Strukturreform von Papst Franziskus: ein Amt auflassen, drei neue schaffen


Kardinal George Pell als neuer Präfekt nach Rom berufen(Vati­kan) Der Schatz­mi­ni­ster der neu­en ita­lie­ni­schen Regie­rung muß­te am ver­gan­ge­nen Frei­tag eilig für die Ver­ei­di­gung aus Austra­li­en zurück­be­or­dert wer­den, wo er sich gera­de auf­hielt. Aus Austra­li­en kommt, im wahr­sten Sin­ne des Wor­tes auch der neue „Wirt­schafts- und Finanz­mi­ni­ster“ des Vati­kans. Kar­di­nal Geor­ge Pell, tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ner Erz­bi­schof von Syd­ney wur­de am Mon­tag in aller Eile von Papst Fran­zis­kus zum Prä­fek­ten des neu­en Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­ats ernannt. Damit setzt Papst Fran­zis­kus sei­ne Kuri­en­re­form mit Schwer­punkt Wirt­schaft, Finanz und Ver­wal­tung fort: ein Amt auf­las­sen, drei neue Ämter schaffen.

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Das neue „Mini­ste­ri­um“ nennt sich angel­säch­sisch „Sekre­ta­ri­at“, hat aber Rang und Auto­ri­tät einer Kon­gre­ga­ti­on, wie es im neu­en Motu pro­prio Fide­lis dis­pen­sa­tor heißt.

Kritiker von Strukturreformen wird ihr erster „Nutznießer“

Kar­di­nal Pell war bereits 2010 als Prä­fekt der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on im Gespräch. Als ein­zi­ger Pur­pur­trä­ger Ozea­ni­ens schaff­te es der Erz­bi­schof von Syd­ney trotz sei­ner Nähe zu Papst Bene­dikt XVI. bis in den C8-Kar­di­nals­rat von Papst Fran­zis­kus. Der Austra­li­er wider­setz­te sich am stärk­sten weit­rei­chen­den Struk­tur­re­for­men an der Römi­schen Kurie. Mehr­fach beton­te er nach sei­ner Ernen­nung in den C8-Rat, daß für die Kir­che Struk­tur­re­for­men nicht vor­ran­gig sei­en. Ihr Schwer­ge­wicht müs­se in der Bewah­rung und Ver­kün­di­gung des Glau­bens lie­gen. Nun beför­der­te Papst Fran­zis­kus ihn nach Rom und an die Spit­ze eines neu­errich­te­ten „Mini­ste­ri­ums“, das sich um Ver­wal­tung und Finan­zen zu küm­mern hat, aber nicht um den Glau­ben und ohne direk­ten Ein­fluß auf die kirch­li­che Linie ist.

„Franciscus“ und die neuen Ämter vom Fließband

Kar­di­nal Pell wur­de mit sofor­ti­ger Wir­kung Prä­fekt eines aller­dings nur auf dem Papier exi­stie­ren­den Dik­aste­ri­ums. Sei­ne erste Auf­ga­be wird es sein, sich hin­zu­set­zen und erst ein­mal eine Geschäfts­ord­nung für sein Mini­ste­ri­um zu ver­fas­sen, um eine erste Arbeits­grund­la­ge zu haben. Mit dem gestern erlas­se­nen Motu pro­prio schuf Papst Fran­zis­kus neue Ämter wie am Fließ­band. Gezeich­net ist das Motu pro­prio erneut nur mit „Fran­cis­cus“.

Zu den Auf­ga­ben von Kar­di­nal Pell wird es gehö­ren, dem Gene­ral­di­rek­tor der vati­ka­ni­schen Finanz­auf­sichts­be­hör­de AIF, René Brül­hart die Rekru­tie­rung neu­er Mit­ar­bei­ter zu geneh­mi­gen. Eine heik­le Auf­ga­be, da sich der AIF-Ver­wal­tungs­rat in offe­ner Rebel­li­on gegen Brül­hart befindet.

Kurie nicht verkleinert, sondern weiter vergrößert

Mit dem Motu pro­prio Fide­lis dis­pen­sa­tor setzt Papst Fran­zis­kus sei­nen beson­de­ren Reform­ein­satz im Bereich Finan­zen, Wirt­schaft und Ver­wal­tung fort. Die Zahl neu­er Behör­den ist erneut deut­lich gewach­sen. Der Papst löst eine Behör­de auf und schafft gleich­zei­tig drei neue. Die Struk­tur­re­for­men gehen damit bis­her nicht in Rich­tung mehr Effi­zi­enz und Redu­zie­rung der zahl­rei­chen Dik­aste­ri­en und Ämter im Vati­kan, son­dern zu deren Ver­meh­rung. Der Kar­di­nal­auf­sichts­rat für wirt­schaft­li­che Ange­le­gen­hei­ten wur­de abge­schafft, dafür das neue Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­at, der neue Wirt­schafts­rat und ein Gene­ral­re­vi­sor geschaf­fen. Erst gar nicht gerech­net sind die bei­den neu­en Kom­mis­sio­nen für die Vatik­an­bank IOR und die Wirt­schafts­an­ge­le­gen­hei­ten, eben­so wenig die kost­spie­li­gen Auf­trä­ge an die inter­na­tio­na­len Unter­neh­mens­be­ra­tungs­fir­men in allen mög­li­chen Bereichen.

Kostspielige Beraterverträge, aber Einstellungsstopp im Namen der „Sparsamkeit“

Wäh­rend Mil­lio­nen Euro für umstrit­te­ne exter­ne Bera­ter aus­ge­ge­ben wer­den, ver­häng­te der neue Kar­di­nal­staats­se­kre­tär im Namen der Spar­sam­keit ein Ein­stel­lungs­ver­bot für alle Dik­aste­ri­en. Es darf bis auf wei­te­res kei­ne Ein­stel­lung von neu­en Mit­ar­bei­tern geben. Auch dür­fen frei­wer­den­de Stel­len durch Pen­sio­nie­run­gen oder Todes­fäl­le nicht nach­be­setzt wer­den. Eben­so­we­nig dür­fen zeit­lich begrenz­te Arbeits­ver­trä­ge nicht ver­län­gert wer­den. Damit ver­lie­ren zum Bei­spiel alle Mit­ar­bei­ter die Stel­le, die sich erst im ein­jäh­ri­gen Pro­be­jahr befan­den. Laut Anwei­sung des Kar­di­nals­staats­se­kre­tärs gilt der Auf­nah­me­stopp kate­go­risch, aus­ge­nom­men nicht näher prä­zi­sier­te Ausnahmen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cielo

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