Auf Polen wird zunehmend Druck ausgeübt, die „In vitro“-Fertilisation zu legalisieren. Öffentliche Gelder wurden bereits ausgewählten Kliniken zugeteilt, um verzweifelten Paaren zu „helfen“. Katholische Ärzte, die öffentlich für das menschliche Leben eintreten und nicht zögern, es zu schützen, werden häufig als Wahnsinnige oder Besessene bezeichnet, selbst wenn sie ihre Position durch solide, gut fundierte und ehrliche Forschung untermauern. Die gleichen Bezeichnungen werden normalen Leuten aufgedrückt, die sich in pro-life-Angelegenheiten engagieren. Welche Argumente kann man verwenden, um die wutentbrannten (und häufigen verwirrten) Geister zu überzeugen, die nicht auf die „Papisten“ hören wollen?
Es ist wichtig zu unterstreichen dass die Opposition der Kirche zu „in vitro“-Verfahren hinsichtlich der menschlichen Empfängnis auf dem natürlichen Sittengesetz basiert und kein spezifisch katholischer Grundsatz ist. Wenn man diese Frage öffentlich diskutiert, ist es wichtig zu zeigen, wie das korrekte Verständnis in Bezug auf die unverletzliche Würde des menschlichen Lebens und die Integrität der menschlichen Fortpflanzung die künstliche Erzeugung menschlichen Lebens – selbst für einen guten Zweck – immer und überall ernstlich falsch macht. Bezüglich der „in vitro“-Fertilisation sollte man auf die Instruktion „Donum Vitও der Kongregation für die Glaubenslehre verweisen, die auf Anweisung des seligen Papstes Johannes Paul II. am 22. Februar 1987 veröffentlicht wurde. Sie präsentiert die Fundierung der kirchlichen Lehre im natürlichen Sittengesetz und thematisiert dann spezifische Fragen wie „In vitro“-Fertilisation.
Die Welt ist heute oft herablassend gegenüber kinderreichen Familien (besonders gegenüber den „unverantwortlichen“ Eltern). Auf der anderen Seite versuchen viele Familien, ihren Kindern die bestmögliche Erziehung und Bildung angedeihen zu lassen – und um dies in einer Zeit der wirtschaftlichen Probleme tun zu können, entscheiden sie sich, nicht „zu viele“ Kinder zu haben. Zweifellos hat das Wissen um empfängnisverhütende Methoden (seien sie von der Kirche genehmigt oder nicht) das Leitbild der modernen Familie beeinflusst. Wie soll man die Offenheit gegenüber neuem Leben unterstützen, wenn so viele Familien, sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern, sich finanziellen Unwägbarkeiten gegenübersehen? Suchen wir nicht nach Entschuldigungen, unseren Ausschluss von neuem Leben zu rechtfertigen?
Zwei fundamentale ethische und religiöse Prinzipien müssen beachtet werden. Zunächst ist das eheliche Band von Natur aus fruchtbar. Ein Gatte und eine Gattin begrüßen daher die Zeugung und Erziehung von Kindern als die „Krönung“ ihrer ehelichen Liebe, um die „Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute“ (Gaudium et Spes) des Zweiten Vatikanischen Konzils zu zitieren (Nr. 48). Zweitens ist die Zeugung und Erziehung von Kindern eine ernste Verantwortung der Eltern, die sie mit vollem Respekt für die Natur der menschlichen Fortpflanzung ausüben, indem sie weder Chemikalien, noch andere Mittel einsetzen, um die Ehe unfruchtbar zu machen. Papst Paul VI. lieferte uns die beständige Lehre der Kirche, was verantwortungsbewusste Elternschaft betrifft, in seiner Enzyklika „HumanঠVitও (25. Juli 1968). Der selige Papst Johannes Paul II. widmete seinen Mittwochsaudienzen während der ersten Jahre seines Pontifikats der Diskussion ehelicher Liebe und ihrer besonderen Ausdrucksform in der Zeugung von Nachkommenschaft. Es ist lehrreich zu sehen, dass Papst Benedikt XVI. in seiner Enzyklika „Caritas in Veritate“ speziell Bezug nimmt auf die Enzyklika HumanঠVitঠPapst Paul VI., indem er unterstreicht, dass die Lehre in HumanঠVitঠ(…)nicht nur eine Angelegenheit „individueller Moral“ ist und dass ein richtiges Verständnis menschlicher Sexualität unerlässlich ist für wahre menschliche Entwicklung (Nr. 15). Mit den Worten von Papst Benedikt XVI. ist es nötig, „den jungen Generationen wieder die Schönheit der Familie und der Ehe vor Augen zu stellen sowie die Übereinstimmung dieser Einrichtungen mit den tiefsten Bedürfnissen des Herzens und der Würde des Menschen“ (Nr. 44).
Letzten Endes unentbehrlich ist das Verständnis, dass eheliche Liebe die sakramentale Teilhabe an der göttlichen Liebe ist, die rein und selbstlos, also vollkommen freigiebig ist. Eltern – während sie dafür Sorge tragen, all das zu bieten, was für die korrekte Erziehung ihrer Kinder erforderlich ist – sind entsprechend freigiebig in ihrer Annahme jedes Geschenks neuen menschlichen Lebens von Gott. Sie erkennen im Zeugungsakt eine ausdrücklich ihnen zukommende Mitarbeit im Mysterium der Liebe Gottes. Auf diese Weise bringen sie ihren Kindern bei, auf die gleiche Art zu lieben, das Opfer materieller Güter zu akzeptieren, um Gott und den Nächsten zu lieben. Die empfängnisverhütende Mentalität, die die Schönheit von Ehe und Familie radikal entstellt, lehrt uns, vor allem nach materiellen Gütern zu streben und somit selbstsüchtig zu werden. Es ist keine Überraschung, dass die empfängnisverhütende Mentalität Einzelpersonen dazu führt, in ihrem Geist Abtreibung – eine wesenhaft schlechte Handlung – zu rechtfertigen.
In den letzten 50 Jahren wurde die kirchliche Annullierung zu einem vergleichsweise einfachen Weg aus einer schwierigen oder unangenehmen Ehe. Berechtige Gründe für die Erklärung einer Ehe als ungültig werden oft verwechselt mit bloßen Entschuldigungen, um einen Neubeginn im Leben zu machen. Es hat Fälle gegeben, in denen einer oder beide Ehepartner fiktiv ihre Adressen ändern, um eine positive Entscheidung eines anderen, schnell handelnden oder weltoffeneren diözesanen Gerichts zu erlangen. Es kommt auch vor, dass, während ein Ehepartner sich um eine Annullierung bemüht, der andere negativ eingestellt ist und – wenn die Annullierung gewährt wird – schließlich sehr darunter leidet oder sogar den Glauben verliert. Außerdem scheint es eine neue Marktnische für Anwälte zu geben, die sich auf derlei Fälle von Annullierungen spezialisieren. Eminenz, könnten Sie uns einen Einblick gewähren in die Frage, wie die höchsten rechtsprechenden Autoritäten der Kirche den Missbrauch der Einrichtung der Annullierung verhindern? Wie können Laien der Versuchung widerstehen, die Annullierung als einen „Notausgang“ aus der bindenden Ehe zu gebrauchen?
Der Oberste Gerichtshof der Apostolischen Signatur hat die Verantwortung, die korrekte Rechtsprechung in der Kirche zu überwachen. Dies umfasst die Rechtsprechung der Ehegerichte im Falle des Vorwurfs der Nichtigkeit einer Ehe von Seiten einer oder beider Parteien in der Ehe. Mittels des Verfahrens, das an den Ehegerichten Anwendung findet – ein Verfahren, das im universalen Kirchenrecht niedergelegt ist –, kommen die Richter zu einer Entscheidung bezüglich der Wahrheit der Behauptung, dass eine Ehe von Beginn an ungültig war, auch wenn sie den Anschein einer gültigen Ehe hatte. Das universale Kirchenrecht legt auch die Grundlagen fest, gemäß denen eine oder beide Parteien eine solche Behauptung aufstellen können. Das Verfahren zielt einzig auf die Offenlegung der Wahrheit in Bezug auf die Behauptung der Nichtigkeit, denn nur die Wahrheit kann dem Wohl der involvierten Parteien dienen. Die Entscheidung des Gerichts wird korrekterweise als „Nichtigkeitserklärung“ oder „Annullierung“ bezeichnet, um nicht den Eindruck zu vermitteln, dass die Kirche eine gültige Ehe aufhebe. Die Erklärung gibt zu verstehen, dass die Richter mittels eines Verfahrens, in dem alle Argumente für die Gültigkeit der Ehe und alle Argumente für die Nichtigkeit der Ehe sorgfältig abgewogen wurden, mit moralischer Sicherheit zu dem Schluss gelangt sind, dass die Ehe von Beginn an ungültig war. Moralische Sicherheit bedeutet, dass die Richter, nachdem sie alle Argumente erwogen haben – wobei ihnen Gott allein vor Augen steht –, keinen begründeten Zweifel an der Ungültigkeit haben. Das Verfahren schließt auch Wege für die Parteien ein, effektive Rechtsbehelfe einzuholen, sofern sie glauben, dass der Wahrheit in dem Verfahren nicht gedient wird.
Das Versagen einer Ehe kann zurückgeführt werden auf eine andere Ursache als die Nichtigkeit des Einverständnisses zur Ehe von Beginn der Ehe an. Beispielsweise kann es zurückgeführt werden auf die Sündhaftigkeit einer oder beider Parteien. Eine Partei sollte lediglich die Behauptung der Ehenichtigkeit aufstellen, wenn sie überzeugt ist, dass ihre Ehe, von deren Gültigkeit sie zuvor überzeugt war, in Wirklichkeit ungültig war.
Außer Beschwerden über mögliche Ungerechtigkeiten, die an örtlichen Gerichten begangen wurden, erhält der Oberste Gerichtshof der Apostolischen Signatur auch einen jährlichen Bericht über den Status und die Aktivität eines jeden Ehegerichts. Nach dem Studium dieses Berichts sendet er Bemerkungen an das Ehegericht, um ihm dabei zu helfen, seine Arbeit besser auszuführen. Die Apostolische Signatur erbittet auch manchmal eine Kopie der endgültigen Entscheidung in einem Ehenichtigkeitsverfahren, um zu bestätigen, dass der Gerechtigkeit und somit der Wahrheit in dem Verfahren, das zu der Entscheidung führte, gedient wurde. Auf der anderen Seite hat die Apostolische Signatur die Kompetenz, Gerichten gewisse Begünstigungen für eine wirkungsvollere Rechtsprechung zu gewähren.
Das Interview führte Izabella Parowicz (Polonia Christiana) und wurde von M. Benedikt Buerger (Katholisches.info) ins Deutsche übertragen. Im Auftrag von Kardinal Burke wurde die deutsche Übersetzung von Kanon Karl W. Lenhardt vom Institut Christus König und Hoherpriester geprüft und für Katholisches.info autorisiert.
Bild: Archiv