(Rom) Der von Papst Franziskus eingesetzte neue Generalsekretär der Italienischen Bischofskonferenz, Bischof Nunzio Galantino von Cassano all’Jonio schmeichelte der Abtreibungslobby und distanzierte sich am Montag in einem Interview von den Lebensschützern. „Ich identifiziere mich nicht mit den regungslosen Gesichtern jener, die den Rosenkranz vor den Kliniken beten, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen.“ 24 Stunden habe er auf ein Dementi gewartet, so der Chefredakteur der katholischen Internetseite Nuova Bussola Quotidiana. Doch dieses Dementi kam nicht. „Wir müssen uns damit abfinden. Diese Aussage, die einen Mangel an Menschlichkeit offenbart, den man sich nur vom schlimmsten Laizisten erwartet, stammt wirklich von Monsignore Galantino.“
Der von Papst Franziskus handverlesene Sekretär und seither eigentlich mächtige Mann in der Italienischen Bischofskonferenz lasse eine „klerikale Arroganz“ erkennen, die von „Barmherzigkeit (für die Fernen) redet und Verachtung (für die Nächsten) lebt“, so Riccardo Cascioli.
Der Statthalter des Papstes in Italien distanziert sich nicht nur von den betenden Lebensschützern vor den Abtreibungskliniken, die bereits Hunderte von Kindern vor dem sicheren Tod retten und ebenso viele Frauen von der größten Fehlentscheidung ihres Lebens abhalten konnten. Im Interview ging er weit grundsätzlicher auf Distanz zum Lebensrecht. „Wir haben uns ausschließlich auf ein Nein zur Abtreibung und zur Euthanasie konzentriert“, so Galantino, aber vergessen, daß „es um die Existenz geht, die sich entwickelt“. Darum Schluß mit dem Widerstand gegen den Kindermord, Schluß mit dem Widerstand gegen die Euthanasie und vor allem Schluß mit dem Rosenkranzgebet vor Kliniken. Stattdessen „mehr Lebensqualität für die Menschen, für ihr Recht auf Gesundheit und Arbeit“, so der Sekretär der Bischofskonferenz.
„Abgesehen davon, daß es kein ‚Recht auf Gesundheit‘, sondern wenn schon ein Recht auf medizinische Behandlung gibt, konstruiert Galantino einen Gegensatz, der auf tödliche Weise zu Lasten des Kindes geht“, so Cascioli. Das aber würden ohnehin fast alle sagen, unterstützen und propagieren. Die Kirche sei der einzige wirklich ernstzunehmende Hort des Widerstandes gegen die Brutalität des „Fortschritts“. Nur eine „abstrakte ideologische Sichtweise“ könne das Lebensrecht verwässern und in einem „Recht auf Gesundheit“ und in einem „Recht auf Arbeit“ auflösen. „Die Wahrheit ist, daß man nicht mehr über eine politisch so lästig gewordene Sache wie die Abtreibung reden will“, so Cascioli. Nicht zufällig „scheint Msgr. Galantino sogar Angst davor zu haben, allein das Wort auszusprechen, wenn er statt dessen von ‚Schwangerschaftsabbruch‘ und von ‚diese Praktik‘ redet, wenn er Abtreibung meint“.
Galantino folgt damit letztlich nur Papst Franziskus, der im Civiltà Cattolica-Interview vom September sich vom Einsatz für den Lebensschutz und den Lebensschützern distanzierte, denen er „Besessenheit“ vorwarf. Kein Abtreibungslobbyist hätte es „besser“ sagen können. Wie steht es dann mit den Aussagen für den Lebensschutz des Papstes? Auch er meidet akribisch die Dinge beim Namen zu nennen und mit der Distanzierung von den „nicht verhandelbaren Werten“, gab er zu verstehen, daß der Schutz des Lebens gut und recht war, aber letztlich keine Priorität habe.
„Im Übrigen würde ich gerne erfahren, wer all die Bischöfe und Pfarrer sein sollen, die in diesen Jahren dauernd über Abtreibung und Euthanasie gesprochen hätten. Ich muß zerstreut gewesen sein, aber mir kommen nur so wenige in den Sinn, daß ich sie aufzählen kann. Wenn Johannes Paul II. und Benedikt XVI. darüber sprachen – aber sicher nicht ausschließlich – dann deshalb, weil sie sich einer Kirche widersetzen mußten, die völlig den Sinn des „Evangeliums des Lebens“ verloren hat, wie die Aussage von Galantino auf erschreckende Weise bestätigt“, so Cascioli.
„Es wäre schön, wenn der Sekretär der Bischofskonferenz zumindest versuchen würde, über die Worte der seligen Mutter Teresa von Kalkutta nachzudenken, die sagte: ‚Der größte Zerstörer des Friedens heute ist die Abtreibung, weil sie ein direkter Krieg, eine direkte Tötung, ein direkter Mord durch Hand der Mutter selbst ist. Denn wenn eine Mutter ihr eigenes Kind töten kann, dann gibt es nichts, was mich abhalten könnte, dich zu töten, und dich abhalten könnte mich zu töten.“
Der Anpassungsdruck scheine die Bischöfe mitzureißen. Der Drang, sich dem Mainstream anzupassen, gesellschaftlich dazuzugehören, scheine überwältigend. Heute wolle niemand mehr jemanden „beurteilen“, damit gebe es auch keine Maßstäbe mehr, jedenfalls keine allgemeingültigen christlichen Maßstäbe mehr, denn die Maßstäbe, die die Welt als verbindlich aufstelle, widersprechen der Lehre Christi. „Und wer es gar wagen sollte, vor Kliniken zu beten, in denen unschuldige Kinder getötet werden, der wird von den eigenen Bischöfen nicht nur im Stich gelassen, das geschieht in Europa schon seit Jahren, sondern sogar noch beschimpft und beleidigt. Es sind dieselben Bischöfe, die Heiden auf die Kanzel rufen, damit sie die Christen belehren. Denn die einzigen die in dieser neuen ‚urteilsfreien‘ Sicht beurteilt, ja verurteilt werden, sind die Katholiken.
Text: Giuseppe Nardi
Bilder: NBQ