Jean-Claude Juncker – der richtige EU-Kommissionspräsident?


Jean Claude Juncker
Jean Clau­de Juncker

Zur­zeit bera­ten die 28 Staats- und Regie­rungs­chefs der Euro­päi­schen Uni­on über die Nach­fol­ge des Prä­si­den­ten der EU-Kom­mis­si­on. Der EU-Ver­trag bestimmt eigent­lich, dass die Staats- und Regie­rungs­chefs einen Kan­di­da­ten vor­schla­gen, der vom Euro­päi­schen Par­la­ment bestä­tigt wird. Das EU-Par­la­ment will nun selbst den zukünf­ti­gen Prä­si­den­ten der EU-Kom­mis­si­on bestim­men, um die­ser unde­mo­kra­ti­schen Insti­tu­ti­on einen schein­de­mo­kra­ti­schen Anstrich zu geben. Der Nomi­nie­rungs­pro­zess steckt in einer Sackgasse.

Anzei­ge

Die Christ­de­mo­kra­ten der Euro­päi­schen Volks­par­tei (EVP, zu denen CDU/​CSU und ÖVP gehö­ren) ver­lo­ren bei der drit­ten Euro­pa-Wahl in Fol­ge seit 1999 wich­ti­ge Stim­men­an­tei­le bei den EU-Wah­len. Die schei­den­de, von den Christ­de­mo­kra­ten-geführ­te EU-Kom­mis­si­on lehn­te die Euro­päi­sche Bür­ger­initia­ti­ve „1‑von-uns“ ab und tat 10 Jah­re lang nichts dafür, im Rah­men ihrer Zustän­dig­keit poli­ti­sche Maß­nah­men zugun­sten der Fami­lie zu ergrei­fen. Ein von der CDU/​CSU und ÖVP nomi­nier­ter Prä­si­dent der EU-Kom­mis­si­on lie­fert also kei­ne Garan­tie für ethisch fun­dier­te christ­de­mo­kra­ti­sche Poli­tik in der EU.

Nun soll aus­ge­rech­net der ehe­ma­li­ge Regie­rungs­chef aus Luxem­bourg, Jean-Clau­de Jun­cker, als Prä­si­dent der EU-Kom­mis­si­on nomi­niert wer­den. Er ist auch der Kan­di­dat der deut­schen Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel. Jean-Clau­de Jun­cker war von 1995 bis 2013 Regie­rungs­chef im EU-Mit­glieds­staat Luxem­burg. Jean-Clau­de Jun­cker ist der Pro­to­typ der Brüs­se­ler Hin­ter­zim­mer-Eli­te. Er ver­kör­pert das reform­un­fä­hi­ge „Alte Euro­pa“. Jean-Clau­de Jun­cker ist Geschichte.

Jean-Clau­de Jun­cker gehört zu denen, die für die Euro-Kri­se ver­ant­wort­lich sind. „Wir beschlie­ßen etwas, stel­len das dann in den Raum und war­ten eini­ge Zeit ab, was pas­siert. Wenn es dann kein gro­ßes Geschrei gibt und kei­ne Auf­stän­de, weil die mei­sten gar nicht begrei­fen, was da beschlos­sen wur­de, dann machen wir wei­ter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ erklär­te Jean-Clau­de Jun­cker im SPIEGEL (52/​1999, 27. Dezem­ber 1999, S. 136). Im Rah­men der Euro-Kri­se ging er einen Schritt wei­ter. „Hart aber Fair“ zeig­te Jean-Clau­de Jun­cker im Fern­se­hen: „Ich bin für gehei­me Debat­ten unter eini­gen Ver­ant­wort­li­chen“ und  „Wenn es ernst wird, muss man lügen“! Jean-Clau­de Jun­cker demen­tier­te nicht.

Jean-Clau­de Jun­cker lega­li­sier­te im Früh­jahr 2009 die Eutha­na­sie in Luxem­bourg. Als der Staats­chef, Groß­her­zog Hen­ri, dem umstrit­te­nen Eutha­na­sie­ge­setzt aus Gewis­sens­grün­den die Unter­schrift ver­wei­ger­te, pro­vo­zier­te Jun­cker eine Ver­fas­sungs­kri­se und ließ die Ver­fas­sung dahin­ge­hend ändern, dass der Staats­chef Geset­ze nun­mehr nicht mehr bil­li­gen muss. Jean-Clau­de Jun­cker miss­ach­tet das Grund­recht auf die Frei­heit des Gewis­sens, und das sich dar­aus erge­ben­de Grund­recht auf Ver­wei­ge­rung aus Gewissensgründen.

Im Novem­ber 2012 lega­li­sier­te Regie­rungs­chef Jean-Clau­de Jun­cker bedin­gungs­freie Abtrei­bung, selbst bei noch nicht voll­jäh­ri­gen Jugend­li­chen ohne Infor­ma­ti­on oder Erlaub­nis ihrer Eltern. Luxem­burg wur­de damit eines der­je­ni­gen EU-Mit­glieds­staa­ten mit dem libe­ral­sten Abtreibungsgesetz.

Jean-Clau­de Jun­cker lega­li­sier­te gleich­ge­schlecht­li­che Part­ner­schaf­ten im Jah­re 2004 und stell­te sie der Ehe zwi­schen Mann und Frau gleich. Er enga­gier­te sich per­sön­lich für eine voll­stän­di­ge Gleich­stel­lung mit einem unein­ge­schränk­ten Adoptionsrecht.

Jean-Clau­de Jun­cker muss­te am 10. Juli 2013 nach einer Geheim­dienst-Affai­re zurück­tre­ten. Ein Unter­su­chungs­aus­schuss kam zu dem Ergeb­nis, dass er das gehei­men Abhö­ren und Über­wa­chen von Oppo­si­ti­ons­po­li­ti­kern gebil­ligt hat­te. Die vor­ge­zo­ge­nen Wah­len erbrach­ten kei­ne Mehr­heit für die Christ­de­mo­kra­ten, Jun­cker ver­lor alle Ämter. Nun soll er mit einem Top-Job in Euro­pa ver­sorgt wer­den: „Hast Du einen Opa, dann schick ihn nach Euro­pa“ gilt auch in Kri­sen­zei­ten für einen geschei­ter­ten Mini­ster­prä­si­den­ten der christ­de­mo­kra­ti­schen EVP.

Die per­sön­li­chen Lebens­um­stän­de soll­ten bei Top-Jobs nicht ver­nach­läs­sigt wer­den. Jean-Clau­de Jun­cker trinkt zu viel Alko­hol, wie sein Nach­fol­ger in der Euro-Grup­pe Jero­en Dijs­sen­blo­em ein­mal fest­stell­te. Der SPIEGEL (3.02.2014) recher­chier­te: „Je öfter Jun­ckers Name fällt, desto mehr stellt sich die Fra­ge, ob er den Bela­stun­gen des Amts des Kom­mis­si­ons­prä­si­den­ten gewach­sen wäre. Lang­jäh­ri­ge Weg­be­glei­ter berich­ten von mensch­li­chen Schwä­chen, die einer brei­ten Öffent­lich­keit nahe­zu unbe­kannt sind…“ „Jun­cker droht so etwas wie eine poli­ti­sche Alko­hol­kon­trol­le.“ Der Jour­na­list Pas­cal Stein­wachs schrieb im „Là«tzebuerger Jour­nal“, schel­mi­sche Zun­gen behaup­te­ten, Jun­cker habe tat­säch­lich kein Pro­blem mit Alko­hol, nur ohne.“

Jean-Clau­de Jun­cker kann nicht Prä­si­dent der EU-Kom­mis­si­on wer­den. Er ver­kör­pert die geschei­ter­te reform­un­fä­hi­ge „Alte EU“. Der Rat der Euro­päi­schen Uni­on muss einen ande­ren Kan­di­da­ten fin­den, der auch bei den nicht ver­han­del­ba­ren ethi­schen Grund­sät­zen kla­re Posi­tio­nen bezieht. Als Regie­rungs­chef ver­stieß Jean-Clau­de Jun­cker gegen alle wesent­li­chen Prin­zi­pi­en, die den ethisch ori­en­tier­ten Wäh­lern wich­tig sind: Ehr­lich­keit, Respekt des Lebens, der Ehe zwi­schen Mann und Frau sowie der Fami­lie, die dar­auf auf­baut. Ach­tung der Gewis­sens­frei­heit und Grund­sät­ze des Rechts­staats. Dass die christ­de­mo­kra­ti­sche EVP aus­ge­rech­net einen alten Regie­rungs­chef unter­stützt, der gegen alle Grund­sät­ze christ­de­mo­kra­ti­scher Poli­tik ver­sto­ßen hat, zeugt vom Wer­te­ver­lust auch inner­halb von CDU und CSU sowie ihrer euro­päi­schen Part­ner­par­tei­en. Das Fest­hal­ten Frau Mer­kels und der Christ­de­mo­kra­ten an Herrn Jun­cker zeigt vor allem die Miss­ach­tung der­je­ni­gen Wäh­ler, die den EVP-Mit­glied­s­par­tei­en ver­trau­ten, die EU mit demo­kra­ti­schen Pro­ze­du­ren zu reformieren.

Text: Hart­mut Nonn
Bild: Wikicommons

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!