Die „Luxusresidenz“ von Kardinal Bertone – Eine von vielen Medienkampagnen gegen den Staatssekretär Benedikts XVI.?


Gästehaus Santaa Marta, Palazzo San Carlo, Governatorat, Petersom(Vati­kan) Selbst katho­li­sche Medi­en wei­de­ten im Feld des mora­li­schen Zei­ge­fin­gers gegen den ehe­ma­li­gen Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Tar­cis­io Ber­to­ne. Ein „Luxus­ap­par­te­ment“ von 600 oder 700 Qua­drat­me­tern habe er sich durch umfang­rei­che Umbau­ar­bei­ten geschaf­fen. Papst Fran­zis­kus miß­bil­li­ge die­sen Luxus. Und auch vie­le Katho­li­ken glau­ben auf Knopf­druck der Medi­en, was ihnen vor­ge­setzt wird.

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Nun hät­te der Sale­sia­ner Ber­to­ne tat­säch­lich eini­ges bes­ser machen kön­nen. Doch dar­um ging es bei den jah­re­lan­gen Schel­ten nicht, die kaum ein gutes Haar an dem Ordens­mann Don Bos­cos lie­ßen. Fast immer, wenn irgend­wo inner­kirch­lich gegen Ber­to­ne zur Feder gegrif­fen wur­de, war meist Papst Bene­dikt XVI. gemeint. Ihn nament­lich zu nen­nen, wur­de aus Oppor­tu­ni­täts­grün­den ver­mie­den. Auf den Kar­di­nal­staats­se­kre­tär konn­te dafür, allein schon weil er zudem Syn­onym für die alt­ver­haß­te Römi­sche Kurie war, umso unge­nier­ter ein­ge­dro­schen wer­den. Nicht immer zu Unrecht, aber in der Sum­me höchst unverhältnismäßig.

Jakobinischer Dreschflegel trifft nur jene Kirchenvertreter, die nicht den Flashmob von Rio tanzen

Die jako­bi­ni­schen Dresch­fle­gel wur­den auch nach dem Amts­ver­zicht Bene­dikts XVI. nicht weg­ge­räumt. Auch mehr als ein Jahr nach der Wahl von Papst Fran­zis­kus eig­net sich Ber­to­ne, um den Gegen­satz zwi­schen einer angeb­lich „dunk­len“ Ver­gan­gen­heit und einer nun strah­len­den Gegen­wart des Papst­tums und der Kir­che in Erin­ne­rung zu rufen. Eine Art Per­p­etu­ie­rung der­sel­ben Pro­pa­gan­da. Dabei gab Papst Fran­zis­kus bereits im Som­mer des Vor­jah­res die Ablö­sung Ber­to­nes durch den Vati­kan­di­plo­ma­ten Pie­tro Paro­lin bekannt. Nach den Metho­den der Jako­bi­ner wer­den fein säu­ber­lich nur bestimm­te hohe Kir­chen­ver­tre­ter mit Schmutz bewor­fen. Erstaun­li­cher­wei­se punkt­ge­nau jene, die im über­tra­ge­nen Sinn nicht bereit waren in Rio de Janei­ro den Flash­mob der Bischö­fe zu tan­zen und damit unter Beweis stell­ten, noch ihre prie­ster­li­che und bischöf­li­che Wür­de zu besit­zen, die sie von sol­chen Clow­nes­ken zur Belu­sti­gung der Welt abhält.

Skandalschlagzeilen: 600 m² „Luxusappartement“ für Kardinal Bertone

Nun wur­de Ber­to­ne in den ver­gan­ge­nen Wochen wegen einer angeb­li­chen „Luxus­re­si­denz“ an den Pran­ger gestellt. Der ehe­ma­li­ge Kar­di­nal­staats­se­kre­tär habe sich im Vati­kan meh­re­re bis­he­ri­ge Appar­te­ments zusam­men­le­gen und umfang­rei­che, kost­spie­li­ge Umbau­ar­bei­ten vor­neh­men las­sen. 600 Qua­drat­me­ter Wohn­flä­che und 100 Qua­drat­me­ter Ter­ras­se. Das sei ein Skan­dal und zudem noch eine Pro­vo­ka­ti­on, weil Ber­to­ne sei­nen neu­en „Palast“ direkt neben dem Gäste­haus San­ta Mar­ta bezieht, wo Papst Fran­zis­kus ein Appar­te­ment von weni­ger als 100 Qua­drat­me­ter bewohnt. Das unter­strei­che, so die Pres­se, den kras­sen Kon­trast zwi­schen dem Luxus der Vor-Fran­zis­kus-Zeit und der nüch­ter­nen Beschei­den­heit von Papst Franziskus.

Los­ge­tre­ten wur­de die „Skan­dal­ge­schich­te“ vom ita­lie­ni­schen anti­ka­tho­li­schen Revol­ver­blatt Il Fat­to Quo­ti­dia­no. In die Kanä­le inter­na­tio­na­ler Auf­merk­sam­keit lenk­te sie die nicht min­der anti­kirch­li­che Tages­zei­tung La Repubbli­ca am ver­gan­ge­nen 20. April. Kar­di­nal Ber­to­nes Reak­ti­on erfolg­te ein­mal mehr ver­spä­tet. Was aller­dings erneut nicht allein sei­ne Schuld ist. Sol­che Ver­spä­tun­gen kenn­zeich­ne­ten lei­der mehr­fach sei­ne Amts­zeit als Kar­di­nal­staats­se­kre­tär zum Scha­den von Papst Bene­dikt XVI. Was Papst Fran­zis­kus heu­te viel­leicht zuviel an Öffent­lich­keits­ar­beit in eige­ner Sache macht, fehl­te sowohl Papst Bene­dikt XVI. als auch Ber­to­ne völlig.

Zugewiesenes Appartement ist in Wirklichkeit halb so groß

Die „Luxus­re­si­denz“ ist in Wirk­lich­keit eine ziem­li­che Zei­tungs­en­te. Ber­to­ne bezieht den ihm zuge­wie­se­nen Alters­sitz inner­halb der vati­ka­ni­schen Mau­ern. Es han­delt sich um einen Teil eines Stock­wer­kes im alten Palaz­zo San Car­lo. Die Räu­me sind für heu­ti­ge Ver­hält­nis­se zwar sehr groß, nicht aber die Anzahl der Zim­mer. Das Gan­ze klingt groß, ist aber wenig prak­tisch. Ins­ge­samt bewohnt der ehe­ma­li­ge Staats­se­kre­tär ein Appar­te­ment das gera­de halb so groß ist, als von Medi­en behaup­tet, näm­lich 300 Qua­drat­me­ter. Dort sind er und vier Mit­ar­bei­ter, ein Sekre­tär und drei Ordens­schwe­stern, unter­ge­bracht. In der Woh­nung befin­det sich auch das Arbeits­zim­mer des Kar­di­nals. Die Finan­zie­rung der Umbau­ar­bei­ten orga­ni­sier­te der Kar­di­nal selbst. Er selbst besitzt als Ordens­mann nichts.

Es geht nicht um Fakten, sondern um moralische Diskreditierung

Der Ver­gleich mit Papst Fran­zis­kus in San­ta Mar­ta hinkt in meh­rer­lei Hin­sicht, ange­fan­gen bei der klei­ne­ren Raum­ein­tei­lung im Gäste­haus. Der Ver­gleich dien­te bestimm­ten Medi­en nur, einen kon­stru­ier­ten Kon­trast zwi­schen Luxus und Beschei­den­heit, zwi­schen reich und arm, zwi­schen Gut und Böse, zwi­schen Bene­dikt XVI. und Fran­zis­kus zu insze­nie­ren. Wäh­rend Il Fat­to Quo­ti­dia­no nach dem ersten Bericht noch nach­leg­te und von einem über Ber­to­nes „Luxus“ „ver­är­ger­ten“ Papst Fran­zis­kus zu berich­ten wuß­te, stell­te der Kar­di­nal nun in einem Schrei­ben an zwei Kir­chen­zei­tun­gen klar, daß er von Papst Fran­zis­kus ange­ru­fen wur­de, um sich mit ihm soli­da­risch zu erklä­ren. Der Papst habe sich ent­täuscht gezeigt über die Medi­en­kam­pa­gne gegen den ehe­ma­li­gen Kardinalstaatssekretär.

Vatikansprecher erfolglos um offizielle Richtigstellung gebeten

Aller­dings heißt es im Umfeld Ber­to­nes auch, daß der Kar­di­nal Vati­kan­spre­cher Pater Feder­i­co Lom­bar­di mehr­fach ver­geb­lich um eine offi­zi­el­le Rich­tig­stel­lung der fal­schen Medi­en­be­rich­te gebe­ten habe.

Die Ernen­nung Ber­to­nes zum Kar­di­nal­staats­se­kre­tär wur­de von des­sen Vor­gän­ger Kar­di­nal Ange­lo Sod­a­no nie ver­kraf­tet. Aus Pro­test, daß der deut­sche Papst kei­nen von des­sen Diplo­ma­ten mit dem höch­sten Kurie­namt beauf­trag­te, räum­te Kar­di­nal Sod­a­no erst Ende 2007, mehr als ein Jahr nach Ablö­se durch Ber­to­ne die Dienst­woh­nung des Kar­di­nal­staats­se­kre­tärs im Vati­kan. Wes­halb Ber­to­ne erst sehr ver­spä­tet dort ein­zie­hen konn­te. Die­ser Affront, der Sod­a­no zum ele­gan­ten, aber uner­bitt­li­chen Geg­ner Ber­to­nes wer­den ließ, war auch der eigent­li­che Grund für die immer neu­en öffent­li­chen Angrif­fe auf Ber­to­ne durch geziel­te Wei­ter­ga­be von wah­ren, halb­wah­ren und fal­schen Informationen.

Mit ein Grund, wes­halb die Öffent­lich­keits­ar­beit wäh­rend des Pon­ti­fi­kats von Papst Bene­dikt XVI. nie wirk­lich gut funk­tio­nier­te. Wenn es Pan­nen gab, wie beim Fall Wil­liam­son, wo sich in Rom hart­näckig das Gerücht hält, daß eini­ge Kir­chen­krei­se den deut­schen Papst absicht­lich ins Mes­ser lau­fen lie­ßen, wur­de letzt­li­che Ber­to­ne dafür ver­ant­wort­lich gemacht. Doch den Sand ins Getrie­be streu­ten andere.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Goog­le Screen­shot von Infovaticana

 

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8 Kommentare

  1. Wel­che „Pan­ne“ gab es denn im „Fall Wil­liam­son“? Die viel grö­ße­re Pan­ne wäre es doch gewe­sen, die unge­rech­te Exkom­mu­ni­ka­ti­on wäre nicht wider­ru­fen wor­den. Dass dies zum Glück nicht geschah, kann man schwer­lich als Pan­ne bezeichnen.

  2. Ent­schul­di­gung, man kann ja „glau­bens­treu“ sein, aber Kar­di­nal Ber­to­ne hier zu ver­tei­di­gen ist doch etwas zu weit gegrif­fen. Die­ser Mann war es doch, der Bene­dikt XVI. in die miss­li­che Lage gebracht hat, die ihn am Ende hat erken­nen las­sen, dass sei­ne Kräf­te nicht mehr aus­rei­chen um das ange­rich­te­te Cha­os zu besei­ti­gen. Er war es, der durch eine Günst­lings- Höf­lings- und „Kriecher“-Kultur maß­geb­lich zum nega­ti­ven Image unse­rer Kir­che bei­getra­gen hat. Und die Woh­nung ist ein­fach nur uner­träg­lich pein­lich und völ­lig inak­zep­ta­bel! Egal ob 600 Qua­drat­me­ter oder „nur“ 300 Qua­drat­me­ter (man beto­ne das NUR an der Stel­le), das sind für einen 79 Jäh­ri­gen, allein­ste­hen­de Mann min­de­stens 250 Qua­drat­me­ter zu viel. Und um auf die Geschich­te mit den Ordens­frau­en ein­zu­ge­hen. Braucht ein alter Mann, oder um es kor­rekt aus­zu­drücken, ein eme­ri­tier­ter Kar­di­nal­staats­se­kre­tär einen Mit­ar­bei­ter­stab, der grö­ßer ist als der des Hei­li­gen Vaters? Ber­to­ne hat damit einen grö­ße­ren Stab als unser eme­ri­tier­ter Papst.
    Nein, lie­be Redak­ti­on! Die­sen Mann braucht man nicht zu ver­tei­di­gen, und wenn man Papst Bene­dikt nahe­steht, dann darf man ihn nicht ver­tei­di­gen. Er ist an vie­lem Schuld!

      • Mit Ver­laub, all­zu viel „gecheckt“ scheint mir da nicht zu sein. Bene­dikt hat Ber­to­ne wohl zum Staats­se­kre­tär gemacht, weil er einer der weni­gen war, dem er Ver­trau­en schen­ken konn­te. Die „Günstlings‑, Höf­lings- und Krie­cher-Kul­tur“ soll­ten Sie, @Franziskaner, nicht an Ber­to­ne fest­ma­chen, viel eher an sei­nen kuria­len Fein­den. Und deren gibt es – wie bei Bene­dikt – viele. 

        Herrn Nar­di ist zu dan­ken für sei­nen kennt­nis­rei­chen Artikel!

  3. So ganz „beschei­den“ geht es im „Gäste­haus San­ta Mar­ta“ nun auch nicht zu; aus einem frü­he­ren Arti­kel von katho​li​sches​.info:
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    „Neue Beschei­den­heit?“ Fran­zis­kus belegt „gan­ze Eta­ge“ in San­ta Mar­ta, „groß wie alte Papstwohnung“

    Die Focus-Redak­teu­re las­sen den Vati­kan „bro­deln“. „Was heißt hier neue Beschei­den­heit“, wird ein Kuri­en­mit­ar­bei­ter zitiert. Der Papst, der die päpst­li­che Woh­nung ver­wei­ger­te, „bele­ge inzwi­schen eine gan­ze Eta­ge im Vati­kan-Gäste­haus San­ta Mar­ta“. Zieht man die gro­ße Kapel­le in der Papst­woh­nung im Apo­sto­li­schen Palast ab, ist die neue „nicht viel klei­ner als die alte Woh­nung“. Vor allem die Haus­ord­nung stößt auf Kri­tik und Unver­ständ­nis. Papst Fran­zis­kus erklär­te, er wol­le sich „nicht ein­sper­ren“ las­sen, unter Leu­ten sein, mit allen reden. Die Rea­li­tät, so Focus, sehe anders aus: „Denn in San­ta Mar­ta darf man sich dem Papst nicht nähern und ihn nicht ein­mal grüßen“.
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  4. Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Ber­to­ne hat in der Ange­le­gen­heit Fati­ma (bes. die Erklä­rung vom Juni 2000) eine äußerst dubio­se Rol­le gespielt (wie auch Kar­di­nal Sod­a­no und – lei­der – Kar­di­nal Ratzinger).

    Man fragt sich, war­um Papst Bene­dikt aus­ge­rech­net einen Fati­ma-Feind zu einem sei­ner eng­sten Mit­ar­bei­ter gemacht hat.

    Ande­rer­seits scheint es tat­säch­lich so zu sein, daß, wenn Ber­to­ne geschla­gen wird, der em. Papst gemeint ist. Auch das ist Teil der der­zei­ti­gen Verwirrung.

  5. Unter dem neu­en Papst Berg­o­glio geht es anschei­nend mehr um öffent­li­che Gesten und Sozi­al­sor­ge, anstatt um das Evangelium.
    Pres­se­spre­cher Lom­bar­di hat bei der Ver­kün­di­gung des Rück­tritts Bene­dikts XVI kei­nen all­zu trau­ri­gen Ein­druck gemacht, im Gegen­teil, er hat viel gelä­chelt und schien erfreut über die Situa­ti­on. Da wun­dert es nicht, dass er es nicht rich­tig­stellt, dass die Dienst­woh­nung Ber­to­nes nur halb so groß ist wie angegeben.
    Wer weiß daher, wie­vie­le Halb­wahr­hei­ten und unwah­re Anschul­di­gun­gen Ber­to­ne und Joseph Ratz­in­ger in der Ver­gan­gen­heit ange­dich­tet wurden?
    @Wolfram Schrems:
    Kar­di­nal Ber­to­ne hat doch sogar ein Buch über das Geheim­nis von Fati­ma ver­fasst, nicht lan­ge vor dem Tod von Schwe­ster Lucia.

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