Heiligsprechung von zwei Päpsten durch zwei Päpste – Läßt Franziskus die Katze aus dem Sack?


Die Heiligsprechung von zwei Päpsten durch zwei Päpste?
Die Heiligsprechung von zwei Päpsten durch zwei Päpste?

(Vati­kan) Eini­ge per­sön­li­che Anmer­kun­gen zur Dop­pel­hei­lig­spre­chung. Grund­sätz­lich freut sich das gläu­bi­ge Herz über jeden neu­en Hei­li­gen als Für­spre­cher bei Gott. Am Wei­ßen Sonn­tag, den 27. April 2014, seit 2000 auch Barm­her­zig­keits­sonn­tag, scheint die „Kir­che 2.0“ (Con­ci­lio e Post-Con­ci­lio) die Kir­che jedoch auch eine neue Etap­pe auf einem revo­lu­tio­nä­ren Weg zurück­ge­legt zu haben. Um einen sol­chen han­delt es sich mit zuneh­men­der Deut­lich­keit für jene Gläu­bi­gen, die nicht fromm welt­ent­rückt auf jede Beob­ach­tung des aktu­el­len kirch­li­chen Lebens ver­zich­ten. Papst Fran­zis­kus hat der sich aus einem ganz ande­ren Grund ver­sam­meln­den Welt­kir­che gewis­ser­ma­ßen im letz­ten Satz sei­ner Pre­digt bekannt­ge­ge­ben, daß er mit Hil­fe der Bischofs­syn­ode Hand an die kirch­li­che Ehe­leh­re legen will. Eine Absicht, die rund um das Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um Ende Febru­ar bereits indi­rekt deut­lich erkenn­bar wur­de. Auch jetzt sprach der Papst ver­deckt und doch offen, offen und doch ver­deckt. Eine Vor­ge­hens­wei­se, die sich für einen Papst nicht ziemt, son­dern dem eines kal­ku­lie­ren­den Poli­ti­kers ent­spricht, der sich ein Ziel gesetzt hat und alle Schrit­te stra­te­gisch setzt, um schritt­wei­se Mehr­hei­ten zu gewin­nen, Hür­den aus­zu­räu­men, Wider­stän­de zu brechen.

Schwindendes Verständnis der Heiligkeit hausgemacht

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Zuvor aber noch eini­ge ande­re Anmer­kun­gen: Erst nach­träg­lich schau­te ich mir die Auf­zeich­nung der Direkt­über­tra­gung der Dop­pel­hei­lig­spre­chung am Peters­platz an. Zunächst fiel mir die Sprach­ge­wandt­heit, aber inhalt­lich man­gel­haf­te Vor­be­rei­tung des Kom­men­ta­tors auf. Nach dem Ende des Hoch­ge­bets sag­te er: „Nach der Erzäh­lung des Lei­dens, bekennt die Ver­samm­lung…“ Das Opfer Chri­sti wird zur Erzäh­lung, der die Anwe­sen­den nur lau­schen? Die Ent­sa­kra­li­sie­rung brei­tet sich lei­der im Volk Got­tes aus, weil sei­ne Hir­ten sie mit­tra­gen oder sogar anstoßen.

Gläubiges Volk wird von Hirten nicht gefordert

Berührt hat mich der freu­di­ge Fest­cha­rak­ter bei gleich­zei­tig wirk­li­cher from­mer und gläu­bi­ger Anteil­nah­me des Vol­kes. Hat sich also gegen­über vor fünf Jah­ren oder zwan­zig Jah­ren, oder sagen wir sogar 60 Jah­ren viel geän­dert? Ist das Volk Got­tes nicht immer gleich? In gewis­ser Hin­sicht nicht. Das gläu­bi­ge Volk ist folg­sam. Es wür­de auch heu­te noch am Peters­platz bei der Wand­lung geschlos­sen knien, und eben­so wenn der Papst den fei­er­li­chen Segen spen­det. Wür­de man es ent­spre­chend anwei­sen. Doch dar­auf ver­zich­tet man und damit sind wir wie­der bei den Hir­ten und ihrer Auf­ga­be, der sie nur „kor­ri­giert“ und „modi­fi­ziert“ nach­kom­men und damit den Glau­ben im Volk lockern und zer­rüt­ten. Die Kri­se des Glau­bens ist in erster Linie eine Kri­se der Hir­ten. Man mag von Wech­sel­wir­kun­gen spre­chen, die sich gegen­sei­tig bedin­gen und das hat auch alles sei­ne Rich­tig­keit. Doch die Ursa­che ist, daß in der Kir­che alle Gna­de von oben kommt. Ent­spre­chend hat jede Kri­se mit einer Kri­se der Hir­ten zu tun.

Anhaltende Irritation über zwei Päpste

Bei aller Ähn­lich­keit mit frü­he­ren Bil­dern gab es gestern doch einen fun­da­men­ta­len Unter­schied: Vor der gran­dio­se Fas­sa­de des Peters­doms stan­den zwei Päp­ste. Einer recht abge­schie­den im Hin­ter­grund, der ande­re in der ersten Rei­he. Die­ser Anblick hat etwas Irri­tie­ren­des an sich und wird es haben, bis die­se Situa­ti­on endet. Man mag die­se Dop­pe­lung durch Zweck­op­ti­mis­mus schön­re­den, wie man immer so tun kann, als wür­de man unan­ge­neh­me Din­ge ein­fach nicht sehen. Die Irri­ta­ti­on zwei­er Päp­ste macht immer neu die gar nicht weni­gen Ver­än­de­run­gen sicht­bar, die im Gan­ge sind.

Papst Franziskus und eine „barmherzige“ Agenda im Namen des Heiligen Geistes

Man mag mich kor­ri­gie­ren, man­che “Nor­ma­li­sten“ wer­den es sogar empört tun: Mir aber schien, als wür­de ich einen Miß­brauch der Hei­lig­spre­chung die­ser bei­den Päp­ste durch Papst Fran­zis­kus hören. Der argen­ti­ni­sche Papst sag­te näm­lich, die bei­den neu­en hei­li­gen Päp­ste mögen Für­spre­cher sein, auf daß die Bischofs­syn­ode Barm­her­zig­keit mit den Fami­li­en habe. Wört­lich sag­te der Papst: „Mögen die­se bei­den neu­en hei­li­gen Hir­ten des Got­tes­vol­kes mit ihrer Für­spra­che für die Kir­che ein­tre­ten, damit sie in die­sen zwei Jah­ren des Syn­oden­we­ges füg­sam sei gegen­über dem Hei­li­gen Geist in ihrem pasto­ra­len Dienst an der Fami­lie. Mögen bei­de uns leh­ren, kei­nen Anstoß zu neh­men an den Wun­den Chri­sti und in das Geheim­nis der gött­li­chen Barm­her­zig­keit ein­zu­drin­gen, die immer hofft und immer ver­zeiht, weil sie immer liebt.“

Kirche auf Änderung der Ehelehre durch Synode vorbereiten

Papst Fran­zis­kus nimmt Johan­nes XXIII., Johan­nes Paul II., deren Hei­lig­spre­chung und dazu noch den Barm­her­zig­keits­sonn­tag und fügt alles zusam­men, doch unterm Strich scheint er alles nur sei­ner eige­nen Ziel­set­zung dienst­bar zu machen, näm­lich die katho­li­sche Kir­che zu revo­lu­tio­nie­ren. Im kon­kre­ten Fall, um sie ziem­lich offen­kun­dig dar­auf vor­zu­be­rei­ten, daß die kirch­li­che Ehe­leh­re im zen­tra­len Bereich der Unauf­lös­lich­keit und ihren kon­kre­ten Aus­wir­kun­gen gekippt wer­den soll und zwar durch die bevor­ste­hen­de Bischofs­syn­ode. Nicht schon durch deren ersten Teil im Okto­ber 2014, aber offen­bar durch deren zwei­ten Teil im Okto­ber 2015.

Kar­di­nal Kas­per mach­te beim Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um als Über­zeu­gungs­tä­ter den Ramm­bock für den Papst. Doch der Papst scheint der Spi­ri­tus rec­tor und Stra­te­ge der Revo­lu­ti­on im Hin­ter­grund. Ganz auf der Linie des Tele­fo­nats mit einer Argen­ti­nie­rin: „Der Vati­kan befaßt sich bereits mit dem The­ma“ der wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen. Nur Prie­ster die „päpst­li­cher als der Papst“ sei­en, wür­den noch an der kirch­li­che Ehe­leh­re fest­hal­ten. Sieht der Papst das Ehe­sa­kra­ment nur als optio­na­les Ideal?

Hat Jesus am Ende von den Menschen wirklich „Unmenschliches“ verlangt?

Mit ande­ren Wor­ten: Hat Jesus den Men­schen letzt­lich „Unmensch­li­ches“ auf­er­legt? Etwas, was zwar irgend­wie 2000 Jah­re gut­ging, aber jetzt ist Schluß damit. Schön, wer es schafft, dem Ide­al zu ent­spre­chen. Sie müs­sen irgend­wie nicht ganz „nor­mal“ sein. Die vie­len „Nor­ma­len“, die es nicht schaf­fen, wie auto­ma­tisch unter­stellt wird, haben künf­tig kein Pro­blem mehr, denn für sie bie­tet die Kir­che im Gegen­satz zum „unmensch­li­chen“ Jesus eine „mensch­li­che“ Vari­an­te an. Es gehe letzt­lich ja dar­um, was „zeit­ge­mäß“ ist, was eben auf der „Höhe der Zeit“ ist. Und alles unter Beru­fung auf den Hei­li­gen Geist. Wer könn­te ihm wider­spre­chen, da er so wenig greif­bar ist? Gleich­zei­tig ist er ein Tot­schlag­in­stru­ment, denn alle Sün­den kön­nen ver­ge­ben wer­den, nur jene wider den Hei­li­gen Geist nicht.

Alles ein Spiel der Dia­lek­tik oder doch nicht nur? Man kann mir wider­spre­chen und erklä­ren: Wo sagt der Papst, daß er die kirch­li­che Ehe­leh­re ändern will? Ich habe ver­sucht, zwi­schen den Zei­len zu lesen. Mögen die recht haben, die gegen mei­ne Aus­le­gung pro­te­stie­ren. Sie soll­ten sich aber nicht wun­dern, am Ende unvor­be­rei­tet über­rollt zu werden.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Il Foglio

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