„Mafiosi sind exkommuniziert“ – Das päpstliche Anathema und der Applaus der „Zivilgesellschaft“


Verhaftung durch Anti-Mafia-EInheit
Ver­haf­tung durch Anti-Mafia-EInheit

(Cass­a­no dell’Jonio) „Die Mafio­si sind exkom­mu­ni­ziert“. Papst Fran­zis­kus schleu­der­te den Clans des orga­ni­sier­ten Ver­bre­chens ein star­kes Ana­the­ma ent­ge­gen. Eine wich­ti­ge Aus­sa­ge. Für eine Kampf­an­sa­ge gegen die Mafia ist ein all­ge­mei­ner zivil­ge­sell­schaft­li­cher Kon­sens sicher. Der Applaus von Bevöl­ke­rung, Behör­den, Medi­en und Regie­rung in Ita­li­en ist enorm für die päpst­li­che Kampf­an­sa­ge. Den­noch haf­tet ihr der Geschmack einer kal­ku­lier­ten Ein­sei­tig­keit an. 

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Die Mafia for­dert Tote. Die Abtrei­bung for­dert hun­dert Mal mehr Tote. Kein ver­gleich­ba­res Ana­the­ma war bis­her vom Papst gegen die Tötungs­in­du­strie zu hören, die unge­bo­re­ne Kin­der und damit die Zukunft der Völ­ker ver­schlingt. Weil es dafür kei­nen Applaus gibt? In der Tat wäre die­sel­be „Zivil­ge­sell­schaft“, die dem katho­li­schen Kir­chen­ober­haupt der­zeit für sei­ne kla­ren Wor­te gegen die Mafia applau­diert, über eine wirk­li­che Kampf­an­sa­ge gegen den „größ­ten Zer­stö­rer von Frie­den und Lie­be“ (Mut­ter Tere­sa), gegen das „größ­te Übel der Mensch­heit“ (Bischof Kurt Krenn), „not amused“.

„Mafiosi nicht in der Gemeinschaft mit Gott“

Papst Franziskus bei Ankunft in Kalabrien
Papst Fran­zis­kus bei Ankunft in Kalabrien

„Die Mafio­si ste­hen nicht in der Gemein­schaft mit Gott, sie sind exkom­mu­ni­ziert““, sag­te Papst Fran­zis­kus am ver­gan­ge­nen Sams­tag in Cass­a­no dell’Jonio. Das orga­ni­sier­te Ver­bre­chen Kala­bri­ens ist nicht die Mafia, son­dern die ‚ndran­ghe­ta. Mit dem Begriff „Mafia“ ver­deut­lich­te der Papst daher, daß nicht nur die eigent­li­che Mafia im enge­ren Sinn, das orga­ni­sier­te Ver­bre­chen auf der Insel Sizi­li­en gemeint ist, son­dern alle mafiö­sen Orga­ni­sa­tio­nen. Nament­lich nann­te er jedoch auch die ‚ndran­ghe­ta, um zu sagen, was die­ses Ver­bre­cher­kar­tell „ist: Anbe­tung des Bösen und Ver­ach­tung des All­ge­mein­wohls. Die­ses Böse ist zu bekämp­fen, zu ent­fer­nen, man muß ihm Nein sagen“. Er for­der­te die Men­schen Kala­bri­ens auf, sich nicht die „Hoff­nung rau­ben“ zu las­sen, son­dern „Satan und sei­nen Ver­su­chun­gen abzu­sa­gen: ver­zich­ten wir auf die Göt­zen des Gel­des, der Eitel­keit, des Stol­zes und der Macht“, so der Papst. Star­ke Wor­te in einem Land, das inzwi­schen seit Jahr­hun­der­ten von mafiö­sen Clans bestimmt wird und in dem hohe Arbeits­lo­sig­keit und noch eine höhe­re Jugend­ar­beits­lo­sig­keit herrschen.

Es war nicht das erste Mal, daß Papst Fran­zis­kus die Mafia als exkom­mu­ni­ziert erklärt. Bereits im Herbst des Vor­jah­res sag­te er Ver­gleich­ba­res zur Mafia in Ita­li­en und wie­der­hol­te es Anfang Juni gegen­über dem mexi­ka­ni­schen Staats­prä­si­den­ten Enri­que Pena Nieto, den er in Pri­vat­au­di­enz emp­fing. Mexi­ko lei­det unter einem schran­ken­lo­sen Krieg der Dro­gen­kar­tel­le gegen den Staat und unter­ein­an­der um die Vor­herr­schaft. Die mexi­ka­ni­schen Dro­gen­kar­tel­le belie­fern unter ande­rem den US-Markt. Allein in der mexi­ka­ni­schen Pro­vinz Chi­hua­hua nahe der US-Gren­ze wur­den 2010 2.250 Mord­op­fer im Zusam­men­hang mit der orga­ni­sier­ten Kri­mi­na­li­tät gezählt. In Ita­li­en gibt es jedes Jahr zwar noch eine Rei­he von Mafia-Mor­den, in der Regel han­delt es sich um inter­ne Abrech­nun­gen oder Clan-Krie­ge. Die Zahl ist gegen­über den 70er Jah­ren jedoch stark zurück­ge­gan­gen. 2009 wur­den in Ita­li­en 90 Mor­de der Mafia zuge­schrie­ben. Seit­her sind es noch weni­ger. Das orga­ni­sier­te Ver­bre­chen bemüht sich längst, sich stil­ler und unauf­fäl­li­ger zu bewe­gen. „Wir haben unse­re Kin­der stu­die­ren geschickt. Die neue Gene­ra­ti­on der ‚ndran­ghe­ta ist ehren­haf­ter denn je“, zitiert ein Unter­su­chungs­be­richt des ita­lie­ni­schen Par­la­ments einen kala­bri­schen Mafioso.

Mafia in öffentlicher Wahrnehmung verpönt

Die Mafia, das orga­ni­sier­te Ver­bre­chen gilt im all­ge­mei­nen gesell­schaft­li­chen Kon­sens als ver­pönt, sowohl in den direkt betrof­fe­nen Staa­ten als auch in den ande­ren. Die Kampf­an­sa­ge an die Mafia fin­det daher brei­ten gesell­schaft­li­chen Zuspruch in Ita­li­en, wo das päpst­li­che Ana­the­ma aus­ge­spro­chen wur­de, aber eben­so in allen ande­ren Län­dern mit ver­gleich­ba­ren mafiö­sen Struk­tu­ren. Die Mafia ist bis­her die ein­zi­ge Orga­ni­sa­ti­on oder Kate­go­rie gegen­über der Papst Fran­zis­kus eine kate­go­ri­sche Exkom­mu­ni­ka­ti­on, wenn auch mehr als grund­sätz­li­che Fest­stel­lung und nicht im enge­ren recht­li­chen Sinn, aus­ge­spro­chen hat.

Kein vergleichbares Anathema gegen Abtreibung?

Gotteslästerlicher Femen Angriff
Got­tes­lä­ster­li­cher Femen Angriff

Noch kein ver­gleich­ba­res Wort der Exkom­mu­ni­ka­ti­on sag­te Papst Fran­zis­kus bis­her gegen die Abtrei­bungs­in­du­strie, der jähr­lich welt­weit 50 Mil­lio­nen Men­schen zum Opfer fal­len, davon immer­hin meh­re Mil­lio­nen auch in den christ­lich gepräg­ten Staa­ten. Allein in Ita­li­en wur­den 2005 129.000 unge­bo­re­ne Kin­der legal getö­tet, in Deutsch­land wur­den 2013 102.800 unge­bo­re­ne Kin­der straf­frei umge­bracht. Soweit die offi­zi­el­len Zah­len. Die Liste des Schreckens lie­ße sich lan­ge fort­set­zen. Wird es auch ein päpst­li­ches Ana­the­ma wie gegen die Mafio­si auch gegen die Kin­der­mör­der geben? Im Gegen­satz zur Mafia ist die Abtrei­bung von einem Cor­don sani­taire der­sel­ben „Zivil­ge­sell­schaft“ umge­ben, die sich zurecht über das orga­ni­sier­te Ver­bre­chen empört

Papst Fran­zis­kus hat dem Anti-Mafia-Kampf unüber­hör­bar den Rücken gestärkt. Wird er auch den Lebens­schüt­zern den Rücken stär­ken? Bis­her deu­tet nichts dar­auf hin, obwohl die Lebens­schüt­zer viel­schich­ti­gen Angrif­fen aus­ge­setzt sind, wie jüngst, als am 14. Juni in Wien der Marsch für die Fami­lie von Links­extre­mi­sten und Homo-Akti­vi­sten ange­grif­fen wur­den mit Sprech­chö­ren wie: „Hät­te Maria abge­trie­ben, wärt ihr uns erspart geblie­ben“. Oder Polit­söld­ner, wie die Grup­pe Femen, Kir­chen schän­den, Got­tes­lä­ste­rung zum Pro­gramm erhe­ben und Kir­chen­ver­tre­ter tät­lich angrei­fen. Eine Femen-Paro­le lau­tet „Die Abtrei­bung ist hei­lig“. Die Mafia erhebt kei­nen got­tes­lä­ster­li­chen Anspruch. Sie wür­de sich davor hüten.

Papst Fran­zis­kus weiß natür­lich, daß die Wirk­lich­keit nicht nur aus dem besteht, was gesagt und getan wird, son­dern auch aus dem, was nicht gesagt und nicht getan wird (sie­he Fran­zis­kus und die Diplo­ma­tie des Unmög­li­chen?)

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Dio­ce­si Cass­a­no dell’Jonio/​No Mafia/​Christianophobie

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