Stellungnahme der Bischöfe von Irland und Nordirland anläßlich der EU-Wahl


Coat_of_arms_of_Ireland.svgDie iri­schen Bischö­fe haben sich in einer Stel­lung­nah­me zu den bevor­ste­hen­den Par­la­ments­wah­len der Euro­päi­schen Uni­on (EU) geäu­ßert, die auf der Insel am 22. und 23. Mai 2014 durch­ge­führt wer­den. Anstatt wirk­lich sub­stan­zi­el­ler Ermah­nun­gen und Rat­schlä­ge der Hir­ten der Kir­che in Irland und Nord­ir­land begeg­net man aller­dings einer Rei­he von All­ge­mein­plät­zen. Gleich der erste Satz der Stel­lung­nah­me erweckt den Anschein, unmit­tel­bar der offi­zi­el­len EU-Pro­pa­gan­da zu ent­stam­men: „Die christ­li­che Visi­on von der Wür­de der mensch­li­chen Per­son ist eine, in der die Euro­päi­sche Uni­on ihre Wer­te reflek­tiert und unter­stützt fin­det.“ Pro­ble­ma­tisch ist hier zunächst die Form, denn der Satz ist ganz offen­sicht­lich aus der Per­spek­ti­ve der EU geschrie­ben, nicht aus einer christ­li­chen oder gar katho­li­schen Sicht. Abge­se­hen davon ist auch der Inhalt zu bemän­geln. Hila­ry White, Rom­kor­re­spon­den­tin für Life​Si​teNews​.com, aber auch mit der tra­di­tio­na­li­sti­schen Zeit­schrift The Rem­nant ver­bun­den, zitiert in ihrem Arti­kel Liam Gib­son von der Socie­ty for the Pro­tec­tion of Unborn Child­ren („Gesell­schaft für den Schutz unge­bo­re­ner Kin­der“) mit den Wor­ten: „Lei­der ist die christ­li­che Visi­on der Men­schen­wür­de nicht nur nicht unter­stützt von der Euro­päi­schen Uni­on, son­dern es ist immer offen­sicht­li­cher, daß die EU sie vehe­ment ablehnt.“

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Zwar ist in der Stel­lung­nah­me der Bischö­fe von Irland und Nord­ir­land ganz all­ge­mein davon die Rede, daß wir als Chri­sten dazu auf­ge­ru­fen sind, „die fun­da­men­ta­len Wer­te des mensch­li­chen Lebens zu arti­ku­lie­ren, die dann in poli­ti­scher Akti­vi­tät Aus­druck fin­den kön­nen“. Aller­dings fehlt jeg­li­cher Hin­weis auf die drän­gen­den Pro­ble­me unse­rer Zeit, wozu Abtrei­bung, Eutha­na­sie und die soge­nann­te „Ehe“ von Homo­se­xu­el­len zäh­len. Hila­ry White kom­men­tiert: „Die­se Unter­las­sung ist umso schockie­ren­der auf­grund der Ver­ab­schie­dung von Irlands jüng­stem Gesetz, wel­ches direk­te Abtrei­bung erst­mals in der Geschich­te des Lan­des lega­li­siert, und auf­grund des wach­sen­den Drucks, die Ehe umzu­de­fi­nie­ren.“ Laut Liam Gib­son las­se sich aus dem Doku­ment der iri­schen Bischö­fe nicht ent­neh­men, daß Ehe und Fami­lie unter stän­di­ger Attacke ste­hen. Die Wei­ge­rung so vie­ler iri­scher Bischö­fe, „die Tie­fe der Kri­se in der iri­schen Gesell­schaft anzu­er­ken­nen“, sor­ge in Wirk­lich­keit dafür, „das Ende der katho­li­schen Kul­tur“ in Irland zu beschleunigen.

Die iri­schen Bischö­fe erwäh­nen unter ande­rem, daß das Ziel der euro­päi­schen Inte­gra­ti­on „noch nicht voll­stän­dig rea­li­siert“ wor­den sei. Natür­lich darf auch ein poli­tisch kor­rek­ter Hin­weis auf den Umwelt­schutz nicht feh­len: „Die sozia­le und wirt­schaft­li­che Poli­tik der Euro­päi­schen Uni­on muß dafür sor­gen, daß Wachs­tum aus­ge­gli­chen wird mit öko­lo­gi­scher Nach­hal­tig­keit, um eine fai­re Ver­tei­lung der Res­sour­cen der Erde sicher­zu­stel­len.“ Der Begriff „Nach­hal­tig­keit“ („sus­taina­bi­li­ty“) ist übri­gens auch ein Schlüs­sel­wort, wenn es dar­um geht, die Agen­da der Bevöl­ke­rungs­kon­trol­le, etwa durch Ver­hü­tung, Abtrei­bung und Eutha­na­sie, zu for­cie­ren. Wir müs­sen natür­lich davon aus­ge­hen, daß sich die Bischö­fe die­ser Pro­ble­ma­tik des Wor­tes „Nach­hal­tig­keit“ nicht bewußt waren. Das The­ma Fami­lie wird am Ran­de erwähnt, aber nicht im Zusam­men­hang mit den soge­nann­ten nicht ver­han­del­ba­ren Posi­tio­nen: „Indem wir die poli­ti­schen The­men begut­ach­ten, die in die­ser Wahl vor uns ste­hen, müs­sen wir auf die Aus­wir­kun­gen schau­en, den Euro­pa­po­li­tik hat auf die drän­gen­den The­men Jugend­be­schäf­ti­gung und Arbeits­lo­sig­keit, sozia­le Absi­che­rung, Ein­kom­men und Arbeits­be­din­gun­gen, die alle einen gro­ßen Ein­fluss auf das Fami­li­en­le­ben haben.“

Papst Bene­dikt XVI. hat­te sich am 30. März 2006 in einer Anspra­che vor den Teil­neh­mern einer Tagung der „Euro­päi­schen Volks­par­tei“ (EVP) zu jenen nicht ver­han­del­ba­ren Wer­ten geäu­ßert, die von den iri­schen Bischö­fen in ihrer Stel­lung­nah­me lei­der nicht berück­sich­tigt wur­den. Zur EVP-Frak­ti­on im EU-Par­la­ment gehö­ren aus Deutsch­land CDU und CSU sowie aus Öster­reich die ÖVP. Der Hei­li­ge Vater wies in sei­ner Anpra­che beson­ders auf drei Punk­te hin. Zunächst gel­te es, das Leben in all sei­nen Abschnit­ten, von der Emp­fäng­nis bis hin zum natür­li­chen Tod, zu schüt­zen. Zwei­tens müs­se „die natür­li­che Struk­tur der Fami­lie“ aner­kannt und geför­dert wer­den. Die­se Struk­tur bestehe in der Ver­bin­dung von einem Mann und einer Frau, basie­rend auf der Ehe. Ver­su­che, ande­re Ver­bin­dun­gen der Ehe gesetz­lich gleich­zu­stel­len, sei­en zurück­zu­wei­sen. Schließ­lich beton­te Papst Bene­dikt als drit­ten nicht ver­han­del­ba­ren Wert den Schutz des Rech­tes der Eltern, ihre Kin­der zu erziehen.

Die päpst­li­che Anspra­che, die auf der Inter­net­sei­te des Hei­li­gen Stuhls lei­der nicht auf Deutsch ver­füg­bar ist, schließt mit den Wor­ten: „Die­se Prin­zi­pi­en sind nicht Wahr­hei­ten des Glau­bens, auch wenn sie durch den Glau­ben wei­ter Licht und Bestä­ti­gung erhal­ten. Sie sind ein­ge­schrie­ben in die mensch­li­che Natur selbst und daher der gan­zen Mensch­heit gemein. Die Tätig­keit der Kir­che in ihrer För­de­rung ist daher ihrem Cha­rak­ter nach nicht kon­fes­sio­nell, son­dern an alle Men­schen gerich­tet, unge­ach­tet jeder reli­giö­sen Bin­dung, die sie viel­leicht haben. Im Gegen­teil, eine sol­che Tätig­keit ist umso not­wen­di­ger, je mehr die­se Prin­zi­pi­en ver­leug­net oder miss­ver­stan­den wer­den, denn dies stellt einen Ver­stoß gegen die Wahr­heit der mensch­li­chen Per­son dar – eine tie­fe Wun­de, die der Gerech­tig­keit selbst zuge­fügt wird.“ Die­ser Tat­sa­che waren sich die Bischö­fe von Irland und Nord­ir­land wohl nicht bewußt.

Text: M. Bene­dikt Buerger

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