Fatima – Welche Rolle spielt Rußland derzeit?


Fatima

von Wolf­ram Schrems*

Anzei­ge

Als Reak­ti­on auf Fra­gen und Bemer­kun­gen, die im Gefol­ge mei­ner Serie über Fati­ma im März/​April d. J. (Der Schlüs­sel zum Ver­ständ­nis der Glau­bens­kri­se – Fati­ma und die Pflicht der Hir­ten Teil 1, Teil 2 und Teil 3) und deren Epi­log vom 25.06.14 auf­ge­wor­fen wor­den sind, soll im fol­gen­den die der­zei­ti­ge Situa­ti­on Ruß­lands the­ma­ti­siert wer­den. Frei­lich han­delt es sich um Kom­men­ta­re, die kei­ner­lei Kennt­nis­se Ruß­lands von innen vor­wei­sen kön­nen. Auch die inner­sten Beweg­grün­de der agie­ren­den Per­so­nen blei­ben uns natur­ge­mäß ver­bor­gen. Es soll hier nur um einen Dar­auf­blick und eine Bewer­tung im Zusam­men­hang mit Fati­ma gehen. Das scheint mir – abge­se­hen von der noch immer aus­ste­hen­den Wei­he Ruß­lands – aus zwei Grün­den dring­lich, näm­lich um einer­seits vor einem nai­ven „öku­me­ni­schen“ Opti­mis­mus gegen­über den getrenn­ten Ost­kir­chen zu war­nen, aber ande­rer­seits auch, um die medi­al gleich­ge­schal­te­te Pro­pa­gan­da gegen die der­zei­ti­ge rus­si­sche Füh­rung als lügen­haft und het­ze­risch zu demaskieren.

Ein Wort daher zunächst zur Geschichte:

Eine kritische Anmerkung zum kirchlichen und weltlichen Osten

Unsere liebe Frau von Fatima
Unse­re lie­be Frau von Fatima

Ange­sichts einer seit eini­gen Jahr­zehn­ten im kirch­li­chen Milieu des deut­schen Sprach­raums erstar­ken­den Ost­kir­chen­ro­man­tik (die frei­lich auch gute Grün­de für sich ins Tref­fen füh­ren kann, beson­ders im Bereich der Lit­ur­gie und Spi­ri­tua­li­tät) sei­en eini­ge kri­ti­sche Wor­te zum getrenn­ten Osten gesagt.

Das Offen­kun­dig­ste des von Rom getrenn­ten Ostens ist des­sen Untergang.

Die vier anti­ken Patri­ar­cha­te des Ostens, Jeru­sa­lem, Kon­stan­ti­no­pel, Antio­chia und Alex­an­dria sind heu­te von den Zio­ni­sten bzw. Mos­lems beherrscht, deren tem­po­ra­le Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten inexi­stent, deren kirch­li­che Frei­heit mas­siv ein­ge­schränkt. Das Uni­ons­kon­zil von Flo­renz-Fer­ra­ra (1439), das die gesam­te wei­te­re Kir­chen- und Welt­ge­schich­te in nicht zu über­schät­zen­der Wei­se segens­reich hät­te prä­gen kön­nen, wur­de in Kon­stan­ti­no­pel selbst sabo­tiert, der Unter­gang des ost­rö­mi­schen Rei­ches 1453 war somit von Zeit­ge­nos­sen und Nach­ge­bo­re­nen leicht als Stra­fe Got­tes inter­pre­tier­bar. Ana­log wird man sagen müs­sen, daß der histo­ri­sche Unge­hor­sam gegen­über Petrus auch den ande­ren öst­li­chen Kir­chen offen­kun­dig nicht zum Segen gereicht ist.

Schisma der russisch-orthodoxen Kirche von Anfang an

Die „ortho­do­xe“ Kir­che der Mos­ko­wi­ter ver­steht sich nach dem Fall von Kon­stan­ti­no­pel 1453 als „Drit­tes Rom“ und steht somit im Schis­ma zum wah­ren Rom. Die Kon­ti­nui­tät von der Tau­fe der Kie­wer Rus‘ 988 bis zur gegen­wär­ti­gen rus­si­schen Ortho­do­xie ist aus dem Grund pre­kär, weil erste­re lan­ge vor dem offi­zi­el­len Datum des Schis­mas von 1054 bzw. dem Zer­würf­nis von 1204 statt­ge­fun­den hatte.

Kiew war, soweit ich recher­chie­ren konn­te, lan­ge Zeit sowohl „römisch“ (sogar eine wich­ti­ge aka­de­mi­sche Stät­te der Lat­in­i­tät) als auch „ost­rö­misch“. Die Mos­ko­wi­ter, die spä­ter das Chri­sten­tum annah­men, befan­den sich in einer ande­ren Situa­ti­on, die sich durch ein gewis­ses anti-römi­sches Selbst­be­wußt­sein (im dop­pel­ten Sinn „anti“, näm­lich sowohl „gegen“ als auch „anstatt“) aus­zeich­ne­te. Die­ses besteht im Prin­zip noch immer.

Zum schis­ma­ti­schen Zustand kommt dazu, daß die rus­sisch-ortho­do­xe Leh­re nicht der vol­len geof­fen­bar­ten Wahr­heit ent­spre­chen kann, natur­ge­mäß natür­lich bezüg­lich des päpst­li­chen Uni­ver­sal­pri­ma­tes und der Ablaß­voll­macht, aber auch bezüg­lich der maria­ni­schen Dogmen.

Der ukrai­ni­sche katho­li­sche Metro­po­lit Erz­bi­schof Andre­as Schep­tit­ski (der Ein­fach­heit hal­ber in pho­ne­ti­scher deut­scher Ortho­gra­phie). Schep­tit­ski (1865 – 1944) war von sei­ner Her­kunft her Ade­li­ger, Pole, bzw. aus im 19. Jahr­hun­dert polo­ni­sier­ter ruthe­ni­scher Fami­lie, und Ange­hö­ri­ger des latei­ni­schen Ritus. Er nahm die ukrai­ni­sche Kul­tur und Spra­che an, wech­sel­te zum byzan­ti­ni­schen Ritus und wur­de Basi­lia­ner­mönch. Er gilt als einer der Gro­ßen der Ukrai­nisch-Grie­chisch-Katho­li­schen Kir­che im 20. Jahr­hun­dert sprach in die­sem Zusam­men­hang in sei­nen Ver­öf­fent­li­chun­gen von den „Ortho­do­xen“ als von „Abweich­lern“ („dis­sen­ters“ in den eng­li­schen Über­set­zun­gen, z. B. in Antoine Arja­kov­sky, Con­ver­sa­ti­ons with Lub­o­myr car­di­nal Husar, Towards a Post-Con­fes­sio­nal Chri­stia­ni­ty, Ukrai­ni­an Catho­lic Uni­ver­si­ty Press, L’viv 2007). „Ortho­dox“ ist ja eine Eigen­be­zeich­nung, die wir als Katho­li­ken nicht unein­ge­schränkt mit­voll­zie­hen kön­nen (die aber im fol­gen­den aus Grün­den der Üblich­keit wei­ter ver­wen­det wird).

Die Publi­zi­stik der Ortho­do­xie ist zudem (man beach­te: trotz kon­zi­lia­rem Ent­ge­gen­kom­men auf katho­li­scher Sei­te!) seit Jahr­zehn­ten von einer star­ken anti-katho­li­schen Vor­ein­ge­nom­men­heit bzw. Pole­mik geprägt, man­che Ost­kir­chen akzep­tie­ren die katho­li­schen Sakra­men­te nicht, die Mönchs­re­pu­blik Athos ist dem Ver­neh­men nach ein beson­de­res Treib­haus anti-katho­li­schen Ressentiments.

Auf die­sem Hin­ter­grund ist auch die spe­zi­el­le Ableh­nung der mit Rom ver­ei­nig­ten Ost­kir­chen („Grie­chisch-katho­li­sche Kir­che“, „Unier­te“, Unio­nen bspw. von Brest 1596 und Uschhorod/​Ungvár 1646) durch die getrenn­ten Ost­kir­chen, beson­ders die rus­si­sche, zu sehen. Auch heu­te fin­det man im Inter­net (nicht-offi­zi­el­le) ortho­do­xe Stel­lung­nah­men mit unver­hoh­le­nem Haß gegen die „Unia­ten“. Soweit erin­ner­lich, hat bis dato noch kein Hier­arch der getrenn­ten Ost­kir­chen ein auf­rich­ti­ges Wort des Bedau­erns für die oft sehr grau­sa­men Ver­fol­gun­gen der unier­ten Katho­li­ken durch die „Ortho­do­xen“ ab dem 17. Jahr­hun­dert (bspw. Mar­ty­ri­um des hl. Josa­phat Kun­ze­wytsch und des hl. Andre­as Bobo­la SJ u.s.w.) gefunden.

Etwas ande­res ist die Fröm­mig­keit oder gar per­sön­li­che Hei­lig­keit der Gläu­bi­gen und Geweih­ten im getrenn­ten Osten:

Eine Bemerkung zur russischen Spiritualität

Was in mei­nem Arti­kel vom 25.06.14 viel­leicht etwas zu harsch über die rus­si­sche Fröm­mig­keit gesagt erschie­nen sein mag, soll hier etwas dif­fe­ren­ziert wer­den: Heid­ni­sche und aber­gläu­bi­sche Ein­flüs­se sind m. W. seit jeher in der Kir­che des Ostens vor­han­den, auch des­we­gen, weil die ortho­do­xe Kir­che kei­ne der­ma­ßen prä­zi­se Theo­lo­gie und Kano­ni­stik her­vor­ge­bracht hat wie die römisch-katho­li­sche. Daher konn­te sich auch mehr an Dis­sens ein­schlei­chen als im Westen, der aber auch von Hei­den­tum und Aber­glau­ben nie ganz frei war.

Man muß aner­ken­nen, daß etwa die anony­men Auf­rich­ti­gen Erzäh­lun­gen eines rus­si­schen Pil­gers (Mit­te 19. Jhdt.) eine Per­le der Spi­ri­tua­li­tät dar­stel­len. Man liest die­ses Buch mit gro­ßem Gewinn (und mir sind kei­ner­lei Häre­si­en oder Pole­mi­ken gegen die Katho­li­sche Kir­che erinnerlich).

Beson­ders genannt zu wer­den ver­dient auch Wla­di­mir Solo­wjews Kur­ze Erzäh­lung vom Anti­christ (1900), ein ganz außer­or­dent­li­ches Buch mit einem ein­deu­ti­gen Bekennt­nis zum Pri­mat des römi­schen Papstes.
Zwei­fel­los haben Rus­sen für ihren Glau­ben vie­les erlit­ten bzw. erreich­ten auf­grund des Glau­bens eine gro­ße Duld­er­kraft ange­sichts wid­ri­ger Lebens­um­stän­de. Man wird sowohl bei ein­fa­chen Men­schen als auch bei Mön­chen, Ein­sied­lern und Star­zen eine vor­bild­li­che christ­li­che Lebens­hal­tung finden.

Damit zu einer Bemer­kung über die poli­ti­sche Geschich­te Rußlands:

Das Zarenreich – weder zu glorifizieren noch zu verteufeln

Es wäre nicht gerecht­fer­tigt, die Zustän­de des Zaren­rei­ches zu glo­ri­fi­zie­ren. Armut und Leib­ei­gen­schaft waren das Los vie­ler Men­schen. Behör­den­will­kür und man­geln­de Rechts­si­cher­heit sind in einem auto­kra­ti­schen System Teil der System­lo­gik. Man muß als Katho­lik beson­ders im Auge behal­ten, daß die Zaren­herr­schaft – von eini­gen löb­li­chen Aus­nah­men abge­se­hen – für die Katho­li­ken meist Unter­drückung bedeu­te­te, beson­ders für die Katho­li­ken der hl. Uni­on von Brest. (Aus öster­rei­chi­scher und deut­scher Sicht ist auch zu beach­ten, daß das Zaren­reich offen­bar unter fran­zö­si­schem Ein­fluß Ser­bi­en in sei­ner kon­spi­ra­ti­ven und aggres­si­ven Poli­tik gegen Öster­reich-Ungarn und Deutsch­land im Vor­feld des Atten­tats von Sara­je­wo ermu­tig­te. Somit müs­sen sich auch die­se Mäch­te die Fra­ge der Mit­schuld am Krieg stel­len lassen.)

Ande­rer­seits war die Zaren­herr­schaft des 18. und 19. Jahr­hun­derts nicht so schlecht, wie es heut­zu­ta­ge häu­fig sug­ge­riert wird. Man muß Gerech­tig­keit wal­ten las­sen und für histo­ri­sche Urtei­le die Üblich­kei­ten der jewei­li­gen Zeit berücksichtigen.

Die Zaren­herr­schaft war jeden­falls gewis­ser­ma­ßen para­die­sisch ver­gli­chen mit dem Hor­ror, der sich ab der Febru­ar­re­vo­lu­ti­on 1917 und erst recht mit der Macht­er­grei­fung der Bol­sche­wi­ken im Okto­ber des­sel­ben Jah­res ent­fal­te­te (vgl. Alex­an­der Sol­sche­nyzin, Zwei­hun­dert Jah­re zusam­men, und Orlan­do Figes, A People’s Tra­ge­dy), als Mas­sen­er­schie­ßun­gen und insze­nier­te Hun­gers­nö­te Mil­lio­nen von Men­schen­le­ben forderten.

Die Gestalt des Zaren führt uns auf­grund einer heu­te weit­ver­brei­te­ten Asso­zia­ti­on zum aktu­el­len Thema:

Wer ist Wladimir Putin?

Zunächst das Evi­den­te­ste: Wir wis­sen es nicht, indi­vi­du­um est ineffa­bi­le, die gan­ze Moti­va­ti­ons­psy­cho­lo­gie und ande­re Pseu­do-Wis­sen­schaf­ten sind für die Fische.

Was aber inter­es­sant ist, ist, daß gan­ze Heer­scha­ren an bezahl­ten Schrei­ber­lin­gen vor­ge­ben zu wis­sen, wer er ist, was er will, was ihn moti­viert, und gleich­zei­tig so tun, als wären sie im Besitz der mora­li­schen Maß­stä­be zu des­sen Verurteilung.

Was die offen­kun­dig gleich­ge­schal­te­te west­li­che Pres­se damit inten­diert, bleibt schlei­er­haft. Es sei denn, es han­delt sich um eine psy­cho­lo­gi­sche Vor­be­rei­tung der Mas­sen auf einen Angriffs­krieg gegen Ruß­land durch die NATO.

In Zei­ten, in denen ein Kriegs­trei­ber zum Frie­dens­no­bel­preis­trä­ger aus­ge­ru­fen und ein ande­rer Poli­ti­ker, der durch Wider­stand gegen den Kriegs­trei­ber viel Blut­ver­gie­ßen ver­hin­dert hat, zum Dik­ta­tor erklärt wird, sind die ethi­schen Maß­stä­be offen­sicht­lich durch­ein­an­der geraten.

Tre­ten wir daher eini­ge Schrit­te zurück und betrach­ten wir die Situa­ti­on so unvor­ein­ge­nom­men wie möglich:

Dabei gibt es der­zeit meh­re­re Sze­na­ri­en, die denk­mög­lich sind – als Gedankenexperimente:

- Die Aus­ein­an­der­set­zung Ruß­lands mit den USA über der Ukrai­ne und Syri­en und ande­ren stra­te­gi­schen Zie­len ist rei­nes Thea­ter. Putin und Oba­ma sind zum Zweck der Täu­schung der Welt­öf­fent­lich­keit dar­in über­ein­ge­kom­men, Säbel­ras­seln zu insze­nie­ren und dabei auch loka­le Kon­flik­te mit Toten in Kauf zu neh­men. In Wirk­lich­keit ist aber alles abge­spro­chen, Putin ggf. für sein Mit­spie­len und sei­ne all­fäl­li­ge Aus­lie­fe­rung rus­si­scher Inter­es­sen gut bezahlt.

Die­ses Sze­na­rio hal­te ich für prak­tisch ausgeschlossen.

- Putin ist als zutiefst gepräg­ter KGB-Mann ein Mann des Kom­mu­nis­mus und strebt die Wie­der­errich­tung der Sowjet­uni­on unter kom­mu­ni­sti­schen Vor­zei­chen an. Die Sie­ges­pa­ra­de im ver­gan­ge­nen Mai spiel­te mit sta­li­ni­sti­scher Nost­al­gie. Alle Gesten ortho­do­xer Fröm­mig­keit sind rei­ne Täu­schungs­ma­nö­ver, Putin ist ent­schie­de­ner Atheist.

Auch die­ses Sze­na­rio scheint als gan­zes nicht plausibel.

Das wahr­schein­lich­ste Sze­na­rio ist m. E., daß eine gewis­se Sowjet­nost­al­gie oder eine zari­sti­sche Groß­macht­nost­al­gie oder eine Mischung aus bei­den, an sich nicht völ­lig kom­pa­ti­blen, Ele­men­ten das Den­ken und Han­deln Putins beeinflussen.

Putin ist ver­mut­lich ein Patri­ot, der sich für sein Land ver­ant­wort­lich fühlt – ob vor Gott oder der „Geschich­te“ oder wem auch immer, ist natür­lich nicht aus­zu­ma­chen. Damit unter­schei­det er sich von den west­li­chen Poli­ti­kern, die sich für die Inter­es­sen ihrer Völ­ker offen­sicht­lich nicht ver­ant­wort­lich fühlen.

Nahe­lie­gend ist, daß Putin – wie durch die Neu­tra­li­sie­rung etli­cher „Olig­ar­chen“ bewie­sen – kei­nen von außen kom­men­den Hand­lungs­an­wei­sun­gen gehor­chen, dafür aber die Inte­gri­tät sei­nes Lan­des und die Inter­es­sen des Vol­kes schüt­zen will. Es ist durch­aus nahe­lie­gend, daß inter­na­tio­na­le Krei­se ihm die Demü­ti­gung gewis­ser „Olig­ar­chen“ beson­ders die Ver­haf­tung und Ver­ur­tei­lung des M. Cho­dor­kov­ski (durch ein Gericht selbst­ver­ständ­lich) übel genom­men haben und sich rächen wollen.

Dar­aus wür­de fol­gen, daß Putin gewis­se mora­li­sche Grund­sät­ze inter­na­li­siert hat. Viel­leicht hat er sich sogar dem christ­li­chen Glau­ben inner­lich ange­nä­hert – zu wel­chem Aus­maß auch immer.

Jeden­falls sind etli­che sei­ner Reden, in denen er dem Westen Deka­denz, sogar die Anbe­tung des Teu­fels vor­wirft und in denen er sich gegen eine US-geführ­te uni­po­la­re Welt aus­spricht, durch­aus zu unter­schrei­ben. Auch Maß­nah­men zur Ein­däm­mung der Abtrei­bung und zum Schutz der Jugend vor Homo­se­xu­el­len­pro­pa­gan­da sind zu begrüßen.

Dar­aus folgt natür­lich kei­ne über­trie­be­ne Hoff­nung, schon gar nicht irgend­ein poli­ti­scher „Mes­sia­nis­mus“ (wie man denen oft unter­stellt, die in die medi­al ver­ord­ne­te Ver­teu­fe­lung Putins nicht ein­stim­men wol­len). Der ohne­hin blas­phe­misch wäre, weil jeder „Mes­sia­nis­mus“ dem wah­ren Mes­si­as wider­strei­ten wür­de. Auch über­trie­be­ne spi­ri­tu­el­le Erwar­tun­gen soll­te man sich nicht machen.

Was aber ange­zeigt ist, ist, die Pro­por­tio­nen zu beach­ten, denn „die Wahr­heit liegt in der Pro­por­ti­on“ (Hilai­re Bel­loc): Wer als Medi­en­schaf­fen­der streng über Putin rich­tet, müß­te glei­che Maß­stä­be an die Herr­scher des „frei­en Westens“, der längst zur Maku­la­tur ver­kom­men ist, anle­gen. Oba­ma, Bar­ro­so, Jun­cker, Mer­kel, Schulz – wem füh­len sich die­se Leu­te eigent­lich ver­pflich­tet? Gott? Ihren Völ­kern? Offen­sicht­lich weder noch.

Ist unse­ren Schrei­ber­lin­gen bewußt, daß der „Westen“ ein unfaß­ba­res Desa­ster im Irak, in Afgha­ni­stan und in Syri­en ange­rich­tet hat und damit am Tod und der Ver­trei­bung von Mil­lio­nen Chri­sten mit­schul­dig ist? Ist unse­ren fern­ge­steu­er­ten Poli­ti­kern bewußt, daß es unter ande­rem Putins har­te Hal­tung war, daß die USA nicht auch noch in Syri­en selbst mit ver­hee­ren­den Fol­gen mili­tä­risch ein­ge­grif­fen hat? Ist es den Kir­chen­füh­rern bewußt, daß sich Ruß­land in Syri­en aus­drück­lich als Schutz­macht der Chri­sten gegen­über den vom Westen geför­der­ten Jiha­di­sten ver­stan­den hat?

Es war z. B. Rus­sia Today, das über die Situa­ti­on der Chri­sten in Syri­en berich­tet hat. Die west­li­chen Medi­en haben fast durch­ge­hend gel­lend geschwiegen.

Wir wis­sen schon, daß Nach­rich­ten­sen­der Pro­pa­gan­da machen, auch die rus­si­schen. Aber es ist aus dem Bewußt­sein der gehirn­ge­wa­sche­nen Mas­sen im Westen ver­schwun­den, daß die west­li­chen Medi­en nur noch eine Schein­welt produzieren.

Daher wird man Putin einen gewis­sen Kre­dit gewäh­ren müs­sen. Er ist zwei­fels­frei nicht die bös­ar­ti­ge Gestalt, als die er der­zeit hin­ge­stellt wird (Übri­gens: Vor etwa einem hal­ben Jahr waren als Titel­sei­te meh­re­rer deutsch­spra­chi­ger Wochen­zei­tun­gen zum sel­ben Erschei­nungs­zeit­raum [!] ver­frem­de­te Dar­stel­lun­gen des Gesich­tes Putins zu sehen, mei­stens als „Joker“ oder sonst als eine Hor­ror­ge­stalt. Das zeigt wie­der ein­mal, in wie weni­gen Hän­den die „freie“ west­li­che Pres­se ist und von wel­chen Kräf­ten sie gesteu­ert wird. Nein, es gibt wirk­lich kei­nen Grund, sich über rus­si­sche Zen­sur­maß­nah­men zu echauffieren!).

Kom­men wir zu einer Bewer­tung im Licht von Fatima:

Die geistigen Bewegungen in Rußland – äußerst ambivalent

Daß sich die bedin­gungs­wei­se Pro­phe­zei­ung in Fati­ma erfüllt und Ruß­land „bekehrt“ hät­te, ist – wie schon andern­orts gesagt – offen­sicht­lich nicht der Fall. Daß sich hun­dert­tau­sen­de Men­schen in Mos­kau stun­den­lang anstel­len, um einer Reli­quie (näm­lich dem Gür­tel der Got­tes­mut­ter) vom Athos die Reve­renz zu erwei­sen (2011), ist erfreu­lich aber noch nicht entscheidend

Maria KnotenloeserinIm Gegen­teil scheint sich auch die Rus­sisch-Ortho­do­xe Kir­che von einer wahr­heits­ge­mä­ßen Auf­ar­bei­tung ihrer Ver­gan­gen­heit zu ent­fer­nen, nach­dem sie vor kur­zem den Kom­mu­ni­sten­füh­rer Gen­na­di Sju­ga­now mit ihrem höch­sten Orden aus­ge­zeich­net hat (!).

An die geist­li­chen Füh­rer müs­sen natur­ge­mäß stren­ge­re Maß­stä­be ange­legt wer­den als an die welt­li­chen („Wem viel gege­ben ist, von dem wird viel Rechen­schaft gefor­dert“: Lk 12, 48). Aus die­sem Grund wird man als Katho­lik die inak­zep­ta­ble pro-kom­mu­ni­sti­sche Nost­al­gie kirch­lich-ortho­do­xer Krei­se und deren laten­te anti-römi­sche Hal­tung viel miß­bil­li­gen­der beur­tei­len müs­sen als etwa die prag­ma­ti­sche Inter­es­sens- bzw. Real­po­li­tik Putins zugun­sten des ihm anver­trau­ten Vol­kes. Was an sich ohne­hin klar ist.

(Aber auch hier ist eine Rela­ti­vie­rung not­wen­dig: Man wirft der Rus­sisch-Ortho­do­xen Kir­che in den west­li­chen Medi­en oft vor, staats­hö­rig zu sein. Die­ser Vor­wurf ist grund­sätz­lich sicher zutref­fend. Fai­rer­wei­se muß man aber auch hier die Pro­por­tio­nen beach­ten und die Obrig­keits­hö­rig­keit von gan­zen Bischofs­kon­fe­ren­zen im Westen, Öster­reich und Deutsch­land ein­ge­schos­sen, the­ma­ti­sie­ren. Es ist lächer­lich, die getrenn­ten rus­si­schen Bischö­fe als unwür­di­ge Staats­knech­te dar­zu­stel­len und zur sel­ben Zeit die rück­halt­lo­se Unter­wer­fung fast aller deutsch­spra­chi­ger katho­li­scher Bischö­fe unter den Zeit­geist und des­sen poli­ti­sche Ver­wal­ter außer Acht zu las­sen. Immer­hin tre­ten die ortho­do­xen Bischö­fe ein­deu­tig gegen Gen­der­wahn, Homo­se­xua­lis­mus und Kir­chen­schän­dung ein.)

In die­sem Zusam­men­hang sei auch noch Pro­fes­sor Alex­an­der Dugin genannt, der als Ideen­lie­fe­rant bzw. als poli­ti­scher Bera­ter von Prä­si­dent Putin gilt. Ganz abge­se­hen davon, ob Dugin tat­säch­lich Ein­fluß auf Putin hat oder nicht (aus ver­schie­de­nen Grün­den scheint das ziem­lich zwei­fel­haft), ist die Fra­ge nach der Qua­li­tät sei­ner gei­sti­gen Pro­duk­ti­on zu stel­len. Dabei wird man fest­stel­len, daß Dugin Gutes und Wah­res mit Ver­wor­re­nem und Absur­dem ver­mischt. Als Katho­lik wird man die­se Melan­ge als gan­ze unmög­lich akzep­tie­ren können.

Die Schluß­fol­ge­rung lau­tet also: Die Lage ist also verworren.

Das haben wir vor­her auch schon gewußt.

Der Gor­di­sche Kno­ten könn­te nur von der „Kno­ten­lö­se­rin“ ent­wirrt wer­den.

Das führt uns zum

Fazit

Vor etwa vier Jah­ren sprach ich mit einem betag­ten Gen­tle­man alter Schu­le, einem her­vor­ra­gen­den Ken­ner Ruß­lands und Ost­mit­tel­eu­ro­pas, zum gegen­ständ­li­chen The­ma. Er äußer­te dabei mit den Wor­ten eines zeit­ge­nös­si­schen Autors, des­sen Namen ich lei­der ver­ges­sen habe, sein Bedau­ern, daß Ruß­land nicht katho­lisch gewor­den sei. Sol­che Wor­te aus sei­nem Mun­de zu hören, war für mich eine gro­ße Über­ra­schung. Damit bestä­tig­te er wis­sent­lich oder unwis­sent­lich, was die Bot­schaft Fati­mas bzw. das „Zwei­te Geheim­nis“ aus­macht: Wei­he und Bekeh­rung Rußland.

Hier liegt der Schlüs­sel zur Hei­lung Ruß­lands und zu einer Aus­gie­ßung gro­ßen Segens über die Menschheit.

Jedem den­ken­den Katho­li­ken mit Geschichts­be­wußt­sein muß klar sein, daß das Schis­ma des Ostens nicht ein­fach schick­sals­haft ist. Es beruh­te auf den Ent­schei­dun­gen der agie­ren­den Per­so­nen. Es hät­te nicht sein müs­sen. Die Geschich­te hät­te auch anders lau­fen kön­nen. Man stel­le sich nur ein­mal auf dem Weg des Gedan­ken­ex­pe­ri­men­tes vor, wel­che gewal­ti­ge spi­ri­tu­el­le Kraft ein katho­li­sches Ruß­land hät­te – und wie vie­le Kata­stro­phen den Völ­kern Ruß­lands und Euro­pas erspart geblie­ben wären.

Mitt­ler­wei­le ist die Lage aber der­ma­ßen ver­wor­ren, daß es mit poli­ti­schen und diplo­ma­ti­schen, auch „öku­me­ni­schen“ Mit­teln allei­ne unmög­lich gewor­den ist, poli­ti­schen Frie­den, Hei­lung und Ein­heit im wah­ren Glau­ben zu erreichen.

Da Ruß­land wegen sei­nes gewis­sen spi­ri­tu­ell-theo­lo­gi­schen Vaku­ums auf­grund sei­ner Tren­nung von der uni­ver­sa­len Kir­che zum Ziel­ge­biet anar­chi­sti­scher, mar­xi­sti­scher und son­sti­ger Sub­ver­si­on gewor­den ist, konn­te es 1917 zu einer poli­tisch und mili­tä­risch mäch­ti­gen Gei­ßel der Mensch­heit wer­den. Es hat „sei­ne Irr­tü­mer“ über die gan­ze Welt ver­brei­tet – bis in die Katho­li­sche Kir­che hin­ein. Das II. Vati­ca­num hat sich als kolos­sa­ler Fehl­griff erwie­sen, die Wei­ge­rung, den Kom­mu­nis­mus am Kon­zil aus­drück­lich zu ver­ur­tei­len, als schänd­li­cher Verrat.

Die­se Ver­wir­rung war die bedin­gungs­wei­se War­nung von Fati­ma. Sie ist ein­ge­tre­ten. Inso­fern haben die geschicht­li­chen Ereig­nis­se die Pro­phe­zei­un­gen Fati­mas ein­drucks­voll bestätigt.

Die Wei­he Ruß­lands an das Unbe­fleck­te Herz der Got­tes­mut­ter wur­de 1929 und danach eben nicht durch­ge­führt. Ande­rer­seits hat der Wei­he­akt von Johan­nes Paul II. 1984 zwei­fel­los gewis­se Seg­nun­gen her­vor­ge­bracht. Immer­hin ist das Sowjet­sy­stem mit sei­nem gan­zen Ter­ror ver­schwun­den. Alte Dämo­nen sind aber noch immer aktiv, wie im immer noch exi­stie­ren­den kul­ti­schen Grab­mal Lenins sinn­bild­lich symbolisiert.

Die jet­zi­ge spi­ri­tu­el­le Situa­ti­on Ruß­lands ist eben alles ande­re als klar, es gibt Licht und Schat­ten. Es ist auch denk­bar, daß Ruß­land noch ein­mal eine Gei­ßel für die apo­sta­sier­ten euro­päi­schen Völ­ker wird. Ein dem­entspre­chen­des Sze­na­rio ist, daß sich die umnach­te­ten Euro­pä­er unter ame­ri­ka­ni­scher Hege­mo­nie zu einem Angriffs­krieg auf Ruß­land hin­rei­ßen las­sen – oder zu feind­se­li­gen Pro­vo­ka­tio­nen – und Ruß­land sieg­reich zurückschlägt.

Die Lage ist also nicht nur ver­wor­ren son­dern auch dra­ma­tisch. Ein Fun­ke kann unge­heu­re Kata­stro­phen nach sich ziehen.

Die ober­ste kirch­li­che Auto­ri­tät muß daher die ver­lang­te Wei­he end­lich durch­füh­ren. Das muß unse­re Gebets­in­ten­ti­on und Gegen­stand unse­rer Peti­tio­nen sein.

Schließ­lich weiß der eme­ri­tier­te hl. Vater Papst Bene­dikt über Fati­ma, ein­schließ­lich das „Drit­te Geheim­nis“, das er gele­sen hat, bestens Bescheid. Er hat­te die­ses Wis­sen nur lei­der nicht adäquat umge­setzt. Wir hof­fen, daß er die­ses Wis­sen noch recht­zei­tig ein­brin­gen kann. Es ist nicht aus­zu­den­ken, was pas­siert, wenn die­ser Akt des Glau­bens noch län­ger hin­aus­ge­scho­ben wird. Ande­rer­seits kann man sich nicht vor­stel­len, wel­che Seg­nung der Tri­umph des Unbe­fleck­ten Her­zens im kirch­li­chen und welt­li­chen Bereich nach sich zie­hen muß, ein­schließ­lich der ver­hei­ße­nen Peri­ode des Frie­dens.

Es wür­de allen wie Schup­pen von den Augen fallen.

*MMag. Wolf­ram Schrems, Linz und Wien, katho­li­scher Theo­lo­ge und Phi­lo­soph, kirch­lich gesen­de­ter Katechist

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