Update: Papst trifft Franziskaner der Immakulata und kennt weder Recht noch Gnade


Papst Franziskus und Franziskaner der Immakulata: Kein Recht und keine Gnade
Papst Fran­zis­kus und Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta: Kein Recht und kei­ne Gnade

(Vati­kan) Wie erst am Mon­tag bekannt wur­de, fand bereits am 10. Juni eine Begeg­nung zwi­schen Papst Fran­zis­kus und Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta statt. Bekannt wur­de das Tref­fen durch Andrea Tor­ni­el­li, der in die­sem Pon­ti­fi­kat zu einer Art Haus- und Hof­va­ti­ka­ni­sten des Pap­stes auf­ge­stie­gen ist. An der Authen­ti­zi­tät des Inhalts kann daher kein Zwei­fel bestehen. Sie gibt die Linie des Pap­stes wie­der und lie­fert damit auf­schluß­rei­chen Ein­blick. Die erste Bot­schaft lau­tet: Für die Fran­zis­ka­ner der Imma­kualata gibt es kei­ne Ent­war­nung. Papst Fran­zis­kus gab unmiß­ver­ständ­lich zu ver­ste­hen, daß die Umbau- und Straf­maß­nah­men von Kom­mis­sar Vol­pi auf sei­nen aus­drück­li­chen Wunsch zurückgehen.

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Da die Behand­lung die­ses bis vor einem Jahr blü­hen­den Ordens als Schat­ten über dem Pon­ti­fi­kat liegt, scheint das Tref­fen nach außen zur Image­pfle­ge gedacht gewe­sen zu sein und nach innen, um jede Illu­si­on zu neh­men, daß es eine Rück­kehr zum Orden­scha­ris­ma der Grün­der geben wird. Der Arti­kel gibt auch zu ver­ste­hen, daß Rom kei­ne alt­ri­tu­el­le Neu­grün­dung des Ordens der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta wünscht, wie sie von einem weit grö­ße­ren Teil der Brü­der als im Arti­kel behaup­tet, ange­strebt wird.

Ein­mal mehr sprach Papst Fran­zis­kus im Zusam­men­hang mit dem Alten Ritus und der Tra­di­ti­on von „Ideo­lo­gie“. Eine ein­sei­ti­ge Par­tei­nah­me, mit der sowohl die Gleich­wer­tig­keit der Riten geleug­net und a prio­ri für den Neu­en Ritus die „wah­re“, nor­ma­ti­ve, nicht ideo­lo­gi­sche Posi­ti­on in Anspruch genom­men wird.

Damit wer­den auto­ma­tisch Zwei­fel auf­ge­wor­fen, wie Papst Fran­zis­kus sei­ne Zustim­mung zur Kon­zils­her­me­neu­tik Bene­dikts XVI. meint. Gera­de im Zusam­men­hang mit dem Umgang mit den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta, die anders als im Arti­kel dar­ge­stellt, in der Seel­sor­ge immer biri­tu­ell waren, wäh­rend sie ordens­in­tern alt­ri­tu­ell wur­den, daß eine Kon­ti­nui­tät zu Bene­dikt XVI. mehr kon­stru­iert wirkt.

Wir ver­öf­fent­li­chen Tor­ni­el­lis Bericht voll­in­halt­lich, damit sich die Leser ein Bild des­sen machen kön­nen, wel­chen Ein­druck der Hei­li­ge Stuhl offi­zi­ell ver­mit­teln will.
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Das Treffen dauerte eineinhalb Stunden – Die richtige Hermeneutik ist jene von Benedikt XVI.

von Andrea Tornielli
Die Begeg­nung fand am Diens­tag­mor­gen des 10. Juni in der Kapel­le des Gäste­hau­ses San­ta Mar­ta im Vati­kan statt, trotz der Indis­po­niert­heit des Pap­stes, die am Tag vor­her zur Absa­ge eini­ger Ter­mi­ne geführt hat­te. Fran­zis­kus unter­hielt sich ein­ein­halb Stun­den mit rund 60 Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta, dem von Pater Ste­fa­no Manel­li gegrün­de­ten Orden, den der Hei­li­ge Stuhl im ver­gan­ge­nen Jahr unter kom­mis­sa­ri­sche Ver­wal­tung stell­te, um inter­ne Zwi­stig­kei­ten zu behe­ben, die mit der Ordens­lei­tung, der Ver­wal­tung, den Bezie­hun­gen mit dem weib­li­chen Zweig, dem inzwi­schen aus­schließ­li­chen Gebrauch des alten Mis­sa­le und der Inter­pre­ta­ti­on des jüng­sten Kon­zils zusam­men­hin­gen. Die Grup­pe bestand aus rund 40 Semi­na­ri­sten, Novi­zen oder Theo­lo­gie- und Phi­lo­so­phie­stu­den­ten zusam­men mit ihren Aus­bild­nern und dem päpst­li­chen Kom­mis­sar Pater Fidenzio Volpi.

Die Fran­zis­ka­ner san­gen das Ave Maria von Fati­ma und erneu­er­ten in die Hän­de des Pap­stes ihr Gelüb­de der völ­li­gen Wei­he an die Unbe­fleck­te. Anschlie­ßend wur­den Fran­zis­kus Fra­gen zu den dor­nig­sten The­men gestellt, die das inter­ne Leben des Ordens betref­fen. Papst Berg­o­glio zeig­te sich bestens infor­miert über alles, er ver­folgt die Ange­le­gen­heit aus näch­ster Nähe. Er zeig­te mehr­fach sei­ne Wert­schät­zung für Pater Vol­pi und demen­tier­te damit, daß die Lei­tungs­ent­schei­dun­gen des Kom­mis­sars und sei­ner Mit­ar­bei­ter ohne sein Wis­sen getrof­fen werden.

Wegen der kom­mis­sa­ri­schen Ver­wal­tung und der Ein­schrän­kung des Gebrauchs des alten Mis­sa­le, das im Gegen­satz zu dem, was gemäß Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum gilt, im Fall der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta nur nach vor­he­ri­gem Ansu­chen und Geneh­mi­gung durch die Obe­ren gebraucht wer­den kann, kam es unter Brü­dern und Semi­na­ri­sten zu Abtrünnigkeit.

Von welt­weit 400 Ordens­män­nern sind es etwa 40, die eine Dis­pens von den Gelüb­den bean­trag­ten, etwa die Hälf­te davon sind Semi­na­ri­sten und damit noch Stu­den­ten, die erst zeit­li­che Gelüb­de abge­legt haben.

Zum Motu pro­prio sag­te Papst Fran­zis­kus, sich nicht von der Linie Bene­dikts XVI. lösen zu wol­len und erklär­te, daß auch den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta die Frei­heit bleibt, die Alte Mes­se zu zele­brie­ren, auch wenn für den Moment wegen der Pole­mi­ken über den aus­schließ­li­chen Gebrauch die­ses Mis­sa­le – ein Ele­ment, das nicht Teil des Grün­dungs­cha­ris­mas des Ordens war – eine „Unter­schei­dung“ mit dem Obe­ren und mit dem Bischof not­wen­dig ist, wenn es sich um Zele­bra­tio­nen in Pfarr­kir­chen, Wall­fahrts­or­ten und Aus­bil­dungs­häu­sern han­delt. Der Papst erklär­te, daß es Frei­heit brau­che, sowohl für jene, die im Alten, als auch für jene, die im Neu­en Ritus zele­brie­ren wol­len, ohne daß der Ritus zu einer ideo­lo­gi­schen Fah­ne wird.

Eine Fra­ge betraf die Inter­pre­ta­ti­on des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils. Fran­zis­kus wie­der­hol­te sei­ne Wert­schät­zung für die Arbeit von Erz­bi­schof Ago­sti­no Mar­chet­to, den er als „besten Her­me­neu­ten“ des Kon­zils bezeich­ne­te. Dann ant­wor­te­te er auf den Ein­spruch, daß das Zwei­te Vati­ka­num nur ein Pasto­ral­kon­zil war, das der Kir­che gescha­det hat. Der Papst sag­te, daß es obwohl es pasto­ral war, dok­tri­nel­le Ele­men­te ent­hält und ein katho­li­sches Kon­zil ist, indem er die Linie der Her­me­neu­tik der Reform in der Kon­ti­nui­tät des ein­zi­gen Sub­jekts Kir­che beton­te, wie es Bene­dikt XVI. in sei­ner Rede an die Römi­sche Kurie im Dezem­ber 2005 dar­ge­stellt hat­te. Er erin­ner­te wei­ters, daß alle Kon­zi­le Lärm und Reak­tio­nen aus­lö­sten, weil der Dämon „nicht will, daß die Kir­che stark wird“. Und er sag­te auch, daß man vor­wärts­ge­hen müs­sen mit einer theo­lo­gi­schen und nicht ideo­lo­gi­schen Her­me­neu­tik des Zwei­ten Vatikanums.

Fran­zis­kus sag­te auch, daß er die Schlie­ßung des ordens­ei­ge­nen Theo­lo­gi­schen Insti­tuts der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta (STIM) woll­te, damit die Semi­na­ri­sten an den päpst­li­chen Theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten in Rom stu­die­ren. Er prä­zi­sier­te zudem, daß in der Kir­che die Ortho­do­xie durch den Nach­fol­ger des Petrus garan­tiert wird.

Es fehl­te nicht an Momen­ten, in denen Berg­o­glio per­sön­li­che Erin­ne­run­gen erzähl­te, von Bru­der Ansel­mo, einem Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta phil­ip­pi­ni­scher Abstam­mung, den er als Kar­di­nal ken­nen­lern­te, als er die Kir­che Maria San­tis­si­ma Annun­zia­ta am Tiber besuch­te, wo er ihn das erste Mal mit einem Eimer in der Hand ange­trof­fen hat­te, als die­ser putz­te. Fra Ansel­mo ist heu­te in Nige­ria. „Er lehr­te mich die Demut, das hat mir so gut getan“, sag­te Franziskus.

Am Ende der Begeg­nung grüß­te der Papst alle Anwe­sen­den per­sön­lich. Zwei von ihnen äußer­ten ihre Irri­ta­ti­on über die Behand­lung, der der Grün­der Pater Ste­fa­no Manel­li unter­wor­fen ist. Einer die­ser bei­den Semi­na­ri­sten gab weni­ge Tage nach der Begeg­nung mit dem Papst sei­ne Ent­schei­dung bekannt, das Novi­zi­at zu ver­las­sen, weil er sich gegen das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil erklärte.

[Update 24.6. | 14:10: Den Kol­le­gen von „Rora­te Cae­li“ ist es gelun­gen, eini­ge wei­te­re exklu­si­ve Details in Erfah­rung zu brin­gen. Zunächst heißt es dort all­ge­mein in Bezug auf den bei­spiel­lo­sen Vor­gang, durch den die Prie­ster der jun­gen Kon­gre­ga­ti­on ihrer im Motu­pro­prio „Sum­morum Pon­ti­fi­cum“ ver­brief­ten Rech­te beraubt wer­den, aber bei den Obe­ren um Erlaub­nis zur Zele­bra­ti­on gemäß dem über­lie­fer­ten Meß­buch bit­ten kön­nen: „Eine Geneh­mi­gung, […] die für eine gro­ße Mehr­heit jener, die dar­um gebe­ten hat­ten, unbe­ant­wor­tet blieb oder abge­lehnt wur­de.“ Zu Beginn des Kamp­fes gegen die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta (FFI) hat­ten vie­le neo­kon­ser­va­ti­ve Katho­li­ken kom­men­tiert, daß es doch eine Aus­nah­me­re­ge­lung gebe, von der sicher auch groß­zü­gig Gebrauch gemacht wer­de – wie sich nun zeigt, sind jene Krei­se ein­mal mehr einer unan­ge­mes­se­nen Apo­loge­tik vati­ka­ni­scher und päpst­li­cher Maß­nah­men verfallen.

Rora­te Cae­li“ sieht in dem Ver­fah­ren gegen die Fran­zis­ka­ner einen Prä­ze­denz­fall, der prin­zi­pi­ell in der gesam­ten latei­ni­schen Kir­che Anwen­dung fin­den könn­te – sehe man von den Insti­tu­ten ab, wel­che direkt der Auf­sicht der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on „Eccle­sia Dei“ unter­ste­hen. Man müß­te jedoch über „Rora­te Cae­li“ hin­aus ergän­zen, daß die von Andrea Tor­ni­el­li kol­por­tier­te Begrün­dung, die über­lie­fer­te Lit­ur­gie ent­spre­che nicht dem Grün­dungs­cha­ris­ma der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, auch umge­dreht wer­den kann: Und schon müß­te der Papst alle Gemein­schaf­ten, von den Bene­dik­ti­nern bis zu den Domi­ni­ka­nern, von den Fran­zis­ka­nern bis zu den Jesui­ten ver­pflich­ten, wie­der zur tra­di­tio­nel­len Lit­ur­gie zurückzukehren.

Fer­ner berich­tet „Rora­te Cae­li“, wie Giu­sep­pe Nar­di in der Ein­lei­tung andeu­te­te, der ein­zi­ge Grund für die Begeg­nung des Pap­stes mit einer Dele­ga­ti­on der FFI habe dar­in bestan­den, „die Blu­tung zu stop­pen“ und deut­lich zu machen, daß der Hei­li­ge Vater hin­ter den dra­ko­ni­schen Maß­nah­men gegen die Fran­zis­ka­ner ste­he. Im Rah­men der Audi­enz habe Papst Fran­zi­kus den hei­li­gen Igna­ti­us von Loyo­la zitiert (oder zumin­dest para­phra­siert). In sei­nen geist­li­chen Übun­gen schreibt der Grün­der der Jesui­ten: „Wir müs­sen, um in allem sicher zu gehen, stets fest­hal­ten: was mei­nen Augen weiß erscheint, hal­te ich für schwarz, wenn die hier­ar­chi­sche Kir­che so ent­schei­det.“ Bei der Begeg­nung sei, so „Rora­te Cae­li“, kein Mit­glied der Kon­gre­ga­ti­on vor Ort gewe­sen, das eine kri­ti­sche Hal­tung gegen­über der päpst­li­chen Inter­ven­ti­on anneh­me. Aller­dings habe ein Anwe­sen­der den Hei­li­gen Vater per­sön­lich gefragt, wie­so es ein wei­te­res gehei­mes Tref­fen gebe, bei dem die ande­re Per­spek­ti­ve nicht ver­tre­ten sei. Papst Fran­zis­kus sei ange­sicht der uner­war­te­ten Kühn­heit „die­ses ver­zwei­fel­ten Bru­ders“ sprach­los gewe­sen. /​ M. Bene­dikt Buer­ger]

Ori­gi­nal­ver­öf­fent­li­chung: Vati­can Insider
Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati­can Insider

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