Maximilian Kolbe ein leuchtendes Vorbild – Die Namen der Täter kennt keiner mehr


Pater Maximilian Kolbe: Bekenner des Glaubens und Zeuge der Liebe
Pater Maxi­mi­li­an Kol­be: Beken­ner des Glau­bens und Zeu­ge der Liebe

(Ausch­witz) Die Zusam­men­hän­ge klin­gen wie eine Iro­nie der Geschich­te, doch genau genom­men, muß­te es wohl gera­de so sein: Die Stadt Oswie­zim in Klein­po­len nahe der Gren­ze zu Schle­si­en war im Hoch­mit­tel­al­ter als deut­sche Stadt­grün­dung namens Ausch­witz ent­stan­den. Auf eine mehr­heit­lich deut­sche Bevöl­ke­rung folg­te im Über­gang zur Neu­zeit eine mehr­heit­lich jüdi­sche und schließ­lich eine mehr­heit­lich pol­ni­sche Ein­woh­ner­schaft. Wie die Stadt an einem Schnitt­punkt ver­schie­de­ner Sprach- und Kul­tur­krei­se lag, war es auch bei Pater Maxi­mi­li­an Maria Kolbe. 

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Raj­mund Kol­be wur­de 1894 als Sohn eines deut­schen Vaters und einer pol­ni­schen Mut­ter im mit­tel­pol­ni­schen Zdun­ska Wola in der Gegend von Lodz gebo­ren. Der Vater Juli­us Kol­be kämpf­te im Ersten Welt­krieg in der vom Deut­schen Reich und Öster­reich-Ungarn unter­stüt­zen Pol­ni­schen Legi­on gegen die rus­si­sche Besat­zungs­macht und wur­de dafür von rus­si­scher Sei­te hin­ge­rich­tet. Nach der Hin­rich­tung ihres Man­nes trat die Mut­ter von Rai­mund (Maxi­mi­li­an Maria) Kol­be in den Bene­dik­ti­ne­rin­nen­or­den ein. Auch zwei älte­re Brü­der des spä­te­ren Hei­li­gen waren in der anti­rus­si­schen Unab­hän­gig­keits­be­we­gung aktiv.

Es gibt viel im Leben des hei­li­gen Maxi­mi­li­an Kol­be, das erin­ne­rungs­wür­dig ist. Sei­ne Lei­den­schaft für die Ver­tei­di­gung des Glau­bens, sei­ne wach­sa­me Auf­merk­sam­keit gegen­über den Ent­wick­lun­gen sei­ner Zeit, sein Inter­es­se für den Jour­na­lis­mus, aus dem er ein reich­hal­ti­ges Medi­en­apo­sto­lat mach­te und schließ­lich sein Ein­satz für die welt­wei­te Mis­si­on. Die­ser Sohn Polens führ­te alles ande­re als ein lang­wei­li­ges Leben. Maxi­mi­li­an Maria war sein Ordens­na­men, den er nach sei­nem Ein­tritt in den Mino­ri­ten­or­den in Lem­berg erhielt. Ein Schritt der Ganz­hin­ga­be, den er nach einer Mari­en­er­schei­nung im Jahr 1910 im Alter von 17 Jah­ren setzte.

Militia Immaculatae, Medienapostolat und Mission

Bereits wäh­rend sei­nes Stu­di­ums in Rom beob­ach­te­te er das Wir­ken der kir­chen­feind­li­chen Frei­mau­rer. Pater Kol­be beließ es aber nie bei der blo­ßen Beob­ach­tung, son­dern zog sei­ne Schlüs­se dar­aus und reagier­te. Im Alter von 23 Jah­ren grün­de­te er 1917 als Reak­ti­on auf die got­tes­lä­ster­li­chen Umzü­ge der Kir­chen­geg­ner, die pro­vo­kant bis auf den Peters­platz zogen, eine Militia Imma­cu­la­tae, die „Miliz der Unbe­fleck­ten“ (Jung­frau Maria), aus der nach dem Ersten Welt­krieg sei­ne stark maria­nisch gepräg­te Jugend- und Pres­se­ar­beit her­vor­ge­hen soll­te. Nach sei­ner 1918 in Rom erfolg­ten Prie­ster­wei­he kehr­te er in das nach dem Krieg als unab­hän­gi­ger Staat errich­te­te Polen zurück, wo er 1922 die Monats­zeit­schrift „Rit­ter der Unbe­fleck­ten“ her­aus­gab und 1927 sei­ne eige­ne „Stadt“ Nie­po­kal­a­now, die „Stadt der Unbe­fleck­ten“ grün­de­te. Eine Stadt, die Klo­ster, Ort des geweih­ten Lebens, geist­li­ches Zen­trum und Mit­tel­punkt eines umfang­rei­chen Apo­sto­lats war mit eige­ner Drucke­rei für Zeit­schrif­ten und Bücher, eige­nem Radio­sen­der, Kino und Flug­platz. Die Ver­tei­di­gung der Kir­che in der christ­li­chen Welt war das eine, die Mis­sio­nie­rung der nicht­christ­li­chen Welt das ande­re Haupt­au­gen­merk des Hei­li­gen. Des­halb rei­ste er viel, vor allem nach Süd­asi­en und Ost­asi­en. Vor allem Japan und Indi­en waren im Beson­de­ren die Ziel­län­der sei­ner Missionstätigkeit.

Trotz sei­nes uner­müd­li­chen Ein­sat­zes für die Kir­che ist den­noch ein Ereig­nis auf ganz beson­de­re Wei­se mit sei­nem Namen ver­bun­den. Ein Ereig­nis, das sich in der Iso­la­ti­on sei­ner Gefan­gen­schaft im Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Ausch­witz abspiel­te. Im Herbst 1939 war Polen von der Land­kar­te gelöscht wor­den. Die west­li­che Hälf­te Polens war von deut­schen Trup­pen, die öst­li­che von sowje­ti­schen Trup­pen besetzt wor­den. Nie­po­kal­a­now lag im deutsch­be­setz­ten Teil des Lan­des. Wie zahl­rei­che ande­re füh­ren­de Polen war Pater Kol­be gleich nach der Beset­zung zur Abschreckung für zwei Mona­ten ein­ge­sperrt und Ende 1939 wie­der ent­haf­tet worden.

Gestapo-Haft wegen Hilfe für Flüchtlinge und Verfolgte

Im Febru­ar 1941 wur­de Pater Maxi­mi­li­an Kol­be zum zwei­ten Mal von der Gesta­po ver­haf­tet. Dies­mal weil er in der „Stadt der Unbe­fleck­ten“ meh­re­re Tau­send Flücht­lin­ge, Polen, Ukrai­ner und auch 2.300 Juden auf­ge­nom­men hat­te. Noch im sel­ben Monat wur­de er in das Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Ausch­witz über­stellt, wo er, selbst Gefan­ge­ner, als Prie­ster die Gefan­ge­nen betreu­te. Am 29. Juli 1941 wur­den als Ver­gel­tung für die ver­meint­li­che Flucht eines Gefan­ge­nen, zehn männ­li­che Gefan­ge­ne als Todes­kan­di­da­ten aus­ge­wählt. Als einer der aus­sor­tier­ten Män­ner, ein pol­ni­scher Fami­li­en­va­ter in lau­tes Kla­gen aus­brach, bot sich Pater Kol­be dem Lager­kom­man­dan­ten an, statt des Fami­li­en­va­ters in den „Hun­ger­bun­ker“ zu gehen. Im Bun­ker, wo die zehn Män­ner ohne Essen und Trin­ken ein­ge­sperrt wur­den, war er Trö­ster und Stüt­ze sei­ner Lei­dens­ge­nos­sen, mit denen er soweit es die Kräf­te zulie­ßen laut­stark Mari­en­hym­nen sang, die auch von ande­ren Gefan­ge­nen und dem Lager­per­so­nal gehört wurden.

Tod im Hungerbunker – „Der Haß nützt nichts. Nur die Liebe schafft“

Am 14. August waren vier der Gefan­ge­nen noch immer am Leben, dar­un­ter auch der Hei­li­ge. Wäh­rend die drei Mit­ge­fan­ge­nen durch Schwä­che und Hun­ger­qua­len bereits bewußt­los waren, war Pater Kol­be als ein­zi­ger bei Bewußt­sein und bete­te. Sie wur­den vom Lager­arzt durch die Injek­ti­on einer Gift­sprit­ze getö­tet und ihre Lei­chen im Kre­ma­to­ri­um ver­brannt. Als der Arzt Pater Kol­be töte­te, schau­te ihm die­ser in die Augen und sag­te: „Sie haben vom Leben nichts ver­stan­den. Der Haß nützt nichts. Nur die Lie­be schafft.“, wie der pol­ni­sche Dol­met­scher berich­te­te. Nach­träg­lich soll­te sich her­aus­stel­len, daß der Gefan­ge­ne, für die die zehn Män­ner dem Tod aus­ge­lie­fert wur­den, gar nicht geflo­hen, son­dern gestor­ben war, sei­ne Lei­che aber nicht sofort ent­deckt wurde.

Der pol­ni­sche Fami­li­en­va­ter Fran­cis­zek Gajow­nic­zek, für den Pater Kol­be in den Tod gegan­gen war, über­leb­te die KZ-Haft. 1982 nahm er an der von Papst Johan­nes Paul II. vor­ge­nom­me­nen Hei­lig­spre­chung von Maxi­mi­li­an Kol­be teil und starb 1995 im hohen Alter von 94 Jahren.

„Gott ist an jedem Ort und mit großer Liebe denkt Er an alles und alle“

Pater Maxi­mi­li­an Kol­be hat­te sei­ner Mut­ter geschrie­ben: „Gott ist an jedem Ort und mit gro­ßer Lie­be denkt Er an alles und alle.“ In der Extrem­si­tua­ti­on des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Ausch­witz soll­te die­ses pro­phe­ti­sche Wort sei­ne Bestä­ti­gung fin­den und die mensch­li­che Grö­ße des Fran­zis­ka­ner-Mino­ri­ten in letz­ter Kon­se­quenz sicht­bar wer­den lassen.

Pater Kol­be soll­te auch mit sei­nen letz­ten Wor­ten an den Lager­arzt recht behal­ten. 73 Jah­re nach der Tat erin­nert sich nie­mand mehr an die Namen der Täter. Sie ver­schwin­den in der Anony­mi­tät der Ver­gan­gen­heit. Der Name von Pater Maxi­mi­li­an Maria Kol­be ist aber welt­weit bekannt und wird auch nach 73 Jah­ren von vie­len in Ehr­furcht und Bewun­de­rung aus­ge­spro­chen. Der Haß, der ihn töte­te, ist zum Staub der Geschich­te zer­fal­len, wäh­rend er als leuch­ten­des Vor­bild lebt: als Zeu­ge und Beken­ner des Glau­bens, als Mär­ty­rer und Bei­spiel der Opferbereitschaft.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Tempi

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2 Kommentare

  1. Pas­send auch zu Täter und Märtyrer;
    der hei­li­ge Hieronymus:

    -

    „Es ist nicht dasselbe,
    ob jemand lebt, um zu sterben,
    oder
    ob jemand stirbt, um zu leben.
    Der heid­ni­sche Phi­lo­soph hascht noch im Ster­ben nach Beifall;
    der Apo­stel stirbt stän­dig, um in die Herr­lich­keit einzugehen“
    -

  2. Dan­ke für die­sen groß­ar­ti­gen prä­gnan­ten Artikel!

    Lei­der ist das Wir­ken von P. Kol­be heu­te prak­tisch unbe­kannt, ledig­lich sein Lebens­en­de hat sich im Bewußt­sein der Men­schen – auf­grund der mas­si­ven Ent­christ­li­chung wäh­rend der Kon­zils­wir­ren von immer weni­ger – fest­ge­setzt. Auch hier wird man sich fra­gen müs­sen: Wie wäre P. Kol­be zum Kon­zil gestanden?

    Ist es sinn­vol­ler­wei­se denk­bar, daß er das gan­ze Geschwa­fel von Dignita­tis hum­a­nae und Gau­di­um et spes mit­ge­tra­gen hät­te? Ist es denk­bar, daß die­se Tex­te ein der­ma­ßen heroi­sches Leben und Ster­ben inspi­rie­ren hät­ten können?

    Daher ist es sicher wich­tig, sich das Werk bzw. die Gesamt­bot­schaft von P. Kol­be wie­der aus­drück­lich zu vergegenwärtigen.

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