) bestä­tigt den Gehalt der Visio­nen und Audi­tio­nen, deren die­ses Kind gewür­digt wur­de. Nie­mand bestrei­tet die Fak­ti­zi­tät die­ser Ereig­nis­se – auch die säku­la­re und kir­chen­feind­li­che Pres­se muß­te damals zäh­ne­knir­schend die Rea­li­tät uner­klär­li­cher Ereig­nis­se zugestehen.

Sr. Lucia als Dorotheerin bevor sie in den Karmel eintrat.
Sr. Lucia als Dorotheerin

Das Kind wird erwach­sen. Die jun­ge Frau tritt in Spa­ni­en in den Doro­thee­rin­nen­or­den ein. Nach dem Welt­krieg wech­selt sie in den Kar­mel. Sie unter­wirft sich einer noch stren­ge­ren Ordens­re­gel, ein­schließ­lich einer so gut wie voll­stän­di­gen Iso­la­ti­on von der Welt. Der regie­ren­de Papst, Pius XII., hat unter­des­sen (1942) zwei der drei Tei­le des Fati­ma­ge­heim­nis­ses publik gemacht und in unzäh­li­gen Anspra­chen erwähnt. Nach des­sen Tod 1958 war­tet die Welt auf die Publi­zie­rung des drit­ten Tei­les.
Aber die kommt nicht.

Der neue Papst, der mit einer raf­fi­nier­ten pro­pa­gan­di­sti­schen Dik­ti­on als Il Papa buo­no aus­ge­ru­fen wird (gera­de­so, als wären die frü­he­ren Päp­ste nicht „gut“ gewe­sen), ver­wei­gert jede Bezug­nah­me auf die­se Bot­schaft (also nicht nur auf das „Drit­te Geheim­nis“ son­dern auch auf die bekann­ten Tei­le) und lenkt sein Pon­ti­fi­kat in eine ganz ande­re Rich­tung. Das „Drit­te Geheim­nis“ wird im vati­ka­ni­schen Archiv begra­ben. Nach vier Jah­ren stirbt er und hin­ter­läßt ein immenses Chaos.

Des­sen Nach­fol­ger Paul VI. besucht zum 50. Jubi­lä­um 1967 (eher wider­wil­lig) Fati­ma und – so berich­ten es meh­re­re Autoren [1]Jörg Erne­sti, Paul VI. – Der ver­ges­se­ne Papst, Her­der, Frei­burg 2012: „In Fáti­ma traf Paul VI. eben­falls mit Schwe­ster Lucia dos San­tos (1907 – 2005) zusam­men, die 1917 als klei­nes Mäd­chen … Con­ti­n­ue rea­ding – wei­gert sich, trotz instän­di­ger Bit­ten von Sr. Lucia mit ihr unter vier Augen zu spre­chen. Die Sehe­rin ist unter Gehor­sam nach Fati­ma beor­dert worden.

In sei­ner Anspra­che bezieht sich der Papst in kei­ner Wei­se auf die Bot­schaft von Fati­ma, son­dern macht Pro­pa­gan­da für sei­ne huma­ni­sti­schen Idea­le und für das Kon­zil („Men­schen, seid Menschen!“).

Man kann sich vor­stel­len, wie sich ein Pro­phet füh­len muß, des­sen Bot­schaft vom Adres­sa­ten, für den die­se bestimmt war, abge­schmet­tert wird. Als lite­ra­ri­sches Bei­spiel dafür sei die Dar­stel­lung des Pro­phe­ten Jere­mia durch Franz Wer­fel genannt. Die­ser fühlt sich in Höret die Stim­me mit gro­ßer Empa­thie in das stun­den­lan­ge dump­fe Brü­ten des Pro­phe­ten ein, nach­dem der König Zid­ki­ja sich defi­ni­tiv gewei­gert hat, die aller­letz­te Chan­ce auf die Ret­tung Jeru­sa­lems anzu­neh­men und der ret­ten­den Anwei­sung Got­tes zu gehor­chen (vgl. Jer 38,17).

Sr. Lucia und Papst Paul VI.
Sr. Lucia und Papst Paul VI.

Auf den in Büchern und im Inter­net publi­zier­ten Pho­tos anläß­lich des Papst­be­su­ches 1967 ist Sr. Lucia aber bester Lau­ne (vgl. auch die Illu­stra­ti­on zum 2. Teil die­ser Serie). Sie scheint sich mit Papst Paul VI. sehr wohl zu fühlen.

Eines die­ser Pho­tos wür­de ich ob der gleich­sam kon­spi­ra­ti­ven Mimik gera­de­zu als ver­stö­rend bezeich­nen. Die­se Frau hat als Kind die Höl­le gese­hen und welt­um­stür­zen­de Bot­schaf­ten erhal­ten, fühlt sich aber augen­schein­lich in der Gegen­wart des­je­ni­gen Pap­stes in bester Stim­mung, der die Annah­me ihrer Bot­schaft bzw. der Bot­schaft des Him­mels, sogar ein Gespräch verweigert!?

Er, der noch dazu qua­si ein Pro­phet des „Dia­logs“ ist (Enzy­kli­ka Eccle­si­am suam, 1964), will nicht mit ihr reden?

Immer vor­aus­ge­setzt, die Pho­tos sind nicht irgend­wie gefälscht: Sie machen ange­sichts der Berich­te tat­säch­lich wenig Sinn. Selbst wenn man in Rech­nung stel­len muß, daß ein Papst natür­lich ex offi­cio Respekts­be­zeu­gung ver­langt, sind die Bil­der ob ihrer aus­ge­strahl­ten Har­mo­nie verwirrend.

Sodann las­sen auch die Bil­der von Sr. Lucia mit Papst Johan­nes Paul II. eini­ge Jah­re spä­ter nicht erken­nen, daß auch die­ser Papst nicht das voll­stän­dig umsetz­te, was die Mut­ter­got­tes von Fati­ma gefor­dert hat­te. Ein Ereig­nis wie das inter­re­li­giö­se Tref­fen von Assi­si, Begeg­nun­gen mit Göt­zen­prie­stern und der Korankuß kann im Gegen­teil „oben“ kei­ne Freu­de aus­ge­löst haben.

Sr. Lucia scheint sich aber sehr har­mo­nisch mit dem Papst zu beneh­men. Ein all­fäl­li­ger Dis­sens, der sich aus den kir­chen­po­li­ti­schen und dok­tri­nä­ren Ent­schei­dun­gen des Pap­stes einer­seits und dem Auf­trag von Fati­ma ande­rer­seits ergibt, ist auf die­sen Bil­dern nicht erkennbar.

Das päpst­li­che Amt ließ natür­lich für eine kon­tem­pla­ti­ve Ordens­frau kaum einen öffent­lich aus­ge­tra­ge­nen Dis­sens zu, wie schon bei Paul VI. Dazu kam sicher der per­sön­li­che Charme des Pap­stes bzw. des­sen schau­spie­le­risch geüb­te Sug­ge­stiv­kraft. Wenn es wahr ist, daß Sr. Lucia weder Paul VI. noch Johan­nes Paul II. in Fati­ma hat­te tref­fen wol­len, son­dern unter Gehor­sam dort­hin beor­dert wor­den war, dann ist damit ein Dis­sens mit dem Papst ohne­hin deut­lich ausgedrückt.

Trotz­dem bleibt ein merk­wür­di­ges Gefühl ange­sichts der Pressephotos.

Schließ­lich hat Sr. Lucia durch Gestik und Mimik der Inter­pre­ta­ti­on des „Drit­ten Geheim­nis­ses“ durch Kar­di­nal Sod­a­no bei der Selig­spre­chungs­mes­se für Jac­in­ta und Fran­cis­co am 13. Mai 2000 offen­kun­dig zuge­stimmt. Die­se Inter­pre­ta­ti­on, näm­lich, daß der ermor­de­te Papst das Atten­tat auf Johan­nes Paul II. vom 13. Mai 1981 dar­stel­le, ist völ­lig unglaub­haft, wie von man­chen Autoren schon aus­führ­lich dar­ge­legt wor­den ist.

Sie hat dazu geführt, Fati­ma zu neu­tra­li­sie­ren und irrele­vant zu machen.

Ihr wur­de auch impli­zit durch Papst Bene­dikt XVI. 2010 in Fati­ma wider­spro­chen (wobei wei­te­re Kon­se­quen­zen aber ausblieben).

Mark Fel­lows erwähnt die­se ver­wir­ren­de Reak­ti­on der Sehe­rin ange­sichts von Kar­di­nal Sod­a­no: „Tat­säch­lich, [Sr. Luci­as] Über­schweng­lich­keit in Fati­ma 2000 war bei­na­he beun­ru­hi­gend. Frei­lich, die Ursa­che ihres Strah­lens und ihre neue Lie­bens­wür­dig­keit gegen­über Johan­nes Paul war ihre Freu­de über der Selig­spre­chung ihrer bei­den Cou­sins. Sie blieb aber auch ange­sichts von Kar­di­nal Sod­a­nos Ver­si­on des Drit­ten Geheim­nis­ses über­schweng­lich, was bis zu weit­aus­la­den­den, lin­ki­schen Gesten gegen­über der Men­ge ging“ (Fati­ma in Twilight, 327, eige­ne Übersetzung).

Er fügt an: „Es ist schwie­rig, das zu inter­pre­tie­ren und die Din­ge wer­den nur noch ver­wir­ren­der wer­den, wenn Lucia ihren ewi­gen Lohn emp­fängt, denn nach ihrem Tod wer­den sich die gefälsch­ten Stel­lung­nah­men und Inter­views gleich­sam als eine dämo­ni­sche Kari­ka­tur der wun­der­sa­men Ver­meh­rung der Bro­te und Fische ver­viel­fa­chen.“
Lei­der geht er nicht wei­ter dar­auf ein, was die Grün­de die­ses erra­ti­schen Ver­hal­tens hät­ten sein können.

Merkwürdige Ineffizienz von Sr. Lucia angesichts der Wichtigkeit ihrer Botschaft

Sr. Lucia aufgebahrt im Karmel von Coimbra
Sr. Lucia auf­ge­bahrt im Kar­mel von Coimbra

Und noch etwas: Die Bot­schaft von Fati­ma ist auch in ihren bekann­ten und unbe­strit­te­nen Tei­len erschüt­ternd. Was davon aber bis jetzt publi­ziert ist, sind eini­ge Büch­lein in einem wenig bedeu­ten­den por­tu­gie­si­schen Ver­lag, näm­lich vom Hei­lig­tum in Fati­ma, und hat außer­halb eines klei­nen Krei­ses von Katho­li­ken kei­ne Reich­wei­te.
Also, wenn das wirk­lich wich­tig wäre, müß­te es doch Enzy­kli­ken, Exhorta­tio­nen und Anspra­chen en mas­se geben! Die offi­zi­el­len Kir­chen­ver­la­ge müß­ten den Markt förm­lich flu­ten. Bischöf­li­che Amts­blät­ter, Kir­chen­zei­tun­gen und Radio Vati­kan müß­ten die­ses The­ma exzes­siv behan­deln. Der Papst müß­te qua­si täg­lich dar­über predigen.

Aber nichts dergleichen.

Was einen im Rück­blick auf die letz­ten Jahr­zehn­te beson­ders wundert:

Die Sehe­rin müß­te ja eigent­lich zeit­le­bens von Pil­gern, Gläu­bi­gen und Suchen­den, Neu­gie­ri­gen und Repor­tern, Kir­chen­füh­rern und nicht-katho­li­schen Amts­trä­gern aller Kon­fes­sio­nen Tag und Nacht bela­gert wor­den sein.

Es macht aber nicht den Anschein, als wäre das der Fall gewe­sen. Kar­me­li­ti­sche Klau­sur hin oder her – auch ein Kar­mel hat Sprech­stun­den, in denen Besu­cher vor­spre­chen können.

Soll­te der Glau­bens­sinn des gläu­bi­gen Vol­kes und das mensch­li­che Gespür der Nicht-Glau­ben­den instink­tiv gemerkt haben, daß es sich hier um gar kei­nen beson­de­ren Boten des Him­mels gehan­delt hät­te? Dem hl. Niklaus von der Flüe und Pater Pio und vie­len ande­ren hat­te man ja auch die Türe ein­ge­rannt. Hier aber soll es nicht inter­es­sant gewe­sen sein?

Ist es aber nicht so, daß eine Bot­schaft nor­ma­ler­wei­se dann noch gro­ße Kraft ent­fal­tet, solan­ge der Bot­schaf­ter am Leben ist? Dar­um wur­de ja P. Pio weg­ge­sperrt, weil man im Vati­kan sei­ne Wirk­sam­keit sehr genau erkannte.

Der in Kür­ze fol­gen­de 2. Abschnitt des 3. Teils ist einem Resü­mee gewidmet.

*MMag. Wolf­ram Schrems, Linz und Wien, katho­li­scher Theo­lo­ge und Phi­lo­soph, kirch­lich gesen­de­ter Katechist

Bild: Sed confidite/​Wikicommons/​Salve Maria/​Papalepapale/​Conocereis de Verdad/​wheatandweeds

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1 Jörg Erne­sti, Paul VI. – Der ver­ges­se­ne Papst, Her­der, Frei­burg 2012: „In Fáti­ma traf Paul VI. eben­falls mit Schwe­ster Lucia dos San­tos (1907 – 2005) zusam­men, die 1917 als klei­nes Mäd­chen Visio­nen der Got­tes­mut­ter gehabt hat­te, in denen es um Höl­le, Chri­sten­ver­fol­gung und das Schick­sal des Pap­stes ging. Zwei der Vor­aus­sa­gen wur­den mit dem Zwei­ten Welt­krieg als erfüllt ange­se­hen. Die drit­te Vor­aus­sa­ge war in der von der Schwe­ster auf­ge­zeich­ne­ten Form Johan­nes XXIII. vor­ge­legt wor­den, der ihr kei­ne wei­te­re Beach­tung geschenkt hat­te. Paul VI. ließ sich den Text vor sei­ner Rei­se erneut zei­gen [Fuß­no­te 183]. Anson­sten war er in Wor­ten und Gesten sicht­lich bemüht, den Ein­druck des Mira­ku­lö­sen und Eso­te­ri­schen [sic!] zu ver­mei­den. Von daher ist es wohl auch zu ver­ste­hen, dass er ein Zusam­men­tref­fen mit Schwe­ster Lucia unter vier Augen ablehn­te. Selbst als die­se wäh­rend des Got­tes­dien­stes Anstal­ten mach­te, dem Papst etwas per­sön­lich mit­zu­tei­len [korr.], wies er sie freund­lich aber bestimmt zurück“ (191, Her­vor­he­bung WS).
Die Unter­schrift zum Pho­to lau­tet: „Paul VI. in Fáti­ma – neben ihm Schwe­ster Lucia dos San­tos, die ‚Sehe­rin‘ von Fáti­ma (13. Mai 1967)“ Man beach­te die Anfüh­rungs­zei­chen für Sehe­rin. Pro­fes­sor Erne­sti glaubt offen­bar auch nicht so ganz dar­an. Auch die dis­qua­li­fi­zie­ren­den Aus­drücke „mira­ku­lös“ und „eso­te­risch“ sind in die­sem Zusam­men­hang deplaziert.

Zur Zurück­wei­sung von Sr. Lucia durch Paul VI. vgl. auch Mark Fel­lows Fati­ma in Twilight: „[Nach der hl. Mes­se] über­reich­te die Sehe­rin dem Papst ein hand­ge­fer­tig­tes Geschenk. Sie knie­te vor ihm und wie­der­hol­te immer wie­der: ‚Ich wün­sche mit Ihnen allei­ne zu spre­chen.‘ Papst Paul ant­wor­te­te: ‚Sie sehen, es ist nicht die Zeit dafür‘, und füg­te an: ‚Wenn Sie mir etwas mit­zu­tei­len wün­schen, sagen Sie es Ihrem Bischof…‘ Die Men­schen­men­ge geriet in Span­nung, als sie den Papst und Sr. Lucia zusam­men sah und begann zu skan­die­ren: ‚Lucia, Lucia…‘ Lucia wur­de zum Podi­um geführt. Sie blick­te in die Men­ge und begann zu wei­nen“ (191, eige­ne Übersetzung

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