Priester ruft zur Hirtensorge für traditionsverbundene Gläubige auf – und wird von Kardinal Dolan „abgesägt“


fr justin wylie_sIn der Erz­diö­ze­se New York in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka wur­de mit Father Justin Wylie ein Prie­ster, der die hei­li­ge Mes­se auch in ihrem über­lie­fer­ten Ritus zele­briert, nach einer offen­si­ven Pre­digt umge­hend „abge­sägt“. Um die Situa­ti­on zu ver­ste­hen, bedarf es aber eini­ger Vor­be­mer­kun­gen. In New York, genau­er gesagt in Man­hat­tan, wird die über­lie­fer­te Lit­ur­gie täg­lich in der Kir­che „Holy Inno­cents“ gefei­ert. Dabei han­delt es sich nicht um eine Per­so­nal­pfar­rei des alten Ritus, son­dern um eine „nor­ma­le“ Kir­che, in der neben ande­ren Meß­fei­ern auch Raum für die soge­nann­te außer­or­dent­li­che Form der römi­schen Lit­ur­gie geschaf­fen wur­de. Im April 2014 wur­de dann bekannt, daß – wie in wei­ten Tei­len der west­li­chen Welt – auch in New York diver­se Kir­chen schlie­ßen müs­sen. So wur­de eine Liste von Got­tes­häu­sern erstellt, die Erz­bi­schof Timo­thy Kar­di­nal Dolan zur Schlie­ßung emp­foh­len wer­den. Auf eben jene Liste – man beach­te erneut, daß es sich zunächst „nur“ um Emp­feh­lun­gen und nicht um einen end­gül­ti­gen Beschluß han­delt – schaff­te es auch „Holy Innocents“.

„Schonungslose“ Predigt sorgt für Entbindung von allen Aufgaben

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Der oben ange­spro­che­ne Father Justin Wylie ist inkar­di­niert im Erz­bis­tum Johan­nes­burg in Süd­afri­ka und war in New York sta­tio­niert als Atta­ché des stän­di­gen Beob­ach­ters des Hei­li­gen Stuhls bei den „Ver­ein­ten Natio­nen“ (UN). Laut den Kol­le­gen von „Rora­te Cà¦li“, die gewöhn­lich exzel­lent infor­miert sind, was in der tra­di­tio­na­li­sti­schen Welt rele­van­te Ange­le­gen­hei­ten betrifft, war Father Wylie ein „äußerst popu­lä­rer Pre­di­ger“ sowie „ein häu­fi­ger Zele­brant“ der über­lie­fer­ten Lit­ur­gie. Am 18. Mai 2014, einem Sonn­tag, pre­dig­te Father Wylie in „Holy Inno­cents“ mit Blick auf die mög­li­che Schlie­ßung der Kir­che. Wegen sei­ner „scho­nungs­lo­sen“ Bemer­kun­gen, wie der bekann­te­ste katho­li­sche Blog­ger der Welt und gele­gent­li­che Zele­brant in „Holy Inno­cents“, Father John Zuhls­dorf, sie bezeich­ne­te, wur­de Father Wylie zügig von sei­nen regu­lä­ren Auf­ga­ben im Erz­bis­tum New York – spe­zi­ell natür­lich der Zele­bra­ti­on der alten Lit­ur­gie – ent­bun­den. Nach­dem die UN-Beob­ach­ter­mis­si­on schrift­lich über die Pre­digt infor­miert wur­de, ist Father Wylie auch die­ser Tätig­keit ent­le­digt und soll in sein eben­falls schrift­lich benach­rich­tig­tes Hei­mat­bis­tum zurückkehren.

Wäh­rend sich „Rora­te Cà¦li“ in einem ersten Arti­kel noch vor­nehm zurück­hielt und die Inter­pre­ta­ti­on der Fak­ten demon­stra­tiv den Lesern über­ließ, folg­te nur einen Tag spä­ter ein wei­te­rer Bei­trag, in dem die Inter­net­sei­te über Aus­sa­gen berich­tet, die bei­na­he zwangs­läu­fig auf eine bestimm­te Inter­pre­ta­ti­on hin­aus­lau­fen. Man kön­ne, heißt es bei „Rora­te Cà¦li“, nun ergän­zen, daß ein Kor­re­spon­dent per­sön­lich mit Msgr. Edward Weber gespro­chen habe, der in der Erz­diö­ze­se New York für das „Priest Per­son­nel Office“ („Per­so­nal­bü­ro für Prie­ster“) zustän­dig ist. Weber habe gesagt, daß die Ent­fer­nung von Father Justin Wylie nicht über sei­nen Schreib­tisch gegan­gen sei. Statt­des­sen sei die Anord­nung „direkt aus dem Büro des Kar­di­nals“ gekom­men. Timo­thy Kar­di­nal Dolan ist seit 2009 Erz­bi­schof von New York. In den ver­gan­ge­nen Mona­ten fiel er sogar in Krei­sen, die nicht im Ver­dacht ste­hen, tra­di­tio­na­li­stisch zu sein, aber nichts­de­sto­trotz soli­de Katho­li­ken umfas­sen, mehr­fach durch frag­wür­di­ge Bemer­kun­gen auf. So gra­tu­lier­te er bei­spiels­wei­se einem homo­se­xu­el­len Foot­ball-Spie­ler zu des­sen „Coming-out“ und sag­te: „Bra­vo!“

Der Stein des Anstoßes: Zitate aus der „schonungslosen“ Predigt

Was aber hat­te Father Jus­ty Wylie an jenem denk­wür­di­gen 18. Mai 2014 in „Holy Inno­cents“ gesagt, das ein so abrup­tes Durch­grei­fen von Kar­di­nal Dolan recht­fer­tigt? Ein etwas län­ge­res Zitat möge zum Beweis die­nen, daß die in gewis­ser Wei­se zwar „scho­nungs­lo­sen“ Äuße­run­gen des Prie­sters aus Süd­afri­ka letzt­lich doch wirk­lich harm­los waren:

Pas­to­res dabo vobis, ver­spricht der Herr dem Jere­mi­as: Ich wer­de euch Hir­ten geben! Grund­sätz­lich – und das ist etwas, wor­über ich Sie drän­ge, gut nach­zu­den­ken und viel zu beten –, als ein Prie­ster muß ich sagen: Ich mache mir Sor­gen über die Situa­ti­on der tra­di­tio­na­li­sti­schen Katho­li­ken in der Erz­diö­ze­se. Ja, die Erz­diö­ze­se „erlaubt“ eine tra­di­tio­nel­le Mes­se hier und da – aber die Ver­ant­wor­tung für die Sache geht wei­ter­hin zurück auf die Initia­ti­ve und den Ein­falls­reich­tum der Lai­en, die mit enor­men Schwie­rig­kei­ten da und dort Prie­ster beschaf­fen müs­sen, als schie­nen wir noch im Eng­land der Refor­ma­ti­on oder im Irland von Crom­well zu leben. Ist es nicht höch­ste Zeit für die Kir­che, pasto­ra­le Ver­ant­wor­tung auch für die­se Scha­fe zu über­neh­men? Ver­die­nen Sie kei­nen Hir­ten? Kei­ne Pfar­rei? Oder zumin­dest etwas an recht­li­cher Sicher­heit? Was pas­siert mit Ihnen, wenn die Pfar­rei, in der Sie Zuflucht gefun­den haben, ihre Pfor­ten schließt?

Was wird aus den zahl­rei­chen Beru­fun­gen, die ich sehe in zahl­rei­chen jun­gen Män­nern von sol­cher Qua­li­tät, wie wir sie im Über­fluß haben und sie hier in „Holy Inno­cents“ mini­strie­ren, in „St. Agnes“ und anders­wo? Sie blei­ben, sozu­sa­gen, dem Erbar­men (und manch­mal der Will­kür) von „Ver­mie­tern“ über­las­sen, die, aus dem einen oder ande­ren Grund, ihre Anwe­sen­heit in den Pfar­rei­en „erlau­ben“. Über­all schei­nen sich ihnen die Pfor­ten zu ver­schlie­ßen. „Our Saviour“ hat ihnen die Pfor­ten ver­schlos­sen. Was „St. Agnes“ betrifft, so wer­den die Pfor­ten auf­merk­sam bewacht, so daß sie das Gebäu­de kei­ne fünf Minu­ten zu früh betre­ten oder kei­ne fünf Minu­ten über ihre dor­ti­ge Auf­nah­me hin­aus blei­ben. Nun hat es den Anschein, als wür­den ihnen die Pfor­ten von „Holy Inno­cents“ eben­falls ver­schlos­sen. Zusam­men­ge­nom­men ist dies mei­ner Ansicht nach ein kla­rer Fall von Aus­gren­zung: eine Unge­rech­tig­keit, auf die Sie Ihren Hir­ten auf­merk­sam machen soll­ten, den­ke ich. Sie sind voll­wer­ti­ger Teil der getauf­ten Gläu­bi­gen, um Got­tes wil­len: War­um wie­seln Sie her­um wie kirch­li­che Aas­fres­ser, die für Ihre blo­ße Exi­stenz auf ein oder zwei Bro­sa­men hof­fen, die vom Tisch fal­len? Die Unsi­cher­heit Ihrer Gemein­de kann nicht von einem Kir­chen­ge­bäu­de abhän­gig sein, das Ihnen zur Ver­fü­gung steht, als sei­en sie eine ein­fa­che Bru­der­schaft oder Ver­ei­ni­gung. Die Tage, in denen Räu­me in Hotels gemie­tet wur­den und der­glei­chen müs­sen sicher­lich vor­bei sein. Sie sind kei­ne Schis­ma­ti­ker! Sind Sie Schismatiker?

Father Justin Wylie nimmt gewiß kein Blatt vor den Mund. Inso­fern sind sei­ne Bemer­kun­gen durch­aus „scho­nungs­los“, wie Father John Zuhls­dorf schrieb. Ihm geht es im Grun­de aller­dings nur dar­um, daß es Auf­ga­be des Hir­ten – also von Kar­di­nal Dolan – ist, den Gläu­bi­gen eine legi­ti­me und ange­mes­se­ne Hei­mat zu bie­ten. Und eine Hei­mat ist kei­ne Unter­brin­gung auf Zeit in einem Gebäu­de, das zufäl­lig noch Kapa­zi­tä­ten zur Ver­fü­gung hat. Tra­di­tio­na­li­sten in aller Welt hat­ten die Hoff­nung, mit dem Motu­pro­prio „Sum­morum Pon­ti­fi­cum“ von Papst Bene­dikt XVI. zumin­dest tole­riert zu wer­den. Wie die Ent­fer­nung von Father Wylie ob sei­nes – berech­tig­ten – Stand­punk­tes, aber auch Maß­nah­men etwa gegen­über den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta und ande­re ver­gleich­ba­re Vor­gän­ge zei­gen, ist mit­un­ter eher das Gegen­teil der Fall.

Text: M. Bene­dikt Buerger
Bild: Bis­tum Johannesburg

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