(Rom/Asuncion) Papst Franziskus ordnete eine Apostolische Visitation der Diözese Ciudad del Este in Paraguay an. Die Diözese im Alto Paranà am Dreiländereck zu Brasilien und Argentinien gilt als eine der traditionsverbundensten und verfügt über überdurchschnittlich viele Priester- und Ordensberufungen. Warum ordnet der Papst die Visitation einer im Vergleich blühenden Diözese an, während in der Hauptstadt Asuncion der Erzbischof ein Ärgernis ist, weil die Spatzen seine Homosexualität von den Dächern pfeifen?
Diözesen, Orden und Gemeinschaften, die der Tradition verbunden sind, wendet Rom seit Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus besondere „Aufmerksamkeit“ zu. Ciudad del Este gehört zu diesen Diözesen. Der Bischofssitz befindet sich in der zweitgrößten Stadt des lateinamerikanischen Landes. Er umfaßt ein Gebiet von fast 30.000 qkm und zählt 700.000 Katholiken. Das entspricht 98 Prozent der Bevölkerung.
Unter Bischof Livieres großer Aufschwung in der Diözese
Bischof von Ciudad del Este ist der Argentinier Rogelio Ricardo Livieres Plano, den Papst Johannes Paul II. 2004 an die Spitze der erst 1993 errichteten paraguayischen Diözese berief. Seither erlebt das Bistum einen erstaunlichen Aufschwung. Der Großteil des Klerus besteht aus Ordenspriestern. 2007 zählte das Bistum lediglich 12 Diözesanpriester und 70 Ordenspriester. Heute bereiten sich im Priesterseminar mehr als 250 Kandidaten auf die Priesterweihe vor. Fast alle Pfarreien des Bistums zelebrieren auch im Alten Ritus.
Wie Blogonicus berichtete, bestätigte der Apostolische Nuntius für Paraguay, Msgr. Eliseo Ariotti, daß der Heilige Stuhl eine Apostolische Visitation der Diözese durchführen wird. Papst Franziskus beauftragte damit den ehemaligen Vatikandiplomaten, Kardinal Santos April y Castello, seit 2011 Erzpriester der Patriarchalbasilika Santa Maria Maggiore in Rom. Santa Maria Maggiore steht seit der Wahl von Papst Franziskus besonders im Rampenlicht, weil sie mit dem Gnadenbild der Gottesmutter Salus Populi Romani die Lieblingskirche des argentinischen Papstes ist, die er bereits mehrfach aufsuchte. In Santa Maria Maggiore verrichten Brüder des geschundenen Ordens der Franziskaner der Immakulata den Altardienst. Dort befand sich der Sitz der Dissidentengruppe, die mit Hilfe der Ordenskongregation einen radikalen Umsturz im Orden durchführte. Mit Jahresbeginn wurde die seit dem Heiligen Jahr 2000 monatlich in der Basilika zelebrierte Messe im überlieferten Ritus von Kardinal Santos Abril ersatzlos abgeschafft. Papst Franziskus ist mit Kardinal Abril aus der Zeit befreundet, als dieser von 2000 bis 2003 Nuntius in Argentinien war.
Mit Kardinal Abril wird Weihbischof Milton Luis Troccoli Cebélio von Montevideo die Visitation durchführen. Die Paraguayische Bischofskonferenz gab die bevorstehende Apostolische Visitation auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz bekannt.
Diözese Ciudad del Este „Oase im modernistischen Morast“
„Die Diözese Ciudad del Este stellt eine Oase im theologisch modernistischen Morast Lateinamerikas dar“, so Messa in Latino. Bischof Livieres förderte die Niederlassung zahlreicher traditionsverbundener Gemeinschaften und auch Neugründungen in seiner Diözese, denen er „väterlichen Schutz und geistliches Refugium“ bietet, so die traditionsverbundene Internetseite.
Ein Diözesanpriester von Ciudad del Este schrieb zur angekündigten Visitation durch Rom: „Es scheint mir wichtig, anzumerken, daß die Verfolgung nicht vom Klerus der Diözese ausgeht, wo Don Rogerio Livieres ein beliebter und hochgeachteter Oberhirte ist, sondern von anderen Bischöfen, die nicht seinen Eifer haben. Der Angriff kommt von den Kommissionen der Bischofskonferenz, die von Progressisten geleitet werden und denen die Tradition und die katholische Glaubenserfahrung des Bischofs von Ciudad del Este unerträglich sind.“
Mehr Seminaristen als alle anderen Diözesen zusammen
Zehn Jahre nach der Ernennung von Bischof Livieres sind die Früchte seines Hirtenamtes unübersehbar. Die Diözese Ciudad del Este, zu der lediglich zwölf Prozent der Katholiken gehören, hat heute mit rund 250 Seminaristen mehr Priesterkandidaten als alle anderen Diözesen Paraguays zusammen. Die Ausbildung im diözesanen Priesterseminar ist als „wirklich katholisch in Lehre und Liturgie“ bekannt. So bekannt, daß andere Bischöfe nervös werden, wie die Ordenskongregation im Fall der Franziskaner der Immakulata, und „Gegenmaßnahmen“ verlangen?
Große Erzdiözesen wie Buenos Aires und Montevideo haben weniger als 30 Seminaristen. „Das erklärt, warum die die Entwicklung in der Diözese Ciudad del Este progressive Teile der Kirche stört“, so Messa in Latino.
Bischof klagte Erzbischof von Asuncion der Homosexualität an
Unmittelbarer Anlaß, daß die Visitation gerade jetzt erfolgt, dürfte eine Rede von Bischof Livieres sein, die er Anfang Juni beim Marsch für das Leben in seiner Stadt hielt. Darin beklagte er mit harten Worten, daß der amtierende Erzbischof von Asuncion, sein Metropolit, Eustaquio Pastor Cuquejo Verga noch immer nicht aus seinem Amt entfernt wurde, trotz der „existencia de pruebas concluyentes y coincidentes“ für dessen Homosexualität. Erzbischof Cuquejo, der dem Redemptoristenorden angehört, galt noch 2002 als Kardinalsanwärter. 1982 von Papst Johannes Paul II. zum Weihbischof von Asuncion ernannt, erfolgte 1989 seine interimistische und 1992 die offizielle Ernennung zum Erzbischof. Mit der Wahl von Papst Benedikt XVI. zog dieser aufgrund erster Verdachtsmomente die Handbremse und stellte Cuquejo 2006 einen Koadjutor zur Seite. Laut Bischof Livieres gebe es inzwischen aber keinen Zweifel mehr. Ganz Paraguay bildet eine Kirchenprovinz. Dieser Angriff auf den höchsten Vertreter der Katholischen Kirche des Landes wurde vom Generalsekretariat der Bischofskonferenz scharf verurteilt und von Bischof Livieres eine Entschuldigung verlangt. Was dieser ablehnt.
Keine zwei Monate später erfolgt Visitation in Ciudad del Este nicht in Asuncion
Die von Papst Franziskus angeordnete Apostolische Visitation wird vom 21.–26. Juli stattfinden. Man könnte die Hoffnung hegen, daß sich der Papst ein genaues Bild darüber machen will, warum die Diözese eine solche Berufungsblüte erlebt, um eventuell daraus ein Modell für die Weltkirche abzuleiten. Römische Kreise versuchen zu beschwichtigen und betonen, daß die Apostolische Visitation lediglich dazu diene, die diözesanen Verhältnisse und die lokale Realität kennenzulernen. Ein direkter Zusammenhang mit der Liturgie sei nicht gegeben. In traditionsverbundenen Kreisen Paraguays, Brasiliens und Argentiniens hegt man jedoch Befürchtungen. Die Ankündigung der Visitation hat dort schmerzlich das vatikanische Vorgehen gegen die Franziskaner der Immakulata in Erinnerung gerufen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Pagina Catolica/Messa in Latino